Der Fetisch / Auszug aus einer Biographie

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Gast, 25.Januar.2014.

  1. Gast

    Gast Guest

    Moin Ihr Lieben,

    Just for fun mal ein paar Zeilen zum Schmunzeln....


    > Der junge Mann war unschlüssig, in jeder Hinsicht, das sah man ihm an.
    Er war sowieso die personifizierte Unschlüssigkeit, da er ein Matrosenhemd trug - ausgelatschte Seestiefel und einen Marinemantel mit Messingköpfen, dazu dann aber eine Hose im Schottenmuster und einen blauschwarzen Irokesenschnitt von beachtlicher Höhe.

    Nun sollte er also in diesen Laden rein - in DIESEN Laden, wo alles teuer war und vor Chrom blitzte, wo die Verkäufer Krawatten trugen - und wo sie ihn wahrscheinlich sofort wieder rauswerfen würden. Dabei hatte er Geld - so war es ja nicht! - Er hatte reichlich Geld auf Tasche, auch etwas Dope und auch nen kleinen Flachmann mit Schnaps - zum "MUTansaufen"

    Der junge Mann lebte in einer Fischerhütte - Netze hingen von der Decke seiner Behausung - tw noch mit stinkenden Seesternen und Tang von der Nordsee, Schiffsmodelle schmückten das Ambiente,ein Papagei krächtze munter vor sich hin, alte Entersäbel hingen an den Wänden sowie alte rostige Anker und allerlei maritimer Schnickschnack.
    Die Wohnung war in Göttingen, der bekannten Universitätsstadt - weit ab vom Meer.

    Nein, an diesem Herrn stimmte irgendwie garnichts so richtig - und nun stand er vor diesem Edelladen und traute sich nicht hinnein.

    WARUM ? Warum muss dieses Mädchen auch Saxophone geil finden ?
    Darf es nicht eine Bassguitarre sein oder ein Schlagzeug ? Ein Schifferklavier hatte man ja auch schon ...

    Nein - es musste ein Saxophon sein, so ein MIST !

    Er drehte sich eine Zigarette, zündete sie an, selbstverständlich mit einem männlich - maritimen Zippo-Benziner - und stürmte den Laden. Der Einwand des ersten Verkäufers ernüchterte ihn prompt : Hier drinnen dürfen Sie aber nicht rauchen ! Die Frage des zweiten Verkäufers entwaffnete ihn gänzlich : " Kann ich Ihnen behilflich sein ?"

    Der junge Mann stotterte etwas von "Freundin" und "Saxophon" worauf die Verkäufer müde lächelten und sich auf ihren Feierabend freuten.
    Der junge Mann stotterte dann noch ein paar Sätze die so klangen wie "Geld spielt keine Rolle" und wedelte mit einem prall gefüllten Umschlag.
    DAS erweckte dann doch recht schnell das Interesse der Verkäufer - so dass sie ihm ein teures Yanagisawa-Alto unter die Nase hielten und ihm versicherten, dies sei das beste derzeit auf dem Markt.

    Dem armen jungen Herrn schwanden die Sinne - weder wusste er, was ein "Yanagisawa" war - noch was ein "Alto" - doch er sah, dass dies wohl so ziemlich DAS war, was die Angebetene erwartete....irgendie mussten "Yanagisawa" und "Alto" wohl mit Saxophonen zu tun haben.
    Er kaufte, zahlte und fuhr mit dem kuriosen Ding nach Hause.

    Hier beginnt die Geschichte einer Pilgrimage - den der arme Junge hatte KEINE Ahnung davon, dass er sich einen Fetisch in s Haus geholt hatte...einen Messingötzen der sein Leben von nun an und für immer verändern würde.
    Er wusste noch nicht, dass er dieses Ding ( und seine Nachkommen) fast anbeten würde, er hatte keine Ahnung, wie sehr ihn dieses Ding zum Wahnsinn treiben würde oder in Verzückung versetzen. Ja es sollte soweit kommen, dass er später in Afrika auf der Erde sitzen sollte und mit blutigen Fingern von Hand Saxophonklappen zurechtfeilen würde - aber davon hatte der Junge noch keinen Schimmer.

    Es sollte rund fünfundzwanzig Jahre dauern, bis der junge Mann wirklich erwachsen wurde und den Schock überwunden hatte, bis er auch mal einen Tag - ja sogar eine Woche- ohne seine Sucht auskam.
    Einen guten Teil seines Lebens würde dieser Kerl dem Saxophonfetisch widmen - aber all das wusste er damals noch nicht.

