Blue Bossa analysieren

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von Altermann, 23.November.2020.

  1. ppue

    ppue Mod Experte

    @Feuerstreuer:

    Mit Verlaub, was für ein ungeordneter Rundumschlag, der jeglichen Kommentator in Sippenhaft bringt.

    @Jacqueline hat vollkommen recht, wenn sie schreibt, dass es am Format liegt. Ein Thread im Forum ist kein pädagogisches Lehrbuch, sondern eine lebendige Auseinandersetzung mit einem aktuellen Thema. Wieso sollten denn da nicht mannigfaltige Widersprüche, Ideen und Konzepte nebeneinander stehen?

    Wenn ich die Akkord-Skalentheorie als Mist bezeichne, dann ist das meine Meinung. Und gerne, auch oft schon hier, gebe ich, so einer fragen sollte, zum Besten, wie ich mir eine Analyse eines Standards vorstelle.

    Ich habe sogar schon versucht, eine solche Analyse Schritt für Schritt in einem geeigneten Thread anzugehen. Dabei heraus gekommen ist nichts. Und das lag genau wiederum an der Struktur des Forums. Hier herrscht Meinungsvielfalt und es herrscht die Kultur derer, die viel schreiben, aber auch viel erklären und die Kultur derer, die wenig schreiben und nie fragen.

    Ich bin aber sicher: Man bekommt auf jede Theorie eine erklärende Antwort, wenn man nur fragt.

    Deinen Beitrag hier oben empfinde ich als Affront denen gegenüber, die sich Gedanken und sogar hin und wieder recht viel Arbeit in der Sache machen.
     
    bluemike, Juju, Rick und 2 anderen gefällt das.
  2. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    @Feuerstreuer
    Die herbe Kritik von deiner Seite verstehe ich auch nicht so ganz. Zumal wir von mehreren Teilnehmern des Threads regelmäßig und kostenfrei mit wertvollen Ratschlägen, Beispielen, Denkanstößen versorgt werden.

    Der TE war im Rahmen der Aebersoldschen Akkord-Skale-Übemethode verunsichert bezüglich der Konstruktion eines Arpeggios über Alteriert.
    Neben dem gewünschten Arpeggio kam von mehreren ein Vorschlag für eine alternative, „natürlichere“ Skalenwahl im konkreten Kontext.
    Die diskussionswürdige Skalenwahl führte zu einer Grundsatzdiskussion über Methodik beim
    Lernen von Improvisation, die für mich eher etwas beruhigendes hatte, weil sie zeigte, dass Profis von den gleichen Problemen umgetrieben werden wie Amateure, auch wenn sie sich auf anderem Niveau bewegen.
    Danach habe ich (obwohl nicht Profi) am Beispiel von Blue Bossa versucht zu zeigen, wie man mit Blick auf den funktionsharmonischen Aufbau erstmal mit drei Skalen auskommt, von denen sich zwei nur um einen Ton unterscheiden, statt der sieben, die uns die Akkord-Skalen-Theorie aufbrummt.

    Die Frage des Threads wurde meines Erachtens jedenfalls ziemlich ausladend beantwortet. Jetzt schreibst du, die entscheidende Information wurde vorenthalten - und ich frage mich schon, was du damit meinst.
     
    Rick gefällt das.
  3. Rick

    Rick Experte

    Das sehe ich, selbst nach dem wiederholten Lesen des Threads, genau so.

    Hier sind etliche Menschen, erfahrene Musiker, die sich in ihrer Freizeit mit Themen auseinandersetzen, die EIGENTLICH in den Unterricht gehören, und dazu meines Erachtens kompetente Antworten geben.
    Sie könnten sich stattdessen auch lustige Katzen-Videos anschauen oder etwas ganz anderes machen, aber nein - sie wollen helfen und ihre durchaus beachtenswerten Sichtweisen, gefußt auf langjähriger Beschäftigung mit den jeweiligen Themen, beitragen.
    Ich profitiere davon sehr und ich denke, dass es vielen Mitlesern ebenso geht. :thumbsup:
     
    Zuletzt bearbeitet: 29.November.2020
  4. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    Versuch eines "Frieden stiftenden" Resümees mit Zitat von J. Aebersold:

    "The Chromatic Scale is our Musical Alphabet.
    Scales are your best friends - get to know them inside out.
    They'll do whatever you ask them to do. Make sure you know them well."

