Eine Lanze für die Blaskapelle

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von bebob99, 3.August.2012.

  1. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Ich habe es in einer anderen Diskussion schon angesprochen. Ich möchte gerne das Image der Blasmusikkapelle ein wenig verbessern.

    Ich bemerke immer wieder bei persönlichen Gesprächen oder bei Diskussionen im Internet, dass sobald das Wort "Blasmusikkapelle" fällt viele Leute ein wenig mitleidig werden. Provinz-Band, Kuhstallorchester, Ohrenkrebs. Musikalische Dilettanten. Das ist doch im Grunde nur Beschäftigungs Therapie für Musik interessierte, die es mangels Leistung nicht in ein "richtiges" Orchester geschafft haben.

    So oder so ähnlich wird eine Blasmusikkapelle vielfach in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Im Gegensatz zu den Streichorchestern, die der Flair von Philharmonie, Exklusivität und Noblesse umgibt, wird die Blasmusikkapelle bei uns den Kuhstall Geruch nicht los. Wenn schon jemand ein Blasinstrument spielt, dann doch bitteschön wenigstens in einer Big Band oder einer Jazz Combo und nicht in einer ordinären Blaskapelle..

    Ich sehe mehrere Gründe, warum in unserer Gesellschaft die Blasmusikkapelle einen eher geringen Stellenwert bei der "kunstorientierten" Bevölkerung hat. Ich betone hier ausdrücklich "kunstorientiert", da die Gesamt Akzeptanz der Blasmusik in Deutschland und Österreich eigentlich sehr hoch ist. Die jeweiligen Veranstaltungen, speziell auch im Bereich der "volkstümlichen Musik" werden üblicherweise von großen Menschenmassen besucht. Da mag man als "Kunstliebhaber" dazu stehen wie man will, Die Leute mögen das.

    Ein Faktor der sich auf das Image schlägt sind bereits die für unsere Ohren antiquierten Begriffe. "Kapelle", das klingt schon nach Kaiser, steifen Uniformen, und einem Kapellmeister, der mit einem langen Stecken zackig vor einer Horde im Gleichschritt stapfender Bläser marschiert. Das ist im Übrigen gar nicht der Kapellmeister sondern der "Stabführer". Ein Marsch nach dem andern und alles hört sich gleich schauerlich an.

    Unsere Kultur hat ja leider ein sehr unglückliches Verhältnis zu Tradition, Heimat und Herkunft. Das wird nun bereits drei Generationen als unerwünscht und rückständig eingeimpft. Entsprechend ausgeprägt ist der Ablehnungs Reflex. Der Anblick marschierender Uniformen, die Marschmusik - das alles vermittelt sofort ein Bild von Krieg und Leid. Tapfere Helden auf jeder Seite, Soldaten die in Scharen auf beiden Seiten in einem sinnlosen Krieg verheizt werden. Nein, mit so etwas will niemand ernsthaft zu tun haben.

    Im Bierzelt spielt auch die Blaskapelle. Natürlich. Wer soll sonst bei so einer Sauforgie spielen. Polkas und Märsche für die Proleten, die keine Ahnung von richtiger Musik haben. Alla Breve Humptata, das ist das höchste an musikalischem Verständnis das solche Bauerntrottel auf bringen.

    Interessanterweise ist so eine Einstellung gegenüber der Blasmusik international einer Ausnahme. In den USA beispielsweise hat die Blasmusik einen sehr hohen Stellenwert. Nicht nur die "Big Band" (was ist das bitte anderes als eine "Blasmusikkapelle"?) auch die "Marching Bands". Möglicherweise hat die Erfahrung der Amerikaner, bei kriegerischen Auseinandersetzungen gewöhnlich auf der Sieger Seite zu stehen der "Militärmusik" ein eher positives Image verschafft.

    Aufgrund der nach dem zweiten Weltkriege einsetzenden Amerikanisierung der europäischen Werte fühlen wir uns musikalisch der US-Amerikanischen Musik mehr verbunden als der heimischen Musik Tradition. Jazz, Rock, Big Band - das sind erstrebenswerte Stilrichtungen. Böhmisch-Mährische Musik, überlieferte Melodien - also in dem Sinn echte "Volks" Musik ist out. Dann schon eher noch die Wiener Klassiker. Das ist schon wieder so lange her, dass man keine Berührungsängste mehr hat.