    _____________________________________




    >>> Ich finde, Saxe gehören genauso besteuert wie Alkohol oder Zigaretten. Meine Flöte liebe ich zwar...aber von der Sax-Sucht komme ich nicht so richtig weg....


    LG

    CBP
     
  2. Rick

    Rick Experte

    Hallo Benjahmin,

    danke für den Auszug, liest sich gut und macht Lust auf mehr! :applaus:

    Gehst Du jetzt wirklich unter die Schriftsteller?
    Das fände ich spitze - wann und wo kann man den Rest der Geschichte lesen? ;-)

    Sehr interessierte Grüße,
    Rick
     
  3. JusthadSax

    JusthadSax Kann einfach nicht wegbleiben

    und was ist aus der wahrscheinlich hübschen Saxophonistin geworden?

    liest sich toll!
     
  4. flar

    flar Guest

    Moin, moin CBP

    Das ist sehr schön geschrieben, mal ganz unabhängig von der interessanten Geschichte!
    Ich stimme Rick zu, mehr davon könnte nicht schaden!

    @ JusthatSax Die Dame ist doch jetzt uninteressant, er hat ein SAXOPHON!!!
    Da muß Frau mit leben oder eben auch nicht. ;-)

    Ganz wichtig, im Falle von Saxophonistinnen muß natürlich der Mann damit leben oder eben nicht!
    (voll korrekt äh! :p
    Man bin ich jetzt stolz!!!!)

    Viele Grüße Flar
     
  5. Tröto

    Tröto Ist fast schon zuhause hier

    Lieber CBP!

    Du solltest Deinem Biographen in den Hintern treten und ihn auffordern, besser zu recherchieren.

    Dass Du Deine Messinggötzen einst schmähtest und ein silbernes Blasrohr an ihrer Stelle angebetest hast, scheint seiner in Zweifel zu ziehenden Aufmerksamkeit völlig entgangen zu sein.

    Ich helfe mit diesem von Dir veröffentlichten Tagebucheintrag nach:

    http://www.saxophonforum.de/forum/viewtopic.php?start=0&topic_id=14647&order=ASC&status=&mode=0 :)
     
  6. Rick

    Rick Experte

    Daran ist viel Wahres - nach inzwischen 22 Jahren Beziehungen nur mit Musikerinnen (Ex-Freundin Saxofon, Ehefrau Klavier) frage ich mich ernsthaft, wie ich es früher mit Nicht-Musikerinnen ausgehalten habe...

    Mir klingt noch meine Ex-Exfreundin in den Ohren:
    "Hör auf zu üben, ich möchte jetzt endlich ungestört fernsehen!" :-o :-( :evil:


    Gut Sax,
    Rick
     
  7. Superliebes

    Superliebes Kann einfach nicht wegbleiben

    @CBP schöner Auszug einer (Deiner?) Geschichte, gefällt mir seehhhr :)

    @Rick deswegen ist sie ja wahrscheinlich mitunter Deine Ex-Ex-Freundin ;)

    LG
    Karin
     
  8. Gast

    Gast Guest

    Trötomanski

    Nein...da greifst Du vorraus.
    >der grosse Ehekrach mit der Hupe .... die Fremgeherei mit der Flöte und der Rückfall in die Saxsucht - das wäre erst das nächste Kapitel.

    @Rick
    Nein - ich bin weder unter die Schriftsteller gegangen noch schreibe ich ein Buch.

    Ich dachte nur gerade mal wieder an die ""guten alten Zeiten"" - verträumt wie ich nunmal manchmal bin - und da fiel mir spontan diese kleine Episode ein ;-)

    ;-)

    CBP
     
  9. Gast

    Gast Guest

    @JusthadSax

    Neeeneeee...die Dame der Wahl damals spielte überhaupt kein Instrument > Das sollte ICH ja tun....und SIE bestimmte welches :) :)

    Meine Holde heute spielt Bass...aber das ist nochmals ne ganz andere Geschichte

    :)


    CBP
     
  10. Gast

    Gast Guest

    Hallo CBP,

    ich bitte auch um Nachschlag.

    Man kann sogar im Fotogeschäft eine pdf-Datei abgeben und erhält für relativ wenig Geld ein Buch. Man muß allerdings eine Mindestauflage in Auftrag geben. Die schaffst Du locker!

    Weiter so.

    *winkt*
    Jörg

     
  11. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    Na dann mal los :) !

