Sequoia Lemon vs Buffet S1

Artikel in 'Tipps, Tricks & Tests', hinzugefügt von Otfried, 25.August.2010. Current view count: 9345.

Moin,

Dank nimo und seiner Urlaubsaktion hatte ich nun die wunderbare Gelegenheit, mein ehemaliges Wunschsopran eine Woche zu testen, und mit meinem tatsächlichen Sopran zu vergleichen.

Als nimo mir das Angebot machte, wollte ich natürlich sofort das Lemon haben, denn von diesem hatte ich bislang nur Gutes gelesen und da wollte ich doch mal wissen, wie sich so ein modernes Teil nun so anfühlt und spielt.

Vorneweg gleich das Unwichtigste, das Lemon mag ja neu ganz chique aussehen, aber ganz ehrlich, das mir zur Verfügung stehende Instrument, welches nun nicht mehr ganz neu war sieht so hie und da doch schon ziemlich angegrabbelt aus. Ein lackiertes Instrument wie mein Buffet sieht dagegen auch nach 30 Jahren noch absolut top aus, dem fleckigen pure brass Anblick kann ich persönlich nicht so viel abgewinnen.

Aber auch abgesehen davon ist gleich klar, dass zwischen den beiden Instrumenten ein großer konzeptioneller Unterschied besteht. Das Sequoia ist einfach größer, und zwar von Vorne bis Hinten.

Schon die Anfangsöffnung ist mit 8,2 mm Durchmesser zu 7,5 mm Durchmesser deutlich offener, dieser Mensurunterschied bleibt über die gesamte Länge (Buffet: 639 mm, Sequoia: 653 mm) erhalten und kulminiert schliesslich in einem BigBell Becher von 94 mm Durchmesser, wohingegen das Buffet gerade mal auf 83 mm kommt.




























Das Sequoia vermittelt einen gediegenen Eindruck, die Mechanik ist sehr stabil, nichts klappert, die Deckung ist absolut top. Die Hebel und Tasten arbeiten präzise und leicht, ohne größere Geräuschkulisse.

Ausstattungstechnisch ist alles da, was das moderne Saxophonherz begehren könnte:

- ein gerader und ein gebogener Hals liegen dabei

- Hoch G Hier muss ich allerdings feststellen, dass für mich das hohe G schlichtweg auf der falschen Seite steht. Ich spiele auf dem Sopran das F# bevorzugt mit dem Mittelfinger, G wäre dann natürlichwerweise mit dem Ringfinger zu spielen. So wie es beim Sequoia angeordnet ist, ist das G in chromatischer Verbindung mit F# für mich leider praktisch unspielbar. Da scheinen die Meinungen aber auseinander zu gehen, ich erinnere mich an einen Test in der Sonic, bei der bei einem Sopran genau das Umgekehrte kritisiert wurde

- geteilte kurze C#-Klappe Diese kenne ich schon von meinem alten Mark VI und ist m.E. ein zweischneidiges Schwert. Sicher werden das kurze C#'' und C#''' intonationsmäßig besser abgestimmt, gleichzeitig handelt man sich aber eine
Schwergängigkeit und einen ansonsten unnötigen langen Hubweg des Oktavmechanismus ein. Ich bin da sehr ambivalent, da mich beim fixen Spiel die zusätzliche Mechanik eher nervt als dass mir die bessere Intonation hilft.

Außerdem ergibt sich noch der unangenehme Nebeneffekt, dass, wenn man den Oktavmechanismus auch nur ein klein wenig los lässt, das D''' und das Eb''' deutlich zu hoch werden. Insgesamt muss ich feststellen, dass mir die
einfachere Buffetmechanik mit dem ungeteilten C# doch lieber ist.

- eine Fülle Einstellschrauben für die Mechanik



- besonders positiv fand ich, dass sogar an zusätzliche Führungen für die langen Stangen (tief Bb und hoch F#-G) gedacht wurde. Besonders die langen Stangen nach unten haben bei meinem Buffet eine ständige Neigung, bei jedem
Anfassen stark zu verbiegen.

- Der Tisch für den linken kleinen Finger beim Sequoia ist recht aufwändig konstruiert, und, nachdem ich das tiefe C# endlich zum Funktionieren gebracht hatte kam ich damit auch halbwegs klar, allerdings kommt er an die geniale Konstruktion des Buffet Tisches nicht heran.

- Die Mechanik für den rechten kleinen Finger hingegen ist schlicht, einfach und absolut Klasse (da fehlt mir ein Bild, man kann es aber auf dem ersten Bild sehen). Sie ist mindestens genau so funktionabel wie die doch sehr aufwändige Wippe des Buffet, die zudem den Nachteil hat, dass sie recht weit weg von den anderen Tasten angeordnet ist. Beim Sopran, bei dem die linke Kleinfingermechanik ja im gleichen
Drehsinn läuft wie die restliche Mechanik finde ich die Buffet Wippe in der Tat überflüssig, ganz im Gegenteil zum Alt, bei dem ich immer noch absolut überzeugt von der Wippe bin.

- Der Oktavmechanismus des Sequoia kam mir sehr bekannt vor, wenn das nicht mal eine 1:1 Kopie des Selmermechanismus ist . Das Buffet hat einen ganz ähnlichen Mechanismus, da hätte ich auch lieber den Mechanismus vom Alt

- Last not least sei noch der metallene Daumenhaken erwähnt, der allerdings im Gegensatz zu dem von Buffet nicht verstellbar ist.

