Ein saxophonistischer Urlaub in Göteborg - En tysk jazzturist

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Gelöschtes Mitglied 13399, 29.Juli.2023.

  1. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Nun geht meine Zeit in Göteborg, der heimlichen Hauptstadt Schwedens, zu Ende.
    Gleich am ersten Tag hier sprach ich eine einheimische Straßenband, welche ich "the chicken" spielen hörte, an, ob ich mitspielen dürfe - und ja, ich durfte.
    Wir spielten unter anderem auch "Moanin" (Timmons), Black Orpheus (Bonfa). Parallel spielte ich auch in einer Pop-Band, Stücke wie "Sick and Tired" von den Cardigans oder Årbergs Theme (aus einer Kinderserie - keine Leichtigkeit in Sachen Metrum). Zuletzt spielte ich einen halben Tag in einer Reggaeband (matroserna).
    Dies alles war möglich, da die Stadt Göteborg jungen Musikern bis zum Alter von 20 Jahren Bezahlung und Equipment gibt, um im Sommer die Touristen mit Musik zu unterhalten.
    Vorgestellt wurde ich - herzlich und freundlich - als "vår duktiga duktiga jazzturist" und ich bin sehr dankbar für die Bereitschaft der Musiker, einen Fremden in ihren Kreis aufzunehmen.
    Zugegeben: Ich gab mich und meinen Putz zum besten und spielte ohne Gage mit.

    Jeden Tag spielte ich also von 12 bis 17 Uhr auf den Plätzen Göteborgs und konnte dabei viel lernen, denn ich musste die unisono parts mit dem Trompeter nach Gehör lernen sowie die changes der Stücke, damit ich über sie improvisieren konnte. Vor allem bei den Popstücken war das nicht einfach, da sie in Sachen des harmonischen Rhythmus' mitunter tricky waren und es schwer war, kein "overplaying" zu betreiben, oder aber auch eine Minute über nur einen Akkord zu spielen. Eine sehr wertvolle Erfahrung. Nachts übte ich dann - so leise wie möglich - vor der Pforte der Göteborger Domkirche, bis ich mich schließlich (gewöhnlich zwischen zwei und drei Uhr) heimmachte.

    Krönender Abschluss des Aufenthalts in Göteborg - während dessen ich zwar mehrere zehntausend Schritte am Tag lief, da ich auf kollektivtrafik verzichtete, sonst aber wenig von der Stadt sah und kein Museum besuchte - war die Hausparty gestern Nacht, auf der wir zwei Stunden lang eine Jamsession mit Jazztiteln veranstalteten und danach noch einmal zwei Stunden Rock-/Popmusik spielten ("How can you play for this long without a break, man?", "Don't you feel like socializing at all?" :D).
    Es gibt weniges, was sich so gut anfühlt, wie das Rufen der Bandmitglieder nach einem gelungenen Solo - die größte Inspiration verspürte ich tatsächlich bei einem two chord vamp der Reggea Band - , das Schulterklopfen der Trompeterin im selben Moment, und ich könnte meinen schwedischen Freunden nicht dankbarer sein für ihre Großherzig- und Gastfreundlichkeit .
    Danke, Göteborg, vi kommer att ses igen!
     
    Bereckis, Sax-o-K, Mouette und 20 anderen gefällt das.
  2. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @Paul2002
    Na dann gleich durchstarten nach Berlin ....

    Der heimlichen Hauptstadt der Straßenmusik und aller hochtalentierten
    Nachwuchs-Saxophonisten.

    Mit etwas Glück trifft man in Berliner Parks auch
    auf gestandene Größen am Sax.

    z.B. Max Hacker (T) und sein Trio !

    VG
     
  3. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    @Paul2002

    Das klingt ja super, so soll es sein, wenn’s Spaß macht :)
    Fast wären wir uns in Göteborg über den Weg gelaufen, aber wir fanden keinen Stellplatz und sind dann weiter nach Hönö.
     
    Gelöschtes Mitglied 13399 und Rick gefällt das.
  4. kalleguzzi

    kalleguzzi Ist fast schon zuhause hier

    Hej Paul!

    Tusentack för berättelse!
     
  5. JazzPlayer

    JazzPlayer Ist fast schon zuhause hier

    Coole Sache. Das sind die Art von Erlebnissen nach dem Abitur, für die sich der Weg wirklich gelohnt hat (auch noch in der Rückschau nach einigen Jahren) und mit denen man den Kollegen von der Sorte "halbes Jahr am Ballermann" gleich mal ein paar Reifegrade voraus ist.
    Glückwunsch. Lass es sacken (vielleicht machst du ja für dich zur Erinnerung ein Reisetagebuch) und versuch, noch ein paar Momente dieser Art mitzunehmen oder, so hat es ein Mitschüler damals gemacht, mit einem Job Geld ranzuschaffen, damit in der ersten eigenen Wohnung nicht nur zusammengeleimte Bananenkisten rumstehen und der Kühlschrank dauernd leer ist.

    Ein bisschen neidisch bin ich schon, nicht selbst seinerzeit die Idee gehabt zu haben, Länder bzw. Städte zu entdecken, die erstmal nicht ganz oben auf den typischen Listen stehen, und wo man eben nicht einfach nur Tourist ist, sondern irgendwie mittendrin.
    Litauen und Rumänien oder Slowenien sollen auch eine Reise wert sein, wobei man da natürlich wenigstens ein bisschen Vokabular mitbringen sollte. Skandinavien oder die Niederlande sind mit ihren Englischkenntnissen wirklich einfacher.
    Dafür habe ich mir fest vorgenommen, nach Ende dieses fürchterlichen Krieges den Wirtschaften (Plural!) der Ukraine persönlich auf die Beine zu helfen.
     
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden