Kirchentonarten Flussdiagramm

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von peterwespi, 5.August.2023.

  1. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Lass gut sein. Es war kein Angriff gegen dich. Du sagtest nur sinngemäß, dass du so etwas entweder nutzen oder nicht kommentieren würdest und es klang für mich so, als würdest du das kommentieren den einstellen gegenüber unangemessen finden. Ich wollte nur abmerken, dass ich es nicht so sehe, keine Kritik an deiner Person oder Aussage.
     
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  2. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Klar, wenn du alterierst oder jenseits der diatonischen Akkorde unterwegs bist, brauchst du andere Töne, das gilt aber für beide Betrachtungsweisen. Ich weiß, dass ich dich da zu nichts belehren kann oder müsste.
    Der Ausgangspunkt der Kritik ist ja eher der, dass mit dem Akkordskalengedöns nach Aebersold auch in Funktionsharmonik mit halbtaktigen Wechseln irgendwann jedes Moll dorisch war und jede Dominante mixolydisch oder alteriert. Und was scheinbar eine Vereinfachung war, hat viel Verwirrung verursacht und wäre durch einfache Ergänzungen oder Varianten des diatonischen Tonraums schneller und richtiger erklärt gewesen.
    Ob man die II und die darauffolgenden Dominante unterschiedlich bedienen muss ist eine andere, spannende Frage. Ich denke eher nein. Kann man, muss man aber nicht.
     
  3. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Ein subtiler Hinweis auf die Tatsache, dass alte Säcke (so wie ich) darauf konditioniert sind, sich Sachverhalte systematisch zu erschließen. Als wir Lernen gelernt haben, bedeutete das, möglichst alles in Schemata mit möglichst durchgängiger Nomenklatur zu gießen.

    Seit eigenes Wissen zu Tante Kugel ausgelagert wurde (was streckenweise ein echter Segen sein kann), hat sich die Lernkompetenz vom Systematisieren weg verschoben und ist jetzt eher im Bereich der Fragekompetenz angesiedelt.
    Da ist es dann, der semantischen Suche sei „Dank“, völlig egal, wie die Nomenklatur ist - Google spuckt schon irgendwie das Richtige aus.

    Digital Immigrants vs. Digital Natives …
     
  4. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Ich gebe zu, dass ich diesen Ausgangspunkt überhaupt nicht im Blick, geschweige denn im Sinn hatte.
    Aebersold hat das vermutlich als didaktische Hilfe gemeint und, genau mit diesen halbtaktigen Wechseln in die Absurdität getrieben.
    Mein Kopf ist nicht dazu geeignet in diesen Mustern von Skalen zu denken (für mich „horizontal“), wenn ich funktionale Akkorde vor der Nase habe („vertikal“).

    Das ist auch der Punkt, den ich versuchen wollte (ohne in die Mondsondenwartung von weiter oben zu verfallen):
    Funktionale, „vertikale“ Harmonik erweitert den Tonraum über den Vierklang hinaus „nach oben“ mit Hilfe von Verwandtschaft (Parallelen, Gegenklänge usw.) um Spannung und Auflösung zu erzeugen.
    Modale, „horizontale“ Harmonik füllt die Zwischenräume zwischen den Tönen des unterliegenden Mehrklangs mit einem spezifischen Sound, der durch die Abfolge von Ganz- und Halbtonschritten der verwendeten Skala entsteht und erlaubt dadurch viel mehr Freiheit - aber nicht bei halbtaktigen Akkordwechseln.

    Beide Herangehensweisen erzeugen (für mich) unterschiedliche Klänge, auch wenn - nicht nur im Einzelfall - die nominell gleichen Töne in der Melodielinie gespielt werden können.
     
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  5. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    . . . es ist wohl auch eine Frage von Akkordlängen. In den A-Teilen von Caravan wird man die Grundtonbezüge der Melodien in der sechstaktigen Dominante eben auf die Dominante hören / beziehen, in halbtaktigen Wechseln eher auf die Grundtonart. So im Schnitt.
    Offensichtlich betont die Ausrichtung auf die Grundtonart das horizontale Spiel, die Ausrichtung, die den einzelnen Akkord für sich nimmt ebend die vertikale Ausdeutung der Akkorde inklusive ev Alterationen.
     
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  6. Saxoryx

    Saxoryx Strebt nach Höherem

    Für mich nicht, aber das liegt nicht an Deiner tollen Arbeit, Peter. :) Ich habe mir das runtergeladen und ich finde das Diagramm wirklich sehr gelungen. Theoretisch sehe ich da auch die Zusammenhänge. Allerdings ist es mir völlig unmöglich, so etwas wie dorisch nur durch Hören zu erkennen. Dazu müsste man sich vermutlich sehr viel mehr damit beschäftigen, das lernen zu wollen. Und ich frage mich immer: Wieso sagt jemand, jetzt spiele ich das in dorisch oder mixolydisch oder lokrisch? Was bedeutet das? Warum ist das wichtig? Warum sagt man nicht einfach, ich spiele das in D-Dur oder a-moll? Das reicht doch?

