der ganz normale Übewahnsinn!?!

Dieses Thema im Forum "Anfänger Forum" wurde erstellt von bernd_rossini, 7.Mai.2010.

  1. bernd_rossini

    bernd_rossini Ist fast schon zuhause hier

    hallo zusammen,

    hab derzeit schwierigkeiten meine übeeinheiten sinnvoll zu strukturieren.
    ich spiel jetzt 2 jahre tenor und seit nov 09 auch noch sopran.
    anfangs sahen meine übungseinheiten etwa so aus:
    -longtones über den derzeitigen gesamten tonumfang
    - viel freies spiel zu irgendeiner begleitmusik( playalong ,aebersold,etc), nach gehör spielen (meine vorliebe)
    - tonleiterstudien nach p. wespi im quintenzirkel (bin mit den dur tl jetzt durch)
    - etüden,lieder (jazzmethode o'neill) chromatische läufe

    übezeit mind. 1 std/tag

    nach und nach kamen dann immer mehr techniken und effekte daher, die mich interessieren und die ich regelmäßig in meine übeeinheiten mit einbau wie:
    obertonübungen, vibrato, klassische technikübungen zu tonleeitern, blues skales, impropatterns und jede menge stücke.

    es ist keineswegs so, das ich mich zum üben zwingen muss, wenn ich mal nicht dazu komme, giere ich schon nach meinen kannen.

    so langsam brauch ich aber eine sinnvolle struktur bzw. einen übungsplan.
    mein lehrer trietzt mich in den übungsstunden mit "vom blatt spielen, zählen, timing, und phrasierung. - meine größten schwächen...
    er kommt aus dem klassischen bereich. allerdings erwarte ich von ihm eigentlich auch spezielle übungen, die auf mich zugeschnitten sind. zum schuljahresende werde ich zu einen lehrer wechseln der vom jazz kommt und der mir mehr in richtung impro beibringt.

    meine frage an alle lehrtätigen hier:
    wie strukturiere ich das am besten?

    meine vorlieben sind jazz, funk, rock, impro. vom blatt spielen ist nicht meine vorliebe, macht mir aber zunehmends mehr spass. ausserdem sind ja technikübungen auch immer auf dem blatt notiert.

    mein lehrer wollte mir sogar noch das neue supergeile yanagisawa bariton der schule anbieten fürs vorspiel. hab ich dann doch abgelehnt, da wüsste ich dann ja gar nicht mehr wo hinten und vorne ist.

    boah, soviel text. dank schon mal an alle die sich hier zu wort melden!
    gruß
    bernd
     
  2. the_ashbird

    the_ashbird Ist fast schon zuhause hier

    hallo bernd...

    oh...das kenn ich nur zu gut!
    es ist einfach immer zu wenig zeit! :-D

    aber:
    "time is like a handful of sand: the tighter you grasp it, the faster it runs through your fingers!"

    und:
    "today is the tomorrow you worried about yesterday!"

    ich spiel auch seit gut 2,5 jahren alt und seit ein paar monate sopran...hab aber derzeit aufgrund mehrerer trio- und quartettprojekt auch noch ein tenor und bari rumstehn...:-D (ich komm kaum noch in mein wohnzimmer!)

    aufgrund meines unregelmäßigen studentendaseins fällt es noch schwerer zu planen...

    deshalb, mach ichs wie folgt (bzw. wie im paralellthread beschrieben).
    ich setz mir ziele (zeitlich großzügig berechnet!) und verzichte auf fixe pläne, da es mir nur selten gelingt, vorherzusehen, was die kommenden wochen passiert.

    wenn ich dann übe, übe ich einfach drauf los und konzentrier mich abwechselnd auf spezielle gebiete...und natürlich wird einfach gespielt!

    somit komm ich zur zeit recht gut zu recht!
    vielleicht hilfts dir auch...

    lg phi
     
  3. bernd_rossini

    bernd_rossini Ist fast schon zuhause hier

    hi phi,
    weis aus meiner arbeit , wie wichtig überprüfbare!!! und erreichbare!!! ziele sind.
    is nicht so, das ich nicht zufrieden wär mit mir. ich merk schon die fortschritte, sie sind meiner meinung nach nicht mal gering, ja doch, man darf und soll sich auch mal selber loben.
    ich weis auch das ich das ganze zeug nicht alles gleichzeitig lernen kann. mir gehts eher darum prioritäten zu setzen. etwas struktur reinzubringen.
    soweit ich mitbekommen hab, bist du aus tirol, oder. würd mich mal interessieren, wie du so spielst. vielleicht läuft man isch ja mal über den weg!
    gruß
    bernd
     
