Der große Burt Bacharach hat sich geschämt

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von bthebob, 29.April.2021.

  1. Atkins

    Atkins Strebt nach Höherem

    Was willst du da denn, bleiben wir mal beim griechischen Wein, für das Sax mitnehmen? Das viele Leute einfachste Melodien " entwerfen" können, die erkannt und schnell mitgepfiffen/wiedereerkannt werden, ist ja soweit bekannt. Solche Meldodien werden mit etwas Zutun vielleicht bekannte hits. Die Musik, egal welche Richtung, ist voll davon. Ob Blues, Jazz, Rock, Latin, Klassik etc etc.....jeder kennt da unendlich viele "Gassenhauer" mit hohem Wiedererkennungswert. Mit entsprechender Vermarktung bringt es vielleicht sogar finanziellen Erfolg, manchmal jedenfalls.
    Aber was soll ich denn da für mein Saxspiel mitnehmen?? Im Bläsersatz habe auch ich manchmal klare Vorstellungen von einfachsten Abfolgen, da reicht ja manchmal nur ein Ton zur richtigen Zeit :) aber für mein eigenes Spiel im Kämmerlein bleibt der "griechische Wein" bitte draussen, was soll ich davon denn lernen?
    Ob andere Leute mein Spiel nun mögen oder nicht, ist mir erstmal egal. Erstmal, letztlich freut sich natürlich jeder über Zuspruch, aber wenn dem mal nicht so ist, dann ist das halt so. Ich mache Musik in erster Linie für mich und nicht für andere.
    Vielleicht habe ich dich aber auch nicht so ganz verstanden.
     
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  2. ppue

    ppue Mod Experte

    Bleiben wir mal beim Wein, genau. Was man mitnehmen könnte durch eine ausführliche Analyse und Kritik, wäre, dass man generell vermehrt auf musikalische Strukturen achtet, auf die verschiedenen Anforderungen in verschiedenen Genres und deren Ausführung.

    Mit den ersten Klängen im Intro transportiert der Song Griechenland, für uns gleich assoziiert mit Urlaub, Fernweh, Alexandra, Fremde.

    Tonart ist C-Moll, aber schon nach vier Takten hellt sich die Stimmung auf, und mit dem Licht aus dem Wirtshaus erklingt das parallele Eb-Dur. Dem Protagonisten ist kalt, er kehrt ein und mit einer Modulation geht es zurück nach C-Moll, welches nun für die heimelige Wärme steht.


    Es folgt der zweite A-Teil mit der Beschreibung der Gäste und deren nachfolgender Einladung des Protagonisten.

    Refrain:
    "Griechischer Wein" erklingt hymnengleich in aufsteigender Melodie und in stahlendem As-Dur, dessen Hauptstufen den ganzen Refrain bestimmen. Die eben noch fremde Musik ist plötzlich ganz vertraut und erst am Schluss folgt die Erkenntnis, dass er doch ein Fremder bleiben wird "und allein". Wendung nach C-Moll.

    In den nächsten A-Teilen folgt eine kleine, nicht unkritische Sozialgeschichte (typisch für Jürgens), die mit ihren Höhen und Tiefen wieder genau von den Harmonien gespiegelt werden.

    Folgen der Refrain und das Outro.


    Das Arrangement ist einfach. Die durchgängigen Quint/Quart-Begleitung im 4/4-Takt und die Bouzouki-Klänge vermitteln griechische Folklore. Im Refrain finden sich vermehrt Streicher- und chorische Begleitung.
    Einzig das unaufdringliche Glocken(zwischen)spiel fällt etwas aus der übrigen Orchestrierung heraus.

    Die enge Text-Melodie-Harmonie-Bindung ist bewusst eingesetzt und verfehlt ihre Wirkung nicht. Der Text spricht eine breite Masse von Gefühlen in uns an, von der Fremde, vom Einsamsein, von der Liebe, von der Gastfreundschaft, der Wärme im fremden Land, aber auch eben vom Leid und der Hoffnung auf Besserung. Über allem aber finden wir uns immer wieder im glückseligen Rausch. Hier im Refrain möchte man mittrinken, feiern, tanzen oder zumindest schunkeln.


    Bis hierhin eine Schilderung dessen, was ich höre und interpretiere. Bis hier ist noch keine Wertung vorgenommen, sondern so eine Art Bestandsaufnahme gemacht, die als Grundlage einer Bewertung durchaus wichtig sein kann.


