Fokus, Zentriertheit, Projektion beim Saxophonsound

Dieses Thema im Forum "Saxophone" wurde erstellt von bluefrog, 20.November.2014.

  1. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest

    Wir alle konstruieren uns unsere eigene Wirklichkeit. Wir leben zwar alle auf dem selben Planeten und dennoch in unterschiedlichen (Erlebnis- und Erkenntnis-) Welten.

    Wenn z.B. 10 Zeugen zu einem konkreten Geschehnis befragt werden, kann es sein, dass danach 15 verschiedene Aussagen zu Protokoll stehen.

    Zum "tatsächlichen" Hergang addieren sich noch die unterschiedlichen Bewertungen und Interpretationen.

    Gruß aus dem Schwarzwald
    Bernd

     
  2. saxhornet

    saxhornet Experte

    Ähnliche Worte fielen mir auch dazu ein. Ist vielleicht anders bei Leuten, die einfach sehr viel Equipment ausgecheckt haben, das kann die Wahrnehmung in vielerlei Hinsicht ändern, war zumindest bei mir so.

    LG Saxhornet
     
  3. Steffen1967

    Steffen1967 Nicht zu schüchtern zum Reden

    Und ich Naivling dachte immer, es geht bei spread / focused einfach um Mittenanteile. Weniger Mitten (z.B. am Equalizer einen nach unten hängendem Bauch ziehen) = schärfer, moderner, evtl. auch eleganter klingend vs. mehr Mittenanteile = dicker, traditioneller, erdiger klingend.

    Man kennt das auch von E-Gitarre: Metallgitarre mit wenig Mitten klingt erst einmal wow und auch gefällig, hat aber keine Substanz und Hörbarkeit im Brei, der klassische Rock-Gitarrist bevorzugt den dickeren Overdrive für mehr Körper und Hörbarkeit von Feinheiten usw.

    Ich würde so ähnlich auf Sax übertragen und halte es für Stil- und Geschmacksache.

    Gruß
    Steffen
     
  4. ppue

    ppue Mod Experte

    Genau das hin und her habe ich erwartet. Die Begriffe vermitteln nicht nur sehr unklar, was sich dahinter verbergen soll, sondern sind einfach nicht geeignet, ein bestimmtes Klangereignis abzubilden.

    Die meisten Begriffe für Klang sind anderen Metiers entlehnt. Kaum ein rein musikalischer Begriff findet sich unter den vielen Beschreibungen des Sounds:

    hell, spitz, dunkel, weich, warm, mittig, rauf, glatt, samtig, topfig, fein, voluminös oder dünn. Gerade noch dumpf könnte als musikalischer Begriff durch gehen.

    Dennoch kommen wir mit den genannten Attributen gut zurecht. Der Mixer am Pult weiß, wo er drehen muss, wenn ich sage, der Klang sei mir zu spitz oder zu mumpfig.

    Fokussiert und gespreizt kommen gegenüber den oben angeführten Eigenschaften nun zusätzlich mit einer topografischen Eigenschaft daher, was die Sache nicht leichter macht. Durch die doch recht ähnliche Konstruktion und Anordnung der Tonlöcher ist die akustische Abstrahlung der Töne recht gleich geblieben seit 100 Jahren.

    Dass ein Selmersax eine spezifische französische Finesse hat, ist für mich eher im Zusammenhang mit seinen Obertönen auszumachen. Ein altes Conn erkenne ich an fetten Bässen aber auch an recht markanten Höhen. Beide sind (nach der Definition, wie ich sie hier lese) spread, vielleicht ist das Selmer gleichbleibender spread, während das Conn die Mitten etwas vernachlässigt.

    Nehme ich das Bild eines scharfen Wasserstrahls für fokussiert, so würde ich das Conn aufgrund seiner spitzen Höhen dafür halten, ganz im Gegenteil zu der Definition, dass fokussiert ein recht obertonloser Klang ist. Nach der wäre ein recht trötiges, mittenbetontes Sax fokussiert. Da würde ich aber eben mittenbetont oder trötig sagen und es könnte ein jeder besser nachvollziehen.

    So halte ich die Begriffe gespreizt und fokussiert für nicht brauchbar, einen bestimmten Klang zu vermitteln. Und darum geht es ja bei Begriffen. Auch wenn ein jeder seine eigene Wahrheit hat, sind die Begriffe spitz und dumpf doch für jeden nachzuvollziehen. Selbst wenn jemand sagt: "So spitz finde ich das gar nicht". Dann kann man immer noch streiten, meint aber zumindest die gleiche Eigenschaft.
     