    In Asien sind Orchester mit Blasinstrumenten Besetzungen den Streichorchestern völlig ebenbürtig. Nicht nur in der musikalischen Leistung sondern auch in der Akzeptanz. Dort war es scheinbar nie das Problem, das Blasmusik als Arme-Leute Musik, als Unterhaltung der "unteren Schichten" angesehen wurde. Ich empfehle beispielsweise den Genuss des "Tokyo Kosei Wind Orchestra".

    Bei uns ist die Unterscheidung zwischen "Wind Orchester" und "Marching Band" nicht üblich. Das macht alles "die Blaskapelle". In jedem Kuhdorf gibt es eine, in größeren Dörfern mehrere und bei jeder möglichen Gelegenheit zieht so eine Kapelle marschierend und Märsche spielend durch die Gassen. Da sind dann auch schon einmal Formationen dabei, die mangels lang gedienter und studierter Profis ein wenig krumm klingen. Die Auswahl der Stücke macht es auch nicht besser. DAS ist dann auch das Bild, das dem nicht-Bläser im Gedächtnis bleibt. Die Bläser spielen nur Märsche und das auch noch falsch. Die STREICHER, ja die sitzen im Orchester. Im Frack. Und da spielen sie edle Musik für die feinen Leute. DAS ist Kunst.

    Allerdings müssen auch Streicher klein anfangen. Niemand wird als Philharmoniker geboren. Nur sind eben die nicht auf der Straße unterwegs, wo jeder hören kann, wenn einer noch nicht perfekt spielt. In den Orchestern sitzen auch keine Neulinge. Gott bewahre, man will ja das Niveau halten. Üben müssen die woanders.

    In der Blasmusik Kapelle - ich möchte hier bewusst von einem BlasORCHESTER sprechen spielen Musikschüler, Einsteiger, Studierte Musiker, Profis und lang gediente Amateure bunt gemischt. Es gibt untereinander kaum Futterneid und üblicherweise ein Klima der Hilfsbereitschaft schwächeren Spielern gegenüber. Ein "Kapellmeister" mit so einer heterogenen Gruppe hat gewiss nicht weniger Arbeit als ein "Dirigent" in einem Streichorchester.

    Auch die Auswahl der Stücke und die Qualität der Darbietung geht weit über das "Marschkapelle" Image hinaus. Natürlich gibt es je nach Orchester Schwerpunkte, aber die Aufführungen konzertanter Werke für Blasmusik stehen denen für Streichorchester nichts nach. Da werden typische Streicher Werke - etwa der Donauwalzer - genau so gespielt wie die bewegenden Werke von Ennio Morricone, Andrew Lloyd Webber oder John Williams. Typische Big Band Arrangements sind genau so vertreten wie "Evergreens", lateinamerikanische Stücke und aktuelle Pop Musik. Die Szene der zeitgenössischen Komponisten, die für Blasorchester schreibt ist aktiv und deren Werke sind weder langweilig noch einfach zu spielen. Otto M. Schwarz, Thomas Doss oder Martin Ellerby möchte ich als Beispiel anführen. Wikipedia kennt noch mehr.

    Mitglieder der Blaskapellen finden nicht selten so viel Gefallen an der Musik, dass sie diese Neigung zum Beruf machen. Sie studieren ein oder mehrere Instrumente, finden Anschluss in "richtigen Orchestern", kommen als Lehrer an die Musik Schulen oder in den Privat Unterricht oder gründen mit anderen Musikern eigene Formationen zum Ausleben spezifische musikalischer Konzepte. Es sind diese Musiker, die beim Spiel in ihrer "Heimatkapelle" das Rückgrat bilden und in der Lage sind, die "Hobby Musiker" zu inspirieren und spieltechnisch "nach oben" zu orientieren.

    Nicht zuletzt rekrutieren sich viele der besten Europäischen Jazzer aus den Blaskapellen ihrer Heimat.

