Blasmusik mit Zukunft - Ade zum Rentnerverein

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von redd_chilli, 18.Januar.2011.

  1. redd_chilli

    redd_chilli Schaut nur mal vorbei

    Hi, würd mich freuen ein paar Meinungen zu hören

    und zwar gehts um folgendes:

    Ich spiele im örtlichen Musikverein, Amateure mit eher niederem Niveau. Wir spielen Hauptsächlich Polkas, Walzer und Märsche. Sicherlich gibt es zu Hauf Leute, die an dieser Musik etwas haben, aber darum gehts erst mal nicht.

    Im diesem Verein wird allgemein wenig Engagement gezeigt.

    Wir habe auch noch eine Jugendkapelle, ich spiele in beidem.

    Das Problem ist folgendes, von der Jugend will absolut niemand zur Stammkapelle wechseln, Gründe sind verschieden. Den einen gefällt eben die Musik nicht, die anderen kommen mit dem Dirigenten absolut nicht klar. Er ist fachlich gut, hats schon drauf, aber menschlich total mies, kann nicht wirklich gut mit Menschen umgehen, ist ziemlich stur (hab auch schon versucht mit ihm darüber zu reden, aber er blockt total ab).

    Das ganze wird von der Vorstandschaft dem Jugenddirigenten als Schuld angerechnet. Den ich sehr respektiere und schätze, er ist über 60, arbeitet, hat Familie und investiert viele Stunden jede Woche in Proben mit der Jugenkapelle und in die einzelausbildung der Klarinettisten und Saxophonisten (beises mal auch die jeweiligen -innen^^)

    Nun dreht der Verein den Geldhahn zu und weigert sich benötigte Instrumente oder sonstige Lehrmaterialien zu bezahlen.


    Zudem kommt, dass an Konzert langsam aber sicher die Besucherzahlen abnehmen.

    Meine Meinung und möglicherweise auch Erklärung zu den oben genannten Phänomenen: Die von uns gespielte Blasmusik wird solangsam out. Man sollte sich mehr in Richtung Bigband umorientieren, und manche Stücke gesanglich begleiten. Jedoch altes nicht komplett verwerfen, sonder zum Maifest gehört meiner Meinung nach immer noch Polka walzer und Co.


    Dass die Jugend nicht zur Stammkapelle will, ist ein massives Problem, bedeutet sozusagen dass der Verein ausstirbt. Ein Großteil der Musiker ist schon über 60. Das Versäumnis fand in den letzten 25 Jahren statt. Dort gab es keine Jugendausbildung. Ich bin 16 und der nächst ältere im Verein ist schon über Vierzig.

    Was meint Ihr dazu, wie sollte man sich Musikalisch orientieren, wie kann man die Jugend motivieren zur Stammkapelle zu kommen?

    Bin auf eure Antworten gespannt

    Gruß Daniel
     
  2. rbur

    rbur Gehört zum Inventar

    Hallo Daniel,

    Uiui, da machst du aber ein großes Fass auf!

    Der Anteil Jugendlicher in der Blasmusik ist über 50%, und es gibt durchaus viele Kapellen, die "trotz" reinem MaPoWa Programm einen stattlichen Nachwuchs haben.
    Das Repertoire ist denke ich der geringste Grund, warum die Kinder nicht wechseln wollen.

    Ein menschlich mieser Dirigent wird auch nicht besser, wenn es Popmusik dirigiert.

    Die haben wohl einen an der Waffel?

    Sehe ich nicht so. Der Anteil Volksmusiksendungen im Fernsehen ist doch höher denn je.

    also meine vermuteten Gründe:
    - die Jugendlichen kommen mit den alten Musikern nicht klar, was nicht am Alter liegt, sondern an deren Einstellung
    - auch in der Unterstufe kann man gut und schlecht spielen. Ich befürchte, dass viele damit zufrieden sind, schlecht zu spielen. Das motiviert einen Jugendlichen nicht.
    - das Jugendorchester hat eine gute Gemeinschaft, das Hauptorchester nicht

    Was ihr braucht, ist ein Vorstand, der das Problem erkennt und konstruktiv angehen will.
    Vielleicht sind die alten Musiker damit zufrieden, noch ein paar Jahre ihr Ding zu machen und dann den Verein sterben zu lassen. Aber das widerspricht dem Vereinsgedanken meines Erachtens komplett. Da muss man ansetzen, aber das ist leider auch am schwersten.
     
