#9 oder b10

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von ppue, 19.Januar.2022.

  1. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Die beiden Suspensions passen sehr gut in die terzgeschichtete Welt da sie ja genau einen Vorhalt vor der Terz bezeichnen, darum auch sus2/sus4 und nicht sus9/sus11. Der Sound hat sich aber verselbständigt und oft wird der Vorhalt nicht aufgelöst.

    Andere Baustelle, wir reden hier über Jazz und nicht über Klassik. Einen Sextakkord würde man im Jazz/Pop als Slashchord notieren: zb C/E.
     
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  2. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ich sehe das b3-3-1 Klischee des traditionellen Jazz (den es auch im Funk noch gibt) hier in einer ganz anderen Funktion als den Grundakkord von Foxy Lady. Der Akkord mag in der Schreibweise der gleiche sein.
    Bei zweiterem sehe ich dein Strittigmachen der Durigkeit (Düre, Durheit?) voll. Das andere ist eher eine Spielerei.
     
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  3. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Der ist in Wirklichkeit der parallele Mollsept. :duck:
     
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  4. Rick

    Rick Experte

    Ja klar, "die" alterierte Skala, schon wieder so ein Dogma.
    In der Praxis (um die ging es im Ursprungsthread) interessiert mich nicht irgendein abstrakter Akkord mit möglichen Alterierungen, sondern ganz konkret, was mein Begleiter da GENAU spielt und wie meine Impro dazu passen kann.
    Und da gibt es eben zwischen Blues, Funk und Modern Jazz deutliche Unterschiede in den Konventionen.

    Aber ich möchte hier weder dozieren noch Dogmen aufstellen oder gar um jeden Preis "Recht haben", ich wollte nur aufzeigen, dass es musikalische Zusammenhänge gibt, in denen die Bezeichnung b10 sinnvoller wäre.
    Ob das aus der klassischen Harmonielehre ableitbar ist, interessiert mich nicht die Bohne, denn musikalische Regeln sind keine Naturgesetze, sondern teilweise recht willkürlich aufgestellte Konventionen, manche davon gerade erst mal 200 Jahre alt.
    Wie lange gibt es den #9-Akkord bereits? ;)

    Und nur, weil die meisten Notenwerke keinen b10 schreiben, muss das ja nicht in alle Ewigkeit so bleiben. Unsere heutige Swing-Notierung als Achtel ist auch noch relativ jung, früher schrieb man lieber punktierte Sechzehntel. Und so gibt es einige Änderungen in der Notation und Bezeichnung, ausgelöst durch die Jazz- und Pop-Musik des letzten Jahrhunderts.
    Also spricht auch nichts dagegen, b10 zu schreiben, wenn das in einem bestimmten Zusammenhang sinnvoller ist. Die Welt wird davon nicht untergehen. :cool:
     
  5. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Warum ist die alterierte Skala ein Dogma? Ich dachte mir es wäre der Name einer Tonleiter. Ich verstehe deinen Beitrag nicht, da legt sich gerade wieder Nebel über alle Begrifflichkeiten.
     
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  6. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ich denke Rick meint, dass es viele Skalen mit Alterationen gibt und der Begriff DER alterierten Skala ein unglückliches Kunstwort einer bestimmten Schule ist, oder?
    Es geht wohl weniger um die spezielle Skala. Mir ging’s um den Begriff superlokrisch, den man gemessen an Klang und Verwendung der Skala im Akkordkontext auch als superidiotisch bezeichnen könnte. Oder geht’s noch lokrischer?
     
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  7. Rick

    Rick Experte

    Absolut getroffen, 100 Punkte! :thumbsup:
     
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  8. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Es gibt hier bei einigen älteren, aber diskussionstechnisch maßgeblichen und "meinungsstarken" Patienten erheblichen Widerstand gegen das Konzept der "Melodic Minor Scale". Teil davon ist ja, eine ("die") alterierte Tonleiter von dieser MM-scale abzuleiten. Beispiel: über A7 spielt man die MM von Bb: A-Bb-C-Db-Eb-F-G. Mit dieser Leiter habe ich die 1-b9-#9-3-#11-b13-b7. Alterierter gehts nicht. Aber das ist den Herren zu akademisch, zu festgelegt, zu einseitig, zu neu.
     
