Chris Potter und die WDR Bigband

Dieses Thema im Forum "Musiker / Bands" wurde erstellt von Tafkah, 29.Juli.2025.

  1. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Das ist ein leider sehr allgemeines Problem mit diesem Genre und der Kunst im Allgemeinen.
    Wenn du immer vorneweg laufen willst, kann es schon mal passieren, dass dir nicht alle folgen können oder wollen.

    Die Kids an den Hochschulen werden mit abgespacetem Zeug vollgestopft und die Brüche mit theoretischem und musikhistorischen Überbau fein verspachtelt.
    Und was gelernt wurde, muss natürlich auch gespielt werden - wann hat man schon mal Gelegenheit dazu? Beim Disney-Musical bestimmt nicht.

    Dabei haben Leute wie CP eigentlich sehr schöne Melodielinien und Spannungsbögen in ihren Kompositionen und Solos.
    Neben der Virtuosität ist es das, was für mich den Unterschied zu einem akademischen Jazz-Absolventen ausmacht - bei denen höre ich immer irgendwie ADHS...
     
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  2. giuseppe

    giuseppe Gehört zum Inventar

    Ich habe jetzt nochmal die WDR App geladen und nehme mir vor, auf allen Baugrößen mitzuträllern. Maybe the style will grow on me. Ich lasse nichts unversucht. Ansonsten ruf ich bei Neeley an… :)
     
  3. Bb7

    Bb7 Kann einfach nicht wegbleiben

    Moin, ich habe über die Frage wirklich nachgedacht und es ist wohl so, dass mich nur oder eher Momente vom Hocker hauen....und die gibt es natürlich von den ganzen bekannten Tenorsaxophonisten. Ich persönlich mag z.B. Dexter Gordon schon immer gerne, aber auch nur so paar bestimmte songs sprechen mich eindeutig mehr an und vom Hocker reissen....nee, nicht wirklich. Ja, und die Liste von Saxophonisten wäre lang.....und allen bekannt.
    Ich verbinde mit Musik oft eher Erlebnisse und da kann mich der Strassenmusiker live um die Ecke wohl eher vom Hocker reissen als CP mit der Bigband.
    Der spielt natürlich ohne Frage klasse, aber es berührt mich nicht so sehr und das darf ja auch mal gesagt werden.
     
    Zuletzt bearbeitet: 30.Juli.2025 um 19:34 Uhr
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  4. Still

    Still Schaut öfter mal vorbei

    Auch scheinbare Komplexität kann als langweilig empfunden werden, ist beim Jazz mangels Erneuerung meiner Meinung nach schon etwa seit 1960 so.
    Alles was danach kam war eigentlich das gleiche in Latin, Rock, Fusions- und als alles mögliche andere gewandet. Aber allgemein als Lullaby-Music noch sehr brauchbar
    und selbstverständlich auch für Liebhaber erhaltenswert. Genauso wie Punkrock, Chippendale-Möbel und Jeans mit weißen Nähten.
    Auf wirkliche Erneuerungen beim Jazz hoffen wäre aber glaube ich wagemutig, zum Teil auch weil Liebhaber und Lehrende ja wissen was wirklich gut ist, ebenso die Preiskomitees und andere die die Förderkohle verteilen.
     
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  5. Soggi

    Soggi Kann einfach nicht wegbleiben

    Moin,
    Bei so viel Diskussion musste ich das Konzert natürlich auch hören. :)
    Alle Kritik kann ich verstehen.... Dennoch ist es gewaltig und grandios gespielt.
    Mir hat es definitiv gefallen.

    Viele Grüße
     
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  6. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Ich hatte bis dato nur Ausschnitte hören können und bin letzte Nacht nach dem ersten Set eingeschlafen (keinesfalls wegen der Musik - ich war einfach platt).

    Ich wiederhole mich gerne:
    CP ist ein gigantischer Virtuose, spielt betörend schöne Linien über Kompositionen, die eindeutig Jazz sind und keine E-Musik des 20. Jahrhunderts. Das hat Puls und Groove und vor allem hat es Improvisation über Changes. Etwas, an das ich mich zum Thema E-Musik nicht erinnern kann.