  3. rbur

    rbur Gehört zum Inventar

    Ganz harte - aber vielleicht nicht mal die schlechteste Möglichkeit:

    Das Stammorchester wird zum Seniorenorchester umdeklariert, dann können die Jungs so weitermachen.
    Das Jugendorchester wird zum neuen Stammorchester und wer von den "Mittelalten" nicht im Seniorenorchester mitmachen will, der wechselt.

    Gibt's im Stammorchester einen "Mittelalten" deines Vertrauens?

    Ein Verein entwickelt sich von der Altersstruktur her in Zyklen. Es ist vielleicht nicht die Regel, aber auch keine Schande, wenn man mit einem hohen Anteil Jugendlicher in der Unterstufe wieder anfängt.
     
  4. Gast

    Gast Guest

    Hallo Daniel, habe auch deine Vorstellung im anderen Thread gelesen und begrüße dich erstmal herzlich bei den Sax-Besessenen! Ich bewundere deinen Mut, hier gleich so "mit der Tür ins Haus zu fallen" und wirklich ganz offen zu schreiben, was bei euch los ist. Ähnliche Situationen kenne ich zur Genüge aus vielerlei Vereinen. Hier geht es wohl darum, einereits Traditionen in einem kleinen Ort zu pflegen, aber andererseits auch mal was Neues, Interessantes für den Nachwuchs zu bieten. Beides geht nur schwer zusammen, denn "die Jugend" will meist das Alte gar nicht mehr akzeptieren. Wenn ihr einen so engagierten Jugenddirigenten habt, solltet ihr versuchen, mit dessen Unterstützung ein paar aus der Stammkapelle davon zu überzeugen, dass Neuerungen fällig sind. Gründe habt ihr ja: Schwindende Besucherzahlen, Desinteresse an der sogenannten "Stammkapelle", menschlich "mieser" Dirigent...
    Du schreibst ja auch, dass diese Entwicklung nicht erst seit gestern andauert, sondern dass nach deiner Meinung jahrelange Versäumnisse vorliegen. Das wird sicher auch Jahre dauern, das wieder hinzubiegen. Wir haben hier in eine Kleinstadt ähnliche Dinge zu bearbeiten: Ein "Despot", der die Musikszene seit Jahrzehnten "beherrscht", keine Neuerungen zulässt und Kritik total abblockt. Bei uns ging es nur über eine Abspaltung von seinen Aktivitäten und eine Neugründung. Was für euch das Richtige ist, ist schwer zu sagen; auf jeden Fall mit den Jugendlichen weitermachen und das Gespräch mit den "Alten" suchen, die zugänglich sind. Eurer Webseite entnehme ich, dass ihr viel Spaß habt; das sollte euch darin bestärken, euren eigenen Weg zu gehen.
    Danke, dass du bis hierhin gelesen hast.

    Bluesige Grüße aus dem Norden
    Bluesgerd47
     
  5. The_Italo-Sax

    The_Italo-Sax Ist fast schon zuhause hier

    Jajaa...stur und alt...das habe ich auch schon erlebt, da ging der Knall aber gewaltig nach hinten los! War zum Glück nicht daran beteiligt, und der Verein war für mich dann aber auch passé ;-) Aber nicht nur aus diesem Grund.

    Bei meinem Verein gibt es wenigstens noch die Motivation sich zu verbessern, es geht aufwärts und das finde ich gut!
    Wenn aber gar keine Motivation besteht, dann kann man den Verein schon so gut wie abschreiben...Sich immer auf ein und demselben Niveau zu bewegen das ist es doch nichts! Klar, man kann damit leben, aber najaaa...