  5. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @ ppue

    +1 .... für mich sehr gut auf den Punkt gebracht....

    CzG

    Dreas
     
  6. saxhornet

    saxhornet Experte

    Das lässt sich nicht an Marken oder Modellen festmachen. Ich hatte zig Selmer, die mehr oder weniger fokussiert oder spread waren.


    Wenn einem klar geworden ist, worum es bei den Begriffen geht, ist das sogar eher sehr hilfreich.

    LG Saxhornet
     
  7. saxhornet

    saxhornet Experte

    Es mag nicht so sein wie bei der Trompete aber die Begriffe spread und fokussiert sind gebräuchlicher Jargon für bestimmte Soundtypen bei Hörnern und Mundstücken, zumindest in bestimmten Kreisen, wobei es nicht nur das eine gibt sondern halt auch viele Zwischentypen. Man muss hier auch nicht gleich zu extremen Vergleichen greifen, die es eh nicht bringen.
    Vereinfachen wir es mal: Stellen wir uns mal bei den mitschwingenden Obertönen statt unendlich vielen Frequenzbändern mal die Reduzierung auf einige wenige vor im Bereich Höhen, Tiefen und Mitten. Je nachdem welche in welchem Bereich wie laut mitschwingen, haben sie Einfluss auf den Klang und wie dieser wahrgenommen wird. Hohe und Tiefe Frequenzen werden räumlich anders wahrgenommen.
    Auch Du Rick, wirst schon Hörner in der Hand gehabt haben, die weniger fett oder einfach dünner geklungen haben, wieder andere klingen sehr fett aber sehr dunkel und der Ton trägt irgendwie nicht so richtig, wieder andere sind irgendwo dazwischen. Die Übergänge sind oft fliessend, was die Einordnung nicht leichter macht.
    Jetzt kann man das auf das falsche Mundstück und die falsche Blattstärke oder die falsche Klangvorstellung einfach schieben, was aber im Ansatz oft nichts bringt, weil es so einfach nicht ist und bei der Wahl eines Horns auch nichts bringt. Klar kann man ein anderes Mundstück wählen, das vielleicht wirklich eher den gewünschten Sound bringt und auch die Blattstärke und den Blattschnitt kann man anders wählen, damit ändert sich aber deutlich auch das Spielgefühl nicht nur durch das Horn, sondern eben zusätzlich durch Mundstück und Blatt. Damit schaffst Du aber bei der Hornauswahl zusätzliche PArameter, die es schlicht unmöglich machen ein Horn noch zu beurteilen und auszuwählen, denn Du kannst nicht bei jedem Horn sämtliche Mundstücke und Blattsorten durchchecken.
    Jedes Horn hat aber, so meine Erfahrung, schon einen Grundklang, der bei jedem Spieler, wenn er Set-Up, Ansatz und Voicingtechnik nicht ändert entsteht (der ist zwar nicht in Stein gemeisselt und kann sich auch nochmal später wenn sich Klangvorstellungen ändern auch mal wieder leicht ändern aber es ist erstmal eine erste Einschätzmöglichkeit des Klangs). Wenn ich also Blatt und Mundstück nicht ändere, weiss ich zumindest, wie ich mit meinem derzeitigen Set up und Spiel auf dem Teil klinge und ob mir das zusagt oder nicht. Nicht immer macht es aber Sinn dann Akrobatik zu betreiben um einen Sound mit einem Horn umzusetzen, den das Horn so gar nicht wirklich bei einem Spieler unterstützt. Es macht keinen Sinn, wenn man einen Ben Webster Sound will, sich ein Horn zu kaufen, das brutal strahlt und sehr viele Höhen hat. Sicherlich kann man etwas daran ändern durch den Mundstückwechsel aber das hat gleich auch Einfluss auf die Intonation und viele andere Dinge und wenn Du ein Horn checkst solltest Du eigentlich nicht gleichzeitig am Parameter Mundstück arbeiten. Warst Du nicht derjenige, der gesagt hat er sucht sich ein Mundstück passend zum Blatt aus und daß Du die Blattsorte nicht änderst, wenn es zu deinem Blatt nicht passt ist es halt das falsche Mundstück?? Du reduzierst die Parameter, weil die Auswahl sonst nicht möglich ist. Klar, wenn das Horn so extrem höhenlastig ist, weil das Mundstück so ist, weil es ein high baffle Teil ist, ok, dann ist das Mundstück eine schlechte Wahl. Wenn es aber ein flexibles Mundstück ist, das es Dir sonst ermöglicht in verschiedene Richtungen zu gehen, musst Du Dir die Frage stellen, wenn damit das Horn schon so hell und spitz ist, ob es dann noch Sinn macht und nicht eher die Gefahr besteht, daß Du weder deinen gewünschten Sound umgesetzt bekommst, noch später ein passendes Mundstück findest und sinnlos Geld ausgegeben hast. Ich habe ein Tenor, das klingt heller und etwas fokussierter als das andere, das konnte auch Annette, und die spielt selber noch nicht so lange, in einem Blindtest selber feststellen. Es ist also durchaus hörbar, leider, wie ich finde oft nicht so gut auf Aufnahmen sonder wirklich live. Aufnahmen ändern an räumlicher Wirkung und am Klang viel. Die meisten kennen das sicherlich, daß ein Orchester vor dem Du vorne sitzt live ganz anders als auf CD klingt.

    Zurück zum Thema Fokus und Spread:
    Der Vergleich mit einer Taschenlampe zeigt es eigentlich gut. Es gibt Taschenlampen, da kann man den Fokus verändern. Machst Du ihn kleiner, wird ein kleinerer Bereich vom Lichtkegel erfasst aber mit einem helleren Lichtstrahl (fokussiert), machst Du ihn breiter, ist der Lichtkegel grösser aber der erfasste Bereich ist weniger hell erleuchtet und dann gibt es noch den Laser, der wirklich punktuell und sehr zentriert und hell ist. Das lässt sich als Analogie auf den Klang beim Sax übertragen.
    Und hier ist es dann wieder die Lautstärke der Obertöne aus bestimmten Bereichen (vereinfacht Frequenzgängen: Höhen, Mitten, Tiefen), die darauf Einfluss nehmen. Das geht häufig einher aber auch mit bestimmten Attributen wie hell und dunkel klingend. Ich kenne kein Sax, das wirklich sehr sehr hell klingt aber spread und auch kein sehr dunkel klingendes Horn, das extrem fokussiert klingt. Beides bedingt sich teilweise. Da es aber zig Zwischenstufen gibt, gibt es auch immer wieder Hörner, die ähnlich klingen und das eine aber etwas mehr oder weniger fokussiert oder spread ist.
    Natürlich lassen sich solche Effekte auch bei Mundstücken beobachten, wenn Du einen fokussierten Sound willst, wählst Du nichts womit Du auf dem Horn spread klingst. Der Ansatz kann Einfluss nehmen, es geht aber immer um den Klang, der erstmal ohne Manipulation entsteht.

    Es geht gar nicht darum ein spezielles Horn oder Mundstück für einen bestimmten Anlass zu haben, das nur das eine erfüllen kann. Aber jeder bevorzugt einen bestimmten Sound und das eine Horn erleichtert das für einen Spieler oder macht es ihm schwerer diesen umzusetzen. Wer Akrobatik mit dem Ansatz und beim Voicen machen muss um bei seinem Horn mit einem Mundstück seinen Sound umzusetzen tut sich in meinen Augen keinen Gefallen. Du kannst nicht alles, jeden erdenklichen Sound mit jedem Mundstück und jedem Sax umsetzen (Du bist mir übrigends den Beweis noch schuldig, daß Du auf dem Expression wie Candy Dulfer klingen kannst vom Sound. :-D )
    Nein, auch Du bist mit Sicherheit, durch dein Mundstück und dein Sax in bestimmten Grenzen klanglich limitiert, was auch nicht schlimm ist. Es hat ja auch seinen Grund, warum Du Dich für dein Mundstück und dein Saxophon entschieden hast und es wird wohl nicht der Preis, der Hersteller oder die Farbe gewesen sein oder wie schön es sich anfühlt, sondern weil Du damit optimal deine Vorstelllung von Sound umgesetzt bekommst.

    Nein. Das hat mit dem Thema und den Begriffen nichts zu tun.

    Das scheinen viele andere Spieler, die ich so kenne, genau wie ich, anders zu sehen. Für mich ist das sogar ein extrem wichtiger Punkt.