  4. EdithM

    EdithM Ist fast schon zuhause hier

    Hallo,

    ich möchte gern bei diesem Thema eine Frage einschieben, Rossinis Einverständnis vorausgesetzt, danke):

    Wenn ihr zwei verschiedene Saxe spielt, übt ihr beide am gleichen Tag, oder an einem Tag über den anderen, oder in Wochenabständen oder wie?

    Gruß

    Edith
     
  5. bernd_rossini

    bernd_rossini Ist fast schon zuhause hier

    hi edith,
    oh oh, du traust dich aber:)
    ich übe eigentlich immer mit beiden an einem tag.
    also auch immer longtones mit beiden, läufe usw. ist denk ich mal grad beim sopi wichtig.
    patterns und tonleitern abwechselnd.
    gruß
    bernd
     
  6. GelöschtesMitglied5507

    GelöschtesMitglied5507 Guest

    Guter Lehrer!

    Das sind nicht nur Deine Schwächen, sondern absolute Grundlage für jedes Musizieren. Was nützt es Dir, wenn Du drei verschiedene Saxophone spielst, Obertöne bis zum Abwinken kannst, aber kein Stück vom Blatt sauber und vor allem auch richtig phrasiert spielen kannst? Stell Dir mal vor Du spielst in einer Band und jeder phrasiert, wie es ihm passt. Dann klingt es nicht nur unrund, sondern wird nie richtig grooven. Ein Stück groovt umso mehr, desto exakter es gespielt wird, da kannst Du nicht dran vorbei, auch wenn es nervt und nicht so spannend wie Improvisieren ist.

    also Schwerpunkt auf Tonleitern mit Metronom und ordentlich vom Blatt spielen. Impro steht bei mir immer ganz am Ende des täglichen Übens, auch wenn es mir sehr viel Spaß macht. Aber so abgedroschen der Spruch auch ist.

    Erst die Pflicht, dann die Kür.
     
  7. bernd_rossini

    bernd_rossini Ist fast schon zuhause hier

    da geb ich dir absolut recht. ich will auch nicht zu einem lehrer wechseln, der mich nicht an meinen schwächen packt.
    da könnt ich mir das geld ja gleich sparen...
    ich mag meinen lehrer vom typ her sogar sehr gerne.
     
  8. viva-la-musica

    viva-la-musica Ist fast schon zuhause hier

    viva la Gaita!
    Meiner ist leider schon in Ruhestand...

    Ich nehme an, du willst dein Sax auch in der Weltmusik einsetzen? Vergiss die Noten, alles was du dafür brauchst, ist nirgends aufgeschrieben und noch weniger verlegt worden.
    Zweite Annahme, mit vom Blatt spielen meinst nicht prima vista (auf den ersten Blick), sondern überhaupt nach Noten spielen?

    Im Ernst, es gibt (gab) aussergewöhnliche Musiker, die keine Noten können. Auf der Bühne sind Noten auch eher verpönt. Prima Vista Spiel wird allensfalls im Tonstudio verlangt, auch Orchestermusiker studieren ihre Noten vorher und spielen nicht einfach vom Blatt. Andererseits können heutzutage alle hervorragenden Musiker nach Noten spielen, manche auch in beiden Welten von Klassik und Jazz. Und es hätte wohl keine einzige Sinfonie ohne Notenschrift überlebt. So wie es eine Schriftsprache gibt, gibt es eben auch die schriftliche Notensprache, die es erlaubt, der Musik längst vergangener Jahrhunderte neues Leben einzuhauchen.

    Allerdings, wenn man nach Noten spielt, sollte man dies so exakt wie möglich tun, der Meinung bin ich auch. Wieder zwei Einwände: ein guter Notenspieler ist nicht automatischh auch ein guter Musiker. Und es steht auch nicht alles in den Noten drin, was ein guter Musiker dann aus dem Notenbild macht.