    Die Substanz zwischen den Musikern muss natürlich auch stimmen, weil man darauf aufbauen muss. Wenn die Musiker nicht mitmachen, dann kann man sich so sehr anstrengen wie man will, der Dirigent wedelt sich einen ab, aber die Musiker werden trotzdem "langsamer" :roll: Der Dirigent muss aber die Bande auch mal darauf hinweisen, und nicht nur da so vor sich hinwedeln. Deshalb muss der schon gutes Selbstbewusstsein haben und menschlich offen sein.

    Vielleicht würde mal ein offenes Gespräch einiges auf den Tisch bringen, um es zu verbessern ?! Aber wie gesagt, die alt eingesessenen ändern nicht gerne ihre Einstellung (gibt aber natürlich auch solche, die das schon tun ;-))

    Schönen Abend,

    Angelo
     
  6. Dieter_B

    Dieter_B Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Daniel
    Wenn ich das richtig verstanden habe:
    Es gibt eine Gruppe des "älteren Semesters" mit entspr.
    Repertuar und eine jüngere Gruppe, die, aus verständlichen Gründen bei den "Alten" nicht mit machen möchte.

    Es wäre vielleicht eine Option eine (zusätzliche) neue Gruppe zu gründen. Eine experimentelle Gruppe.
    Eine Gruppe, in der sich sowohl die jüngeren, als auch die älteren wohl fühlen.
    Zuerst -wie gesagt- experimentel um zu sehen wo es musikalich hin gehen soll.
    Jedem Spieler aus beiden Gruppen wäre so die Möglichkeit gegeben über den Tellerrrand zu sehen ohne (erst mal) gewohnte Strukturen verlassen zu müssen.

    Ob es dann nachher bei diesen drei Gruppen bleibt, oder sich eine neue Gruppe mit einer Schülergruppe etabliert muß man abwarten!
    Vielleicht ist das ja ein brauchbare Anregung!?!?
    Erzwingen kann man nichts.

    Gruß
    Dieter
     
  7. Brille

    Brille Strebt nach Höherem

    Problem kenne ich, dass der Nachwuchs nicht in das Hauptorchester wechseln will. Und dass es innerhalb des Hauptorchesters Unzufriedenheiten gibt.

    Die zwei Hauptprobleme wurden schon genannt:

    1. Menschliche Unzulänglichkeiten
    2. Repertoirefragen

    Das muss mit offenem Visier angegangen werden, mit Hilfe des Vorstandes über Perspektiven diskutiert werden, etc.
    .. sonst ist der Laden in einigen jahren tot.

    Und das müssten alle einsehen!

    Gruß B.
     
  8. Weddingday

    Weddingday Schaut nur mal vorbei

    Hallo,
    das ist ein großes Problem, dass wohl schon jeder Musikverein mitgemacht hat. Wichtig ist der Dialog zwischen Vorstand-Dirigent und Musiker.
    In einem Musikverein sollte alle Art von Blasmusik gespielt werden. Man will ja auch eine möglichst breite Masse ansprechen. Die Mischung machts einfach. Dazu gehören nun mal auch Märsche und Polkas, aber auch moderne Kompositionen.
    Es gibt so viel tolle Stücke auf dem Markt.
    Ihr müsst euch einfach zusammensetzen und sachlich diskutieren.

    Gruß
    Markus
     
  9. Gast

    Gast Guest

    Hi Daniel und willkommen im Forum.

    Sieht ganz so aus, als würdest Du frischen Wind in Euren Verein bringen können. Anregungen gibt es ja schon reichlich hier.

    Ich wünsche Dir viel Erfolg bei der Umsetzung. Interessierte ZuhörerInnen kann man nur begeistern und mitreißen, wenn die Musik mit echter Freude dargeboten werden kann.

    Musikalische Grüße
     
  10. Brille

    Brille Strebt nach Höherem

    Ach, und noch was: Sollten die Herrschaften nicht glauben, dass es um die Existenz gehen kann / wird, kann ich den Kontakt zu drei Blasmusikvereinen herstellen:
    1 gutes Beispiel (jubilier!)
    1 schlechtes (röchel!)
    1 totes ;-)
    Grüße
    Brille
     
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