    LG Saxhornet
     
  8. ppue

    ppue Mod Experte

    Wie klingt denn nun spread? Und wie fokussiert?

    Du schreibst, dass sich etwas in "bestimmten" Obertonbereichen abspielt. Das tut es bei jedem Sound da irgend wo. Also wo sind diese Bestimmten, machen wir eine Fourieranalyse. Du schreibst, fokussiert wäre eher hell. Ich würde sagen, das Sax kann sich durch seine Höhen gut durchsetzen. Das reicht vollkommen und ist klarer. Was, wenn ein Sax recht dunkel klingt und sich dort fokussiert? Geht gar nicht, oder?

    Aber um Himmels willen, was soll denn dann spread sein? So irgendwie in allen Frequenzen parat? Oder dann doch die dunkleren Typen. Oder eben doch mit Effekt angeblasen (Subtone)?

    Wenn wir es hier nicht hin bekommen, solche Klänge in irgendwelchen Videos oder Aufnahmen hörbar zu machen, dann sind die Ausdrücke, Pardon, Bullshit. Oder ist das nur interessant, wenn man ohne Mikro spielt?

    Die Begriffe (incl. Projektion) sind für mich reine Modeerscheinungen. Seit wann sind die eigentlich auf dem Markt?

    Ich würde sagen, wir kämen besser zurecht, wenn wir sagen würden: Das Horn hat einen Arsch in der Hose und dieses ist ein Warmduscher.
     
  9. Saxax

    Saxax Ist fast schon zuhause hier

    Hmm.... ich für meinen Teil habe fokussiert immer als Eigenschaft des Setups (Horn oder mpc) interpretiert. Da gibt es Setups (pauschal in etwa: moderne Hörner, enge mpc mit kleiner Kammer, die fokussieren mich als Spieler auf den - hoffentlich richtig intonierten - Ton. Und es gibt andere Setups (vintage Hörner, offene mpc mit großer Kammer), die lassen mir da mehr Freiheiten, zwingen mich aber auch, mich um den Fokus selbst zu kümmern.


    Kann ja sein, dass ich da völlig falsch liege, aber vielleicht hilft´s



    keep swingin´



    euer Saxax
     
  10. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Ich verstehe das auch so wie Saxax.

    Sehr markante Beispiele sind für mich die Unterschiede zwischen Trompete und Flügelhorn. Und da liegts ja wohl hautpsächlich an der Mensur, z.T. auch am Mundstück. Extremfall eines "spread"-Instrument im Orchester: das Horn. Kann sehr laut sein, aber man hörts nicht raus.

    Bei Projektion habe ich auch sofort die Analogie des Gartenschlauchs vor Augen. Oder einen Laser-Pointer. Mit starker Projektion kann man gezielt und intensiv eine bestimmte Stelle "anstrahlen".

    Doch etwas anderes scheint mir die Durchsetzungsfähigkeit zu sein. Z.B. bei einem Solo über die ganze Big Band klar hörbar zu sein, ohne notwendigerweise besonders lat zu spielen. Das dürfte eine Eigenschaft des Frequenzspektrums sein (Formanten). Das gibt es ja auch bei der menschlichen Stimme. Wenn ich zu Mittag in der vollen Kantine sitze, wo Dutzende Menschen sich unterhalten, höre ich manche markante Stimmen ganz deutlich raus.
     
  11. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest

    Okay.
    Ein Horn mit "Arsch in der Hose" interpretiere ich jetzt mal als fokussiert. Der Ton trägt.
    "Warmduscher" als spread. Zumindest mal als grobe Richtung...

    Gruß aus dem Schwarzwald
    Bernd
     
  12. philipp_b

    philipp_b Ist fast schon zuhause hier

    In den Büchern "The Art of Clarinet Playing" von Keith Stein (späte 50er Jahre) und "The Art of Saxophone Playing" von Larry Teal (frühe 60er) tauchen diese Begriffe inklusive halbwegs brauchbarer Definitionen auf.

    Dies ist ein ganz interessantes Video von Mike Lowenstern. Darin werden zwar Bassklarinettenmundstücke getestet, aber das eigentlich spannende ist der Teil ab 4:24. Dort zeigt er den Klang der drei getesteten Mundstück in einem "Spectrum Analyser" und bringt das mit den Klangeigenschaften zusammen. Das finde ich gut, weil faktenbasiert.