    Es wird Zeit, dass das Blasorchester als vollwertiges Orchester für qualitativ hochwertige Musik (wieder)erkannt wird.
     
    kokisax gefällt das.
  2. Mugger

    Mugger Guest

    Servus,
    und danke für die Arbeit.
    Ich möchte noch hinzufügen, dass die Anforderungen in einem guten Orchester gerade an das Saxophon extrem hoch sind, da inzwischen ja die verschiedensten Stile abgedeckt werden.
    So ist absolute Tonkontrolle gefragt.
    Tiefe Hs im Staccato im piano sind ebenso gefragt wie gute Phrasierung im Swing oder Soli über Rock'n Roll um mal ein Beispiel der Bandbreite zu geben :)
    Übrigens: Polka spielen mit einem guten Saxophonsatz macht Spaß :)

    Grüßle
     
  3. abraxasbabu

    abraxasbabu Ist fast schon zuhause hier

    Ich mag Blaskapellen und die mochte ich besonders gerne: http://www.youtube.com/watch?v=fZqeVnvnaAk
     
  4. CBlues

    CBlues Strebt nach Höherem

    Hallo Bebob,

    vielen Dank auch von meiner Seite !

    Versucht doch alle mal draußen Musik zu machen.
    Oder auch beim Marschieren.. Ihr werdet euch wundern ;o)

    Das der Stil nicht jedermanns Geschmack ist, na und was solls, wenns Spass macht.
    Es gibt sicherlich riesen Leistungsunterschiede, die gibt es aber auch bei anderen Fraktionen.

    Wer Spass am Musikmachen hat, sollte sich nicht von Stilrichtungen einengen lassen.

    Gruß,
    CBlues
     
  5. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Hallo bebop,

    irgendwie verstehe ich Dein Ansinnen nicht ganz. Jede Musikgruppe ist das was sie ist, egal ob Jazzcombo, Blaskapelle, Popband oder Streichorchester.

    Die handwerkliche Qualität ist was sie ist, von laienhaft bis professionell.

    Der Stil bzw. das gewählte Programm gefällt oder nicht.

    Mag sein, dass Blasmusik keinen hohen Stellenwert bei "Kunstliebhabern" geniesst. Genauso ist Jazz für viele "Normalverbraucher" keine Musik.

    Dann ist doch alles in Ordnung. Wozu ist ein "besseres Image" denn nötig?

    Aus meiner Erfahrung gibt es keine Diskrepanz zwischen Image und Realität. Das Image wird durch die Regel bestimmt und nicht durch die Ausnahmen. Macht aber auch nichts.

    Liebe Grüße

    Chris
     
  6. cara

    cara Strebt nach Höherem

    Jeder darf Musik spielen nach eigenem Gusto.
    Solange das gewährt bleibt, ist doch alles in Ordnung. :-D

    Wer dazu noch gerne marschiert, was soll's,
    - Bewegung hat noch niemanden geschadet.

    Wer es sich anhören möchte, wird es tun. Wer nicht, bleibt weg.

    So geht es jedem Musikstil. :-D

    Im Übrigen ist es egal, wo Märsche gespielt werden - in Amerika - in Asien - in Europa - in irgendeiner Bananenrepublik. Weil es auch ziemlich egal ist, wo die Kriege stattfinden. Krieg ist Krieg, tot bleibt tot,
    ein Marsch ist ein Marsch genauso wie ein Maschinengewehr ein Maschinengewehr bleibt - auch wenn mal gerade irgendwo kein Krieg ist.

    Gruß Cara

    PS. Krieg ist übrigens auch ziemlich populär. Überall auf der Welt gibt es immer genügend Menschen, die sich freiwillig dafür anmelden.

    Nicht nur "Im Westen nichts Neues"

     
  7. cara

    cara Strebt nach Höherem

    Als Ergänzung:

    @ Bebob99
    Nicht zufällig benutzt du ein Kriegswerkzeug, um das Image der Blaskapelle zu verbessern ;-)

    Gruß Cara
     
  8. mixokreuzneun

    mixokreuzneun Ist fast schon zuhause hier

    hallo,

    blaskapellen sind nicht mein geschmack. das ändert aber nix daran, dass die qualität sehr hoch sein kann, genauso wie die anforderung an die musiker.