    Die Bewertung eines solchen Schlagers kann nur auf der Basis seiner Bestimmung erfolgen. Kriterien wie Virtuosität oder Kreativität sind also von vornhinein nicht oder wenig zielführend, ist der Song ja bewusst eingängig und einfach gehalten und bedient das Genre Unterhaltungsmusik.

    Da es eine professionelle Studioproduktion ist, kann man gutes Zusammenspiel und hohe Musikaltität der Mitwirkenden voraussetzen. Hauptpersonen des musikalischen Geschehens sind eher der Sänger/Texter und der Arrangeur.

    Sprache und die ausgebildete Stimme von Udo Jürgens sind klar, gut verständlich, wirken authentisch und haben großen Wiedererkennungswert. Jürgens verkörpert damit den ehrlichen, aber nicht unkritischen Deutschen, bietet damit eine große Projektionsfläche für die Empathie seiner Zuhörer. Mit den kritischen Untertönen setzt er sich ab von allzu flachen Schlagern und sucht eine Verbindung zum Chanson.

    Das Arrangement ist eingängig und hält die Balance zwischen Folklore und gewohnter deutscher Schlagermusik.

    Das sind meines Erachtens die anzuwendenden Qualitätskriterien. Die Kritik fällt eher positiv aus und der Erfolg des Titels gibt den Ausführungen recht. Super Schlager.
     
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  3. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @Atkins
    ich weiss es auch nicht genau !:)

    "Griechischer Wein" war jetzt spontan, fiel mir grade ein.
    Hab' ich mir -notenmäßig- noch nicht angesehen.

    Aber lass mich kurz skizzieren, wie bei mir ein neues Stück ins "Programm" kommt.

    Beispiel:
    Hier im Forum stellte jemand den Altisten Stefano Di Battista vor.
    Mit Video. Kannte weder ihn noch das Stück (Livekonzert)
    Gefällt mir.
    Ich recherchiere. Ist von Nino Rota, aus Film "Romeo und Julia"

    Besorg mir die Noten.
    Über Klavier ..... Sax ..... bin ich schnell dabei und spiele diese
    einfache Nummer bald auswendig (nicht das Solo von Di Battista, ganz anderes Level)

    Zur gleichen Zeit suche ich das Lieblingslied eines verstorbenen Filmregisseurs.
    Wurde mir vor Jahrzehnten mal vorgespielt.
    Ich weiss nur, es soll ein russisches Volkslied sein.

    Ich finde dieses Lied "Polyushko Polye" (The Red Cavalary March)
    Ist BTW gar kein Volkslied. Ist aus einer klassischen Komposition um 1930.

    Und stelle fest:
    Die Lieder gleichen sich im Aufbau wie ein Ei dem Anderen

    Und beide Melodien "Pfeifen die Spatzen von den Dächern"
    Nicht nur die. Es gibt "1000" Fassungen, bis hin zu Rocknummern.

    Sowas faszieniert mich.
    Weckt meine -musiktheoretische- Neugier.
    Ich hab' nun wahrlich kein ausgeprägtes Wissen in Musiktheorie.
    Aber zwei/drei Gemeinsamkeiten in der "Tonsätzung" sind mir dann doch aufgefallen.

    Die ich aber nicht -verrate-,
    Will schließlich demnächst auch "Ohrwürmer" schreiben !:)

    VG
     
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  4. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @ppue
    Danke !
    Saubere Arbeit ! :applaus:

    Du hast es ebend ..... das ausgeprägte Wissen in Musiktheorie,
    das ich in meinen Beitrag grade als -ausbaufähig- umschrieb.
    VG
     
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  5. ppue

    ppue Mod Experte

    Na, soviel Theorie ist gar nicht nötig. Moll und Dur wird man schon auseinander bekommen, auf- und absteigende Melodien auch.

    Ich bin immer von Museumsführungen mit ausgebildeten Museumspädagogen fasziniert. Während ich so an den Bildern vorbei schlendere und in mich hinein fühle, was mich nun anspricht, bleibt der Pädagoge vor einem Bild stehen und beschreibt ganz akribisch, was er sieht.

