Hand aufs Herz: Sind die 1-2 Töne mehr unten relevant?

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von giuseppe, 11.Mai.2023.

  1. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ich habe eine Frage an die Baritonisten, Bassklarinettisten, Klarinettisten:

    Es gibt ja den allgemeinen Trend der Rohrverlängerung, der schon zu Mozarts Zeiten ein Thema war, als er das Konzert für "Herrn Stadler, den Älteren" und damit auch für seine verlängerte Bassettklarinette schrieb.
    Die Flötisten haben H-Füße (und sogar die Kontrabassisten die C-Extension, damit die erst bei 32 Hz und nicht bei 40 Hz Schluss ist). Die neuen Bb-Klarinetten haben gerne ein Eb (vielleicht damit man die Katze vom Peter ohne A-Klari spielen kann?), die Bassklarinetten gibt's bis Eb oder eine halbe Terz tiefer bis C (oder irgendwas dazwischen). Die Saxophone haben im Verlauf erst das Bb dazu bekommen und die Baris dann auch noch das A.

    Das Hauptargument für die verlängerten Instrumente ist die Literatur, was mir beim Thema Klassik und Werktreue einleuchtet. Fast immer gibt es aber auch das Gegenargument des geschlosseneren Sounds und erhöhten Widerstands bei den verlängerten Instrumenten.
    Jetzt haben die wenigsten Leute ein absolutes Gehör und würden auch nicht merken, wenn jemand Beethovens Violinkonzert in Eb-Dur spielen würde (- ach sorry, das sie ja schon).

    Wenn ich mir jetzt die Baritonsounds der Tief-Bb-Conns von Ellington bis Kenton anhöre tu ich mich schwer nachzuvollziehen, dass der Halbton das Spektrum wirklich bereichert hätte. Es kommt mir eher so vor, als würden Arrangeure es halt benutzen, weil es da ist, ohne zwingende musikalische Notwendigkeit.
    Gerade auf dem Alt und Tenor empfinde ich das tiefe Bb eher als Effektton als als vollwertigen Ton. Ich glaube es würde kaum jemand auffallen, wenn es nicht da wäre (und entsprechend arrangiert würde). Eine Oktave drüber erscheint mir der Schritt zwischen H und B jedenfalls relativ belanglos klein um so einen akustisch eigenartigen, trötigen Ton zu rechtfertigen. Bei der Klari ist es vielleicht schon wieder anders, da finde ich die tiefen E's schon oft besonders schön im Klang.

    Daher meine Frage an Alle mit Rohrverlängerung: Wie oft braucht ihr die tiefen Extratöne bei euren notierten Gigs und wie oft nutzt ihr sie für eure eigene Musik oder bei der Improvisation? Liebt ihr sie und drückt sie ständig ab, oder sind sie nur in der Reserve, für den Fall dass sie einer mal fordert? Würdet ihr lieber ein kurzes Instrument spielen, wenn die "Literatur" es nicht von euch verlangen würde?
     
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  2. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    wen ich mich mit der Bassklarinette in ein Blasorchester setze dann eher nicht, ansonsten brauch ich das schon ab und an, wie Du schon schriebst "Klassik"Literatur.... und beim Bassetthorn auch...

    LG
    Thomas
     
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  3. GelöschtesMitglied14902

    GelöschtesMitglied14902 Guest

    Der Ton mehr beim Bari macht nicht den Unterschied allein. Tief Bb Baris klingen wegen der kürzeren Bauform ganz anders,in meinem Augen viel konzertanter
     
  4. matThiaS

    matThiaS Admin Emeritus

    Ich liebe die tiefen Töne meiner Bassklarinette bis tief C
     
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  5. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    Bei mir im Saxquartett komme ich weitgehend mit meinem Tief-Bb-Bariton durch, bei 2 Stücken sind aber ständig unten C - B - Bb und A gefragt.

