Wie wird aus Musik "Theorie" gelebte Praxis?

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von bebob99, 12.Januar.2022.

  1. ppue

    ppue Mod Experte

    Es geht weniger um die korrekten Intervallnamen, sondern grundsätzlich darum, ob man sich einen Zweiklang überhaupt merken kann, wenn man ihm keine Eigenschaft zuordnet. Man kann die sich ja auch merken, wenn man ihnen eigene Namen gibt, Oktave, die Verschmolzene, Quinte, die Starke, gr. Terz, die Aufrechte, kl. die Warme etc.

    Es gibt die Geschichte von den Südseebewohnern, vor deren Küste ein Segelschiff ankert. Da die Ureinwohner weder Segelschiffe kennen, noch einen Namen für das Ding haben, sehen sie es gar nicht. Eine recht naive Geschichte, die auch alles andere als wahr ist. Aber sie verbildlicht ein wenig, was ich meine.
     
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  2. Mouette

    Mouette Ist fast schon zuhause hier

    Ich kann mir eine Tonfolge merken und sie wiedererkennen, wenn ich sie höre oder nachsingen. Das ist für mich unabhängig von einer Bezeichnung.
     
  3. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Also Eigenschaften oder alternative Bilder haben sie für mich eigentlich nicht, sie sind einfach als Klänge an sich abgespeichert. Aber ich bin auch als Kind gewissermaßen in eine Klangsuppe gefallen.
    LG Juju
     
  4. ppue

    ppue Mod Experte



    So ganz verstehe ich das nicht. Hier oben hörst du ein Intervall.

    Und du, @Juju, hast es einfach als "dieses Intervall" abgespeichert? Wie unterscheidest denn du dieses von einem anderen, wenn du das nicht benennst?
     
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  5. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @ppue
    Ich erlaube mir einen kleinen Einwurf.

    Ich persönlich kann diese Intervall namentlich nicht benennen.

    Aber ich höre es natürlich.
    Der Klang ist mir angenehm. Ich könnte sicher in irgendeiner Form
    musikalisch (Stimme, Sax, Klavier) damit umgehen, darauf reagieren.

    Frage: Warum dem Klang einen Namen geben ?

    Oder weiter gefasst:
    Tangieren deine Überlegungen nicht das ungelösten Mysteriums:

    Wie und warum lösen Klang-Wellen an sich emotionale Reaktionen
    in uns Menschen aus. ?

    VG
     
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  6. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Ich bin zwar nicht @Juju aber ich speichere dieses Intervall als exakt diesen Klang, den ich höre.
    Und es gibt ähnliche, nicht so ähnliche und ganz andere.

    Wie die alle heissen (Hugo, Jupp oder Hein), ist mir so lange schnurz, bis ich den Klang in irgendeiner Form in der Grosshirnrinde bearbeiten oder mich mit jemand anders darüber austauschen muss.
     
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  7. Altermann

    Altermann Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Ton Scott, das klingt interessant aber was ist das Ziel hinter dieser Übung und warum bis zur 6? Die letzte Abfolge „D-C-Bb-A-G-F“ erschließt sich mir auch nicht auf den ersten Blick.
    Sorry, bin auch ein Spätberufener mit unzureichendem Theoriewissen/-verständnis - aber wissbegierig
    Grüße
    André
     
  8. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    @ppue
    Das Geheimnis liegt wohl darin, dass man sich genau diesen Klang merken kann, ihn vor dem inneren Ohr abspielen kann. Und das ggf. nach Jahren noch.

    Ich könnte dies bei deinem Beispiel nicht, aber erinnere mich, dass ich den scheppernden Klang der Glastür in einer alten Wohnung noch jahrelang im Ohr hatte.

    Gruß,
    Otfried
     
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  9. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Ja, genau. Die anderen klingen ja anders. Zum Benennen muss ich dann erstmal ein paar Sekunden in meiner Theorieschublade wühlen, nachspielen könnte ich es aber sofort. Ist also eine minimale Zeitverzögerung, die ich dadurch bekomme. Wenn mir aber jemand sagt, spiel mal eine kleine Sexte, startet in meinem Hirn erstmal dieser kleine spinning Ball (wie beim Computer).
    LG Juju
     
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  10. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Hi!
    Tape measure ist Maßband.
    Du schneidest von einer Tonleiter Stücke zu minimal 2, maximal 7 Tönen runter und übst sie in 4 Richtungen und im Quintenzirkel.
    4 Richtungen heißt alles rauf, alles runter, eine rauf die nächste TL runter und dann noch eine runter und eine rauf.
    In Stücken kommt eine Tonleiter ja auch nicht vom Grundton zum Grundton vor, sondern in "Bruchstücken", bevor die nächste Tonleiter kommt.

    Liebe Grüße, Ton
     
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  11. Altermann

    Altermann Ist fast schon zuhause hier

    Zunächst Danke! Hieran schließt sich für mich eine Frage an. Macht es Sinn, die verschiedenen Muster von verschiedenen Stufen der TL aus zu starten? Also bspw. 3; 5; 7 etc. Ich frage deshalb, weil ich als Anfänger bei Akkordfolgen auf dem Papier (Arpeggios oder TL) immer automatisch beim Grundton beginne. Phrasen, Akkordbrechungen oder Läufe auf der 3 oder 5 oder 7 zu beginnen fällt mir super schwer, bzw. ich bin im Denken einfach viel zu langsam.
     