    VG
     
    Atkins und Rick gefällt das.
  5. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Ich weiß zwar jetzt nicht, an wen Du genau das alles adressierst, aber Ich dachte, dass ich für meinen Teil zumindest eine Antwort präsentiert habe, die eine Alternative aufzeigt. Dass es mit jemandem wie Barry Harris jemanden gibt, der versucht, die Leute wieder zu den Wurzeln des Jazz zu bringen und das versucht zu vermitteln, was seinerzeit Bud Powell und Co gemacht haben. Und ich habe einen Youtube Link angegeben zu jemandem, der die Barry Harris Methode sehr gut vermittelt.
    Genausowenig wie ich in einem Forum Post Grundlagen der Chord Scale Theorie vermitteln könnte, so dass nach einmaligen Lesen dann jedem klar ist was zu machen ist, kann ich das mit Barry Harris.
    Aber vieleicht nochmal der Unterschied, und was die Bausteine der BH Methode sind, und warum sie vielleicht A) besser erklärt, WIE die Jazzgrößen improvisieren und B) bessere Flexibilität für die Improvisation vermittelt:
    Als Grundvoraussetzung besteht die Beherrschung der folgenden drei Skalen in allen Tonarten (jawohl, Skalen, aber nicht im Kontext zu irgendwelchen Stücken/Akkorden):
    - major
    - melodic minor
    - harmonic minor
    diatonisch rauf und runter, in Terzabständen (132435 etc), als Dreiklänge (135246357), als Vierklänge (13572468) mit allen Permutationen (beim Üben jeden Tag eine andere Variante), über die gesamte Bandbreite des Instruments.

    Jetzt auf konkret auf Stücke bezogen: Für jeden Akkord das Arpeggio spielen lernen (ganz banal 1357(6)). Dann nur mit den Akkordtönen improvisieren.
    Dann versuchen, die Akkordtöne mit diatonischen Verbindungstönen (Töne von der Tonart!!) aufzufüllen - geht ab und zu nicht, da muss dann schon ein chromatischer Ton ran (an dieser Stelle schwächelt die Chord-Scale Theorie bereits). Nun kann man aber auch jeden beliebigen diatonischen Durchgangston mit einem chromatischen ersetzen - da wird es nun richtig spannend. Da man aber nicht immer Achtelketten spielen will, kommt dann die korrekte rhythmische Platzierung her, so dass man trotzdem immer wieder auf den Füßen =Akkordton landet. BH vermittelt stets diesen rhythmischen Bezug.

    Zurück zu den Anfängen, so haben Barry Harris und Co das damals gemacht- Akkordtöne aufgefüllt und sich gegenseitig ausgetauscht, wie man am hipsten (hip im Kontext der damaligen Zeit) von Akkordton zu Akkordton kommt. Wenn man Lester Young in den 30ern/40ern anhört hört man im wesentlichen Arpeggios (nicht zwingend von der I aus, sondern Inversions, aber nichtsdestotrotz Arpeggios), mit ein paar coolen Durchgangstönen. Bei Parker werden die Durchgangstöne dann wesentlich komplexer, aber auch er verbindet letztendlich Akkordtöne, rhythmisch unglaublich komplex.

    LG Juju
     
    Zuletzt bearbeitet: 29.November.2020
  6. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

  7. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    Das tun sie. Vielen Dank an Dich @Juju und Dave :)
     
    Juju gefällt das.
  8. philipp_b

    philipp_b Ist fast schon zuhause hier

    Sehe ich genau so, Bei A+7 9 ist die Quinte groß, bei A7+9 die None. Da bei der Notation eine gewisse Verwechslungsgefahr besteht würde ich als Notenschreiber A aug 7 schreiben bzw A7#9. Da fallen mir keine anderen möglichen Interpretationen ein. Wenn wir schon dabei sind: Δ und - lässt weniger Interpretationsspielraum zu als M und m.

    Frank Sikoras neue Jazz Harmonielehre.
     