  9. Rick

    Rick Experte

    Zu festgelegt ja, aber nicht zu neu, ist ja ein alter Hut.
    Ich halte mir lieber alle melodischen Optionen offen, anstatt mit so einer "Krücke" zu hantieren.
    Ich erinnere mich noch an das Gespräch mit einem Kollegen vor mehreren Jahrzehnten, der mir zum ersten Mal davon erzählte, und an meinen Eindruck, dass das eine sehr theoretische und beschränkende Herangehensweise ist, weil man sich da unnötig anderer Möglichkeiten beschneidet.

    Aber wenn das jemand gern so machen möchte, bitte. :)

    (Übrigens ist auch da eine kleine Terz und keine übermäßige Sekunde enthalten.) ;)
     
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  10. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Egal wie die Tonleiter heißt, wie man sie ableiten kann, von mir aus heißt sie Tomatenskala und wurde von Marco Polo eigenhändig aus China importiert, aber: das was Ton Scott in seinem Video spielt ist ein sehr gutes Beispiel für eine #9 die nicht aus dem Blueskontext kommt. Das verwendete Tonmaterial ist spätestens seit Bebopzeiten in Verwendung und in unzähligen Improvisationen zu hören, wenn man will.
     
  11. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @Alle und @Juju
    Ich halt mich raus, weil ich inhaltlich nicht mehr mitreden kann.
    Ein Mann muss seine Grenzen kennen !:)

    Bin ja schon froh, das ich halbwegs verstehe,
    worüber überhaupt geschrieben wird.

    Ein Mann muss seine Grenzen kennen !:)

    Aber ... mir schoss grad' die Frage in den Sinn ...

    Was würde Barry Harris zu der "Sache" sagen ?

    VG
     
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  12. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Ja, wenn...
     
  13. ppue

    ppue Mod Experte

    Das ist leider schon wieder persönlich. Das muss nicht sein. Und neu schon gar nicht.

    Wenn man über Leitern über die Dominante oder ihr Substitut diskutiert, gibt es halt verschiedene Ansätze. Der Jazz hat sich zum Glück viele Freiheiten bewahrt und auch die Auffassungen über die Theorie haben sich immer geändert. Zur Hoch-Zeit der Berklee School habe ich andere Ideen gehabt und es stimmt, ich bin immer noch Querdenker gegenüber etablierten Lehrstuhlmeinungen. Sie sind leider uniform und andere Denkweisen lassen sie nicht zu.

    Das war nie die Tradition des Jazz, der frei und auch widersprüchlich sein darf.
     
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  14. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Ok, ich bin auch nicht festgelegt, aber eher ein suchender, der, wenn das Wasser zu tief ist, auch gern mal einen Balken ergreift, egal ob der aus Berklee oder Chicago kommt.

    Mal Butter bei die Fische: Angenommen, du spielst mit dem Tenor zu "There will never be" und in Takt drei steht Em7b5 und im vierten A7alt (--> Dm). Der Bass spielt eher brav A7, vom Pianeur weißt du, dass er jede Gelegenheit ergreift, nicht brav spielen zu müssen, also eher A7alt. Zum Labern ist keine Zeit, also was machst du? Blattschraube anziehen?
     
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  15. Rick

    Rick Experte

    Hoffen, dass er meine Melodik richtig interpretiert und mir den nötigen Freiraum lässt, meine eigene Version des alterierten Akkords in diesem Augenblick zu spielen. :cool:

    Vor einem Mainstream-Publikum werde ich auf jeden Fall eine schlüssige Phrase mit C# einsetzen, weil die Kadenz eindeutig zu Dm führt. Melodie schlägt Akkorde, deshalb bin ich damit auf der sicheren Seite.
    Vor einem aufgeschlossenen Modern-Publikum werde ich etwas ganz Anderes machen. ;)

    Aber ein alterierter Dominant-Akkord ist ja nicht automatisch ein #9-Akkord und die Nummer wird auch nicht unbedingt im Blues-Bereich gespielt, deshalb ist die Frage sehr theoretisch.
     
