Big Band

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Jazzzzer, 24.August.2008.

  1. Jazzzzer

    Jazzzzer Ist fast schon zuhause hier

    Hallo zusammen,
    ich war gestern auf einem Jazzkonzert hier in Dinslaken (Jazz op de Deel). Die Stücke waren größtenteils ziemlich gut. Was für mich die Stücke immer ganz schön "versaut" sind die (meist)viel zu hohen Schlusstöne. Auch wenn das vielleicht zu Big-Band Musik dazugehört.
    Gruß Lukas
     
  2. Rick

    Rick Experte

    Hallo Lukas,

    was meinst Du denn mit "viel zu hohen Schlusstönen" - schepp intoniert oder zu hohe Lage?
    Und inwiefern "versaut"??

    Es ist ein altes Leiden, dass manche ehrgeizigen Trompeter gern zum Schluss noch "einen draufsetzen" und die Töne, die der Arrangeur vorgesehen hat, zusätzlich oktavieren - oder dies zumindest versuchen, was nicht immer von Erfolg gekrönt ist, sondern oft zu vermurksten "Gelben" führt... :roll:
    Ich vermute also mal, dass die Trompeter bei Deinem Konzert einfach zu "sportlich" drauf waren, was nicht unbedingt einen Hörgenuss hervorbringt. :-D

    Diese Tendenz zu "schreienden" Blechakkorden kommt aus den 40er Jahren, damals besonders auf die Spitze getrieben von Dizzy Gillespie & his Orchestra (bei zu hoher Lautstärke bekommst Du noch heute von deren alten Aufnahmen Ohrbluten - oder die Hochtöner Deiner Boxen machen "plopp"). :-o
    Legendär auch der Hi-Note-Trompeter von Duke Ellington, Cat Anderson, der mit seinen Piepsern nun wirklich bis zu den Grenzen des menschlichen Hörbereichs vorgedrungen ist.

    Wozu das alles?
    Zweiter Weltkrieg, Atombombe, kalter Krieg - die Zeiten waren extrem, also auch die Musik.
    Das SOLLTE weh tun, entsprach dem Lebensgefühl wie heute der Lärm verzerrter Heavy-Metal-Gitarren.


    Grüße,
    Rick
     
  3. Jazzzzer

    Jazzzzer Ist fast schon zuhause hier

    Also ich meinte das so, dass am Ende des Stückes eine ganz kurze pause für alle kommt. Und dann alle nochmal einen langen Ton (nicht der gleiche bei den jeweiligen Instrumenten) spielen, der höher ist als der vorletzte.
    ALso in etwa so oder so. Allerdings nur mit dem Schlusston der drei letzten Töne.

    ---------

    Ich hoffe ihr versteht mich.
    Vielleicht find ich auch noch ein besseres Beispiel...


    Gruß Lukas
     
  4. Livia

    Livia Ist fast schon zuhause hier

    Der Schlussakkord in der Bigband-Musik ist meistens oder immer ein Septakkord.
    Also z.b. die Töne C, E, G, H.
    Deswegen kann er für dich schief klingen. Die Prime und die Septe (C und H) sind zusammen dissonant, also "schief klingend".
     
  5. Rick

    Rick Experte

    Schon klar - ich erwähnte ja bereits Cat Anderson:
    http://www.youtube.com/watch?v=UomgCiQj_FQ&feature=related
    (ab etwa 2.55) :-D

    (Auch schöne Saxofon-Solos dabei...)

    Maynard Ferguson ist so ein "sportlicher" Trompeter gewesen, der GERNE so hoch gekommen wäre wie der erwähnnte Cat Anderson. :-D

    Der zweite Link beginnt lustig: Erst "Opus One" als Soundtrack, wo mir die Kinnlade runterfiel - klang EXAKT wie die legendäre Tommy-Dorsey-Aufnahme, ich wollte schon gerade den Hut ziehen, dann ging die RICHTIGE Performance der "Mardi Jazz Big Band" los... :lol:
    (Es WAR also die Originalaufnahme gewesen.)

    Trompete KANN durchaus nerven - vor allem, wenn jemand versucht, hohe Töne zu kriegen, sie aber nicht trifft - das ist eine Foltermethode. :evil:

    Dieser Höhenrausch geht natürlich auf Louis Armstrong zurück, der es liebte, die hohen Schlusstöne zu zelebrieren (Beispiel Shine - ab 2:40), es folgte Roy Eldridge, der NOCH höher kam und wiederum von Dizzy Gillespie zum Vorbild erkoren wurde.


    Grüße,
    Rick
     
  6. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    meinst du, daran hat sich was geändert? Die Technik des Trompete spielens wurde m.W. erst nach Gillespie revolutioniert (druckloser Ansatz), wodurch das Pfeifen weniger sportlich und mehr technisch wurde.