    Rick und GelöschtesMitglied11578 gefällt das.
  9. GelöschtesMitglied11578

    GelöschtesMitglied11578 Guest


    Ich, was den Sikora angeht, bin da ganz bei dir. Man muss nur das ganze Buch durcharbeiten. Vor allem von vorn nach hinten und zwischendurch nochmal nachlesen. Gerade die letzten Kapitel s. 257-312 und s. 483-572 geben dem vorangegangen Theorieteil erst einen musikalischen Kontext.

    leider ist ja nun gerade Berklee scharf in die Kritik genommen worden ... zumindest hier im Thema.


    Am Ende reicht es wenn es gut klingt. Wie man da hin kommt sollte jedem selbst überlassen werden. Egal ob Barry Harris oder Frank Sikora...


    Edit

    ich notiere für mich persönlich noch Vorzeichen vor den Ton. Also eher so

    #A7#11


    Lässt sich für mich und die Band schneller lesen.
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 10.Dezember.2020
  10. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Sikora hat wirklich ein sehr schönes Buch geschrieben, welches viele Unklarheiten beseitigen kann. Es ist aber ein dicker Brummer und ich behaupte mal, dass es weniger als 5% der Besitzer von Buchdeckel zu Buchdeckel gelesen haben, vom Anhang zu ganz zu schweigen. Was Kritik an Berklee, Akkord-Skalen-Theorie oder dem Aebersoldkonzept betrifft, kam diese zwar nicht von mir, ich kann sie aber gerade als Amateur sehr gut nachvollziehen. Sie richtet sich wohl weniger an den studierten Profi, der schon seinen Weg findet, sondern eben an den Amateur. Wie häufig ist es, dass jemand die ca. 284 "gängigen" Skalen quasi als Vorübung paukt und dann frustriert feststellt, dass er trotzdem immer noch keine coolen authentischen Impros hinkriegt und nicht mit den coolen Jungs mitspielen kann. Das ist doch das Problem! Und ich schätze die Profis sehr, die dieses Defizit wahrnehmen und ansprechen und Wege aus dieser vermeintlichen Sackgasse zeigen.

    Danke, @Juju und Dave!
     
  11. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ich glaube auch, dass die Schreibweisen hier Verwechslungsgefahr bergen, und einzelnes auskreuzeln oder (b-en) zu eindeutigeren Ergebnissen führt. Es ist aber tatsächlich so, dass Aebersold in seinen Heften A7+9 als alteriert mit #5(bzw. b6) deutet, und das ist meines Erachtens für eine ganze Literaturgeneration prägend.
     
    Rick gefällt das.
  12. Rick

    Rick Experte

    Kleine Anmerkung: Es gibt keine "großen" Quinten, sondern nur reine, verminderte und ÜBERMÄSSIGE. (Das gilt auch für Prime, Quarte und Oktave). ;)
    Alle anderen Intervalle sind entweder groß oder klein.
     
  13. GelöschtesMitglied4288

    GelöschtesMitglied4288 Guest

    Was soll denn das heißen? Verstehe ich nicht.
     
    GelöschtesMitglied11578 gefällt das.
  14. GelöschtesMitglied11578

    GelöschtesMitglied11578 Guest

    das ist auch nicht zu verstehen, weil es ist ja falsch aufgeschrieben.

    Richtig würde es so aussehen.


    A#7#11

    war ein selbstgewähltes Beispiel... es ging mir nur um meine Alternative...

    sieht dann so aus

    3334766A-9E90-4E34-AD2B-334A443AA318.jpeg 3334766A-9E90-4E34-AD2B-334A443AA318.jpeg
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 10.Dezember.2020
  15. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Allgemeinverständlicher und sicherer ist die Verwendung von Klammern wie es z.B. Sibelius konsequent handhabt: A#7(#11)
     
    Rick gefällt das.
  16. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Die untergeordnete Information zuerst, die Hauptinformation nachher? Gratuliere, mich würde das selbst bei einer einfachen Progression zur Verzweiflung bringen :)
     
    gaga, GelöschtesMitglied11578 und Rick gefällt das.
  17. philipp_b

    philipp_b Ist fast schon zuhause hier

    Wo Du recht hast, hast Du recht.
     
