Chromatische Annäherung??? (Frage)

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Heglanx, 24.September.2005.

  1. Heglanx

    Heglanx Ist fast schon zuhause hier

    Woran erkennt man chromatische Anspielungen (Annäherungen) in Leadsheets?

    Bsp: (in Es-Dur oder C-Moll)

    Hier sind die ersten drei AKkorde:

    Am7-5 / D7 / Eb

    Ist Eb = Eb7 oder = Ebmaj7 ??? ... und ist D7 nun eine Anspielung des Eb- Akkordes?

    Die grosse Terz ist ja beim D7 so ziemlich ausserhalb dieser beiden Tonarten (!) Spielt man dann ein sus4 ähnlichen Akkord, der die Terz gar nicht enthält oder ist das einfach ein harmonisches Schema, dass man lernen muss und sogar betonen sollte?!?!.
     
  2. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Ha - was du fragst ist mir zu hoch, aber ich lernte, dass Eb einfach der Dreiklang ist und nichts weiter. :-D Bin aber gespannt, was die Profis dir jetzt antworten werden.

    Gruss
    antonio
     
  3. Gelöschtes Mitglied 172

    Gelöschtes Mitglied 172 Guest

    Die ersten beiden Akkorde sind II-V von g-moll.
    Ich weiss nicht, ob man den 3. deuten kann ohne den 4. oder die ganze Folge zu wissen.
     
  4. Heglanx

    Heglanx Ist fast schon zuhause hier

    D7 --> D - Fis - A - C
    Eb --> Es - G - B (Ais) - (?D?)

    Alle Töne liegen chromatisch unter dem Eb-Sepptakkord ausser des letzten Tones (grosse Septime des Eb-Akkordes)

    Das sollte wirklich jeder verstehen...

    Die ganze Abfolge: (Ausschnit)

    Am7-5 / D7 / Eb / Bbm7 / Eb7 / Abmaj7 / Gbmaj7 / Emaj7-5 ect...

     
  5. Heglanx

    Heglanx Ist fast schon zuhause hier

    Bb --> Eb --> Abmaj = wären dann II / V / I von Ab-Dur

    Aber nochmals zurück zu meiner Frage. Ist das nun eine Anspielung? Von D7 zu Ebmaj7??? :-? :-? :-?
     
  6. wolfgang

    wolfgang Ist fast schon zuhause hier

    Hi,
    wenn bei Eb nichts dabei steht, ist es der Dur-Dreiklang, der wiederum eine Terz unter G-moll steht, daß man nach Am7-5/D7 eigentlich erwarten sollte, weil das die "normale" II-V in G-moll ist: D7 statt Dm7 wegen des Leittons f#, der die Dominantwirkung verstärkt. Entweder ist das Eb dann die Raffinesse des Herrn Kompositeurs, der die Erwartung des Hörers (die Tonika Gm) ein wenig verblüfft, oder das Ganze läuft auf g-phrygisch hinaus, das mit Eb die gleichen Vorzeichen hat. Kommt also ganz auf den Zusammenhang an. Eine chromatische Anspielung müßte das also nicht sein, sondern ließe sich auch funktionsharmonsich erklären.
    Gruß
    Wolfgang
     
  7. Heglanx

    Heglanx Ist fast schon zuhause hier

    Dann haben wir hier im Eb Akkord also eine I-Stufe von G-moll?

    Am7-5 --> II
    D7 (Dm7) --> V
    Eb (umgedeutet als Gm mit übermässiger Quinte) --> I

    Also ein komplete II-V-I Verbindung?!?!

    Wieso nur II-V? Versteh ich nun was ganz falsches?
    Als was deutet ihr dann "-5" beim Am7 Akkord? Verminderte Quinte oder ist das normal die reine Quinte...

    @Wolfgang

    Kannst du mir das nicht noch ein wenig genauer erklären. Bin kein Theoretiker, sorry...

    Besten Dank...

    :)
     
  8. wolfgang

    wolfgang Ist fast schon zuhause hier

    Hi Heglanx,
    Am7-5/D7 ist die übliche II-V-Verbindung in Gm, also 2b vorgezeichnet. Folglich muß die II vermindert sein, weil im natürlichen moll die Sexte klein ist. Weil die leitereigene Dominante Dm den Leitton nicht enthält, verstärkt man meist die Dominantwirkung durch das fis, was das ganze auch beim Improvisieren etwas spannender macht. So weit also ganz normal für moll.
    Die Pointe ist dann das Eb: Die Akkordtöne Eb-G-Bb (also die reine Quinte; ein schlichter Durakkord) sind in g-moll leitereigen; der Akkord verläßt also die Tonalität nicht. und G-Bb sind ja auch Grundton und Terz (also das für die Tonalität entscheidende Intervall) von Gm, also kann man Eb als Stellvertreter für Gm ansehen, und die II-V-i ist komplett. Das Witzige daran ist eben, daß Eb zwar nicht die Tonika ist, aber mit ihr zwei Töne gleich hat. Ein Eb maj7 hätte dann noch das d, das in Gm enthalten ist; aber vermutlich sollte die Spannung zwischen Quinte und kleiner Sext vermieden werden. (Um welches Stück geht es eigentlich?)
    Gruß
    Wolfgang
     