    Vielleicht weiß hier ja einer, was genau das für ein Programm ist, hat es sogar zur Hand & macht eine Saxophonsound-Analyse....

    Grüße, Philipp

     
  13. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Dann nehmen wir doch noch die Piccoloflöte dazu. Ist extrem durchsetzungsfähig, auch wenn sie leise gespielt wird. Der Klang ist für mich spitz bis schrill. Die Trompete ist strahlend, das Flügelhorn weich. "Fokussiert" hieße dann eher hell, "spread" eher dunkel.

    Jetz habe ich sicher das Wesentliche verpasst. :-(

    LG Helmut
     
  14. zwar

    zwar Ist fast schon zuhause hier

    hehe, so sieht also basisdemokratie in der begriffsbildung aus. keine dudenkomission spricht ein machtwort. Auch unsere amerikanischen freunde sind verwirrt und nutzen ihre deutungshoheit nicht.
    eine echte chance für einen begrifflichen neuanfang.

    klar ist im grunde:

    die einen meinen mit fokussiert, bzw. spread eigenschaften des klangs bezüglich der verteilung und gewichtung der obertöne. wie die gewichtung sein soll ist nicht erkennbar. die diskussionen darum erinnern an die sitzungen der judäischen volksfront. einigkeit darüber läßt sich offenbar nicht herstellen. auffällig ist, dass sogut wie immer andere begriffe benutzt werden um die jeweils gemeinten klangeigenschaften zu beschreiben. offensichtlich schreibt man also diesen begriffen eine bessere und allgemeinere verständlichkeit zu.

    die anderen meinen die abstrahleigenschaften eines saxophons. hier ergibt sich kaum klärungsbedarf. sowohl spread als auch fokussiert werden sofort richtig zugeordnet. zudem würden die beiden begriffe eine eigenschaft beschreiben, die man tatsächlich dem horn zuweisen könnte, wo ausnahmsweise das mundstück, das blatt und der spieler aussenvor bleiben.

    ich selber würde lieber bei den anderen sein.
    aber ich benutze die beiden begriffe eigentlich nie...

    beim durchlesen kommt mir meine kleine betrachtung immer noch vernünftig vor, fast bin ich schon überzeugt.

    gruß
    zwar


     
  15. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Meine Erfahrung ist, dass es leisere und lautere Saxophone gibt.

    Auch sehe ich wie ppue, dass die Bauform hinsichtlich des Grundklangs eine Rolle spielt.

    Durch das Wechseln meines Kautschuksmundstücks auf dem Tenor habe ich erreicht, dass mein Klang etwas klarer und weniger verwaschen ist.
    Ob dies ein Außenstehender hören würde, bin ich mir aber nicht so sicher.
    Mein Saxdoc meint, dass Sax, Mundstück und Blatt einen Sound unterstützen können, aber letztendlich der Mensch den Sound prägt.

    Ich bin sogar davon überzeugt, dass der Grundsound wie die Stimme schon als Anfänger individuell vorgegeben ist und nur verfeinert werden kann.
    Gruß
     
  16. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Für mich geht es nach wie vor um Eigenschaften des Horns bzw setups und nicht darum was davon nach Aufnahme- und Abspieltechnik noch übrig ist.

    Ich meine auch, dass diese Begriffe nur bedingt den Klang als solches beschreiben.

    Nehmen wir nochmal das Beispiel Taschenlampe. Man kann den Lichstrahl bündeln oder streuen. Damit ist aber nichts über die Eigenschaften des Lichts gesagt, über kalt oder warm bzw. welche Anteile des Farbspektrums es enthält.

    Der Unterschied beim Hören zwischen dem Nahbereich am Horn und einer Aufnahme ist vielleicht ähnlich wie der zwischen dem Aufhalten in einer Diskothek mit Lightshow und dem Ansehen eines davon gemachten Films.


     
  17. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    ohne den ganzen thread jetzt im Detail gelesen zu haben, gebe ich auch mal meinen Senf dazu, was ich im Lauf der letzten Jahre vornehmlich durch dieses Forum dazu gelernt habe.

    Begriffe wie "fokussiert" oder "Projektion", jetzt auch "spread" sind für mich sehr irreführend, da ich ganz spezielle Assoziationen damit verbinde, bspw. aus der Optik, die mit akustischem Hörermpfinden wenig zu tun haben.

