Der Kürbis hat mein tiefes Cis verschluckt.

Liebe Leute so alt bin ich bestimmt nicht, dass ich nicht mehr weiß, was passiert ist, aber es ist schlicht weg, unauffindbar und niemand anderes war da als der Kürbis.

Also: jetzt in der Sommerpause habe ich mein Altsaxophon entlackt, neubepolstert, und so richtig schön aufgemöbelt. Weil es draußen schönes Wetter war, zog ich mir eine Schirmmütze bis tief in die Stirn und setzte mich dazu in den Garten. – Neben mir ganz unscheinbar unser Kürbis.

Die Familie war außer Haus. Ich hatte alle Ruhe der Welt – zum Schluss, aber, fehlte mir das letzte Teil: das kleine Verbindungsstück zwischen der Tief-Cis-Taste und der Klappe. Diese glitzekleine Kupplung.

Ich denke: die ist mir bestimmt runtergefallen. Also gucke ich unter dem Tisch, im kurzgeschnittenen Gras. Finde aber nichts. – In den Hosentaschen? – Nichts. – Komisch, ich bin doch gar nicht weggegangen. – Ach doch, zum Telefon! – Also dahin. – Nichts. – In der Küche war ich auch, wegen des Kaffees. – Stimmt! da war ich öfter. – Vielleicht sollte ich mal über meinen Kaffeekonsum nachdenken. – Egal! die Kupplung fehlt – man muss einfach Prioritäten setzen. – Aber auch da nichts.

Leute, ich habe mir den Tag immer wieder vor Augen geführt - gäbe es die Möglichkeit besonders plastische Gedanken zu materialisieren, hätte ich ein passgenaues Teil ersinnen können. Es schwebte mir 1 zu 1 vor meinem geistigen Auge. Und dann bin ich im Gras gelegen. Erst einmal wurden Versuche gemacht, wie Kleinteile von meinem Arbeitsplatz fallen könnten, damit eine genauere Vorstellung habe, wo dieses Teil liegt und dann habe ich jeden Grashalm genau angesehen, bin auf und ab gelaufen. Nichts. Wo könnte dieses Teil sein? – Im Bad? – In meinem Zimmer? – Elstern haben wir keine. Und neben mir der stille Kürbis.

Wer schon einmal einen Kürbis im Garten hatte, weiß welch Ehrfurcht erregendes Gewächs das ist. Wie eine Kathedrale aus längst vergangenen Zeiten trugen seine Säulen eine Blätterkuppel, die das Licht maiengrün unter sich verbarg.

Könnte es sein, dass mein Cis in diese archekonische Symphonie eingegangen ist? Meine Hände liefen durch die endlosen Gänge, riefen nach dem Verschwundenen. Trösten konnte nur noch die Einsicht, dass sich nichts in Luft auflösen kann.

Als meine Frau wieder kam, fragte sie unwirsch, was ich mit unseren Rasen gemacht hätte. Beim eifrigen Suchen bin ich über dieses zarte Gewächs so oft gelaufen, dass sich erdende Gänge gebildet hatten. Alles sah wie nach einem Rugbyspiel.

Es war nichts zu machen: das Teil fehlte.

Am Montag gelang es mir den entstandenen Schaden einzugrenzen: mit den Bronzevorräten meines Schwiegervaters habe ich mir ein Ersatzteil geschmiedet. Auch der Rasen wuchs nach. Meine Frau beruhigte sich, als ich ihr die versprochene Terrasse um eine Steinreihe verbreiterte.

Ich sagte mir immer: Ich finde es doch! Kürbis! irgendwann, schneide ich dich und dann bekomme ich mein originales Cis wieder!

Gestern war es so weit. Ich habe das Gewächs, das inzwischen wie zum Hohn unserem halben Garten einnahm, entwurzelt, herausgerissen. Die kleine Rankenarme aus den Tannen geschlagen. Drei Monate lang habe ich Tag für Tag darauf gewartet, nun war es so weit, ich nehme meinen Garten wieder in Beschlag. Ich nehme dir mein Cis ...

Nein - neben vier riesigen Kürbissen, blieb ich beutelos. Das Originalteil bleibt woimmer es ist...

Ich gebe mich geschlagen. Der Kürbis hat über seine eigene Existenz in unserem Garten Einzug gefunden in mein Saxophon, hier ganz real ins Internet und eine klare Vorstellung von der Vergeblichkeit unserer Existenz.

In den nächsten Wochen wird es bei uns vermehrt Kürbissuppe geben, mit Sahne, Ingwer und Curry. Vielleicht findet der Pürierstab, war mir verweht blieb. Aber ich hoffe nicht mehr.

daskli -
nackt und bloß

 

Armer unschuldiger Kürbis...
Aber im Ernst : Interessant geschrieben, du könntest bestimmt gut Bücher zB Kindermärchen schreiben, schon mal probiert ?

 

Was heißt hier "Armer unschuldiger Kürbis...."?
Wenn ich so einen Killerkürbis im Garten hätte wäre der schon längst im Einmachglas gelandet...

Gruß aus dem Schwarzwald
Bernd

 

Uuuuuhhh - gefährlich!

Nicht das der Killerkürbis mir den Killertomaten verwandt ist, denn sonst schlagen die Killertomaten zurück.

Schöne Töne!

 

Der heisst Kür Bis und nicht Kür Cis.

 

Na und? Von Bis nach Cis ist nur ein Halbton!

 

Hmmm - müsste es nicht KürH und KürDES heißen? Oder würde DES dann zur KüHr?

Schöne Töne!

 

Lieber Spike,

ich musste ja so lachen: Kür-cis.

Aber mal im Ernst, in meinem Freundeskreis nehmen alle Anteil an der fortgesetzten Tragödie, nur weiß ich nicht so recht, ob mir das in deren Weise so recht ist ...

LG
daskli

 

HmhhH, da müssten wir daskli fragen, ob es ein deutscher (Bb) oder ein internationaler (B) Kür Ces ist....

 

http://freenet-homepage.de/daskli/P1010586.jpg

Ich habe meinen Kranich verloren

Er ging verloren, weil
der Schnee vorm Hause stob,
er ist verschwunden, weil
sich meerwärts Wind erhob.

Gefunden hat sich wohl
hoch oben ein Gefährte,
da seit drei Nächten er
nicht heim zum Käfig kehrte.

Sein Ruf, unhörbar hier,
in blauen Wolken hallt,
und in den hellen Mond
eintaucht die Gestallt.

In meinem Haus und Zimmer
wer aber wird fortan
noch als Gefährte bleiben
bei einem alten Mann?

Bo Djü-i, 772-846, in einer Übersetzung von Günther Eich

 

Ich habe einen daten-Dichter als Freund, den will ich euch nicht vor enthalten:

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Hallo!

Mein Beitrag zum Saxophon Forum:



Ich habe mein Kür-Cis verloren

Es ging verloren, weil
der Kürbis vorm Hause tobt,
und sich ein kleines Teil
vom Saxophon enthob.

Gefunden hab ich's wohl
nicht mehr, ob ein Gefährte
mir auch suchen half:
Es niemals wiederkehrte.

Mein Saxophon nun unhörbar hier
beim Kürbis hingeknallt in
Erde liegt - und Stirnesfalten
wallen wellend ungehalten.

In meinem Haus und Zimmer
wer aber wird fortan
noch zarte Töne spielen
mir armem alten Mann?

Bo Djü-i, 772-846, in einer Verwurstelung von datenbrei.de