    Trotzdem, es ist kein muss, nach Noten zu spielen. In Jazz, Rock, Pop und in der Weltmusik ist es wesentlich wertvoller, nach Gehör spielen zu könnnen. Für uns Pädagogen ist es dagegen sehr bequem, dem Schüler Aufgaben in Notenform geben zu können. Und wir können die Schüler wunderbar in jahrelanger Abhängigkeit halten, während sie sich mit den Noten abquälen. :hammer:

    Dein Übungsprogramm ist ja schon recht umfangreich, da stellt sich dann die Frage, wie man effizient übt.
    1. warmup
    2. technische Studien
    3. Stücke üben (nach Noten)
    4. freies Spiel
    5. beginne wieder bei 2.)

    Man könnte nach so einemn Plan vorgehen, man könnte aber auch spontan jeden Tag einen neuen Plan entwerfen. Ein warmup ist auf jeden Fall sinnvoll, aber allein das könnten die verschiedensten Tätigkeiten sein: Finger lockern, lomgtones, Skalen reiten oder auch Lieblingsstücke spielen... Üben sollte man dann leider bevorzugt die unangenehmen Dinge, die man nicht kann, denn das ist doch der eigentliche Sinn von Üben. Aus solchen unangenehmen Übungen mach ich gern ein Spiel, rhythmische Varianten, andere Dynamik, Artikulation, die schwierige Passage auswendig spielen, etc.

    So wie du dein Übe Programm beschreibst, fallen mir ein paar Dinge ein, wie du den Pflichtteil straffen könntest:

    - Übe bevorzugt die Tonleitern, die du nicht flüssig beherschst, beginne mit wenigstens 3 Vorzeichen (A-Dur, Es-Dur). Mach dir einen Plan und hake die Tonarten ab, erweitere dort deinen Horizont: alle Kirchentonarten, Bluesscales, Bebopscale... in allen 15! Tonarten. Viel Spass werden dir sicherlich alle Zigeuner-Tonleitern bereiten.

    - Chromatik: Übe gezielt den Oktavwechsel, die Palm Keys und immer auch die tiefsten Töne (allerdings ohne die Hand zu überlasten). Übe verschiedene Intervalle, zB alle kleinen Terzen chromatisch

    - Wenn du schon einen guten Ton hast, übe longones eher in den schwierigen Lagen, oder kombiniere longtones mit Chromatik, Dynamik und Artikulationsübungen. ZB mehrere Viertelnoten portato gespielt mit decrescendo im tiefen Register. bei longtones achte auf gute effiziente Fingerhaltung. Und kontrolliere die Intonation (Oktaven, Quinten)

    - Nimm auch Akkorde legato über mind. 2 Oktaven gespielt in dein Programm auf, dabei brauchst und trainierst du deine Stütze und Tonausgeglichenheit gut. Lerne mit der Zeit alle möglichen 4-Känge kennen.

    - Spiel den Quintenzirkel rückwärts in einem Durchgang (das ist der bei Jazzern beliebte Quartenzirkel). Anfangs nur jeweils Grundton, dann nimm die grosse Terz dazu, usw.

    - Pattern, licks natürlich auswendig durch den ganzen Quartenzirkel durchexerziren, gelegentlich auch in anderer Progression (chromatisch, Ganzton, II-V-I ...)

    - Statt nach Noten kannst du es ja auch anders rum machen: Notiere deine Lieblingsstücke in Notenschrift, da lernst du jede Menge über Takt und Rhythmus

    - Statt Metronom eventuell einen Drumcomputer benutzen. Übe auch Rhythmusmuster, zB kann man Tonleitern auch in Synkopen üben

    - Übe nie nach der Maxime: erst die Pflicht, dann die Kür. Erobere dir lieber schnell neue Horizonte, aber pfusche dabei nicht, sei aufmerksam. Übe intelligent, warum klappt, diese Phrase nicht? Analysiere das Problem, denk dir eine gezielte Übung aus, mach aus der Übung wiederum ein Spiel. Spiele immer mit Freude und Spass, sonst leg ein kleine Pause ein.