    Aber das scheint ganz normal zu sein, denn die üblicherweise, auch von mir verwendeten Charakterisierungen wie spitz, dumpf, muffig, brilliant etc sind ja auch eher anderen Bereichen entlehnt.

    Letztlich sollte sich das Alles aber zurückführen lassen auf die Grundlagen der Akustik, und die werden bestimmt durch das Frequenspektrum der Klänge und der Abstrahlcharakteristik. Schließlich kommt dann noch die individuelle Wahrnehmung dazu.

    Brilliant ist demnach obertonreich, dumpf obertonarm, spitz ist übertrieben obertonreich, sprich ohne Mitten und Tiefen usw.

    Fokussiert würde man jetzt mit guter Richtcharakteristik gleichsetzen, aber genau das ist es scheinbar eben nicht, und da setzt die Verwirrung an.

    Das hat seine Ursache darin, dass man mal festgestellt hat, dass Sänger/Sängerinnen mit besonders großer tragfähiger Stimme es schaffen, bestimmte Formanten besonders hervorzuheben. Diese liegen so ca bei 3000 Hz (wenn ich das jetzt richtig erinner).

    In der Folge hat man das auf das Saxophon üebrtragen und nennt also "fokussiert", wenn der Frequenzbereich von ca 3000 Hz besonders hervorgehoben wird.

    Möglicherweise, weil wir in diesem Bereich eine erhöhte Wahrnehmung haben, vielleicht ja diese Töne besser orten können, erleben wir diese Klänge als besser zu orten und daher kommt der Begriff von "fokussiert" oder "Projektion" dafür.

    Es reduziert sich aber tatsächlich (so hat HWP es mal herunter gebrochen) ganz schlicht auf eine Betonung dieses Frequenzbereiches.

    Nun ist das schon bei den Sängern gar nicht so eindeutig, ob das wirklich so funktioniert, und hängt ja auch bei denen auch von einer bestimmten Raumakustik ab, wie sie bspw. in Konzerthäusern vorliegt.

    Gänzlich fraglich wird für mich die einfache Übertragung dieses Konzeptes aber auf das Saxophon mit seinen verschiedenen Stimmlagen.

    Was auf jeden Fall bleibt ist aber:

    Fokussiert beim Saxophon bedeutet nicht, dass der Ton besser gerichtet ist, da ist ein grundlegender Unterschied zwischen Saxophon und Trompete, wie jeder schnell feststellen kann, der mal draußen, also ganz ohne Raumakustik mit Blechbläsern zusammen gespielt hat.

    Da gibt es auch keine all zu großen Unterschiede zwischen den einzelnen Marken und Bauweisen, und da hilft auch keine psychologische Selbstbeeinflussung.

    Fokussiert bedeutet lediglich, dass ein gewisser Frequenzbereich hervorgehoben wird, der mglw. eine höhere Tragfähigkeit oder Durchsetzungskraft beinhaltet im Ensemble, und vielleicht auch über die Wahrnehmung eine bessere Ortung erlaubt.

    Diesen Effekt kann man natürlich einmal durch das Saxophon selber, aber m.E. noch deutlicher durch ein entsprechendes Mundstück erzielen. Erst in der Gesamtschau von Equipment und Spieler entsteht dann letztlich ein "fokussierter" Klang.

    Last not least hier nochmal ein paar Kriterien, die nach meinem Dafürhalten einen durchsetzungsfähigen Ton ausmachen:

    1 pure Lautstärke (Sirene)

    2 deutlich obertonreicher als die Umgebung (Piccolo)

    3 deutlich tieftonbetonter als die Umgebung (Bass)

    4 ggf. besonders homogene Klangstruktur

    5 ggf. "fokussiert" also Frequenzbereich von ca 3000 Hz betont

    Punkt 4 finde ich für mich besonders interessant. Das menschliche Ohr vollbringt ja eine grandiose Leistung in der Zerlegung von Klängen in seine Obertonstruktur, und der folgenden Analyse und Zuordnung der jeweiligen Strukturen in bekannte Klänge.

    Ich vermute, dass wenn ein Instrument eine für die menschliche Wahrnehmung besonders "homogen" eingestufte Klangfarbe (Frequenzspektrum) hat, dann kann man dieses Klang, obwohl nicht besonders laut oder sich ansonsten von der Umgebung abheben trotzdem gut heraushören aus einem Ensemble.

