II-V-I Licks üben - mit welchem Ziel?

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von Meurgly, 28.Mai.2023.

  1. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    "Neumodisch" heißt in diesem Fall ungefähr so alt wie du, und wenn du dem schon die Eigenschaft "komisch" zuordnen kannst, weißt du ja schon, was fürn Krams das ist.

    Wenn nicht, gib mal hier ein: "Was sind approaches?" Da wirst du geholfen.
     
  2. heinz

    heinz Kann einfach nicht wegbleiben

    Also II-V-I licks lerne ich auswendig und baue sie ins Solo ein. 1:1 wie gelernt oder in abgewandelter Form. In möglichst vielen Tonarten. Wenn man die Soli der alten Meister wie zB Lou Donaldson anschaut findet man da bestimmte Wendungen zB über em7 A7 Dmaj die immer wieder auffallend ähnlich auftauchen, auch über die Jahre.
     
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  3. Altermann

    Altermann Ist fast schon zuhause hier

    Mich verwundert, warum bisher keiner der fachkundigen Foristinnen und Foristen auf diese Frage eingegangen ist?
     
  4. heinz

    heinz Kann einfach nicht wegbleiben

    Linienplan... ok. In C könnte ein einfacher Linienplan für einen II-V-I lick so aussehen:
    dm79 Akkordbrechung rauf ab Terz = f-a-c-e
    G7 als Skala abwärts = d-c-h-a-
    endet auf der Quinte von Cmaj 7 = g

    und das dann in möglichst vielen Tonarten üben.
     
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  5. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Ich habe es genug Schülern beigebracht. Man kann jetzt noch streiten was kreativ bedeutet aber wenn man weiss wie man lernt über Akkordfolgen und Akkorde zu improvisieren, sind Licks nicht unbedingt notwendig und zum Anwenden beim Solo nicht notwendig, auch wenn es gute Gründe gibt warum man sich mit ihnen auseinandersetzen sollte.


    Ich weiss es ist schwierig Fragen zu beantworten, deswegen vermeidest du das ja. Du hast dich nicht auf meine Frage geäussert was für dich Grundstrukturen sind und deswegen sagte ich ja auch, daß ich mich dazu nicht äussern kann wenn ich nicht nachvollziehen kann was du meinst. Ich fragte ja um Missverständnisse zu vermeiden. Also nochmal: was sind für dich Grundstukturen? Die Akkorde und das harmonische Gerüst bei einem Stück? Ja, die checke ich sehr genau aus. Eine Sammlung von Licks zurechtlegen tue ich hingegen nicht.

    "All das gefällt mir immer noch besser, als eine impro, die auf der pentatonik/bluestonleiter etc. basiert, und fantasielos nur die Noten rauf und runternudelt. Leider sehr häufig zu hören. Mangelnde Kreativität wird dann hinter Technik versteckt (möglichst schnell spielen). Kann man machen, mir gefällt das nicht, ist für mich auch keine gute impro. Dann lieber einfacher, aber kreativer Umgang mit licks."

    Nur für den Fall daß du dich an deine eigenen Worte nicht erinnern kannst.
    Man kann alles unkreativ oder kreativ benutzen, es hängt halt vom Benutzer ab. Und ich kenne das eher nicht, daß Leute die Skala immer hoch- und runterspielen, das ist nur bei absoluten Anfängern der Fall oder Leuten, die nicht wissen was sie tun sollen und wie man Melodien entwickelt.

    Wenn du aus verschiedenen Gedichten Sätze rauskopierst und die dann aneinanderreihst ist das keine eigene Leistung, ergibt eher kein gutes Gedicht, ist nicht kreativ und klingt meist nicht mal gut.

    Ok, wie ich dachte, du kannst keine Beispiele nennen, hätte mich auch gewundert..........