    Nicht , dass ich das dann nicht auch sähe, aber, ich war für mich gar nicht so aufmerksam, habe mir nicht die Mühe gemacht, all das zu benennen und zu begreifen, was ich sehe. Und hat man alles gesehen, dann ergeben sich wie ganz von selbst Bezüge, von Personen, von Form zu Farbe, zu Bildaufbau, zu Symmetrie oder Symbolik und immer auch ein historischer Bezug zur jeweiligen Epoche. Hier hänge ich dann meistens in den Seilen, weil ich mich da nicht so gut auskenne. Hier fehlt mir die Theorie.

    Die Aufmerksamkeit ist für mich das wichtigste bei einer solchen Begutachtung. Und wenn ich irgend welche Bezüge nicht hin bekomme, dann kann ich auch sagen, dass ich das nicht beurteilen kann. Kritik muss nicht allumfassend sein.
     
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  6. Atkins

    Atkins Strebt nach Höherem

    Ah, so ist das also :O du willst auch "Ohrwürmer" schreiben! Ob da Wissen um Musiktheorie nicht eher hinderlich ist? Ich weiss es nicht und wahrscheinlich
    ist es ganz unterschiedlich. Was dem Einen gut hilft, mag dem Anderen eine Hürde sein. Zwingend erforderlich ist Musiktheorie für Ohrwürmer sicherlich nicht.
    Mir schwebt da gerade ein einfaches Beispiel von der Punk/Folk sonstwas Band ein, wo ich gelegentlich mal mitspiele. Da haben wir ( besser die haben) einen song mit einem ganz simplen Thema, welches sich oft wiederholt, jeder erkennt und mag.....mitpfeifen/singen geht problemlos und die band bekam viel Lob dafür.
    Irgendwo habe ich das auch, aber das erspare ich euch mal:)

    Also bthebob, ich bin gespannt auf deine Kreationen, wenn sie dann klar sind.
     
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  7. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @Atkins
    Und ich erst !! :)

    Aber gut, weil wir Zwei ja quasi unter uns sind.
    Eine Gemeinsamkeit verrate ich dir.

    Es ist sozusagen "meine bisherige Quintessenz".
    Nie den -fünften Ton- vernachlässigen. Er ist der Dreh- und Angelpunkt !;)
    VG
     
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  8. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Interessant, dass Dir da spontan dieser Künstler eingefallen ist. Er ist ja ein Inbegriff der "seichten Musik", der "anspruchslosen Schlager für das einfache Volk". Nur tut man da Herrn Professor Bockelmann ziemlich unrecht. Er trat ursprünglich als Jazz Musiker auf und hat bereits mit 17 einen Komponisten Wettbewerb gewonnen. Die Schlager waren anfangs nur ein Zubrot, weil das Publikum für Jazz einfach zu wenig war. Ich hatte ihn vor Jahren mal in einem Interview gehört, wie er für seine dritte Teilname am Song Contest etwas absolut ungehöriges versuchen wollte. Er wollte sehen, ob die Welt schon bereit ist für ein Lied, das schon mit einem verminderten Akkord beginnt und das als Grundthema über das ganze Stück hält.

    Das Publikum war bereit und "Merci Chérie" war der internationale Durchbruch.

    An seinen Stücken ist nichts einfach nur "einfach". Wenn überhaupt, ist es ganz bewusst und punktgenau "barrierefrei". Ich würde ja die Texte und die Melodie hier getrennt behandeln. Aber beides war immer maßgeschneidert und ausgesprochen taugliche Gebrauchsmusik, qualitativ hochwertig und langlebig. Entgratet, poliert und ohne Aufwärmen sofort einsatzfähig.

    Würde ich das mit Speisen vergleichen müssen, dann war das eher "Ziegen Frischkäse mit Schnittlauch auf frisch gebackenem Krustenbrot" statt "Gele von sautierten Lärchenzungen mit Yamswurzel Pürree und gehackten Andenkräutern". Wenger exotisch, kann man aber ohne groß darüber nachzudenken einfach genießen - wenn man Ziegenkäse mag. Oder Schlager. Wobei sich beides mit ein paar Gläsern guten Weins kombiniert noch steigern lässt. Mit jedem Glas wird der intellektuelle Ballast unwichtiger und man legt mehr Wert auf emotionale Kompatibilität.

    Es ist ja auch von Peter Alexander (Neumayer) wenig bekannt, dass er ein ganz passabler Jazz Pianist war. Das Publikum wollte ihn lieber in einer anderen musikalischen Rolle sehen.