    Als trötige Effekttöne empfinde ich die tiefen Töne aber überhaupt nicht, im Gegenteil, sie sind wunderbar.
     
  6. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ja, das sehe ich auch so, um den unvermeidlichen akustischen konstruktiven Unterschied geht es mir ja unter anderem bei der Frage. Die Mensur ist untenrum bei den verlängerten Instrumenten in der Regel ja auch anders, vor allem beim Bari.

    Und bei der Bassklarinette gibt es auch nicht wenige Leute, die behaupten, die kurzen seien die deutlich sonoreren Instrumente. In dem Fall habe ich keine wirkliche Meinung, weil ich die großen Selmer- und Buffetbässe wirklich schön finde vom Klang und ich noch nicht so oft gleichwertige kurze Instrumente gehört habe. Das sind oft einfachere Teile, die vielleicht schon mehr Power haben, aber der Vergleich hinkt immer etwas.

    Alles natürlich diskutabel und auch Geschmacksache. Es kommt aber noch der Punkt dazu, dass die Extratöne unten angebaut sind und deshalb Extraklappen und -griffe erfordern. Spätestens beim Trillern merkt man das. :) Irgendwer hier hat mal geschrieben, dass er statt der langen Bassklarinette lieber die kurze Kontraaltklarinette nimmt. Das geht in die Richtung.
     
    Zuletzt bearbeitet: 11.Mai.2023
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  7. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Beim Bari finde ich die Bell Notes auch viel schöner, es spricht auch konstruktiv viel besser unten an. Beim Alt und Tenor finde ich sie weniger hübsch. Da sind sie viel schwieriger leise zu spielen als der Rest des Horns und haben meist eine herausstechend andere Klangfarbe.
     
  8. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Mein Bari geht bis tief-A, Bass-Klarinette (Voll-Böhm) bis tief-C und die Bb-Klarinette (Voll-Böhm) bis tief-Es.

    Ich hatte in den Anfängen ein geliehenes Bari-Sax (MK6) bis tief-Bb gespielt. Das Instrument war nicht gut eingestellt, so dass ich froh war, dass ich damals ein gebrauchtes Bari SA 1 bis tief-A kaufen konnte. Es gab damals einige moderne Arrangements, wo es cool war, das tiefe C spielen zu können.

    In meinem gecoachten Saxofonquartett haben wir ein Bari mit tief A und bei manchen Stücken, kommt das tiefe A gut zur Geltung.

    Meine Bass-Klarinette mit tief-C konnte ich indirekt von einem Profi, der in Ruhestand ging, kaufen. Damals hätte ich sie auch ohne tief-C gekauft. Heute nutze ich die tiefen Töne in meiner Musik sehr gerne und ich finde diese beeindruckend.

    Im Blasorchester spielte mein Pultnachbar (ehemaliger Profi) damals die Buffet bis tief-Es, die ich dann unbedingt auch haben wollte. Hauptgrund war eher, dass diese wie meine Bass-Klarinette Voll-Böhm ist:
    • artikulierter Trillergriff für cis’/gis“ (mit eigenem Tonloch)
    • Gabelgriff für es’/b“ (wird mit linkem Zeige- und Ringfinger gegriffen)
    • linksseitiger Heber für as/es“
    • erweiterter Tonumfang: tief-es-Klappe -> war mir nicht wichtig.
    Ob ich heute dies nochmals machen würde, bin ich mir nicht sicher, weil das Instrument schwerer als meine vorherige Buffet Prestige war. Andererseits habe ich keine Irritationen mehr beim Greifen, weil halt beide Voll-Böhm sind.

    In meiner Musik nutze ich grundsätzlich gerne alle erweiterten tiefen Töne.

    Ich kenne eine ähnliche Diskussion bei E-Bässen. Die zusätzliche 5. Saite hat Vor- und Nachteile. Als ich meinen Traumbass kaufen konnte, war es halt ein 5-Saiter, obwohl ich eine 4-Saiter damals bevorzugt hätte. Ich liebe auch hier inzwischen die zusätzlichen tiefen Töne.
     
