Attentat auf Dodo Marmarosa

Dieses Thema im Forum "Musiker / Bands" wurde erstellt von Gelöschtes Mitglied 13399, 14.April.2023.

  1. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Die Antwort ist: Ja. Sogar haargenau.

    So einen ausgecheckten Shit spielst Du nicht aus dem Bauch. Nicht mal Bird.
    Nur das, was unsereins mit Klavier, Stift, SlowDowner und was weiß ich macht, hat dieser Parker eben im Kopf gekonnt.

    Ob er das Ding „Lydische Zelle“ genannt hätte, darf bezweifelt werden.
     
  2. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Mir ist jetzt eine neue Deutung eingefallen:
    Gott und "er" sind identisch.
    Natürlich kann sich Gott eigentlich nicht selbst schaffen (oder doch? Ich bin ja kein Theologe), wenn man das aber ignoriert, ist der Witz der Aussage, dass Gott in zwei Formen gleichzeitig existiert. Einmal gibt es den traditionellen christlichen Vorstellungen entsprechenden Gott, der über das, was er da geschaffen hat, besorgt ist (warum aber? Gott ist doch allmächtig), dann gibt es den geschaffenen Gott, der (böse?) grinst, gewissermaßen den Teufel darstellt.
    Es gibt also Gott als Ausdruck für ein vom tatsächlichen Gott geschaffenes Wesen, welches, da es als Gott bezeichnet wird, entweder sehr mächtig oder aber sehr anmaßend ist, und es gibt Gott als Wort mit seiner üblichen Bedeutung.

    Kritisieren möchte der Künstler hier vielleicht eine Person, die sich für Gott hält, eigentlich aber nicht im Sinne Gottes handelt.
     
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  3. Gelöschtes Mitglied 11989

    Gelöschtes Mitglied 11989 Guest

    Irgendwie muss ich an @Pil denken... :-?
     
  4. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Er existiert doch sogar dreimal - und ist doch nur einer. Der ist/die sind aber woanders. Deshalb haben wir ja einen Papst.

    Endlich ist alles völlig geklärt :confused:

    Jetzt aber schnell zurück in die irdisch-lydische Zelle :topic:
     
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  5. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Ich vermisse ihn auch :/
     
  6. Rick

    Rick Experte

    Ja klar, das hatte er eben von John Gillespie. Etlichen Interviews mit Zeitzeugen zufolge hatte Dizzy all das schon lange vorher ausbaldowert und dann Bird beigebracht, der es mit seinem ganz eigenen Gefühl für Timing, Phrasierung und Mikrodynamik sowie seiner einzigartigen Virtuosität interpretiere.
    Dizzy Gillespie hatte sich schon Jahre zuvor mit Akkorden und "upper structure" beschäftigt, sowie mit der Herausforderung, daraus stimmige Melodien abzuleiten.

    Die beiden Genies haben sich auf grandiose Weise gegenseitig befruchtet - aber die Beschäftigung mit Harmonik und Melodik war Dizzys Domäne, nicht Birds. Er setzte die Erkenntnisse allerdings wunderbar um, was andererseits Dizzy inspirierte.

    Wer das leugnet, hat sich wohl nicht ausreichend mit den zeitgenössischen Quellen zur Entwicklung des Bebop beschäftigt.
     
    Zuletzt bearbeitet: 17.April.2023
  7. Rick

    Rick Experte

    Back to Dodo Marmarosa:

    So sehr ich "Real Bop" liebe, so faszinierend finde ich auch die "Seitenstraßen" des Bebop, gerade durch euro-amerikanische Musiker. Hier finde ich wesentlich mehr absichtliche Intellektualität, im besten Fall verbunden mit verinnerlichtem "swing". Vielleicht liegt mir das auch aufgrund meiner eigenen ursprünglichen klassischen Ausbildung sowie meiner Beschäftigung mit den modernen Komponisten dieser Zeit nahe.
    Wo die "Real Bopper" Lässigkeit und Blues-Feeling an den Tag legten, pflegten diese europäisch geprägten Jazzer ganz andere Tugenden, die ich nicht besser oder schlechter finde, sondern ebenfalls interessant.
    (In dem Zusammenhang wäre das "Modern Jazz Quartet" mit seiner eher europäischen Ästhetik ein weiteres Sujet.)