    Das kann man lernen. Das ist weder Magie, noch Vodoo oder sonstwas. Das dumme ist halt nur, man braucht einen guten Lehrer (der weiss wie er sowas beibringt) und man muss es dann halt auch üben (was viele immer nicht wahrhaben wollen, ist ja auch lästig und macht nicht immer Spaß). Ich bin dauernd in der Situation, daß ich meinen Schülern genau sowas beibringen muss, z.B. weil die jüngeren Schüler alle in Schulbands aktiv sind und da Soli spielen müssen am Musikabend vor 500 Zuhörern. Und da sind auch komplexe Akkordwechsel und/oder hohe Tempi bei. Man muss dann immer schauen was bei welcher Nummer für wen wie machbar ist. Aber es ist keine Magie, sondern einfach nur harte Arbeit.
    Wenn man das nicht will, dann sollte man so ein Solo lieber ablehnen und nicht machen.
     
  6. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Weil es nicht einen Linienplan gibt sondern zig Möglichkeiten wie man rangehen kann. Immer auf der Basis was die Person individuell schon weiss und kann. Es gibt nicht die eine Methode, den einen Fahrplan für alle. Das alles zu skizzieren wäre zeitlich ein enormer Aufwand und zusätzlich dämlich für Jemanden, der Unterricht gibt.
     
  7. Altermann

    Altermann Ist fast schon zuhause hier

    Ich verstehe, was du meinst aber hierbei handelt es sich ja um „Rezeptwissen“. Selbstverständlich kann ich das als Lernender anwenden und ich werde damit auch klarkommen aber angesprochen war Eingangs dieses Threads, dass man das dahinterliegende verstehen muss, also eine dem Tonmaterial inhärente Logik oder eine Regelhaftigkeit. Ich habe mich zugegebener Maßen nicht ausreichend mit Improvisation bzw. Harmonielehre beschäftigt, habe aber immer mal wieder angefangen. Ich bin niemals zu dem Punkt gelangt an dem es für mich einleuchtend war, warum es ratsam ist Akkord XY an einer bestimmten Stelle zu spielen oder warum sich bestimmte musikalische Klischees aufdrängen. Insofern kann ich das Rezeptwissen lernen aber mir fehlt das tieferliegende Verständnis und ich habe keine Ahnung wie ich dazu einen Zugang finde.
     
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  8. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    Macht auch nichts, wenn ich es nicht weiß! In 14 Tagen (netto) gehe ich eh in Pension.:cool:
     
  9. giuseppe

    giuseppe Gehört zum Inventar

    Das klingt immer wie eine Drohung oder ein Abschied, dabei wirst du doch dann vermutlich hier eher mehr abhängen und auch nicht weniger Sax üben, oder? :cool:
     
  10. Nilu

    Nilu Ist fast schon zuhause hier

    "in 14 Tagen" könnte ein approch an deine Pension sein. Eine Annäherung an das Ziel Rente.
     
    Zuletzt bearbeitet: 30.Mai.2023
  11. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Den besten Zugang findest du, wenn du zunächst möglichst gründlich "playing the changes" lernst, d.h. die Arbeit mit Patterns und Arpeggios, die exakt die vorgegebenen Akkorde ausspielen und von daher auch unmittelbar verständlich sind. Lernen, geschickt von A nach B zu kommen ohne irgendwelche Tricks. Das ist für mich immer noch die gründlichste Methode, um mir neue Stücke zu erarbeiten.
     
  12. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Dem stimme ich voll zu!
     
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  13. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Nee, ich will nicht. Ganz einfach. Ich muss nicht auf jedes Stöckchen reagieren, dass du hinhälst.

    Aber du machst schon wieder ein entweder-oder draus. Warum kein "beides"?
    So, wie du davon ausgehst, licks sind nicht kreativ, wobei du kreativ nicht mal definieren kannst, behaupte ich, dass es durchaus kreativ sein kann licks sinnvoll zu kombinieren. Licks sind Worte, keine Sätze. Ohne Wort keine Rede. Aber wenn du auf Sätzen als analogie bestehst, was ist dann mit einem Zitat, dass jemand in seine Rede einfließen lässt?

    Nur ist es bei mir kein entweder-oder, sondern eine von vielen Optionen bzw ein baustein zu einer impro zu kommen, besonders, wenn Erfahrungen fehlen. Ich fahre, entgegen deiner Erfahrungen, gut damit.
     
  14. Rick

    Rick Experte

    Was für ein "Verständnis" suchst Du denn?
    Musik ist eine Kunstform, die sich überall auf der Welt entwickelt hat, aber mit teilweise völlig unterschiedlichen Grundregeln.