    Rick gefällt das.
  18. philipp_b

    philipp_b Ist fast schon zuhause hier

    Ähhhh.... Ist das jetzt Ais 7 #11 oder Amaj7#11 ?

    Update zu Frage: Entschuldige, das hast Du schon beantwortet.
     
  19. Stevie

    Stevie Ist fast schon zuhause hier

    Das Material (von Dave), das @Juju in Beitrag #66 zur Verfügung gestellt hat, ist doch genau das, was die Mehrheit hier braucht. Runtergebrochen auf das Wesentliche, mit klaren Beispielen.

    Ich schreibe aus dem Blickwinkel des - wie ich es mal nenne - engagierten Amateurs, der das Instrument ganz ordentlich beherrscht, und Skalen und Arpeggien ohne groß nachdenken zu müssen über den gesamten Umfang spielen kann. Aufgrund beruflicher und familiärer Anforderungen schafft er es aber eigentlich in keiner Woche des Jahres so viel zu üben, wie er eigentlich möchte.

    Für so einen engagierten Amateur ist das Problem doch nicht zu wenig, sondern zu viel verfügbare Information. Klar kann man den Sikora durcharbeiten - ist ja auch eine schöne intellektuelle Herausforderung und das kann dann ja auch schon sehr befriedigend sein. Ich muss das Ganze aber doch auch umsetzen können. Und da ist die Lösung - meines Erachtens - die Selbstbeschränkung. Ich muss nicht die Jazz-Harmonielehre in all ihren Einzelheiten verstanden haben, um ein - für einen Amateur - akzeptables Solo improvisieren zu können. Denn dazu muss ich zuerst überhaupt mal einigermaßen spielen können: was nützt mir die coolste (theoretische) Idee, wenn ich sie technisch nicht richtig umgesetzt bekomme (schlechte Intonation, schlechte Stütze, mieses timing, keine Dynamik usw.) - klingt bescheiden, will keiner hören ...

    Daher ist es für den Amateur sicher sinnvoll und auch absolut zulässig, sich aus den Ganzen schier unendlichen Möglichkeiten des Harmonielehrekosmos erstmal ein oder zwei Dinge für ein (z.B.) Blue Bossa Solo herauszugreifen. Damit kann man dann zwar keine 8 Chorusse gestalten (ohne dass die Zuhörer einschlafen), sondern maximal zwei - das reicht aber für die Fähigkeiten der meisten von uns (mich eingeschlossen). Für das Solo auf der monatlichen Session in Hintertupfingen ist das super - für das Village Vanguard reicht es nicht. Aber da kommen wir (die engagierten Amateure) sowie so nicht hin.

    Man darf ja folgendes nicht vergessen: (Jazz)Musiker ist ein Beruf, den man über Jahre erlernen muss. Und auch die lernen nie aus ...

    Mit anderen Worten: weniger ist mehr.

    Trotzdem ist es natürlich nicht "schädlich", sich mit der Theorie bis in das kleinste Detail auseinanderzusetzen - ganz im Gegenteil. Für das konkrete Spielen sollte man dann aber ruhig mal einen Gang zurückschalten und sich auf das beschränken, das man dann auch umgesetzt bekommt.

    Die positive Botschaft: im Grunde kann jeder improvisieren. Denn auch nur mit den Tönen eines Arpeggios bekomme ich eine Improvisation hin, um so überzeugender, wenn der Rest (Intonation, Timing etc.) stimmt.

    Das war jetzt viel Text ... egal.

    Viel Spaß beim Musizieren,

    so long

    Stevie
     
    Gerd_mit_Sax, Rick, Jacqueline und 5 anderen gefällt das.
  20. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Es gibt so viele Bücher, die sich damit beschäftigen, wie man Skalen- oder Akkordmaterial ORGANISIERT.
    Hier wird immer über Skalen und Akkorde diskutiert, aber selten über die Organisation. Die Geläufigkeit von Skalen und Akkorden ist Voraussetzung für eine flüssige Improvisation, aber doch erst die halbe Miete.

    Eines der IMHO empfehlenswerten Bücher dazu:
    https://www.amazon.de/Elements-Jazz-Language-Developing-Improvisor/dp/157623875X

    Cheers, Ton
     
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden