Kontrapunkt und Monochord, einige Ansätze zur Improvisationslehre

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von catflosse, 5.April.2022.

  1. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Sind wir uns einig, dass wir uns nicht einig sind….

    CzG

    Dreas
     
  2. ppue

    ppue Mod Experte

    Ja, dann schreibst du einfach G-dor1. Ich habe nichts gegen die Namen selbst, sondern gegen ihre Bezugslosigkeit.

    Das modale Spiel mag einer eigenen Nomenklatur bedürfen, das Spiel mit Stufen eben nicht.

    Und alle Kirchenmodi wurden ausschließlich modal gebraucht. Stufen gab es da noch nicht.
     
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  3. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Ich schreib was ich will und so wie es alle meine Kollegen auch machen und verstehen.

    Ich find es ja eh fein, dass du ein für dich funktionierendes System entwickelt hast. Ich sehe nur keinen Vorteil darin.
     
  4. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Zurück zum eigentlichen Thema und zum Threadersteller:
    Das arbeitet gerade ein Kollege von mir durch, und war sehr begeistert. Kannst du es auch empfehlen?
     
  5. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Ist schon klar. Die römischen Ziffern bezeichnen Akkorde, Du sprichst von Skalen.

    CzG

    Dreas
     
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  6. ppue

    ppue Mod Experte

    Genau, ich finde die römischen Ziffern gut für die Akkorde. Aber gut, auch die gingen für die Skalen. Hauptsache, diese bezugslosen Bezeichnungen verschwinden endlich.

    Ich habe viel unterrichtet und auch Harmonielehrekurse gegeben. Ich weiß ziemlich genau, wer den Schritt schafft, mit diesen verkorksten Namen wirklich praktisch umzugehen.

    Natürlich können die Profis diese Nomenklatur. Sie ist nur vollkommen sinnlos, eben, weil wir (meist) keine Modi spielen, also mit einer bestimmten diatonischen Leiter ein besonderes Gefühl ausdrücken, wie es in der Kirchenmusik der Fall ist, sondern über Changes drüber nattern, deren wichtigster Bezug immer noch das tonale Zentrum ist, auf welches sie sich beziehen. Die Skalen stehen im Verhältnis zu einem Grundton und sind nicht eigenständig.
     
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  7. ppue

    ppue Mod Experte

    Ja, das haben wir schon immer so gemacht, dann muss es schon richtig sein.

    Das ist leider keine inhaltliche Auseinandersetzung.
     
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  8. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Da hast du Recht. Ich finde es allerdings auch schade dass wir hier in diesem ursprünglich von @catflosse sehr Interessant begonnenen Thread schon wieder über dein System reden.
     
  9. ppue

    ppue Mod Experte

    Dann lass es einfach. Trage zum Thread von @catflosse bei und gut ist. Ich brauche die Auseinandersetzung nicht.
     
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  10. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    An Auseinandersetzung im Sinne von Konfrontation bin ich auch nicht interessiert, im Sinne von Diskussion und Austausch von Ideen durchaus. Aber anscheinend kommen wir beide da nicht zusammen.
     
  11. Rick

    Rick Experte

    Mein Problem in diesen beiden Formulierungen ist das ausschließende Wort "nur".
    Es GIBT selbstverständlich Fortgeschrittene (und beileibe auch Profis), die damit nichts anzufangen wissen, doch bei vielen (den meisten?) anderen Lernenden muss es nur irgendwann "Klick" machen und sie können damit umgehen.
     
  12. ppue

    ppue Mod Experte

    Na, so viel Klick macht das selbst bei mir nicht. Ist ja stures Auswendiglernen der Namen für die unterschiedlichen Skalen. Ich meine, da ist nichts dran, was man verstehen müsste außer, dass es immer nur die Dur-Leiter ist, die von verschiedenen Punkten aus startet.

    Es ist aber wohl so, dass diejenigen, bei denen es mal "klick" gemacht hat, die Begriffe verteidigen und diejenigen, die sie noch nicht verinnerlicht haben, die Begriffe tunlichst meiden.
     
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  13. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Das ist der entscheidende Punkt.

    Ich habe schon viele erlebt, die haben sich gemerkt "dorisch ist wie Dur, man fängt auf dem zweiten Ton an" und waren dann bei "Wenn dorisch ja wie Dur ist, was ist dann der Unterschied?" (oder: Warum ist "Alle meine Entchen" nicht lydisch oder dorisch? Es sind doch dieselben Töne wie Dur!")

    Das Verhältnis der der Töne zum Grundton und die sich daraus ergebenen Intervalle. Muss man ggf. mehrmals wiederholen, denn der Mensch hat die Eigenschaft, dass er erst einmal auf dem falschen Dampfer bleibt.

    Da nächste kleine Problem: "Muss ich das lernen? Wozu brauche ich das?"
    Antwort: "Hömma, wie mein Rhythmus geht!"

    Grüße
    Roland
     
  14. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @ppue und @Roland
    Ich bin verwirrt ;)

    Ist das Ganze nicht ein "Uralter Hut" ?

    Mir fiel nach #113 grade ein .....
    Das hab' ich als blutiger Anfänger doch bereits vor Jahren gelesen.

    Jamey Aebersold: Ein neuer Weg zur Jazz Improvisation"

    7. Ausgabe, S. 57 + 58

    War für mich, als jemand mit "Null Ahnung" von Theorie, das erste mal,
    das ich irgendwas verstand.

    Heute ist mein Interesse an Theorie allgemein zurückgegangen.

    Mag damit zusammen hängen, das ich nicht mit Anderen musiziere.
    Bin "weltbester Solist" in der Kategorie: -Allein im Proberaum- :D

    VG
     
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  15. catflosse

    catflosse Kann einfach nicht wegbleiben

    @Roland Danke dafür, jetzt wird mir einiges klarer. und ich finde @ppue ist da auf dem rechten Weg.

    Die Griechen haben eine diatonische Tonleiter gefunden. Diese ist nur eine von vielen möglichen und tatsächlich verwendeten Tonleitern die nicht diatonisch sind. http://allthescales.org Sie hat minimale Quintenbreite und keine benachbarten Halbtonschritte. Die Voraussetzung dafür war die Kenntnis der Pentatonik und des Oktavphänomens, welches in vielen Kulturkreisen bekannt ist. Die Diatonik hat sich durchgesetzt, weil sie Kirchenmusik wurde und im christlichen Abendland bei den Gottesdiensten erklang und gesungen wurde. Die Modi dieser Diatonik sind die Kirchentonarten, immer das selbe Tonmaterial von verschiedenen Stufen (ich weiss, das gab es damals noch nicht) aus gedacht und auf die damalige Chorpraxis und die verwendeten Instrumente übertragen. (Nicht alle Instrumente konnten chromatisch gespielt werden)

    Das Dur und Moll sind leicht einzuprägen, hier herrscht das stärkste Grundtonempfinden. Sie sind einfach zu unterrichten und bilden den Grundstock der Musikschulpraxis im 19. Jahrhundert. Durch Kolonialismus und Migrationsbewegungen färben aber immer wieder Skalen anderer Traditionen auf das Systhem ab... Blues, afrikanische Polyrhythmik, Manouche, japanische, indische, etc. Nicht diatonische Skalen klingen exotisch, irgendwie interessanter, nicht so nach Musikschule. Das inspiriert natürlich auch Komponisten, die abseits der Folklore neue Wege gehen wollen (Messien, Schönberg) Die Musiktheorie versucht nun diesen Einfluss in die Systematik der frühmittelalterlichen Kanoniker einzuordnen und erfindet schöne Worte wie Ultrahyperphrygischkreuz4, die einem alten Griechen wahrscheinlich die Fussnägel abgepellt hätten, bei dem Versuch sie auszusprechen. Wenn jemand mittelalterliche Musik machen will, dann sind die Namen sinnvoll, für den Jazzer mit einem chromatischen Sax, der schnell lesen will, ist die Nomenklatur von @ppue viel praktischer. Viele der besten Jazz Musiker kommen aus Amerika. Die haben Probleme das Wort "Würstchen" korrekt auszusprechen. Warum sollten die sich den Kiefer ausrenken müssen, wenn sie über Musiktheorie, die ihre Musik betrifft, sprechen wollen?

    Wenn man den Horizont weitet, und das geschieht zum Beispiel im Gespräch mit Euch sehr bald, fällt schnell auf, dass es eine gewaltige Vielfalt jenseits von Dur und Moll gibt und ich glaube, dass sich Dur, Moll Pentatonik, und Bluesskala in Pop, Rock und Tanzmusik behauptet, liegt daran, dass die als erste in der Musikschule unterrichtet werden. Für die (meine) musikalische Praxis bedeutet das, genauer hinzuhören. Natürlich kann man nicht einfach wahllos Töne aneinander reihen. Man sollte sich etwas dabei gedacht haben. Und das! hört man dann auch. Vielleicht versteht man nicht immer sofort, welche innere Logik, welche Struktur, welches Ordnungsprinzip wirkt, aber dass eines wirkt, machen Tonreihen sofort hörbar. Ich werde für meine Praxis mir ein paar Skalen aussuchen, die starkes Lokalkolorit haben oder sehr emotional sind. (da komm ich von den Arpeggios weg) Habt ihr da Vorlieben?

    Welche klingen z.B. besonders gruselig, düster, verliebt, albern
    Welche klingen nach Balkan, Asien, Afrika... vor allem Latin-America

    ein paar Ideen hab ich auch dazu, aber ich schreibe hier um meinen Horizont zu erweitern und frage deshalb Euch. Wie, zum Beispiel, klingt es nach Flamenco jenseits der spanischen Kadenz, also jenseits des Klischees. Sollte man Zigeunermoll dazu spielen oder etwas modernes, impressionistisches wie Messien Mode 3. Wie entführt man die Hörer in die Wüste, in die Berge, auf das Meer?
     
    Zuletzt bearbeitet: 12.April.2022
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  16. catflosse

    catflosse Kann einfach nicht wegbleiben

    Klar. Eine klare Empfehlung. Es ist ein Praxisbuch, keine reine Theorie. Es vermittelt eine Art zu leben, verändert die Persönlichkeit. Es macht Dich musikalischer, egal auf welchem Niveau Du bist. Es gehört zu den Büchern, die man mehrmals im Leben lesen sollte. Ich bin auch noch beim ersten mal... aber wirklich begeistert.
     
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  17. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @catflosse
    Zu deiner Frage fällt mir spontan der Maler Gerhard Richter ein.

    Der wird im Interview gefragt:

    "Wann ist für Sie selbst ein Bild fertig ?"

    Antwort (sinngemäß):

    "Weiss ich nicht, kann ich nicht beantworten.
    Mein Bauch, mein Gefühl sagt mir, wann gut ist.
    Danach bleibt nur zu hoffen, dass der Betrachter ähnlich empfindet"

    Ich habe einige Bilder von G.H. -natürlich nur als Plakat-Drucke-,
    da frage ich mich oft:
    Was hat den Meister getrieben, z.B. eine einfache, weiße Wachskerze zu malen ?
    Oder einen normalen Küchenstuhl ?

    Ich bin überzeugt, das Geheimnis ist der Moment des Machens.

    Egal ob Töne erzeugen, Farbe an die Leinwand klatschen
    oder Kiesstein-Gärten harken.

    VG
     
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  18. catflosse

    catflosse Kann einfach nicht wegbleiben

    @bthebob

    Yupp, das ist sicher richtig. Aber mir gehts ums Technik üben. Die vielen kleinen Bausteine, die wir unseren Fingern beibringen, und die dann im Moment der Improvisation zur Verfügung stehen. Mann kann nicht alles üben, bei den vielen Skalen wird das klar. Man will nicht alles üben, am liebsten würde ich sogar Dur und Moll vergessen, um aus dem Klischee wieder raus zu kommen, in dem ich stecke. Weg von der Nudelei! Ich will einfach eine coole Riff Quelle sein! :cool2:
     
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  19. ppue

    ppue Mod Experte

    Hier kommt der letzte Teil darüber, warum sich die Durtonleiter durchgesetzt hat.

    Der erste Aspekt

    Als Vorschau postete ich dieses Bild:

    intervalle.gif

    Man sieht, dass in der aufwärts strebenden Tonleiter alle Intervalle groß sind. Dur bedeutet "hart" und große Intervalle geben tatsächlich eher ein Gefühl der Größe.