    Zuletzt bearbeitet: 21.Januar.2022
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  16. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Was ist denn für dich ein alterierter Akkord? 1-3-5-7-b9- und was noch? Was anderes als #9, #11 und b13 oder eine beliebige Auswahl davon? Muss das jedes Mal neu ausgehandelt werden?
     
  17. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Soweit ich weiß, gibts für diese Farben, also die alterierte Skala bzw. tritonusvertauschte Dominanten (das hängt für mich stark zusammen) im Barry Harris Universum zwei Skalen. Kann mich auch täuschen, die beiden Möglichkeiten hab ich im Kopf.

    Dominant 7th Diminished Scale einen Tritonus vom Grundton entfernt:
    F# Dominant Diminished über C7

    Minor 6th Diminished Scale einen Halbton über dem Grundton:
    C# Minor 6th Diminished Scale über C7

    Was er von der Bluesscale hält, wie er über Intervalle denkt und Tensions bezeichnet? Keine Ahnung.
     
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  18. zwar

    zwar Ist fast schon zuhause hier

    ...wenn die melodie sinn macht.

    wenn ich nicht weiss, was der melodiespieler mit der alterierten dominante machen wird, tät ich am piano zum beispiel root ---3-7-#9 spielen oder ähnliches. jedenfalls simultan immer nur einen der alterierten töne als ergänzung zu 3 7 verwenden
    das deutet die alterierten möglichkeiten an, würde aber auch mit einer melodie über HM5 noch klingen.

    zum thema der bezeichnung als #9 oder b3...
    alterierte skala zu notieren ist eigentlich immer kuddelmuddel, egal wofür man sich entscheidet. und beschissen zu lesen auch. da ist es notationstechnisch gesehen imho nicht mehr als eine konvention, dass #9 notiert wird.
    Ansonsten bin ich auch sehr der meinung, dass durch nichteinhalten der regeln zum setzen von akzidenzien das lesen und verstehen von musik unnötig erschwert wird. @ppue hat das in dem beispielscore ja schön aufgezeigt.
    in einem bluesartigen context spreche ich auch immer von den terzen, kann aber sein, dass ich trotzdem #9 notiere, wenns einfacher zu notieren/lesen ist. in einem echten jazzcontext wäre mein innerer widerstand größer, eine #9 als b10 aufzuschreiben, ohne dass ich wirklich sagen könnte, warum.
     
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  19. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Ich halte mich lieber raus, weil ich nicht annähernd in der Materie drinstecke, ich kann da nur den Harrisite an meiner Seite fragen, und der findet es schwierig, die Frage mal eben in zwei Sätzen zu beantworten, weil die meisten Jahre damit verbringen, das Harris Universum zu durchdringen und die Kurzantwort Barry Harris nicht gerecht wird.
    Die #9 wäre die 13 von dem entsprechenden Tritonussubstitut.
    Oder sie leitet sich ab von der Familie der vier Dominanten. Das Grundkonzept besagt, dass vier verschiedene Dur-Tonleitern, eine kleine Terz voneinander entfernt, einen verminderten Septakkord auf der siebten Stufe jeder Tonleiter gemeinsam haben. Wenn man diesen verminderten Akkord als upper structure einer Dominante behandelt, führt dies zu einem von vier möglichen Grundtönen. Auf diese Weise kann man das tonale Zentrum entlang einer kleinen Terzachse verschieben. Mehr zur Family of Dominants:
    Vielleicht auch mal Axis Theory nachschauen (taucht auch bei Ernö Lendvai's Analysen von Bartok auf).
    So schade, dass man Barry Harris nicht mehr fragen kann.
    LG Juju
     
  20. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Das ist eine sehr schlüssige harmonische Erklärung für die stehende #9!

    Das erzeugt als Akkordton vor allem erstmal die b9, allerdings ist die #9 dann der zweite Ton der verminderten Skala.
    Da beginnt es dann bei mir dann allerdings zu flirren und ich will nicht mehr zu viel drüber nachdenken, wenn ihr versteht was ich meine.
     
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