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  9. Gerrie

    Gerrie Ist fast schon zuhause hier

    Mit der Basskkarinette habe ich nicht tiefer als D gebraucht. Allerdings habe ich nicht allzu viel gespielt.

    Das Bari tief bb habe ich durch tief a ersetzt.
    Tief a benötige ich regelmäßig.
    Bei den Stücken habe ich vorher stellenweise ein paar Takte eine Oktave höher gespielt. Manchmal war es nicht tragisch.
    In manchen Fällen klingt es mit tief a einfach besser.
    Meine Meinung.
    Vermutlich könnte man das Stück auch anders arrangieren.
    Habe ich noch nie drüber nachgedacht da es sich wohl niemand findet der sich die Mühe macht. Wenn mehr Vorzeichen dazu kommen sind die nächsten unglücklich. :D

    Grüße
     
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  10. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Mal nur so ein Gedanke: kann das Bb helfen, dass das B besser klingt/ anspricht?
    Und ja, beim Alt spielt man das tiefe Bb nicht wirklich, oder?

    Am Bari brauch ich das tief-A bei einem Stück momentan in fast jedem Takt, und es gibt mir ggf. die Wahl, etwas "ganz unten" zu spielen statt eine Oktav höher, und damit das Spektrum des Ensembles nach unten zu erweitern. Oder anders ausgedrückt: fetten Bass zu liefern.

    Ich hab mich "damals" zwischen einem Buescher Bb mit riesigem Trichter und dem Weltklang A entscheiden müssen/ wollen, weil ich nicht zwei Baris haben wollte. Klanglich für mich wesentlich unterschieden haben sie sich wirklich nur in den tiefsten Tönen, alles andere konnte ich "ausgleichen", und da war mir das tief-A tatsächlich wichtiger als etwas mehr Volumen ganz unten. Und ich überlege, ob ich mir noch einen Aufsatz bastle, damit ich bis zum Gis komme, dann gehen auch "Seven Nations Army" und "The Race".

    Das ist dann wiederum sehr subjektiv...
     
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  11. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Generell würde ich sagen, man braucht sie nicht, aber wenn man sie hat, will man sie nicht mehr missen.

    Das tiefe Eb bei meiner Sopranklarinette ist aber jedenfalls ein Segen. Es wandelt das mittlere Bb vom schwächsten Ton auf der Klarinette in einen wunderbaren vollen satten Ton.

    Gruß,
    Otfried
     
  12. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Das bringt wohl die weitläufige Ansicht auf den Punkt. Und bei der Klarinette kann ich das sehr gut nachvollziehen.

    Vielleicht hätte ich auch fragen sollen, wer ein kurzes Rohr spielt und es nicht gegen ein langes tauschen will. Da aber die neuen Instrumente meist eher die bassverlängerten Versionen sind, wird dann wahrscheinlich auch ein Vintage vs. Modern Thema.

    Diesen Aspekt habe ich noch nie bedacht und das Eb auf meinem Eb-Bass noch nie dafür benutzt. Ich mag die Throat Tones eigentlich vom Klang und finde das kurze Bb mit Seitengriff eigentlich gut vom Klang.
     
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  13. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Kein tief A beim Bari, dann wird es schwierig bei modernen Arrangements, auch in anderen Ensembles. Ohne tief A könnte ich viele viele Arrangements, die ich spielen muss, nicht spielen und dann wäre der Job weg, insofern...........
    Tief A ist Standard und das Oktavieren vom A klingt oft einfach nicht gut, weil der melodische Fluss leidet durch das Springen. Im Quartett oder in der Big Band geht es oft nicht ohne, da kann ich mit tief Bb nicht auftauchen.
     
