Dringende Suche nach Empfehlung

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von Souledout, 4.April.2013.

  1. Souledout

    Souledout Schaut öfter mal vorbei

    Hallo zusammen,

    ich bin an einem Punkt angelangt, wo ich endlich wieder etwas neues dazulernen möchte und habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wie ich weiter kommen soll. Deshalb vielleicht kurz zur Vorgeschichte:

    Als Jugendlicher regelmäßig Unterricht gehabt, zumeist klassisch. Seit etwa 6 Jahren in einer Combo untergekommen, die mir viel Improvisation ermöglicht. Meistens eigene Nummern, davor viel Tower of Power, Stevie Wonder, solche Geschichten.

    Ich fühle mich wohl am Saxophon, habe keine Probleme einmal verstandene Harmoniverbindungen in ein konzises Solo umzusetzen. Schnelle Akkordwechsel überfordern mich noch am ehesten. Ich habe keine Probleme mit Tonleitern, Dreiklängen, freier Melodiefindung.

    Was stört mich also?
    - Man spielt irgendwann immer die gleichen Licks, es gibt wenig Progress in Sachen Abwechslung
    - Schnelligkeit lässt zu wünschen, nur die Verbindungen die ich schon 'schnell' drauf habe laufen auch gut
    - Harmonisches Grundwissen in Sachen Jazz

    Ich hab mir eine Harmonielehre von Frank Sikora zugelegt. Ein dickes Ding, aber gut geschrieben. Wie kann ich denn jetzt weitermachen? Jazzstandards harmonisch durchackern und drauf improvisieren bis mir die Lust ausgeht? Solos transkribieren? Etüden für die Schnelligkeit?


    Bin um jede Anregung froh.. :)

    Gruß aus Nürnberg
     
  2. prinzipal

    prinzipal Ist fast schon zuhause hier

    oh das sind ja sinnfragen ...

    aber gute !

    sikora ist schon nett geschrieben, kannste ja mal mit burbat vergleichen ...

    oder via bücherei oder google books die einleitung der harmonielehre von arnold schönberg lesen.

    solides handwerk, alles ne feine sache, aber wer keine inspiration hat, ist bestenfalls langweilig.

    ornette coleman raushören, oder den sehr späten lee konitz, wäre sicher spannend. als es noch nichts zum daunlohden gab, war das damals der normale weg, oder auch die parker sachen...

    es könnte auch interessant sein, in tiefere überlegungen einzutauchen, wie etwa: warum mag ich diese musik, warum mag ich musik, kenne ich auch völlige kontraste (z.b. kambodschanische mundorgelmusik, sehr krass !) oder sowas.

    mit schmäh könnte ken burns jazz film doku helfen, oder um mal was anders stimmungsvolles zu erwähnen, der (glaub ich) zdf dreiteiler "mit meinen heißen tränen" über leben und sterben von franz schubert.

    oder die new york demo von ric burns AUF ENGLISH, da dann 17 stunden lang, über den mythos einer berühmten stadt.

    oder und oder.

    sehr guter weg: duets von greg fishman, und wers schneller liebt, die etudes. oder die hiplicks - aber nicht zum nachlicken, sondern um seine eigenen ideen mal gründlich neu zu mischen (eine idee sicher in 12 stufen auswendig, usw. sehr viele methoden stecken da drin ... erklärt er auch genauestens auf youtube)

    so in die richtung.

    allereinfachster weg: geh in konzerte und höre zu.
    joe lovano sagt gerne mal: es ist nicht wichtig WAS du spielst, sondern WIE du es spielst...

    so in etwa ?

    :-D
     
  3. lee

    lee Ist fast schon zuhause hier

    "Man spielt irgendwann immer die gleichen Licks, es gibt wenig Progress in Sachen Abwechslung"

    dann spiel doch einfach keine licks. und-wenn du immer das gleiche spielst, kannst du es verhindern, indem du deine phrasen an anderen stellen als den "eingeschliffenen" beginnst.dh.da wo dich die gewohnheit drängt, einen "lick" abzuschiessen, machst du eine pause, entspannst dich und fängst einen halben takt später an zu spielen.dann passt der "lick" nicht mehr und du bist gezwungen dir was eigenes, der (neuen) situation entsprechendes einfallen zu lassen. ist am anfang ungewohnt=schwer, aber recht spannend und macht spass.
     