    Also schon daran siehst Du, dass ich keine Ahnung habe. :) Trotz aller Beschäftigung mit den Akkorden erschließt es sich mir einfach nicht, wozu man die Kirchentonarten überhaupt braucht. Wäre es nicht am besten, die in der Kirche zu lassen? Das ist jetzt überhaupt nicht ironisch gemeint. Ich habe das einfach nie verstanden. Das muss ich natürlich auch nicht, denn das hat nichts mit dem zu tun, wie ich Musik mache, aber ärgern tut es mich doch, dass ich das nicht verstehe. :cool:
     
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  7. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Über den Post musste ich erst mal brüten. Ich stimme soweit zu, dass ich den offensichtlichen Zusammenhang mit den Akkordlängen auch sehe und sich einmal vertikale und einmal horizontale Herangehensweisen besser anbieten. Ich glaube aber nicht, dass die Akkordlänge an sich eigentlich entscheidend für diese unterschiedliche Strategie ist, sondern die Funktion der Töne in Akkord und Skala.

    Im funktionsharmonischen Akkord sind die Akkordtöne selbst die Spannungsbringer, die aufgelöst werden müssen um eine Melodielinie zu würzen, die klassischen (und auch weniger klassischen) Leittöne, die dann in den Tönen des nächsten Akkordes zumindest einen kurzen Moment Entspannung finden.

    Bei den modalen Stücken mit ihren autarken Skalen findet die Auflösung der Spannung, die die “charakteristischen” Töne erzeugen innerhalb der Skala statt, oder kann das zumindest. Es muss kein Akkordwechsel passieren für das tension und release. Die dorische Sext reibt von selber und kann innerhalb des Akkordes Richtung und Auflösung geben. Die äolische Sext auch, nur ganz anders. Bitterschokolade statt Koriander.

    Caravan ist ein gutes und besonderes Beispiel. Das Stück beginnt als skalendominierte Weltmusik (oder das show-konforme Plagiat davon). Die HM V, oder Phrygian Major oder Spanish, oder wie man sie nennen will in den ersten 12 Takten ist alleine lebensfähig. Der Gitarrist auf den Stufen der kolonialen Kirche oder der Schalmeispieler könnten in der Phantasie des Zuhörers ewig in diesem Modus verharren und es wäre ok.
    Und dann kommt der Duke im Takt 13 mit Glitzeranzug und Konfetti auf die Bühne gesprungen und sagt dem ob der fremden Töne faszinierten und befremdeten New Yorker Publikum: Hey Leute, kriegt euch ein, es ist nur Funktionsharmonik! War nur ne funkige Dominante! Und jetzt alle tanzen, jetzt gibt’s Swing!!!
    Er spielt sozusagen mit dem Thema der Diskussion…
     
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  8. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @giuseppe
    Super, schreibst du auch Prosa ?:)

    Also mir hat dein Text ein Lachen ins Gesicht gezaubert.

    Zum fachlich / musikalischem Inhalt kann ich mich
    mangels "Kennung" nicht äußern.:D

    VG
     
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  9. ppue

    ppue Mod Experte

     
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  10. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Aber ... genau dafür ist doch das Flussdiagramm hilfreich!?

    - Das Lenren wollen kommt zuerst.
    - Wichtig ist, dass man das auch hört, wie hörtsich das an, wie fühlt sich das an? Welche Stimmung liefert ein Modus?

    Die kurze Antwort: Weil es mehr gibt als nur Dur und Moll.
    Weil es Stücke gibt, die Modiu benutzen.

    Nehmen wir mal dorisch, d.h. große Sexte. Überlege mal, welche Auswrikung dass auf die Subdominante = Stufenakkord auf der vierten Stufe hat.
    Die ist nämlcih eben nicht Moll, sondern Dur. Das wirkt ganzanders!

    Dorisch:
    Lydisch:
    end part of "Man in the Mirror" by Michael Jackson
    end part of "The Trader" by the Beach Boys

    Mixolydisch:


    Sind ja jetzt nicht alles Kirchenlieder, glaub' ich ... (shameless copy from wikipedia).

    Und da wäre die Übung: In die Stücke reinhören.
    Oder eine Zufallsliste erstellen ohne Bezug,anhören, identifizieren.
    Wie auch immer.

    Man sollte das hören, hören, hören. Hören ist das A und O.

    Grüße
    Roland
     
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  11. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    Passt zufällig.

    Bin heute Vormittag aus -Versehen- auf YT hängengeblieben bei,
    einem Unterrichtsvideo von .....

    Chad LB
    Thema, sinngemäß:
    Wie kann ich lernen, zu spielen, was ich in meinem Kopf "höre" ?

    Empfehlenswert !

    VG
     
  12. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    update zu Chad LB
    Das Video auf YT heisst:

    "How To Play What You're Hearing"

    ca. 20 Min.

    Aber nicht vergessen:

    "Nur durchs Lesen eines Backbuches ist noch kein Kuchen gebacken" :D

    VG
     
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