    Überhaupt ist das Thema, gerade in Europa, sehr zwiespältig und Objekt vieler musikkritischer Auseinandersetzungen der Vergangenheit: Gibt es "richtig oder falsch" im Jazz, generell in der modernen Kunst?

    Da muss jeder Musiker seinen eigenen Weg finden. Mir liegt, aufgrund meiner "Sozialisierung" in afro-amerikanischem Jazz, der "Real Bop" heute näher, aber als Europäer kann ich auch den "Seitenstraßen" einiges abgewinnen. :)
     
    Zuletzt bearbeitet: 17.April.2023
  8. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Ich weiß nicht, wen Du damit meinst. Falls Du mich meinst:
    Ich habe, im Kontext der „selbsternannten Intellektuellen“ (der einzige Intellektuelle, der sich evtl. so gesehen hat war Dizzy) und der etwas pauschalen Aussage, Diz hätte sich über Bird als Harmonisches Toastbrot geäußert, angemerkt, dass es Bird ist, der die harmonischen Spezialitäten spielt.

    Wer‘s erfunden hat, war nicht mein Punkt. Ich habe im Gegenteil darauf hingewiesen, dass bei der Savoy Aufnahme gerade Diz am Piano saß. (Aus verschiedenen Gründen statt dem eigentlich geplanten Argonne Thornton).


    Ohne positive oder negative Wertung erlebe ich originär Europäischen Jazz eher als sehr kopflastig.
    Das äußert sich am einen Ende des Spektrums durch improvisierte Musik, die viel näher an Satie und Debussy ist, als an Ellington; am anderen Ende des Spektrums werden sämtliche Grenzen aufgelöst und kakophone Geräusche als Musik angeboten (gegen die Brötzmann noch ein großer Melodiker ist).
     
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  9. Rick

    Rick Experte

    Dich nicht, aber es gab und gibt immer wieder große Parker-Fans, die ihn fast schon als musikalischen Gott verehren, der ganz allein und von sich aus auf den "ausgecheckten Shit" kam.
    An die Adresse war das ganz allgemein gerichtet.

    Ja, den Satz hätte ich auch weglassen können, war überflüssig.
     
  10. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ich weiß nicht ob die plakative und in den 1970ern so beliebte Einteilung von rechts- und linkshirnigen Tätigkeiten in der modernen Neurowissenschaft noch so gilt. Aber wenn man sie mal voraussetzen darf, dann bin ich nicht überzeugt, dass gerade so jemand wie Parker solche Linien wirklich überwiegend bewusst, linkshirnig und aktiv konstruiert hat.

    Aus meinen seltenen und bescheidenen kreativen Momenten, sei es beim erfolgreichen Überleiten in den Tonartwechsel in der Impro, bei der ungewohnt gelungenen Skizze eines laufenden Menschen oder beim öffnenden Pass in den Raum beim Freizeitkick weiß ich, dass die spontanen, nicht wirklich durchdachten Entscheidungen nicht selten die Besten sind. Man lässt es passieren, sozusagen. Voraussetzung ist, dass man im “Flow” ist, im Sinne meditativer Sammlung auf eine Tätigkeit kann man das vielleicht auch Momente von positivem Samadhi nennen.
    Dass diese glücklichen Würfe bei mir reiner Zufall sind, halte ich für weniger wahrscheinlich, da sie mit intensivierter Praxis und Übung doch etwas mehr und mit mangelnder Übung wieder weniger werden.

    Demgegenüber gibt es die bewusste Entscheidung. Die kann man auch üben und musikalisch einsetzen. Das klingt bei mir oft aber eher nach “Dienst nach Vorschrift”. Besser ist es, ich kann eine Nummer und denk dann aber nicht zu viel nach sondern spiele einfach. Oder entscheide mich für einen Einstieg und lasse es dann passieren.

    Parker ist sowohl vom Hören als auch von seinen Habits für mich eher jemand, der intuitiv und rechtshirnig spielt. Keine Frage, dass er extreme Skills hatte und ein extrem kreatives Umfeld, das ihn beflügelt hat. Und ich kann mit gut vorstellen, dass er die lydische Zelle bemerkt hat, weniger aber, dass er sie immer geplant hat.
     
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  11. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Die ganze rechts- und linkshirnige Sache ist die, daß es wohl eher darum geht, komplexe Tätigkeiten von der Bewusstseinspflichtigkeit durch häufige Wiederholung in die Tiefenpersönlichkeit und damit eine automatisierte Ebene absinken zu lassen.

    Bestes Beispiel: Autofahren mit einem Schaltwagen in einer Großstadt zur Rush Hour (also nicht in München, da ist gefühlt 20 Stunden am Tag Stau - Stehen gilt nicht so richtig).
    Bis man das beherrscht (im Wortsinn) vergehen ein paar Jahre und es werden beide Hirnhälften heftig gefordert. Wenn man es beherrscht (und manche schaffen das nie…) können sich die Hirnhälften prima mit anderen Dingen beschäftigen.

    Will damit sagen: die seltenen glücklichen Momente, an denen sich unsere Amateurimpro nicht komplett doof anhört, die Zeichnung nach dem aussieht, was gemeint war und der Pass beim Freizeitkicken sogar ankommt sind genau das: Momente des Glücks des Tüchtigen.

    Parker fährt dagegen, um im Bild zu bleiben, lässig im Auto durch Manhattans wildesten Verkehr, quatscht mit der Beifahrerin während er sich unbewusst entscheidet, dass das etwas unorthodoxe Fahrmanöver bei dunkelgelb genau deshalb noch geht, weil gerade kein Cop zu sehen ist. „Und wo, sagtest Du, wollen wir heute Abend essen gehen, Honey?“

    Das wilde Fahrmanöver ist eine spontane Zusammensetzung der unterschiedlichsten „Module“ die vorher einzeln und in verschiedenen Zusammenhängen geübt wurden. Ob ihm nun Dizzy gezeigt hat, wie man einen Amischlitten mit dem Gaspedal lenkt oder ob Bird das selbst rausgefunden und mit Diz später darüber gesprochen hat (und Dizzy vielleicht noch ein paar andere Tricks kannte) ist eigentlich völlig egal, oder?


    Ganz andersherum formuliert könnte man mit Sir Isaac Newton sagen: „Ich sehe weit, denn ich stehe auf den Schultern von Riesen.“
     
  12. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Der Vergleich gefällt mir.

    Es gibt ein Video, wo Coleman Hawkins und danach Charlie Parker ein Solo spielen.

    Obwohl im Vergleich zu Hawkins Parkers Solo komplex ist, wirkt es dennoch „natürlich“. Man spürt förmlich, dass es zwei Welten sind.

    Man sollte sich bewusst machen, dass der Bebop sich u.a. auch entwickelte, um auf Sessions die Amateure auszugrenzen. Zumindest habe ich dies früher in Biografien so gelesen.

    Laut Lee Konitz war der Bebop und besonders Charlie Parker für viele Jazzer beängstigend, weil man selber die Sinnhaftigkeit des eigenen Spiels in Frage stellte. Lee Konitz hatte mir erzählt, dass er am Anfang bewusst keine Sessions mit Parker besucht hatte.

    Ich selber habe mal die eigenen Erfahrungen mit Phil Wood im Club-Konzert gemacht. Ich habe danach auch mehrere Tage eine musikalische Sinnkrise durchgemacht. Dabei hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon sehr viele internationale Jazzmusiker im Club abgemischt oder live in Konzerten gehört. Auch bin und war ich nie stark mit dem Bebop verbunden…
     
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  13. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Antwort auf @guiseppe


    Ich denke, deine Beobachtungen haben einfach das Problem, dass sie dein eigenes Erleben widerspiegeln. So kann es ja auch sein, dass du zu selten wirklich unverkopft und spontan spielst und dann in deiner Selbstwahrnehmung das, was du spontan spielst, automatisch besser findest, weil genau das sonstige Grübeln mal fehlt.
    Bewusstes Denken und spontanes Improvisieren schließen sich nicht aus, man kann sich zum Beispiel vornehmen, mit einer besimmten musikalischen Idee zu arbeiten, dieses Arbeiten läuft dann aber nicht bewusst ab. Wenn man ein Motiv aufgreift, dass jemand anderes am Ende seines Chorus gespielt hat, ist es ja auch sowohl bewusst, weil man weiß, dass man da etwas aufgreift, als auch spontan, weil man aus irgendeinem Grund Lust dazu bekommt und auf diese weise vielleicht auch eine gewisse Wertschätzung den Kollegen mitteilt.
    So viel, wie Charlie Parker während seiner formative years aber mit Üben, Auftritte spielen und Drogen beschaffen bzw. nehmen beschäftigt war, denke ich auch nicht, dass er im klassischen Sinne etwas ausgecheckt hat. Ein Bandkollege aus den formative years wurde aber in Kansas City Lightning so wiedergegeben (ich glaube, es war sogar McShann selbst), dass Bird eigentlich ständig irgendwelche Licks und Arpeggios transponiert und auf Schleife geübt hat, die er im Radio oder bei Kollegen aufgeschnappt hat.