  4. zwar

    zwar Ist fast schon zuhause hier

    hey souledout,

    passender name für deinen beitrag übrigens,

    ich würd erstmal gucken, was genau du selber machst.
    also mach mal für dich skizzen von deinen solos, und sieh dir an, was genau daran gleich ist.
    wo fängt dein solo an, wo geht es hin, welche rhythmischen figuren verwendest du, auf welchen skalen bewegst du dich meist, welche zieltöne? zu welcher art von akkordverbindungen spielst du solo? wenn die sich immer ähneln (ich kenn das von funk bands zur genüge) liegts nicht nur an dir, zb.
    wobei all das, was du oben selber vorgeschlagen hast, sicher nützlich wäre, und auf lange sicht ist die glundlegene eher allgemein musikkritische herangehensweise, die prinzipal vorschlägt, essentiell wichtig.
    reales feedback von anderen musikern, egal welcher waffengattung, kann auch helfen, so sie denn irgendwie mehr durchblicken als du selber.
    wenn du schon mit theorie rummachst, würde ich gleich die kontrapunktik - insbesondere des barock - mit dranhängen. denn viele wege führen zum jazz, aber nur wenige hinaus. :-D

    gruß
    zwar
     
  5. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    ...oder spiel mal sehr bewusst etwas ganz was anderes, also eine andere Musikrichtung.

    Zum Beispiel hier im Forum die Klassik TOTMs.

    Es geht ja darum, Dein musikalisches Gehirn aus den eingefahrenen Wegen zu lösen, richtig?


    Cheerio
    tmb
     
  6. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    das typische Problem für uns Hobbymusiker mit begrenzter Zeit. Irgendwann kommt man an eine Grenze. Noch mehr Technik üben, oder ist das persönliche Limit der Kreativität erreicht ?

    Das wichtigste finde ich ist, den Spaß zurück zu gewinnen. Und dazu würde ich eher nicht noch tiefer in die Theorie einsteigen, noch würde ich noch mehr Technik bolzen, oder neue Licks lernen, in noch höherer Geschwindigkeit oder komplexerer Umgebung.

    Eher hilft da, etwas einfacheres machen. Musik wieder genießen ohne Leistungsstress. Vielleicht eine ganz neue Musikrichtung ausprobieren. Und dann kann man sich selbst auch wieder zuhören, und merkt auch, dass man mit dem, was man schon kann, hervorragend und gute Musik machen kann.

    Macht das Musizieren erst mal wieder richtig Spaß, dann ergeben sich auch sogleich die Dinge, an denen man dann mit Freude und gerne vertieft weiter arbeitet, ohne sich quälen zu müssen.

    Gruß,
    Otfried

     
  7. lee

    lee Ist fast schon zuhause hier

    ich kann mich nur wiederholen: mach an ungewohnter stelle pausen, mach deine pausen länger als deine routine(ganz sch..se) es möchte und es öffnen sich ganz neue möglichkeiten, die echt spass machen, auch wenn sie dich anfangs(produktiv) verwirren.
     
  8. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Hi,

    du fragst einerseits zur Kreativität - ein Grundproblem wohl für jeden, der nicht ausschließlich vollständig durcharrangierte (Klassik etc) Musik spielt.

    Und du fragst nach Handwerk. Dazu ein paar Typs.

    Spiele die gleichen Stücke in verschiedenen Tonarten. dadurch automatisiert sich das harmonische Grundwissen plus passende Spielmöglichkeiten für diese Verbindungen. Die Bausteine der Musik, sprich insbesondere die Akkordverbindungen werden klarer und klarer, und können als Block verstanden und abgerufen werden (s. auch http://www.dropback.co.uk , ein Typ von Juju, für den ich ihr sehr dankbar bin. Das Buch ist gut, aber vom Lehren her etwas chaotisch.)
    Kreativität basiert auf Automatismen, auch wenn sich das erstmal widersprüchlich anhört. Sprache bzw irgendwas neues sprachlich hinkriegen geht zB. nur, weil die Muskelbewegungen beim Sprechen und die gedanklichen Wege dazu automatisiert vorliegen, ohne Nachdenken benutzt werden können. Sas musste erst gelernt werden, entsprechend
    beim Musik machen. -
    Transponieren eines Improvisationsstücks hilft, die Akkorde aus verschiedener Sicht wahrzunehmen, sie dadurch gründlicher zu verstehen, mehr Verbindungen zu sehen. Und sie zu automatisieren.