  9. Heglanx

    Heglanx Ist fast schon zuhause hier

    Leider handelt es sich um ein eher unbekanntes Stück von Horace Silver: "The Backbeat" (1957 by Ecaroh Music, Inc.)

    Irgendwie klingt das ganze bei den AKkorden noch nicht so ganz rund. Aber so muss man sich bei Leadsheets daran gewöhnen, dass nur die hälfte die Wahrheit ist...

    Höre immer wieder bei Aufnahmen die Klischees raus, die zwar zu 85% recht gut notiert werden, aber doch immer einige Fehler enthalten.

    Vielleicht liegt das auch an der grossen Freiheit beim jazz-Piano. Die Voicing sollten ja immer so nahe wie möglich zu einander stehen... Werde das ganze wieder mal abckecken...

    Differenziert man eigentlich die AKkordtöne im Bass der Spreads oft oder reicht es auch aus, wenn man unten ein wenig sparsamer spielt ... evt. nur ab und zu wechselt ... Eigentlich müsste man ja andauernd, damit der wirkliche Akkordcharakter zum Vorschein kommt, den Grundton ändern.

     
  10. lakriz

    lakriz Ist fast schon zuhause hier

    Wie geht die Akkorfolge denn weiter?
     
  11. Heglanx

    Heglanx Ist fast schon zuhause hier

    Werde mal das Leadsheet einscannen... Dazu werde ich mal unseren Pianisten noch fragen...
     
  12. lakriz

    lakriz Ist fast schon zuhause hier

    Am7b5 ist die II. Stufe von G moll, soweit so gut.
    Wenn man jetzt als V. Stufe D7 nimmt, hat man zwar, wie oben schon angemerkt, die Leittonwirkung verstärkt, aber moll schon fast verlassen. Der Eb-Dur Dreiklang könnte auch als die b9, 4 und b6 bezogen auf D aufgefasst werden, was wiederum die in D7 noch fehlenden Töne der Harmonisch-Moll-Scale von G, also in D die V.Stufe von harmonisch Moll, ergibt. Als nächstes sollte dann G moll als I. Stufe kommen. Es kommt aber Bbm7 als II. Stufe von Ab. Dazu passt Eb-Dur ja als V. Stufe, wenn auch die b7 fehlt.
    Kann man so den Übergang von G-moll nach Ab-Dur abmildern? Hat der gute Horace es so gemeint? :-?
    Bin gespannt, wie das weitergeht in Gb bzw. F#.
     
  13. Heglanx

    Heglanx Ist fast schon zuhause hier

    Also hier noch die letzten Akkorde des ersten Abschnittes dieses Leadsheets: (von Anfang an...)

    Am7-5 / D7 / Eb / Bbm7 / Eb7 / Abmaj7 / Gbmaj7 / Emaj7-5 / D7+9 / Db7+9 (?) / G7+9 / C7+9 / B7-5 / Bb7+9 ...


    Ich denke es ist absolut üblich, dass man ein Eb-Akkord hin schreibt, aber der eigentlich Komponist (Horace) Tensions und Zeugs darüber spielt, was nicht so eindeutig für den Herrn Hörer und Schreiber war...


     
  14. wolfgang

    wolfgang Ist fast schon zuhause hier

    Hi,
    ich kenne den song zwar leider nicht (manchmal gibt auch die Melodie Hinweise auf harmonische Ideen), aber jetzt schaut's schon so aus, daß die erste Phrase ihren Zielpunkt bei Ab-Dur findet. Bbm7/Eb7 ist ja die übliche II-V; der Anfang in gm über Eb zu Abmaj hat den Reiz, daß immer ein b dazukommt.
    @lakriz: Ich denke nicht, daß ein V7-Akkord die moll-Tonalität verläßt: Er ist so üblich als moll-Dominante, daß man nach dem IIm7b5 das schon fast erwartet. Harmonik ist ohnehin vor allem Konventionssache und folglich nichts ganz strenges: Wenn sich die Ohren an Klänge gewöhnt haben, ist es letztlich gleich, ob sie vom System her "erlaubt" sind. Bei moll ist das mit den drei Varianten sowieso etwas vertrackt.
    Gruß
    Wolfgang
     
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