    Akkorde und die Funktionsharmonik sind eine rein europäische Errungenschaft, die von Auswanderern (sowie Kolonialisten) über die ganze Welt verbreitet wurde, wo sie teils in andere Richtungen weiterentwickelt wurde.

    Ich betone immer in meinem Unterricht, dass es nicht um Naturgesetze geht, sondern um mehr oder weniger willkürliche Spielregeln.

    Klassisch (im wahrsten Sinne des Wortes) sind Akkordfolgen (= Kadenzen) mit "Spannungsaufbau" und "Entspannung".
    Aber bereits die so genannte Folk Music wechselt die Akkorde eher willkürlich, was dann im Rock weiter fortgeführt wurde.
    Die US-amerikanische Unterhaltungsmusik, aus der ja die meisten "Standards" stammen, bedient sich größtenteils der harmonischen Strukturen des europäischen Kunstlieds aus dem 19. Jahrhundert (der Song "I'm Always Chasing Rainbows" beruht auf der Hauptmelodie des Mittelsatzes von Chopins "Fantaisie Impromptu", das ist nur ein Beispiel von vielen).

    II V I finden wir bereits in den ersten Takten von J. S. Bachs "Präludium Nr. 1" aus dem "Wohltemperierten Klavier", ist also beileibe keine Jazz-Erfindung.
    Sämtliche "Spannungstöne" (Tensions) und Umspielungen (Approaches) wurden schon im europäischen Barock und in der Wiener Klassik verwendet, genau wie übermäßige und verminderte Akkorde.
    Weder die US-Schlagerkomponisten noch die Jazzer haben die Musik neu erfunden.
    Sogar Improvisation war bis vor etwa 200 Jahren in Europa eine Selbstverständlichkeit und wurde von Berufsmusikern erwartet.

    Was aber dann vor über 100 Jahren in den USA neuartig war, das sind Rhythmik, Tongebung, Phrasierung, bestimmte melodische Eigenheiten, die allerdings je nach Stilistik variieren.

    Um stilecht spielen zu können, lernte man früher solche typischen Melodien, eben "Licks".
    Heutzutage, wo alles im großen weltweiten Mixer zusammengerührt wird, ist das eigentlich nicht mehr notwendig, die wenigsten Zuhörer und Musiker achten noch auf Stiltreue.
     
    Zuletzt bearbeitet: 30.Mai.2023
  15. Altermann

    Altermann Ist fast schon zuhause hier

    Das ist mir schon klar, jegliche Kommunikationsformen beruhen auf Konventionen und dennoch sind sie alle mehr oder weniger regelgeleitet. Sie haben eine innere Grammatik, die die Sinnhaftigkeit der aufeinanderfolgenden Informationseinheiten festlegt. Die Analogien zur Sprache wurden ja schon mehrfach bemüht, auch hier ist vieles möglich aber eben nicht alles, weil es implizite Regeln gibt, die die Kommunikation leiten.
    Um zu erklären, was ich mit Verständnis in der musikalischen Kommunikation meine, gebe ich kurz ein Beispiel: Ich habe hier gerade zufällig den Snidero; The Essende of Bebop vor mir liegen. Da ist im Stück "Straight Trane" in einem Takt mit "Gm7 (b5)" vermerkt, dass Bbm7 drüber gespielt wird. Wenn ich es höre, klingt es gut aber ich verstehe nicht warum an dieser Stelle Bbm7 und nicht einfach Gm7(b5) gewählt wurde. Sprich mir ist unabhängig von diesem konkretem Stück nicht klar, welche Akkorde ich abweichend zu den notierten Leadsheets spielen kann, weil ich noch nicht verstanden habe, welche Regeln dahinter wirken. Das gleiche bei der Wahl der richtigen Moll-Tonart. Auch wenn scheinbar Alles möglich ist, habe ich schon das Gefühl, dass in bestimmten Situationen bevorzugt auf bestimmte Moll-Tonarten zurückgegriffen wird. Ich habe aber noch nicht wirklich verstanden wieso, sich eine bestimmte Moll-Tonart in der Improvisation anbietet. Ich könnte noch weitere Beispiele geben aber ich glaube es ist klar worauf ich hinaus will. Ich glaube dass sind mehr oder weniger gängige Probleme vieler "Impro-Anfänger:innen", die nur über ein laienhaftes Halbwissen verfügen.
     