    Übrigens: manche big bands sind auch nicht mein geschmack, dann nämlich wenns nur noch laut wird und die leisen töne fehlen. da fällt die abgrenzung zwischen blaskapelle und big band schon manchmal schwer, wenn die rhythmusgruppe einfach umgeblasen wird.....

    grüsse

    mixo
     
  9. Mugger

    Mugger Guest

    Ahoi,
    ich habe 8 Jahre (4x) in einer Bläserklasse unterrichtet (8-9jährige lernen ein Blasorchesterinstrument eigentlich fast nur im gemeinsamen Unterricht).
    Meine Erfahrung mit den Kindern, die Klarinette oder Saxophon in der Musikschule mit Einzelunterricht weitergespielt haben war, dass die ein völlig anderes Gefühl für die Musik entwickelt hatten und sehr bald auch im "richtigen" Orchester (der Blaskapelle( mitspielen konnten, der Fortschritt also weit schneller war als bei jenen, die nur zu Hause brav (oder auch nicht :)) ihre Etüden und Stücke probten.
    Für mich gehört das Zusammenspiel dazu, und da halt die Blaskapelle oft die einzige Möglichkeit ist, mit anderen Instrumenten zusammenzuspielen, würde ich es jedem raten.
    Dass einzige Problem, dass ich mit den Kapellen hier habe ist der Alkoholkonsum, aber das ist wieder ein eigenes Kapitel.

    Grüßle
     
  10. Badener

    Badener Strebt nach Höherem

    Hallo,

    nicht zu vergessen ist die Jugendarbeit der Vereine.
    Meine Tochter hatte ab 9 Einzel- und Gruppenunterricht ( vom ersten Tag an eine "Kapelle" )und spielt heute in der Jugend-
    und "großen" Kapelle. Dazu in einem Sax-Trio mit eigenem Unterricht. Theorie wird bestens vermittelt; Leistungsabzeichen abgelegt und an Wettbewerben teilgenommen.
    Alles mit vielseitiger Musik auf gutem Niveau - und das alles für 30,-- im Monat mit einem kostenlos zur Verfügung gestellten nagelneuen Yamaha Yas 62.

    Besser kann man sich kaum auf ein Lebeen mit Musik vorbereiten.

    Grüße
    Badener
     
  11. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Da bin ich nicht ganz der Meinung. Im Leben begegnen uns sehr viele und hartnäckige Vorurteile: Ausländer sind gefährlich, Frauen sind dämlich, dunkel gefärbte Amerikaner können gut Musik machen, Muslime sind Terroristen, Jazz ist ein wirres Durcheinander von Tönen, Blaskapellen spielen nur blöde Märsche, ...

    Da klaffen Image und Realität jeweils weit auseinander. Man erkennt das aber nur, wenn man sich darauf ein lässt.

    Hier unter den Musikern im Forum ist die Toleranz gegenüber verschiedenen Stilrichtungen ja gegeben, auch wenn man das Eine oder andere selbst nicht so mag. Trotzem kann ich mir vorstellen, dass die automatische Schubladisierung der "Blaskapelle" in das "Märsche und Polka" Eck' auch ansonsten aufgeschlossenen Musikern passieren kann. Der Eine oder Andere bringt sich so vielleicht um eine wertvolle und angenehme Erfahrung, einfach weil er oder sie überhaupt nie auf die Idee kommen würde, sich einer Blaskapelle anzunähern - weil die doch sowieso nur Märsche spielen.

    Ich weiß das, weil es mir exakt genau so selbst ergangen ist. Blaskapelle war ein Reizwort. Am ersten Mai, wenn man endlich mal ausschlafen will dröhnt so eine vor dem Fenster. Bei jeder Feier im Ort das gleiche Getöse.

    Wie mein Leher mir vorgeschlagen hat: "Du spielst jetzt bei der Werkskapelle mit", hab ich mir mein Teil gedacht. Auweia. Werkskapelle. Wenn das keine Proleten Band ist. "Arbeiter Musikverein". Da gruselt es mich schon beim Namen. Da muss ich durch, und wenn's nur Übungshalber ist. Ich nehme das mal als erschwertes Training.

    Ich war mehrfach verblüfft. Nicht nur, dass es tatsächlich schwerer war als angenommen, auf die Idee, dass die da RICHTIGE Musik spielen würden, wäre ich überhaupt nie gekommen. Und da sitzen einige echte Kapazunder in den Reihen.

    Auch das hartnäckige Image der saufenden Musiker hat sich als falsch heraus gestellt. Da wird ernsthaft geprobt und im Normalfall auch alkoholfrei gespielt. Anders wäre die Leistung gar nicht zu bringen. Allerdings sind das fröhliche Leute, die nach der Veranstaltung noch zusammen hocken. Da geht es dann schon mal auch etwas lauter zu.