    Gleiches könnte nach dem oben beschrieben Konzept dann auch für Klänge gelten, die einen bestimmten Frequenzbereich betonen, siehe 5.

    Gruß,
    Otfried
     
  18. DiMaDo

    DiMaDo Ist fast schon zuhause hier

    Ich bin wirklich dankbar für diesen Thread.
    Die Begriffe "fokussiert" und "spread" haben mich bislang extrem verwirrt.
    Ich habe sie bisher mit räumlicher Ausbreitung in Verbindung gebracht.
    Und das hab ich gar nicht begriffen.

    Das fokussiert/spread mehr oder weniger Hochmittenbetonung entspricht
    ist in meinen Augen echt unglücklich gewählt.

    Aber jetzt ist mir das klar. Und ich weiss jetzt dass ich keinen "fokussierten Sound" haben will.
    Ausser ich muss mich in einer Bluesband ohne Mikro durchsetzen.
    Dann verändere ich unbewusst meinen Ansatz und es brettert mehr...

    Just my 2 ct.
     
  19. saxhornet

    saxhornet Experte

    Das Hauptproblem ist, daß die Begriffe leider nicht greifbar und nicht simpel definierbar sind bzw. Viele diese Begriffe im Austausch für andere Begriffe benutzen. Für mich sind Begriffe wie fett, dünn, dunkel, hell, schwaches Abstrahlverhalten und starkes Abstrahlverhalten für fokussiert und spread keine Synonyme. Ich finde es auch schwierig per Text zu erklären und bei Aufnahmen schwierig es zu hören, live geht das viel besser. Wenn mugger und ich uns über Hörner unterhalten würden, wüssten wir beide aber was der andere meint mit den Begriffen.
    Das Verwechseln der Begriffe kommt sicherlich auch daher, daß viele der genannten Eigenschaften mit spread oder fokussiert oft einhergehen, wenn auch nicht immer. Mir ist zumindest noch kein sehr sehr helles strahlendes, dünn klingendes Horn, das sehr spread klingt, begegnet. In den Randbereichen, sind sehr dunkel klingende Hörner meist mehr spread und sehr hell klingende Hörner eher fokussierter, so mein Eindruck. In der Mitte dazwischen gibt es aber zig Ausformungen und Varianten.
    Vielleicht muss man aber auch einfach sehr viel Equipment ausgecheckt haben um dafür ein Gefühl zu bekommen, daß es neben fett, dünn, dunkel, hell, schwaches Abstrahlverhalten und starkes Abstrahlverhalten auch noch mehr Begriffe gibt die hilfreich ergänzend einen Klang beschreiben (was eh schon schwer ist) können (wobei hilfreich relativ ist, wie wir am thread sehen). Ich finde z.B. manche dunkel klingenden Hörner können zwar fett aber sehr spread klingen oder auch spread und dünn (wenn der Mittenanteil z.B. zu klein ist), ein heller klingendes Saxe kann aber auch mal fokussiert/kompakter und trotzdem fett klingen.

    Letzlich werden wir es nicht definiert bekommen. Wahrscheinlich kann es nur jeder für sich selber erfahren und definieren oder es halt für Blödsinn halten. Ich kann nur von meinem Saxophonistenumfeld berichten und da werden die Begriffe benutzt und oft, sicherlich aber nicht immer, meint man dasselbe (zumindest wenn man mal drüber sprach).

    LG Saxhornet
     
  20. Rick

    Rick Experte

    Alles gut und schön, doch mir ist im Laufe meiner Jahre als Saxofonist und Lehrer vor allem ein wesentlicher Unterschied zwischen Hörnern aufgefallen:
    Manche sind dicht, andere nicht. :cool:

    Meiner Ansicht nach hat ein perfekt dichtes Horn eine super Ansprache und ein ideales "Abstrahlverhalten", ist "fokussiert" und "projiziert" gut.
    Wenn es diesbezüglich Mängel gibt, dann weniger aufgrund irgendwelcher mysteriöser baulicher Unterschiede, sondern einfach, weil in der Regel keine zwei Saxe gleich gut dicht sind.

    So habe ich es jedenfalls immer wieder erlebt, darin liegt meiner Ansicht nach auch die "Streuung" begründet.
    Deshalb lautet meine rustikale Lösung bei diesen Fragen stets: Ab zum (kompetenten) Sax-Doc. Dadurch wurde schon so manches Wunder wahr. ;-)


    Schöne Grüße,
    Rick
     
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