    Von daher ist meines Erachtens sowohl die Annahme falsch, Charlie Parker hätte wie ein deutscher Bildungsbürger angefangen irgendetwas wirklich gezielt zu analysieren, genauso falsch wäre es aber, anzunehmen, er hätte das alles nur gespielt, weil er irgendwie Lust dazu hatte.

    Wenn sich seine Virtuosität und die Coolness und Unaufgeregtheit, mit der er oft spielt, vor Ohren führt, dann liegt es ja auch nahe, dass er genau diese schöne Verbindung aus Musikpraxis und -theorie gemeistert hat, die vielen hier (mir auch) fehlt. Ich denke wirklich, er hat alles, was er konnte, durch Hinhören, Nachahmen und Üben gelernt.
    Das macht seine Errungenschaft kein Stück kleiner, es laufen nur eben nicht alle Lernprozesse so ab, dass man sich trocken mit dem Buch hinsetzt, auswendig lernt und es dann auf einmal kann.

    Und was Psychologie angeht, bin ich inzwischen doch sehr skeptisch, was Kontraste wie "bewusst/unbewusst", "linkshirnig/rechtshirnig", "spontan/geplant", "dargestelltes Ich/wahres Ich" angeht - siehe Libet.
    Und ja, aus Sprachnot habe ich sie trotzdem verwendet, was meine Aussagen natürlich in ihrem Wahrheitsgehalt einschränkt.
     
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  14. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Es waren nicht die Amateure sondern „die Weißen“ und nicht die Sessions sondern das „richtige Leben“ (und die Brötchen, die man dort verdienen muss).

    Sinngemäß „Lass uns eine Musik machen, die sie uns nicht wegnehmen können, weil sie sie nicht spielen können.“

    Und das zielte darauf ab, dass die Swing BigBands immer weißer wurden, je populärer die Musik bei den Tanzwütigen wurde.
    Ich bin mir, ohne nachzuforschen, nicht sicher, wem dieses Zitat zuzuschreiben ist. Es könnte Dizzy gewesen sein…
     
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  15. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Ich verweise auf:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Bebop#cite_note-4

    Weiße statt Amateure ist wohl korrekt.

    Spannend finde ich, dass Bebop als Kunstform steuerlich nicht der Unterhaltung zugeordnet wurde.
     
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  16. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ich glaube es steht außer Frage, das Parker diesen ganzen Shit analysiert und bis zum abwinken geübt hat. Anders kann man nicht so spielen und vor allem nicht so hören und so denken.
    Mit ging’s eher darum, mit welchem Mindset er soliert hat. Ich denke, man kann das bei Musikern manchmal hören. Nicht immer, aber die Extreme meint man zumindest einordnen zu können - d.h. ob jemand bewusst ein Konzept verfolgt, oder ob jemand (unabhängig vom sonstigen üben) etwas im Solo passieren lässt. Manche sagen auch aus dem Bauch heraus spielt, wobei mir das Bild weniger gut gefällt. Der Bauch ist für mich in dem Kontext eher eine Energiequelle. Der kreative rechtshirnige Improvisateur ist aber sehr subtil und empathisch, er hört zu. Den anderen und sich selbst. Er kann aber die Hände vom Steuer nehmen und schauen wo die Reise hingeht.
    Parker ist für mich vom Gefühl ein starker Vertreter dieser zweiten Sorte. Ich mag natürlich vollkommen daneben liegen.

    Von der Psychologie oder Physiologie weiß ich auch nicht ob das korrekt ist mit den Hirnhälften. Ich nutze es als Begriffs mangels anderer.
     
  17. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Poesie. Schöner kann man es nicht formulieren!
     