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  12. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Windows-Anwender haben da (immer noch?) eine Sanduhr ... :D

    Das Intervall (er-)kennt mein Kleinhirn in dem Augenblick, in dem es erklingt und kann im Idealfall Fingern und Ansatz sofort vermitteln, wie es nachgespielt werden kann (und was sonst vielleicht noch dazu passt).
    Sobald das Großhirn, dieser langsame Bedenkenträger, sich einmischt, ist es vorbei und es dauert drei Takte bei 120 bpm bis wir wieder im Tritt sind. Oder endgültig raus, was leider häufiger vorkommt.
     
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  13. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Ist doch toll, wenn du das kannst. Dann üb mal als nächstes, bei Akkordfolgen auf dem Papier immer automatisch mit der Terz anzufangen nach dem Muster 3-5-7-9-8. Klingt deutlich interessanter und übt kolossal.
     
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  14. Altermann

    Altermann Ist fast schon zuhause hier

    Hallo gaga, danke für deine Antwort. Bei Akkordbrechungen, Umkehrungen etc. ist mir das klar aber macht es auch bei der von Ton Scott beschriebenen Übung für Tonleitern bzw. Tonleiterausschnitten Sinn auf der 3 oder 5 oder 7 zu beginnen und dann aufwärts/abwärts und Zickzack zu spielen oder bringe ich jetzt zwei Konzepte durcheinander?

    Zur Konkretisierung meines Problems: Mit „Akkordfolgen auf dem Papier“ meinte ich übrigens lead sheets von Jazz standards. Ich finde es unglaublich schwer bspw. bei typischen II-V oder II-V-I Verbindungen (Dur/Moll) oder auch anderen Klischees nicht reflexartig auf dem Grundton anzufangen. Ist ja auch nachvollziehbar, da der Grundton ja notiert ist. Die 3; 5 und 7 folgen dann - mehr oder weniger- automatisch, weil alle Anfänger-Übungen darauf ausgerichtet sind beim Grundton zu beginnen. Klar der nächste Schritt wäre es jetzt exzessiv Figuren oder Muster zu üben, die auf der 3; 5; 7 oder was auch immer beginnen aber es ist echt mühsam diesen „1-3-5-7 Reflex“ des Hirns und der Finger zu durchbrechen. Oder besser, mir fällt es schwer. Oder ich bin zu ungeduldig.

    Grüße
    André
     
  15. Jazzica

    Jazzica Ist fast schon zuhause hier

    Mir ging es lange so wie @Juju mit den Klängen von Akkorden. Ich habe sie auch wiedererkannt, wenn sie erklangen, konnte die Klänge sogar vor meinem inneren Ohr abrufen, aber ich wusste nicht ihre Namen und konnte deshalb auch nicht mit ihnen "hantieren" (sie z.B. in einer Gitarrenbegleitung einsetzen). Es war ein bisschen so wie mit Menschen, die man jeden Morgen an der U-Bahn-Haltestelle trifft, weil sie zur gleichen Zeit wie man selbst zur Arbeit fahren, aber man spricht nie mit ihnen, kennt nur ihre Gesichter und weiß sonst nichts über sie.
    Erst als ich gelernt und verstanden hatte, welche Akkordsymbole hinter den von mir gehörten Klängen steckten und als ich mir die Akkorde auch theoretisch aufschlüsseln konnte, konnte ich sie auch in Gitarrenbegleitungen verwenden.
     
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  16. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Genau, ungeduldig. Du musst tatsächlich neben den alten Reflex noch einen stellen - und noch einen...
     
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  17. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Grüß Dich!
    Das ist nur eine von zig Übungen, und eher für Flexibilität gedacht - und vor allem Gehörbildung.
    Insoferne: Ich hab es vom Grundton der Tonleiter gemacht, mit Durtonleitern und Harmonisch Moll.

    Nach Greg's Worten:
    Wenn Du z.B. die 2-Note-TMS C rauf und F runter (also C-D und G-F usw.) spielst, gehst Du bei F-Dur G-F spielend nicht vom Erdgeschoss in den Keller, sondern vom ersten Stock in's Erdgeschoss.
    Mit anderen Worten: Du trainierst, den Grundton zu hören, ihn im Kopf zu behalten. Erst wenn Du die Verbindung hast, wirst Du auch davon weggehen können, und Dich in den oberen Schichten der Akkorde/Tonleitern zu bewegen.
    Nochmal anders und auf das Threadthema bezugnehmend: Es nützt Dir wenig, wenn Du weisst, dass im C7 die #9 ein Eb ist. Erst wenn Du das Eb in Bezug auf den Rest des Akkordes hörst, ergibt es Sinn.

    Cheers, Ton
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 19.Januar.2022
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  18. ppue

    ppue Mod Experte

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  19. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    b10, D#, whatever :)
     
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  20. Altermann

    Altermann Ist fast schon zuhause hier

    Das Forum und ganz speziell solche Threads sind für mich ein echtes Pfund und helfen sehr!
    Dafür mal ein globales und dickes DANKESCHÖN an alle Expert:innen, die hier so freigiebig hilfreiche Tips und Hinweise geben. Ist ja nicht selbstverständlich.
     
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