    Gruß
    Saxfax
     
  12. Gast

    Gast Guest

    Die Infizierung des Jungfräulichen

    ________________________________________________________________

    Nun sass er also in seiner "Hütte", sass vor dem offenen Koffer und starrte das Ding an. Er wusste, wie man den Bogen aufsetzt, das hatten ihm die Verkäufer gezeigt - ebenso wo das Mundstück hingehörte. Nur diese Schachtel mit Blättern - die aussahen wie abgeflachte breite Eis-Am-Stiel-Stäbchen, die bereiteten ihm Unbehagen. Er mochte sowieso kein Eis - Eis war etwas für dekadente Luxusmenschen, Kapitalisten und ähnlichem Pack.

    Egal! Irgendwie mussten diese Dinger wohl in das Mundstück. Er dachte an seine alte Mundharmonika und daran, dass man dort die schwingenden Zungen in der Harmonika drinnen hatte.Doch diese Holzdinger PASSTEN nicht in das Mundstück. Der junge Mann wurde ganz fickerig im Kopf und probierte es von jeder Seite, drehte , bog und brach - und es wurde ihm schnell klar: Man hatte ihn beschissen ! Dieses Ding würde SO nicht funktionieren ! Kein Wunder, dass die Verkäufer in dem Chromladen plötzlich so freundlich gewesen waren und ihm sogar einen Aschenbecher gebracht hatten !

    Angstschweiss bildete sich auf seiner Stirn, er kannte das Gefühl, wenn man ihn abzockte - und er mochte es GARnicht. DIESMAL sollte das nicht wieder passieren ! Doch was konnte er tun ? Er griff zum Teppichmesser und schnitze so lange an den verbleibenden Holzdingern herum, bis sie endlich in das Mundstück passten. Na also !
    Wo ein Wille war, war bekanntlich auch ein Weg !

    Er hängte sich das Instrument um den Hals, da gab es so einen "Schlips" mit Haken dafür - den Zweck der Einrichtung hatte er instinktiv schnell erkannt - und rannte in das Badezimmer vor den Spiegel.
    JA ! Das sah gut aus !

    Es erübrigt sich wohl, zu berichten, dass der erwünschte Erfolg gänzlich ausblieb. Der arme Kerl pustete und prustete, er versuchte einen Trompetenansatz in das Mundstück zu hauchen - alles völlig ohne Erfolg.

    Eine riesige Leere machte sich in seinem Bauch breit. NEIN - das war keine Leere, da war ein bitterer Geschmack dabei - der Geschmack der Peinlichkeit, des Versagens und der Angst.
    Er rief nach seinem Bruder - der war einige Jahre jünger - und schickte ihn los mit dem Auftrag : Nimm mein Moped, fahre zu dem Laden, nimm dieses Mundstück und kaufe dafür die richtigen Holzdinger und lass Dir zeigen, wie man die da reinsteckt !
    Der Bruder war 13 Jahre alt - weder durfte er Moped fahren,noch gefiel ihm die Aussicht, den Schrullen des Älteren nun nachkommen zu müssen.
    Gegen eine Schachtel Zigarillos hatte er jedoch nichts einzuwenden und so zog er los und kehrte wieder mit vielen Erkenntnissen, wie dieses neue Gerät wohl zusammenzusetzen sei und zum klingen zu bringen.

    Die Nachbarn waren nette und geduldige Menschen. Sie fanden es produktiv und sinnvoll, dass der junge Herr von nebenan von nun an Saxophon übte - aber musste er das den ganzen Tag lang tun ? Musste er immer das Radio dazu auf voller Lautstärke laufen lassen ? Musste der nicht auch mal zur Schule, oder zur Arbeit ??

    Nein - zur Schule ging der Kerl nicht mehr. Er schwänzte sie systematisch und fälschte die Entschuldigungsschreiben mit der Unterschrift der Eltern.
    Den Eltern wiederum erzählte er, dass dieses Saxophon eine Leihgabe der Schulmusik-AG sei, an der er teilnehme. Das fanden sie gut - waren sie doch solche Aktivität von ihrem Sohn garnicht gewohnt.
    Es war klar, dass dieses Lügenkonstrukt irgendwann zerbrechen würde - aber das war ihm erstmal egal. Eigentlich war plötzlich eine ganze Menge egal.
    Er merkte es garnicht, wie subtil und dennoch nachhaltig ihn dieser Saxophonfetisch in den Bann zog, ihn verzauberte, ihm den Kopf verdrehte.

    Er vergass sogar die Angebetete darüber, und landete statt dessen in seiner allerersten Band.

    Genausoschnell flog er dort auch wieder herraus, denn eine Punk - und - Pogo-Band brauchte keinen Altsaxophonisten, wie die Kollegen nach dem ersten Gig feststellten.