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  18. Rick

    Rick Experte

    Habe erst vor einigen Monaten noch einmal die großartige Autobiografie von Dizzy Gillespie gelesen, die im Endeffekt auf zahlreichen Interviews mit ihm sowie Zeitzeugen beruht: To Be Or Not To Bop

    Darin schildert er sehr ausführlich, wie er sich schon als Jugendlicher für erweiterte Akkorde interessierte und viel damit experimentierte, wie man sie verbinden könnte und was man an sinnvollen Melodien darüber legen kann. Das war sein ganz persönlicher Forschungsdrang, über den er sich mit etlichen Weggefährten austauschte, wobei man sich natürlich auch gegenseitig inspirierte.
    Und im Gegensatz zur US-amerikanischen Mehrheitsgesellschaft waren diese Musiker in der Regel nicht rassistisch, es ging ihnen nicht um Ausgrenzung, sondern im Gegenteil um Integration.
    Und sie hatten nicht nur "weiße" Kritiker oder Anfeinder, sondern auch viele "etablierte" afro-amerikanische Musiker gegen sich, etwa Louis Armstrong, die befürchteten, sie würden die mühsam errungene Anerkennung des Jazz durch die Mehrheitsgesellschaft mutwillig aufs Spiel setzen.

    Wenn man bedenkt, dass zahlreiche "weiße" Musiker, die für die neuen Sounds aufgeschlossen waren, bei Bebop-Sessions durchaus willkommen waren, wie beispielsweise Charlie Ventura oder Buddy DeFranco, dann mag ich diese rassistische These nicht glauben.

    A propos Dodo Marmarosa: Hat er eigentlich auch an solchen Sessions teilgenommen?
    Darüber weiß ich leider nichts, könnte es mir aber durchaus vorstellen.
     
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  19. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Ist lange her, dass ich über ihn gelesen habe. Das, was ich erinnere, ist der Art, dass er vor allem mit weißen Bands seit er so um die 15 war viel getourt ist.
    Er hat schon ab Ende 1942 unter anderem mit Gene Krupa, Buddy de Franco, Charlie Barnet und Artie Shaw gespielt. Bird und Dizz soll er in New York auch schon getroffen haben, bevor er 1945 nach Los Angeles zog und dort in der jungen Bebopszene sehr aktiv war, viel mit Kessel, Thomson und Konsorten spielte.
    Bei "Moose the Mooche" für Dial war er ja dann auch der Pianist.
    Allgemein kann man sagen, dass er früh und intensiv mit der Musik begann, im Swing erzogen war - seine frühen Inspirationen waren Tatum und Wilson, Wilsons Einfluss wird ja gerne unterschätzt, er war aber sehr beliebt damals - dann aber, als der Bebop ganz allmählich (recording ban) seine Verbreitung begann, sehr begeistert und fleißig die neue Musik aufnahm und spielen lernte.

    Aufgrund seiner grandiosen Voicings, die es wirklich schaffen, moderne Sounds entsehen zu lassen, anstatt chord extensions auf langweilige, altbekannte Akkorde oben draufzuklatschen, denke ich, dass er schon sehr früh unabhängig von den Einflüssen eines Parker oder Gillespie mit harmonisch ausgefallenen Ideen experimentiert hat.

    Er soll auch Bach, dessen Klavierwerk er früh spielen lernte, geschätzt und oft als Warmup oder between sets alle möglichen Stücke von ihm gespielt haben.

    Wie viele große Jazzpianisten kam er aus Pittsburgh, das damals eine sehr lebendige Szene hatte, Eroll Garner war ein Schulfreund.

    Abschließend eine gelungene Tatum-Hommage:

     
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  20. Rick

    Rick Experte

    Nun gut, wenn man die Version von Art Tatum kennt, fehlen einem beispielsweise die Gegenläufe der linken Hand, aber trotzdem: Beachtlich! :applaus:

    Nichtsdestotrotz: Herzlichen Dank für die Erinnerung an diesen großartigen Pianisten!

    Witzig - der Schlagzeuger Allen Blairman, mit dem zusammen ich eine meiner vielleicht besten Bands hatte und der mich musikalisch enorm prägte (wie wahrscheinlich alle, die die Ehre hatten, mit ihm spielen zu dürfen), stammte ebenfalls aus Pittsburgh (Jahrgang 1940).
    Bevor er dann nach New York ging, wo er mit Charles Mingus, John Coltrane etc. zusammen arbeitete...
     
    Zuletzt bearbeitet: 18.April.2023
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