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  16. GelöschtesMitglied5507

    GelöschtesMitglied5507 Guest

    G-7b5 und Bes-7 haben fünf gemeinsame Töne, vielleicht erzeugen Ges und As statt G und A etwas mehr Reibung/Spannung oder führen die Melodie weiter?

    Für mich als Immernoch- Improeinsteiger sind Licks tolle Augen(Ohren)öffner, wie man schnöde Skalen, Akkorde geschickt und gut klingend verbinden kann, ohne, dass es nach Tonleiterübung klingt.
     
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  17. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Die Erklärung steht doch drunter (auch wenn ich die ganze Geschichte samt Erklärung für etwas seltsam halte)...

    Wenn Du Dir in Ab-Dur die leitereigenen Septakkorde ansiehst, hast Du, wenn Du einen Akkord auf die 7.Stufe aufbaust, einen m7b5-Akkord, einen "Halbverminderten". Auf der 2.Stufe in Ab-Dur steht ein Bb-7, also ein Mollseptakkord. Die haben gleiche Töne: G-Bb-Db-F bzw. Bb-Db-F-Ab.

    @cweg war schneller.....
     
  18. giuseppe

    giuseppe Gehört zum Inventar

    Weil Bbm7 und Gm7(b5) im Wesentlichen das gleiche Tonmaterial und in den zentralen färbenden Funktionen die gleichen Akkordtöne haben (das Bb, das Db, das F).

    Den meisten, die sich bisher nur ein bisschen mit Akkorden und Tonleitern befasst haben wird m7 leichter von der Hand gehen als m7(b5). Das ist die einfache Erklärung, ein Rezept.

    Ergänzend dazu vielleicht, dass die m7(b5) häufig in Mollkadenzen vorkommt, die ihr Ziel einen Ganzton tiefer haben. In deinem Beispiel könnte es sein, dass die Phrase in F-Moll landet. Wenn das so ist, sind erstmal die Ohren dran. Es macht nur Sinn das theoretisch weiter zu erkunden, wenn du hörst, worum es geht.

    oh, nur dritter…
     
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  19. Rick

    Rick Experte

    Das sind künstlerische Entscheidungen, die auch stilabhängig sind.
    Und von der Situation abhängig: Spielt Deine Begleitung exakt die angegebenen Akkorde oder hat zum Beispiel der Pianist ganz andere Akkord-Ergänzungen in den Fingern?

    Je besser man sich diesbezüglich kennt, desto mehr kann man ausprobieren und wagen.

    Zum Stil: Wenn Du in einem Oldtime-Umfeld so spielst wie von Herrn Snidero angeregt, bist Du ruckzuck draußen.
    Das, was er da vorschlägt, führt zu "Bebop Lines", die mir als Saxer einer professionellen Blues-Band ausdrücklich untersagt wurden - ich wurde überhaupt vorwiegend deshalb engagiert, weil ich nicht, wie viele Kollegen, ausschließlich auf Modern Mainstream trainiert bin.
    Bop ist ein Jazzstil der 1940er bis 1960er Jahre, aber nur einer von vielen.
    Und das ist ja auch schon wieder über 50 Jahre her...

    Deshalb betone ich auch gerne, dass es nicht DEN Jazz oder gar DIE Jazz-Improvisation gibt.
    Wenn man das Vokabular des Bebop beherrscht, die entsprechenden Licks und typischen Akkord-Ergänzungen oder Alternativ-Akkorde, dann kann man Bebop.
    Das ist dann aber nicht DER Jazz, sondern nur eine Spielart daraus.

    Und was Snidero vorschlägt, führt zu seinem Stil, ist jedoch keineswegs universell verbindlich.
     
    Zuletzt bearbeitet: 30.Mai.2023
  20. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Was man einem Etüdenband, der "The Essence of Bebop" heißt, nur mit Mühe vorwerfen kann.
     
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