    Hör dir mal Typen wie Arturo Sandoval an, die spielen eine Oktave höher als es Dillespie je konnte, und das mit erstaunlicher Leichtigkeit.

    Und auch beim Saxophon gehören die Top Tones heute doch zum Standard, dessen Beherrschung (fast) jeder Saxophonist spätestens beim zweiten Chorus auch beweisen muss.

    Von Parker kenne ich kein Solo, bei dem er den "normalen" Tonumfang seines Altos verlassen hätte.

    Gruß,
    xcielo
     
  7. Rick

    Rick Experte

    Nee, xcielo, eben nicht - ich meinte damit auch bloß, dass sich das Lebensgefühl IN den 40ern gewandelt hatte. Die Menschheit hat durch die Atombombe ihre Unschuld verloren, nichts war mehr wie vorher...

    Schrille Sounds gab es auch vorher schon in der "Kunstmusik" (Strawinski, Schönberg, Webern etc.), aber dass eine "Pop-Musik" verstörend wirken will, war bis dato unbekannt gewesen. :roll:

    Aber die Sandovals waren und sind dann doch eher Ausnahmen, oder? ;-)

    Das hat aber auch andere Gründe - seit dem Rock'n Roll wird der Mittenbereich von E-Gitarren dominiert, also muss ein Sax-Solist irgendwas tun, um daraus "hervorzustechen".
    Außerhalb von Rock-beeinflusster Musik (Fusion, Soul, Funk, Rhythm'n Blues etc.) höre ich nicht so viele "Super-High-Notes" von Saxern...

    Diese Hi-Note-Spielweise wurde ja erst durch Illinois Jacquet populär, in den 40er Jahren (sic!), damals als Mitglied von Lionel Hamptons Orchestra, einer Big-Band, die einen sehr bluesig-mittenbetonten Gesamtsound hatte.
    Es ging also damals schon ums "Hervorstechen". :cool:


    Grüße,
    Rick
     
  8. TenSax

    TenSax Ist fast schon zuhause hier

    Ich persönlich glaube ja das diese Sache auf die Gene der Trompeter zurück zu führen ist! Vielleicht haben die auch eine Chromosomproblem... oder Testosteronproblem ;-)

    Grüße
    Ten.
     
  9. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    In der Latinmusik, speziell Salsa gibt es nur solche Typen, aber ok, das liegt an der Machomentalität ;-)

    Widerspruch: Wenn ich mal im Radio irgendeinen Popsong höre, bei dem ein Saxophon Anwendung findet, so plärrt dieses garantiert spätestens im 3. Takt in den Top tones rum.

    In meinem Musikhorizont haben damit Coltrane auf dem Tenor und Dolphy auf dem Alt angefangen, und denen ging es sicher nicht ums Hervorstechen.

    Grundsätzlich hat das Prinzip des Hervorstechens schon eine gewisse Stichhaltigkeit, u.a. ein Grund, weshalb ich lieber Alto spiele als Tenor, da kann ich mich gegen die Trompeten und Posaunen eher durchsetzen. Allerdings frage ich mich da, warum nicht alle Saxophonisten zur Piccoloflöte greifen ;-)

    Gruß,
    xcielo
     
  10. Rick

    Rick Experte

    Pop-Musik ist ja nur ein sehr oberflächlicher Sammelbegriff; das Meiste, das unter der Bezeichnung im Radio läuft, ist aber sicherlich in irgendeiner Weise Rock-beeinflusst, oder?

    Das begann wie gesagt in den 40ern, Jacquet wurde damit bekannt. Es war weiterhin im Ryhthm'n Blues sehr üblich, daher dürfte es wohl auch Herr Coltrane haben, der bekanntlich über etliche Jahre mit R&B sein Geld verdiente, bevor er durch Miles Davis berühmt wurde.

    Und ums Hervorstechen dürfte es damals gerade gegangen sein, in den 60ern waren schließlich die Jazz-Drummer so laut wie nie zuvor, besonders Elvin Jones bei Coltrane war berüchtigt dafür, alles "zuzudecken".
    Es gibt einige Live-Aufnahmen, da hört man praktisch nur Jones' Schlagzeug und irgendwo im Hintergrund Coltranes Sax, das sich verzweifelt Gehör verschafft... :roll:

    Weil das Sax nun mal viiiiel cooler ist als Flöte! :-D

    Und natürlich auch vielseitiger, man will ja nicht NUR hoch spielen. ;-)


    Schönen Gruß,
    Rick
     
  11. Sax_Addict

    Sax_Addict Ist fast schon zuhause hier

    Wenn das kein hieb- und STICHfestes Argument ist... :-D
    :-D :-D :-D :-D
     
  12. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    oh ja, morgens um halb fünf hinter der Kirche :cool:
     
  13. chino

    chino Ist fast schon zuhause hier

    Beim Solieren wird grundsätzlich das gezeigt was auf dem Instrument schwierig ist und nicht jeder kann, was also andere beeindrucken und faszinieren kann.