    Ich hab keinen solchen Einblick bei den Streichern, aber von denen hört man nicht, das sie viel und ausgiebig miteinander feiern. Wahrscheinlich ein weiteres hartnäckiges Vorurteil.
     
  12. saxhornet

    saxhornet Experte

    Blaskapellen haben wir hier in Berlin kaum. Allerdings gibt es immer mehr Marchin Bands, die nicht nur traditionellen Jazz wie früher spielen sondern darunter Funk, Soul und moderne Poptitel eben für Marching Bands arrangiert. Dann teilweise auch mit Gesang. Und die können echt abgehen, teilweise echt beeindruckend.
    Ich glaube man kann nicht Blaskappelen grundsätzlich aburteilen, man kann das Songmaterial eventuell nicht mögen oder die Qualität einer einzelnen Band für verbesserungswürdig erachten aber das ist doch mit jeder Band so.
     
  13. Gerd_mit_Sax

    Gerd_mit_Sax Ist fast schon zuhause hier

    Interessanter Beitrag!
    Ich sitze hier im „Saxophonforum-Niemandsland“, ohne auch nur irgendjemand mit dem ich gemeinsam spielen kann. Nur Playbacks oder alleine zu spielen wird etwas langweilig. Keine Big-Band oder sonst eine Gruppe bei der ich landen kann. Was bleibt mir da anderes übrig als vielleicht doch in das Stadtorchester zu gehen obwohl ich eigentlich gar keine Lust dazu habe?
    Meine Freunde / Nachbarn (von früher Jugend an in Musikvereinen und heute Werksorchester etc.) wollen mich auch davon überzeugen. Mein Sax Lehrer ist auch schon seit früher Jugend in diesem Orchester und arbeitet auch daran mich zu rekrutieren.
    Das Orchester ist sicherlich gut, steht unter städtischer Leitung (von der Stadt festangestellter Musikdirektor / Dirigent) und im Bierzelt wird auch nur einmal im Jahr für ein paar Stunden gespielt.

    Soweit so gut, aber vielleicht auch aus den von Dir trefflich beschriebenen Gründen zieht es mich dort nicht hin. Das geht soweit, dass ich schon beim Üben (Mein Lehrer hat mir mal seinen Ordner mitgegeben) versuche leise zu spielen, dass niemand hört was ich da spiele. Nicht gerade die optimalen Voraussetzungen.

    Ich bin wirklich im Zwiespalt was ich machen soll, und wahrscheinlich sitze ich dann in Kürze doch mit schwarzer Hose und weißem Hemd auf der Bühne.

    Gerd
     
  14. Bostonsax

    Bostonsax Strebt nach Höherem

    Hallo,


    ein sehr interessanter Beitrag, der meiner Meinung nach auch gut die Wirklichkeit beschreibt.

    Ich habe angefangen mein Instrument in einem Blasorchester, dem ortsansässigen Musikverein, zu lernen.
    Bin dann nach ein oder zwei Jahren ins Jugendorchester gekommen und ein paar Jahre später ins Große Orchester.
    Habe nebenher theoretische Fortbildungen gemacht die mir dort angeboten worden und nun ein paar Jahre später?

    Ich bin Vorsitzender des Orchesters, Dirigiere ein paar Blasmusikformationen, spiele im Orchester mittlerweile selbst die Tuba, studiere Musikwissenschaft und reise regelemäßig mit Orchestern und Musik durch ganz Europa.

    Leute, es ist doch völlig schnuppe ob es ein Blasorchester, ein Streichorchester oder ein Akkordeonorchester ist. Es geht um den Spaß!
    Egal mit welchem Instrumentarium, man kann damit schöne Musik machen und die machen wir im Blasmusikwesen genau so wie alle anderen.

    Es gibt ein paar hartnäckige Gerüchte die sich halten, das ist sehr schade.
    Sogar in der Uni werde ich solange kritisch beäugt wenn ich sage dass ich Blasmusik mache, bis ich diejenigen mal mit auf ein Konzert geschleppt habe oder zumindest eine CD mitgebracht habe.