    Es ist oft sehr anspruchsvoll etwas so zu machen, dass es "ganz einfach" wirkt. Wieviel "Gedöns" kann man weglassen, ohne dass der Kern leidet? Oder anders gefragt: Wieviel Brimborium steckt in so manchem Stück das einen vielleicht qualitativ nur mäßigen Kern akustisch ein wenig wichtiger wirken lässt?

    Ist ein Jazz Standard wie "How High The Moon" nur dann "Qualität", wenn ein kompliziertes Solo darüber gespielt wird? Oder ist es eher so, dass ein qualitativ hochwertiges Stück es eher verträgt, dass man "wild daran herum zerrt" ohne dabei kaputt zu gehen?

    Etliche Werke von Bach, Vivaldi und anderen weniger bekannten Oldies haben bisher viele Bearbeitungen überlebt, ohne im Kern Schaden zu nehmen. Das würde ich unter "solide Qualität" einreihen.
     
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  9. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @bebob99
    völlig richtig !
    Hatte U.Jürgens lange in der "SchlagerEcke" einsortiert.

    Ein Dokumentar-Film über sein Leben (noch zu Lebzeiten gedreht)
    hat mich dann eines besseren belehrt.
    VG
     
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  10. scenarnick

    scenarnick Admin

    Wie passend ;)
     
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  11. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @scenarnick
    nicht schlecht waa? .... für'n alten Mann :)
    So'n "Zeugs" merke ich mir ..... Quinta - Essentia = das fünfte Seiende

    Neben .... Feuer, Wasser, Luft, Erde

    Einen "hau' ich noch raus .... zur guten Nacht, quasi als -Betthüpfer-

    "Die Musik ist eine verborgene arithmetische Übung der Seele,
    die nicht weiß, daß sie mit Zahlen umgeht"
    VG
    von Leibnitz und Olle Icke
     
  12. scenarnick

    scenarnick Admin

    @bthebob Nun, dann weiß ich als Mathematixer und Inschenör ja genau, dass ich hier richtig bin :)
     
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  13. charly-5

    charly-5 Ist fast schon zuhause hier

    Ich finde, dass es Dr. House ganz gut auf den Punkt gebracht hat:


    Gruß
    Charly
     
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  14. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @charly-5
    dit kannst'e doch mit'm alten Mann nicht machen !:)

    ich kenne weder die Serie (nur mal von gehört)
    noch verstehe ich das genuschelt englisch.

    Sei so lieb', ..... hilf mir auf die Sprünge!
    Ich will doch mitlachen können.
    VG
     
  15. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Schwerer Fehler. Dann weißt Du ja noch gar nicht was Amyloidose oder Lupus im Körper alles anrichten kann.
    Aber im Ernst, die Serie ist genial. Und was die an Laborbefunden ins Rennen werfen auch. Nicht dass die jemals was genützt hätten ...
    Und unser lieber Doktor (oder besser der zugehörige Schauspieler) ist ein Jazz Pianist und lässt uns gelegentlich an seinem Hobby teilhaben.
    Das ist jedenfalls gaaaanz anders als die heimischen "Arztserien" :sick::sick::vomit:
     
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  16. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    aber was sagt er denn in dem Ausschnitt ?
    VG
     
  17. Rick

    Rick Experte

    Hugh Laurie sagt:
    "But ability isn't always enough. Just ask Yngwie Malmsteem!"

    So, jetzt sollte sich noch ein Gitarristenkenner dazu äußern, wer Yngwie Malmsteen ist - ich habe den Namen vorher noch nie gehört, wahrscheinlich wie umgekehrt ein durchschnittlicher Hard-Rock-Fan kaum den Namen Paul Desmond kennen dürfte. :-D
     
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  18. Rick

    Rick Experte

    Vor allem der deutsche Synchronsprecher Klaus Dieter Klebsch, dem seine Arbeit für Hugh Laurie zum Durchbruch verhalf.
    Ich liebe seine rauchige Stimme, besonders den überheblich-sarkastischen Duktus bei "Dr. House". :D
     
  19. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @Rick
    ok .... danke soweit!
    Es bleibt spannend.
    "Aber Können ist nicht immer genug. Brauchst nur Malmsteem fragen"

    Ich sage nur:
     
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  20. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    wir wurden unterbrochen .....

    Ich wollte zum Ausdruck bringen. Verstanden habe ich den Ausschnitt
    immer noch nicht !:cool:
    Thats why: "Gidje nachoditza woksal ?:)
    VG
     
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