    - Übe auch nicht zuviel an einem Stück, ein paar Wochen striktes Übungsverbot lassen es durchaus im stillen reifen. Musik kann man auch wunderbar passiv üben: geh in viele Konzerte

    - Ein guter groove besteht nicht aus 100% exaktem Spiel, Mikrotimimg heisst das Zauberwort. Auch das lernt man am besten durch Zuhören und imitieren. (Der Klassiker sagt Agogik dazu)

    - Dein Lehrer sollte deine Schwachstellen erkennen und dir gezielte Studien geben. Werde mit der Zeit dein eigener Lehrer.

    Viel Spass weiterhin, vlm


    PS
    Woher bekommst du die Rohre für deinen Gaita?
     
  9. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Sehr schön geschrieben, Viva !

    Ich bin ja kein Lehrer, aber ich kann schreiben, wie ich's mache (täglich 5/4 Stunden):

    1. Einspielen (15 Min.): Longtones, Tonleitern über gesamten Tonbereich, Chromatik, Arpeggien dito (meist nur die Dur-Dreiklänge). Das Ganze auswendig und gegen Wand mit Spiegel, um auch den Ton gut kontrollieren zu können.

    Danach bin ich "eingespielt". D.h. ich mache diese 15 Minuten auch vor einem Auftritt, meistens in Ruhe zu Hause. Dann habe ich das Selbstvertrauen, dass alles noch geht ...

    2. Freies Spiel (15 Min.), auswendig, auch gegen eine Wand, Betonung auf Sound und Ausdruck. Meist immer dieselben Stücke.

    3. Technik (15 Min.), je 1 - 2 Seiten aus meinen alten Etüdenheften (typischerweise die Etüden einer Tonart). Wenn ich damit durch bin, fange ich vorn wieder an.

    4. Repertoire (30 Minuten) - also das, was ich in nächster Zeit für Auftritte brauche, oder gern mal ganz neue Sachen.


    Ja, ich spiele eigentlich nur nach Noten. Leider. Allerdings brauche ich das auch, weil ich in 4 verschiedenen Bands / Orchestern spiele (unterschiedliche Instrumente).


    @Edith:

    Ich spiele Klarinette, Sopransax und Tenorsax. Das oben Beschriebene mache ich an jedem Tag mit einem anderen Instrument im Wechsel. Zum Wechseln am selben Tag finde ich die Übezeit zu kurz. Problem dadurch allerdings: ich traue mir nicht zu, bei einem Auftritt so eben mal von einem Instrument zum anderen zu wechseln. Dafür bräuchte ich wohl deutlich mehr Übezeit ...
     
  10. woodshedplayer

    woodshedplayer Schaut öfter mal vorbei

    ich schliesse mich meinem Vorredner an: "warm up" und dann Tonleitern oder Bonbons (playalongs bzw Musikstücke). Wenn du alles 20% aufteils reichts für ne Stunde. Später kann man (von der Tonqualität her gesehen) auch 2h Stunden üben....auch wenn die Lippen nicht mehr wollen.. :)

    Aber letztendlich ist das Ganze zum Spass und wir werden nie ein Sonny Rollins oder Joshua Redman (die Jungs haben es einfach im Blut--speziell was Rhytmus betrifft)!

    :cool:

    Gruss
     
  11. bernd_rossini

    bernd_rossini Ist fast schon zuhause hier

    guten morgen,
    @viva:
    vielen dank für die ausführliche beschreibung. du hast recht, vom blatt spielen heißt für mich, noten lesen zu können und mir stücke auch so erarbeiten zu können. möchte mich da nicht selbst einschränken. auch eher als inspiration für freies spiel usw. ein direkt vom blatt spieler werde und will ich auch gar nicht werden.

    ich seh das auch so, das es sich mein lehrer da etwas einfach macht. 90% von meinen übungen, effekten usw hab ich mir selbst erlesen.

    die rohrblätter für die gaita beziehe ich übrigens über michael hofmann, historische Musikinstrumente www.spielmann.de

    ich bin musikalisch sehr offen, höre sehr viel musik und geh auf ganz viel konzerte.

    wenn ich das alles so lese, auch von florentin und woodshedplayer, denk ich, das mein programm durchaus in die richtige richtung geht.

    es ist aber gut zu lesen, sich immer wieder auf die schwachstellen zu konzentrieren, aber sich darin nicht zu verbeißen.

    der spass kommt bei mir definitiv nicht zu kurz!!

    vielen dank für die tollen anregungen!
    ein schönes wochenende,
    bernd
     
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