    Ich hab schon einige Leute wie dich Gerd (nimm das nicht böse, so mein ich es nicht) in Blasorchester "reingeprügelt" die waren danach alle glücklicher. Zusammenspielen macht immer mehr Spaß als alleine.

    Klar es gibt Orchester/Musikvereine wo das kameradschaftliche nicht gut ist. Das gibts aber auch in jedem Schach und in jedem Fußballverein.
    Ein Orchester ist das produkt der Menschen aus dem es besteht.

    Meine Erfahrung zeigte mir dass die Ablehnung der Blasorchester, wie so oft, aus dem fehlenden Wissen über diese stammt. So sind wir Menschen eben; "Was der Bauer nicht kennt, das schmeckt ihm nicht", sagt man bei uns aufm Land, so ist es auch.

    Falls hier im Forum Menschen sind die gerne mal ein Blasorchester ausprobieren möchten und sich nicht trauen, dann lade ich euch herzlich dazu ein mal zu mir in eines der Orchester zu kommen oder sich mit mir in Verbindung zu setzen, das Blasorchesterwesen ist gut vernetzt, wir finde nda eine Möglichkeit :)


    Viele Grüße

    Bostonsax , der sich jetzt wieder ans Klavier setzt weil ein Blasorchesterarrangement bis nächste Woche Donnerstag fertig sein muss.
     
  15. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    ich komme aus Südbaden und da war in der letzten Eiszeit, als ich noch jung war, Blasorchester eigentlich überall vertreten und wer ein Blasinstrument erlernen wollte, hat meistens so irgendwo angefangen, da habe ich dann auch Klarinette gelernt. Später habe ich meinen Wehrdienst auch in einem Blasorchester absolviert. Ja, da hat man UNiform an, marschiert, spielt Märsche, spielt Bierzelt, spielt Polkas aber auch anspruchsvolle konzertante Blasmusik. Auf den PLattenspieler ist mir sowas aber nicht gekommen. Damals hatte ich eigentlich nicht das Gefühl, dass da Blasorchester eine Lanze nötig gehabt hätten...

    Heute wohne ich in RHeinhessen und habe ein wenig das Gefühl, dass die Vereine da schwer Nachwuchssorgen haben, teils weil die Nähe der Städte ganz andere Möglichkeiten haben, teils weil es einfach manchmal als uncool angesehen wird, so irgendwo mitzuspielen und viele dann wg. Studium oder sonstiger Freizeitaktivitäten wieder aufhören. Das schlägt dann auf die Kontinuität und Qualität durch (ich persönlich finde es schrecklich, in einem Blasorchester mitzuspielen, wo die Leute keine rechte Lust haben oder zu viele Leute einfach nicht richtig können) und die Abwärtsspirale geht weiter...

    Vielleicht sollte man einfach auch ein wenig vielseitiger sein. Sowohl was Musikstile als auch was Besetzungen betrifft. ein Saxquartett kann spass machen, ein KLarinettenchor auch, ein Blasorchester toll sein, kleine kammermusikalische Besetzungen haben ebenso ihren Reiz wie eine Big Band. Da braucht man doch aus dogmatischen Gründen nix auszuschliessen, man nimmt sich nur interessante Möglichkeiten, mit anderen zu musizieren...
     
  16. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Also wer lehnt denn Blasorchester ab?

    Hier im Forum bisher niemand.

    Da es soviele davon gibt, und die auch den entsprechenden Zulauf bei Veranstaltungen haben, gibt es offensichtlich viele Fans.

    Also wer sind "die" die diese Image verbreiten und die Vorurteile
    pflegen?

    Irgendwelche intellektuelle Schnösel für die echte Musik nur
    im klassischen Streich- oder Sinfonieorchester stattfindet?

    Das ist doch die Minderheit und offensichtlich (s. o. ) nicht relevant.

    LG

    Dreas

    P. S. Die Frage ist auch was sich ändern würde, wenn sich das Image ändert.
     
  17. Gerd_mit_Sax

    Gerd_mit_Sax Ist fast schon zuhause hier

    Dreas: Also ich denke ich bin ein Paradebeispiel für jemanden der Blasmusik (bzw. 50% dessen was dort so gespielt wird) nicht wirklich mag und eher ablehnt.

    Warum das schlecht ist: Weil es mir wahrscheinlich gut tun würde dort trotzdem mitzuspielen - vor Allem weil ich sonst nur alleine spiele.