Nach der ganzen Mechanikdiskussion noch ein Wort zur Ergonomie. Ich bin doch immer wieder überrascht über bestimmte Vorstellungen von Ergonomie bei Handhabungsgeräten (nicht nur bei Instrumenten).

So ist das Sequoia offensichtlich weitgehend für größere Hände gebaut. Die Palmkeys für die linke Hand sind recht ausladend, selbst ich mit meinen sehr langen Fingern hatte erst mal Schwierigkeiten um den Palmkey-F-Hebel herum zu
greifen. Dann aber werden die Palmkeys für die rechte Hand in einem Winkel derart angeordnet (scheint gerade Mode zu sein), dass ich absolut keine Chance habe, das Bb und das Seiten-C halbwegs vernünftig zu greifen.

Beim Buffet wiederum sind diese Palmkeys so genial wie bei keinem anderen Instrument angeordnet (unglaublich wie schnell man beim Bb ist), dafür wiederum quetschen sich die Palmkeys für die linke Hand so eng an den Korpus, dass allenfalls Kinderhände damit keine Probleme haben.

Etwas den ansonsten professionellen Charakter des Sequoia Instrumentes trübten dann noch ein paar Kleinigkeiten:

- Die Polster geben heftige Schmatzgeräusche von sich, das tiefe C# wollte gar zunächst partout nicht von selbst aufgehen. Erst durch eine ausführliche Behandlung des Polsters mit einem Kaffeefilter konnte dies wenigstens temporär behoben werden. Ob mein Vorgänger Tester zu viel Cola beim Spielen getrunken, bzw. Schokolade gegessen hat, oder ob dies ein grundsätzliches Problem der
Imprägnierung der Polster ist kann ich nicht sagen.

- Beide Hälse passten nur schwer in den Korpus, da hätte ein klein wenig Anpassungsarbeit sicher gut getan.

- Die obere Oktavklappe liegt nicht plan sondern in einem leichten Winkel auf dem Tonloch auf, was zu einem schnelleren Verschleiß des Polsters führt. Kein großes Problem, aber doch ein wenig lieblos wie ich finde

Jetzt wollte ich aber doch auch mal was spielen, und da hat mich das Sequoia in allen Belangen absolut überzeugt. Sowohl unten wie auch oben spricht es sehr gut an. Sehr zu meinem Erstaunen sprachen selbst die höchsten Töne bis
zum G''' sofort und anstandslos an und ließen sich auch kräftig spielen.

Es wird ja häufiger mal diskutiert, ob Instrumente mit wechselbarem Hals eher schlechter ansprechen, und ob das hohe G den Luftstrom, resp seine Schwingungen irgendwie stört. Beim Sequoia jedenfall ist keine Spur davon, wenn, ja, und das ist eigentlich genau so überraschend für mich, wenn man den richtigen Hals benutzt.

Auf dem gebogenen Hals habe ich mit dem Instrument kein Bein auf den Boden gekriegt. Manche Töne wollten ganz schlecht, andere stimmten nicht, es war keine klangliche Ausgewogenheit vorhanden. Völlig anders hingegen der gerade
Bogen, der satt und voll, und vor allem mit hervorragender Intonation und einer perfekten Ausgeglichenheit glänzte. Das kann natürlich an mir liegen, da ich ja den geraden Hals von meinem Buffet gewöhnt bin, und tatsächlich auch
eine deutlich schlechtere akustische Rückmeldung beim gebogenen Hals bemerkt habe. Allerdings wurde das Ergebnis von einem weiteren Spieler, den ich das Instrument anspielen ließ bestätigt.

Mit dem geraden Hals hat mir das Instrument viel Vergnügen bereitet, und, wenn ich doch noch mal wechseln wollte, ich glaube, das Sequoia käme unbedingt in die engere Wahl, allerdings würde ich auch die lackierte bzw. versilberte
Version probieren, ob das finish tatsächlich einen so großen Unterschied macht.

Klanglich würde ich das Sequoia als etwas klarer, offener bezeichnen als das Buffet, die Unterschiede sind allerdings nicht so groß, dass man das nicht durch ein entsprechendes Mundstück und Blatt und ggf. eine gewisse Flexibilität im Ansatz ausgleichen könnte.

Zuletzt noch eine kleine Hörprobe. Ich habe ein paar kurze Phrasen mit beiden Instrumenten eingespielt, jeweils direkt hintereinander, so dass man einen kleinen Eindruck gewinnen kann, wo die Unterschiede liegen. Mein dilettantisches Soprangespiele möchte ich dabei entschuldigen, ich bin halt doch eher Altist.

Beide Instrumente wurden jeweils mit meinem Selmer Super Session Mundstück Bahn I und Vandoren V12 der Stärke 2 1/2 gespielt.




Aufnahmetechnik war ein recht neutrales Knopfmikrophon (benutze ich normalerweise für die Flöte) sowie ein Behringer Mischpult als Mikrophonverstärker. Das Ganze fand seinen Weg über einen usb-one Soundadapter in meinen PC.

Die kleinen Stückchen sind:
- Orfeo Negro (Antonio Carlos Jobim)
- Virgin Jungle (Duke Ellington)
- kleine Passage aus den 5 exotischen Tänzen von Jean Francais (meine Version und in Anlehnung an pues Altsaxvergleich)
- kurze Impro, just for fun

Gruß,
xcielo
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