  14. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    In der Bigband brauche ich das Tief-A auf dem Bariton ziemlich oft. Cooler Effektton. Setzt natürlich ein absolutes dichtes Horn voraus, wenn man oft unter dem c1 herumröhren muss.:cool:
     
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  15. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Im Amateurbereich ist es m.E. oft so, dass bei einem Tief-Bb-Bariton, dessen Besitzer laut und tight spielen kann und auch mal perkussiv die Herde mit ein paar schwarzen Schafen erfolgreich vor sich hertreiben kann, der Mangel des Tons in manchen Arrangements akzeptiert wird, wenn die alternativen Tief-A-Besitzer nicht den Drive haben, oder es gar keine Alternativen gibt.

    Ich kann mir vorstellen, dass im Profibereich da die Konkurrenz größer und die Luft dünner ist.

    Die modernen Arrangeure haben die tiefen Töne eingeplant. Mich würde aber auch interessieren wie du das aus musikalischer Sicht siehst. Abgesehen natürlich von Linien, die durchs A laufen und oktaviert nicht so gut funktionieren. Oder ist die Frage eh vom Tisch, weil kaum jemand mehr kurze Baris baut?
     
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  16. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Das geht auch mit einem Tief-A.
     
  17. Paul2002

    Paul2002 Strebt nach Höherem

    Prinzipiell ist es mir lieber, jemand spielt ausgiebig seine tiefen Töne, als wenn es alle zwei Sekunden ins Altissimo geht, es wäre aber auch unsinnig, beim Alto etwa tief A, tief As usw. anzubauen, irgendwann hätte man ein Tenor.
    Diese Extratöne gibt es ja aber meistens auch nur bei den sowieso schon tiefer gestimmten Vertretern einer Instrumentengruppe (Ausnahmen wie das Es der Bb-Klari gibt es natürlich).
    Insofern frage ich mich, was denn der Vorteil desse wäre, keine Extratöne mehr anzubauen? Ich denke, der Unterschied im Klang wäre nicht all zu groß. Für mich spielt sich jedensfalls ein Tief-A-Bariton nicht viel anders als ein Tief-Bb-Bariton (ich habe aber nie länger ein Tief-A gespielt, nur mal das Instrument anderer in die Hand genommen).
     
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  18. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    Wenn man vom BRAUCHEN zum LIEBEN übergeht würden bei mir bei einem nicht zu knapp bemessenen Lottogewinn
    einige „Verlängerte“ über die Ladentheke rauschen, als da zumindest wären:
    Ein Bassettunterstück für meine A-Klarinette oder eine getrennte Bassett
    Ein neues Bassetthorn
    Eine deutsche Bass
    Eine Kontrabass
    Ein A-Bari
    War’s das? :)

    Verlängerte Grüße
    Thomas
     
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  19. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Klar. Darum gings mir nicht, war wohl missverständlich. Ich meinte, wenn der, der da ist, nur ein Tief-Bb hat, darauf aber mehr rockt als andere, die ein Tief-A haben, weil er halt besser spielt, dann kräht im Amateurbereich niemand nach dem einen Ton.
    Wenn die Auswahl zwischen gleichguten Spielern mit und ohne A da ist, wird die Wahl anders aussehen.
     
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  20. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    In der von uns gespielten BigBand-Literatur komme ich ohne Tief-A nicht aus. Da dann zu oktavieren wäre fürchterlich.

    In den Combos liebe ich es, (da wo möglich) nen Pick-up ins Solo "von ganz unten" kommen zu lassen.
    Und Ja! es ist auch eine cooler Effektton. Ein perkussives Tief-A-Tock-Tock ist halt doch noch irgendwie anders als nen perkussives Tief-B-Tock-Tock.

    (Hatten wir nicht mal die Diskussion über die Wahrnehmumg und Wirkung unterschiedlicher Frequenzen?)


    Cheerio
    tmb
    (und immer schöne Töne!)
     
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