    Wenn sich ein Posaunist also die Mehrklänge abringt, dann fragt man ja auch nicht warum nimmst du nicht ein Klavier?

    Beim Trompeten gibt es keinen charaktervollen Sound, keine Mehrklänge, keine fetten tiefen Töne etc., da wird man nur gemessen am wie hoch / wie laut.

    Und damit will ich dann den Bogen vom Solieren zurück zur Big Band spannen. Obwohl ich Saxofonist bin, vergnügt mich bei so ziemlich jedem Big Band Konzert die erste Trompete am meisten. Und das ist auch gut so. ;)

    Gruß Chino
     
  14. Rick

    Rick Experte

    Es gab und gibt Trompeter mit wundervollem Sound - von Harry James bis Chet Baker, je nach Geschmack, und Miles Davis klang auch nicht immer daneben. ;-)

    Aber es stimmt schon, daran wird man nicht gemessen, das schindet unter den Kollegen nicht so viel Eindruck - ich denke, hier hat TenSax absolut Recht mit dem Hinweis aufs Testosteron. :-D

    Selbstverständlich, ich find das ja auch geil!

    Die einzelnen Sections können noch so gut sein - wenn Schlagzeug und 1. Trompete es nicht miteinander krachen lassen, dann klingt alles nicht so recht, aber wenn doch, dann geht's ab! :)


    Schönen Gruß,
    Rick
     
  15. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Moin,
    mal eine Frage meinerseits zum Thema BigBand:
    Wie sieht eigentlich eine klassische BiBand Besetzung aus?
    Hintergrund der Frage ist, ich war gestern auf eine Probe und da waren dann 6 oder 7, wenn ich den Oberboss auch noch mitzähle 8, Trompeten gegen 3 Posaunen, 4 Saxophnen (2*A u. 2*T), Schlagzeug, E-Bass und E Gitarre sowie Keyboard. Gehört habe ich allerdings nur alle bis zu dem Wort gegen, zuzüglich manchmal den Schlagzeuger. Ist das normal??
    Ich hätte eigentlich eine mind 5 Saxbesetzung (2A, 2T und 1B) erwartet und vielleicht 2 max 4 Trompeter.
    Also was ist so wirklich typisch?
    JEs
     
  16. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Hi,

    als typisch kenne ich bei den Bläsern 5 Saxophone(AATTB), 3 Trompeten und 3 Posaunen. Manchmal gibt es bei den trps. 3 Satzspieler und einen Solisten extra. Bei den Posaunen kann zusätzlich noch eine Bassposaune dabei sein.

    Liebe Grüße

    Chris
     
  17. chino

    chino Ist fast schon zuhause hier

    Den Solotrompeter (4. Stimme) und Bassposaunisten (auch 4. Stimme) würde ich zur Standardbesetzung hinzufügen:

    4x Trompete (hier sieht man auch sehr sehr häufig 5x, zum Abwechseln)
    4x Posaune
    5x Sax (AATTB), mit Doublings auf 2x Flöte, 2x Klarinette, Bassklarinette
    4x Rhythm (Drums, Bass, Git, Piano), evtl. plus Percussion für Latin Krams
    1x Bandleader

    Das ist eigentlich so standard.

    Weils so gut passt, hier mal eine aktuelle Big Band Aufnahme von uns (die dem Jazzzzer nicht gefallen dürfte ;)

    fireshaker.mp3

    Gruß Chino
     
  18. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Immerhin sehe ich an Eure Antworten, daß scheinbar in meinem Fall die Trompeten leicht überbesetzt waren. Danke dafür.
    Für mich muß ich jetzt wohl entscheiden, ob ich mir den Stress antue gegen diese Übermacht mit einem Bari- oder Tenorsax anzutreten oder mr gleich was anderes suchen. Nur sehe ich meine Chancen eher gering gegen eine solche Übermacht, und dann auch noch volle Pulle gespielt, überhaupt ansatzweise anzukommen, ohne daß das in harte Arbeit ausartet.
    JEs
     
  19. rbur

    rbur Gehört zum Inventar

    Auch wenn die Trompeten überbesetzt sind, könnten sie ja leiser spielen.
    Es wäre eigentlich der Job der Leiters, für ein ausgewogenes Klangbild zu sorgen. Und das sollte er eigentlich auch können, ohne vier von acht Trompetern zu entlassen.
    Aber anscheinend hat er es ja nicht mal probiert.
     
  20. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Mir klingeln jedenfalls noch die Ohren :). Dann kam noch hinzu, die Trompeter hatten eine Wand dicht im Rücken, die Saxophone und Posaunen nicht. jetzt kombiniere das mal mit einer nichtgedämpften Aula einer Schule, also so richtig harte Betonwände, Laminatfußboden...Mehr muß ich nichtsagen, oder??
    JEs
     
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