    Ein anderer Tip: Stücke in verschiedenen Tempi spielen, auch extrem langsam und schnell. Beim Schnellspielen kriegt man weniger Töne hin, insofern entstehen leichter übergreifende Linien, langsam spielen lehrt (ua.), viele Töne zu finden. Ausserdem merkt man beim langsam spielen sofort, ob man nur seine eingefahrenen Wege benutzt, bzw genauer, man kann leichter aus diesen vorgefertigten Rillen aussteigen. Langsamspielen automatisiert Bewußtheit über Melodiebildung.
    Die Verbindung von langsamen und schellem Spiel erhöht dann deutlich den Wohlfühlbereich, die Sicherheit bei "normalen" Tempi. -

    Ich bin mir ziemlich sicher, wenn du diese beiden Tips mal ein paar Wochen durchziehst, du wesentlich mehr Spielflüsigkeit erfährst, und mehr Perspektive für Wachstum hast.

    soweit erstmal,
    Cheers
    Werner


    http://mobile-band-walking-act.de/unplugged.htm
     
  9. Souledout

    Souledout Schaut öfter mal vorbei

    Einen schönen guten Nachmittag liebe Mitstreiter,

    danke für die vielen Antworten! Ich bin immer wieder hocherfreut, wie viel Zeit sich die Mitglieder hier nehmen, eine sinnvolle und ausführliche Antwort zu verfassen. Danke schonmal dafür! :)


    Ich hab mir viele Gedanken gemacht und ein paar Ansatzpunkte weiter verfolgt:


    1) Harmonielehre von Sikora sieht gut aus, ist gekauft und bereits angelesen. Das erschlägt mich natürlich zunächst, aber dadurch dass alles schön kapitelweise aufgeteilt ist kann man auch 'akute' Fragen gut nachschlagen!

    daraus ergibt sich auch schon

    2), denn ich habe gemerkt dass meine Kreativität nicht an die Grenzen der Phantasie, sondern eher Grenzen der Technik und Spielbarkeit gelangt. Ich gebe zu: Ich habe mich bislang mit Akkorde 'hören', 'fühlen' und am ehesten noch durchs Melodielinien finden einfach drauf los drüberimprovisieren durchgemogelt. Dieses Mogeln hat eigentlich tolle Formen angenommen, ich fühle mich bis zu einem gewissen Maße in verdaubarem harmonischem Material heimisch, wenn es zu komplex wird fehlt mir aber die Herangehensweise.

    Stichwort: Skalen! Es gibt ja tolle Anleitungen hier im Forum, Akkorddreiklänge, Akkordvierklänge taktweise üben, an Changes rantasten und so weiter. Ich glaube da ist ein guter Ansatzpunkt für mich.

    3) Die Pausen. Das hatte mir schonmal jemand gesagt, ich glaube es war ein guter Bekannter der seit Jahrzehnten eine Bigband leitet. Die nimmt man sich wirklich zu selten, vielleicht sollte ich mich da ein bisschen an der Nase packen..

    4) Ich hatte überlegt, mir auch aus pragmatischen Gründen zumindest Basic-Skills am Klavier zuzulegen. Harmonien im Arpeggio zu verinnerlichen ist halt irgendwie dann doch nicht das gleiche, wie den Akkord wirklich zu hören. Und dafür sollten einige Stunden doch dann ausreichen..

    5) Greg Fishman ist bestellt! Ich bin gespannt, in wie weit mich spielen nach Noten weiterbringt. Nimmt man beim Nachspielen wirklich so viel auf, also im Sinne eines "aktiven Wortschatzes" meine ich? Oder darf ich dann die coolsten Verbindungen in allen Changes bis zum Sanknimmerleinstag üben ;) ?


    Danke jedenfalls für den durchweg hochwertigen Input!
     
  10. Gelöschtes Mitglied1288

    Gelöschtes Mitglied1288 Guest

    Mein Ansatz:

    Ich beschäftige mich immer eine gewisse Zeit ganz intensiv mit einem bestimmten Musiker (oder Stilistik). Das müssen nun nicht ausschließlich Saxophonisten und / oder Jazzmusiker sein. Ganz wichtig ist für dabei das Hören verschiedener Platten des entsprechenden Künstlers, danach kommt für mich erst das Spielen einzelnen Songs, Soli, Raushören von Soli.

    Wenn möglich lese ich Biographien, schaue mir Filme und Dokus über den Musker an. Versuche also möglichst tief in dessen Musik und Leben einzutauchen.

    Ich habe mir in der Vergangeheit jetzt nicht aus einem ganz speziellen, pragmatischen Grund, nach dem Motto "jetzt ist mal ein Trompetere dran, der Soul und Funk spielt" ausgesucht, sondern rein, wonach mir grade war. Oft bin ich auch durch Zufall über bestimmte Sounds und Platten gestolpert.

    Ich muss dazu sagen, dass mir Harmonielehre und das Analysieren gewisser Dinge in Bezug auf Ideen für die Improvisation nie wirklich was gebracht haben, da ich nicht so der Analysefrak bin. Klar habe ich das alles gelernt, aber es ist und bleibt für mich lediglich Material, mit dem ich arbeiten kann. Nach dem Motto: Aus'nem Brett, mach einen Tisch oder Bett :)

    Schönen Nachmittag noch,
    Andy
     
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