    Gerd


     
  18. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Mmmmhhhh.....

    ich hatte es so verstanden, dass es um das Bild der Blaskapellen
    geht: stümperhafte Gesellen, die mit besoffenem Kopf grauenvolle
    Musik spielen (mal bepopps Einfangthread etwas eingedampft).

    Also nicht darum, ob man die Musik, die da gespielt wird mag oder
    nicht. (ich mag auch nicht alles, was die spielen).

    Da muss doch jeder für sich entscheiden, ob er da mitmacht oder
    nicht, und das oben beschriebene Bild, sollte es existieren, ausblenden.

    LG

    Dreas
     
  19. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Nun in verschiedenen anderen threads gerade auch in jüngster Vergangenheit konnte man folgende Eindrücke gewinnen:

    1) "Massentaugliche" Muisk ist halt wenig anspruchsvoll und daher nicht erstrebenswert.

    2)Intellektuell gehoben ist nur Musik respektive Kunst, für den man einen besonderen Zugang haben muss, die man nicht "einfach so" versteht und somit für gut oder weniger gut empfinden kann.

    3) Hohes künstlerisches Niveau und "Massentauglichkeit" schließen sich aus.

    Gehe jetzt ins Wochenende und freue mich auf Donnerstag Mittag

    Cheerio
    tmb
     
  20. Gundi

    Gundi Ist fast schon zuhause hier

    Hallo liebe Freunde der Blasmusik,
    ich muss gestehen, dass ich erst im "gesetzten" Alter die Blasmusik - schon allein dieses Wort :-o) für mich entdeckt habe - ich hatte da auch immer ein massives Vorurteil und erwarb meine bescheidenen musikalischen Kenntnisse in einer Musikschule, Big Band etc.

    Irgendwann war ich beruflich so eingespannt, dass ich dafür keine Zeit mehr hatte, weil Auftritte eben zwingend gespielt werden mussten und das ging dann nicht mehr.

    Um nicht ganz aufzuhören, hat mich eine Freundin in den örtlichen Musikverein geschleppt, ganz zwanglos und unverbindlich. Wenigstens einmal wöchentlich zur Probe war ja schon gut. Erst da habe ich mal gemerkt, dass ein Musikverein nicht nur Marsch und Polka spielt sondern durchaus ein breit gefächertes Repertoire haben kann, wo für jeden was dabei ist.

    Ich spiele Marsch und Polka heute noch nicht gern, es ist ein notwendiges Übel und ich habe - Dank guter Besetzung - die Freiheit, die Bierzeltauftritte auch mal ausfallen zu lassen. Ich mache dafür die Registerproben fürs Konzert und Dank unseres sehr aufgeschlossenen Dirigenten sind da dann auch mal Schostakovic, Duke Ellington oder Chick Corea dabei.

    Ich denke schon, dass Blaskapellen mit Vorurteilen zu kämpfen haben - sie präsentieren sich halt in der Öffentlichkeit am häufigsten mit Bierzelt- und Marschmusik. Das hat schon allein finanzielle Gründe, die Ausbildung der Nachwuchsmusiker, ein guter Dirigent will finanziert werden und das geht nicht durch Mitgliedsbeiträge sondern über die Dorfhocketse, die bringt am meisten Kohle.
    Leider denken die Meisten, dass da dann auch nur die übliche Unterhaltungs-Mucke gespielt werden sollte, schade.

    Ich wäre früher nie auf die Idee gekommen, in ein Konzert des Blasorchesters zu gehen.... ich nehme mich da in keinster Weise aus. Natürlich gibt es riesenhafte Unterschiede, ich habe zwischenzeitlich auch den Verein gewechselt.
    Ich habe aber noch nie so viel unterschiedliches gelernt wie im Musikverein, das hat mich nochmal ein riesiges Stück nach vorne gebracht.
    Wir diskutieren sehr viel über dieses Thema weil wir oft Schwierigkeiten haben, einen Keyboarder doer Bassgitarristen fürs Konzert zu bekommen weil viele sagen, sie spielen da schonmal grundsätzlich nicht mit - es ist aber sehr schwierig, dieses Image loszuwerden. Zumindest wird bei uns daran gearbeitet, das finde ich positiv.

    In diesem Sinne - und links :)
    Gruß Gundi

     
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