    Mich hat diese erste Hälfte der Aufzeichnung regelrecht gepackt - obwohl ich mit dem Arrangement nicht überall glücklich war. Da gab es für mein Empfinden ein wenig Luft nach oben.
    Sehr überzeugend fand ich alle Solisten, die neben CP naturgemäß blasser aussehen, als sie sind und von denen wohl keiner den Stargast „an die Wand spielen“ würde, selbst wenn er oder sie es denn könnte.

    Die Komplexität dieser Musik als nicht emotional und glatt abzutun, finde ich ungefähr so zutreffend, wie die KI-glatte Laufey-Pop-Leichtigkeit als Jazz (und insbesondere die Rettung desselben) zu preisen.

    Fair enough: Es gibt Musik, die um der Komplexität Willen komplex ist, welche, die „Dekonstruieren“ sagt und „Zerstören“ meint, welche, die allein im emotionalen Kosmos der Musizierenden stattfindet und bei der alles aussenherum nur Staffage ist. Dieses Konzert gehört für mich aber nicht dazu.

    Womit wir bei Geschmackssachen wären.
    Ich persönlich hätte lieber vier Stunden hiervon, als vier Minuten Dixieland, kann aber problemlos akzeptieren, wenn es jemandem genau andersherum geht.

    Womit ich mich auf den zweiten Teil heute Abend freue.
     
    Zuletzt bearbeitet: 31.Juli.2025 um 14:29 Uhr
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  7. Nemo

    Nemo Ist fast schon zuhause hier

    Wahrscheinlich ist auch einfach über gustibus non est disputandum oder wat den eenen sin uhl, is den anneren sin Nachtigall, wie wir Lateiner sagen. :)
     
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  8. ilikebrecker

    ilikebrecker Ist fast schon zuhause hier

    Das trifft es auch bei mir ziemlich korrekt - wobei Dixieland, Schlager, traditionelle bayerische Blas- und Volksmusik (Ausnahme: Biermösl Blosn) und Kehlkopfgesang hier für mich gleichzusetzen wären :)
     
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  9. Silver

    Silver Strebt nach Höherem



    Red Cardell sind die bretonischen Progressive Rock Helden.

    :)
     
  10. Bb7

    Bb7 Kann einfach nicht wegbleiben

    Ja, einverstanden, aber dazwischen gibt es ja zum Glück noch jede Menge andere Mucke.
     
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  11. Tröto

    Tröto Ist fast schon zuhause hier

    Jetzt bist Du aber ein wenig "ungerecht", denn @giuseppe, auf den Du Dich offensichtlich beziehst, hat sein Geschmacksurteil eigentlich recht deutlich auf das Arrangement der Bläser- und Rhythmus-Section gerichtet.
     
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  12. jabosax

    jabosax Ist fast schon zuhause hier

    Hallo @Tafkah ,
    danke für das Einstellen dieser tollen Aufnahme.
    Es hat mich inspiriert, mich bei Applemusic durch Chris Potter zu hören.
    Herzliche Grüße
    Jabo
     
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  13. giuseppe

    giuseppe Gehört zum Inventar

    Alles gut, ich höre die Kritik an meiner Kritik. Und niemand muss meinen Geschmack teilen und die Parallelen zur „20th Century Western Classical Music“, die ich höre, sollen niemanden ärgern. Ich war da in der Ausdrucksweise vielleicht etwas flapsig.

    Ich habe mich von der nihilistischen Geisteshaltung meiner Sommergrippe hinreißen lassen, meine rein subjektive geschmackliche Aversion gegen spezielle (und für mich relevante) Bestandteile dieser Stilistik für einen Sprung zur ausgelutschten und eigentlich nicht so wichtigen Genrediskussion zu nutzen, die nicht zuletzt aufgrund der faszinierenden Inkongruenz der Argumente halt immer wieder für schelmischen Unfrieden missbraucht werden kann. Ich fürchte, das geht je nach Blickwinkel als Troll-Move durch. Und deshalb lasse ich alles weitere stecken und leiste Abbitte - obwohl ich die stilistische Diskussion eigentlich wirklich gern inhaltlich führen würde. Ich glaube aber, dass es nicht geht, ohne dass sich jemand beleidigt fühlt. Geschmacksachen halt.

    Nur hierzu möchte ich noch was loswerden. Falls hier der Versuch einer Diskreditierung über das Bild älterer weißer Männer mit lustigen Hüten und „All of me“ in moderatem Tempo in Dauerschleife versteckt war, dann fühle ich mich nicht ausreichend angesprochen. :p Interessant ist der Vergleich musikhistorisch trotzdem, wenn man sich die Kritik am „Dixieland“ im Vergleich zum traditionellen New Orleans Jazz anschaut…
     
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  14. Nemo

    Nemo Ist fast schon zuhause hier

    Was für ein Satz! :thumbsup:
     
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  15. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Naja, Dixieland steht, wie so vieles in derlei Diskussionen, als Platzhalter.
    Die älteren weißen Männer mit den lustigen Hüten sind halt die Karikatur, auch wenn sie ausnahmsweise mal für drei Minuten beim Tiger Rag in Wallung kommen.

    Ich kann mit dem traditionellen Jazz von New Orleans bis Acker Bilk nicht allzuviel anfangen. Wobei das Dixieland-Revival des letztgenannten für thematisch Interessierte auf jeden Fall einen Aufreger hergibt. Es ist für mich ein Quellenstudium wert, um Linien von z.B. Bix Beiderbecke über Pops Armstrong zu den Solisten im Swing zu ziehen, von denen der Jazz, der mich bewegt, überhaupt erst ausgeht. Das ist es dann aber auch schon - für mich.



    Zurück zum Video:
    Ich habe mir gerade das zweite Set angesehen und bin leider weit weniger angetan, als vom ersten.
    Bis auf das erste Stück von CP, besteht das zweite Set aus einer Suite in drei Sätzen für Jazzorchester, komponiert vom Professor am Dirigat.
    Da bleibt nicht mehr, als die Freude über die Virtuosität der Musiker, wenn sie streckenweise frei spielen dürfen.
    Sogar CP wirkt leicht gehemmt, wenn er das vom Blatt spielt (für seine Verhältnisse).
    Die Komposition und ihr Arrangement sind Wasser auf die Mühlen derer, die dem Jazz Verkopftheit vorwerfen…
     
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  16. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Ich würde sagen, dass ich @giuseppe in dieser Hinsicht eigentlich Recht gegeben habe :)

     
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  17. giuseppe

    giuseppe Gehört zum Inventar

    Die Sommergrippe ist ja auch noch nicht vorbei!
     
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  18. JES

    JES Gehört zum Inventar

    @giuseppe
    Ich sehe das, ohne sommergrippe, ähnlich wie du. Es fehlt der kommunikative, interaktive, spaßige Aspekt auf Kosten von Technik, mainstream,...
    Mich holt das nicht ab, reißt mich mit, macht Laune und Lust auf mehr. Ich sitze nur da, höre etwas, was ich eigentlich immer und von jedem höre, was sich sauber an die lehrvorgaben hält. Der Unterschied zwischen den Künstlern ist dann nur noch Sound und Tempo. Dinge, die ich respektiere als handwerkliche Fähigkeiten, die mir in der musik aber genau genommen eher nebensächlich wichtig sind.
     
    giuseppe und Nemo gefällt das.
  19. Tafkah

    Tafkah Ist fast schon zuhause hier

    Bin noch die Antwort von Paul schuldig, der es aber auch nicht genau weiß:

    "ich weiß auch nicht mehr, als was Du schon mit Deinem Kennerblick kombiniert hast:) Mk6 und altes Link, aber er wechselt ja auch regelmäßig. Bei den letzten drei Produktionen mit uns hat er immer anderes Equipment gespielt."

    Die Blattschraube konnte ich als die neue Ishimori Classic mit einer Schraube identifizieren, die in etwa aussieht wie eine Link STM Ligatur ohne die Aufnahme für die "Ridge" auf den Link STM-Mundstücken.
    Ich will keine Diskussion über Equipment vom Zaun brechen und wollte es nur erwähnt haben.
     
    jabosax, Analysis Paralysis und cwegy gefällt das.
  20. cwegy

    cwegy Ist fast schon zuhause hier

    So groß mein Respekt vor Big Bands ist, aber so gefällt mir CP immer wieder besser. Als ich vor vielen Jahren CP das erste mal gehört habe, gab es bei YT ein Video, wo er erzählte, dass er mit dem Sax Vogelstimmen imitiere und dies in seiner Musik einbaut, das fand ich fantastisch.

     
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