    Das Leben war ungerecht - das hatte der junge Mann schon oft erfahren müssen, aber JETZT ging es zu weit !
    Da hatte er diesen blöden Edelladen gemeistert, das Problem mit diesen Holzdingern auf dem Mundstück - ja er hatte sogar die Griffe dieses dubiosen Instrumentes inzwischen erlernt, nur um dann aus der Band geworfen zu werden. All das wegen dieser blöden Tussi, die inzwischen lieber Michael Jackson hörte, als Saxophon -

    NEIN, hier musste ein drastisches Exempel gesetzt werden ! Gab es da nichtmal einen Maler, der sich das Ohr abgeschnitten hatte ?
    Solche Gedanken fanden fruchtbaren Boden in den Hirnwindungen des frustrierten jungen Mannes und bescherten ihm nach mehreren Suizidversuchen einen Therapieaufenthalt in der Göttinger Universitätsklinik.

    ALLES bekamen sie aus ihm herraus -durch Medikamente, durch Gespräche, einfach ALLES.
    Nur seine neue Religion - den Glauben an den Saxophonfetisch, den konnte er ihnen vorenthalten.
    An sein innerstes wichtigstes ICH sollten sie nicht drankommen !
    NIEMALS !!

    Hätten sie damals den wahren Wahn des jungen Mannes erkannt , sie hätten ihn vielleicht heilen und retten können. So aber war ihm alles egal - solange er nur sein Saxophon dabeihatte, es liebkosen, putzen und spielen konnte.

    Fanatismus kann bisweilen ein jähes Ende finden und auch dem jungen Herrn sollte noch eine harte Prüfung bevorstehen, was seine Liebe zu seinem Instrument anging, das wusste er jedoch alles noch nicht und so ergab er sich voller Inbrunst und religiösem Eifer dem Dienst seines Götzen. Viele Jahre sollte das so gehen und ihm bei manchen Kollegen den Spitznamen "Mad Monk" einbringen.

    Ein "verrückter Mönch" war er in der Tat geworden - ein Mönch des Saxophonordens -

    Er hatte ein Saxophontattoo auf dem Arm und schenkte später -statt einem Verlobungsring- seiner Zukünftigen einen kleinen goldenen Saxophonanhänger.

    Mönche heiraten in der Regel nicht. Auch verschenken sie dazu keine Abbilder ihres Götzen.
    Der gute Mann hatte einen Fehler begangen, doch auch DAS ahnte er mal wieder nicht.
    Die Ehe sollte harmonisch und wunderbar verlaufen,die Frau war ebenfalls einem verwandten Götzen verfallen, sie spielte Bass, was zwar oft zu Glaubensdifferenzen führte, aber nicht zu schwerwiegenden Konsequenzen.

    NEIN - der Mönch hatte seinen Götzen verraten und sollte es in Zukunft sogar noch viel ärger treiben.

    Er drehte sich eine Zigarette, trank ein Bier, sprang auf die Bühne und spielte. Das tat er meistens so ---- er "Kam, Sah - und Siegte."
    Der Götze hatte dem Mönch Selbstvertrauen und uneingeschränktes Talent vermacht.
    Demut fehlte ihm jedoch - dem Mönch - und er sollte den Tag erleben, wo er seine Gebete an einen anderen Götzen richten würde, aus Überfluss und Überdruss, ja gar aus der Eitelkeit herraus, mit mehreren Götzen buhlen zu können, nach Bedarf und Belieben.

    Das schönste Paradies kann die schrecklichste Hölle für den Menschen sein, auch dies sollte der gute Mann noch erfahren müssen, um geläutert seinen ihm zugewiesenen Platz wieder einzunehmen.

    Die greift der Geschichte jedoch weit vorraus. Erstmal sass der junge Mann auf dem Fussboden und schnitzte an Holzplättchen herum , um sie in das Mundstück zu bekommen.
    Spätestens HIER hätte ihn noch jemand aufhalten können.

    Aber es war niemand da, der die Ernsthaftigkeit der Situation erkannte.

    _____________________________________________________________


    ein kleiner Nachtrag meinerseits.....



    >>>> Bevor irgendwelche Fragen dazu kommen : Die Details in diesem wirren Geschreibsel sind ziemlich autenthisch .....
    Als Musiker hat man sowieso immer öffentlich die " Hosen runter" - da
    scheue ich sowas auch HIER nicht.
    Dennoch möchte ich klarstellen, dass ich meine Hupen niemals "angebetet" habe --- das passt halt schön in den Sinn und Kontext der Geschichte...
    aber meinen WIRKLICHEN Gott/Schöpfer würde ich niemals mit nem goldenen Kalb verwechseln.

    LG

    CBP
     
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