    Unsere abendländische Kultur war lange Zeit von Herrschern, Kaisern und Königen bestimmt und wie die aufsteigenden Treppen vor den Schlössern der Großen, so steigt die stolze Leiter der großen Intervalle hinauf. Die mehrstimmige Musik hat die sehr getragenen und in sich gekehrten Gesänge der Gregorianik hinter sich gelassen und wird mehr und mehr zur weltlichen Musik der Herrscher, deren Komponisten zu Hofe Stolz und Ruhm in ihre Kompositionen bringen

    Da passen nicht die von Trauer und Elend geprägten Intervalle und Skalen der afroamerikanischen Musiker Anfang des 20. Jahrhunderts, besonders die des Blues'.

    Herrschaftliche Musik muss strahlen, bedeutet Strenge, Härte und Zielgerichtetheit, die hier schon allein in der verwendeten Leiter ihren Ausdruck findet.


    Der zweite Aspekt

    Bisher habe ich alle Theorie aus den ersten zwei Oktavräumen der Obertöne erklärt: Prime, Oktave und Quinte bestimmen alle Aspekte bis hierhin.

    Mit der Mehrstimmigkeit kommt der dritte Oktavraum der Obertöne ins Spiel.
    Mehrklänge, die sich aus großen und kleinen Terzen ergeben. In der Mehrzahl Dur- und Mollklänge, die aus dem Stapeln von Terzen entstehen. Die zugrunde liegende Durtonleiter ergibt diese sieben Akkorde:

    stufen4.gif

    Wir nennen sie Stufen und bezeichnen sie mit römischen Ziffern. Das hat sich so eingebürgert.

    stufen7.gif

    Ich habe gleich noch eine Terz draufgepackt. Das sind die Septimen. Das kleine j bedeutet bei mir, dass es eine große Septime zum Grundton ist. Die einfache 7 bezeichnet eine kleine Septime.

    Bestimmend für das Tongeschlecht sind die Halbtonschritte, die zwischen dem 3. und 4. sowie zwischen 7. und 8. Ton liegen. Ist ein Halbtonschritt in der oberen Terz, so ergibt das einen Durdreiklang. Ist die kleine Terz unten, so ergibt das Moll. Ausnahme ist Stufe VII mit zwei kleinen Terzen, was einen verminderten Akkord ergibt.

    Im letzten Teil hatte ich der Tonleiter ja das F hinzugefügt, weil es eine Quintverwandtschaft mit unserem Grundton hat. Das zahlt sich nun aus: Schauen wir auf die Mehrklänge der Stufen I, IV und V, so sehen wir, dass sie alle in Dur stehen. Und, es sind die einzigen Akkorde in Dur.

    Der große Vorteil ist, dass nun die wichtigsten Stufen der Durleiter, also Tonika, Subdominante und Dominante in Dur stehen. Und, es sind die einzigen, was bedeutet, dass unsere aus sechs Quinten erstellte Leiter die einzige der sieben möglichen ist, die im Stufensystem diesen Vorzug hat. So gut wie alle Volkslieder und andere populäre Musiken benutzen diese drei Hauptstufen, wenn nicht sogar ausschließlich.

    Meines Erachtens der wichtigste Grund für die Durchsetzung der Durtonleiter.


    Der dritte Aspekt

    Leittöne sind solche, die mit einem Halbtonschritt zu dem darüberliegenden Ton leiten. Hier liegt der nächste Vorteil der Durtonleiter, dass nämlich der Grundton einen eigenen Leitton erhält und auch die Subdominante einen abbekommen hat. Die einzigen zwei Leittöne haben so das Bestreben, zwei der wichtigsten Stufen der Durleiter anzusteuern.


    Das sind meines Erachtens die drei Aspekte, die der Durleiter den enormen Erfolg in der Mehrstimmigkeit beschert, zumal anzumerken bleibt, dass die Ionische Kirchentonleiter (entspricht Dur) zu Zeiten des gregorianischen Gesangs kaum zur Anwendung kam.

    So, nun schweige ich still (-; bis es wieder über mich kommt).
     
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  20. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Ja. Aber ich finde, dass sich der Sinn der Tonleitern nicht wirklich erschließt, wenn man mit den selben Tönen nur von einem anderen Grundton beginnend, spielt.

    Es geht ja um Modi, Klangfarben. Das habe ich erst so richtig kapiert, als ich die Modi immer z. B vom C gespielt habe. Dann hört man wundervoll, wie sich der Klangeindruck bezogen auf den Grundton ändert.


    Und dafür waren sie doch ursprünglich gedacht, oder?

    CzG

    Dreas
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 12.April.2022
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