Frage zu Rhythm Changes

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von Nilu, 12.Juni.2012.

  1. Nilu

    Nilu Ist fast schon zuhause hier

    Hallo zusammen,

    ich habe eine Frage zu Rhythm Changes.
    In dem Lehrvideo von Randy Hunter wird im 1. Takt des A-Teils Bb / G7 gespielt.

    In der Literatur habe ich gelesen, dass es Bb / Gm7 sein müßte. Also die 6. Stufe der Bb Tonleiter und die sollte m.m.n Moll sein?

    Habt ihr einen Tipp für mich?
    Viele Grüße Nilu
     
  2. Gast

    Gast Guest

    "Müssen" muss gar nix ;-)

    Für Randy ist dieser G-Akkord wohl eher die Dominante zum folgenden Cm als die VI zu Bb-Dur. Interessanter als Gm7 ist es allemal.

    Ich habe jetzt nur den Anfang angeschaut - vielleicht geht er im Verlauf des Videos noch darauf ein.

    Gruß, Herman
     
  3. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    Rhythm Changes unterliegen einem harmonischen Muster. Eine 32 taktige Form wird in AABA eingeteilt. Die A-Teile bestehen aus 2x zwei Takten 1625, die Takte 5 und 6 sind eine Subdominanten-Kadenz. Takt 7 und 8 sind Turn Arounds, die abschliessen und/oder zum nächsten Teil führen. Der B-Teil besteht aus einer Dominantenkette.

    Nun jedoch sind die Akkorde nicht sakrosankt, sondern können reharmonisiert werden. Somit kann eine 1625er sowohl

    | Bb G-7 | C-7 F7 |

    als auch

    | Bb G7 | C-7 F7 |

    sein. Weitere Varianten wären

    | Bb Dbo7 | C-7 F7 |

    oder

    | Bb Bo7 | C-7 F7 |

    oder

    | Bb Db7 | C7 B7 |

    usw.

    Die Variante | Bb G-7 | C-7 F7 | ist zum Improvisieren die Einfachste, weil sie diatonisch ist, was bedeutet, dass das gesamte Tonmaterial einer einzigen Tonleiter (in diesem Fall Bb Dur) entstammt. So kann ohne Rücksicht auf geschriebene Akkorde mit der Bb Dur darüber gerödelt werden.
    Die Variante | Bb G7 | C-7 F7 | ist nicht mehr diatonisch, weil die grosse Terz g3 B von G7 in Bb Dur nicht vorkommt. Wie Hermann schon erwähnt hat, tönt diese interessanter. Das B darf aber nur bei G7 vorkommen - zu früh (bereits in Bb) oder zu spät (immer noch im nachfolgenden C-7) kann es verherend tönen. Dadurch ist die Variante mit G7 auch anpruchsvoller.
     
  4. Nilu

    Nilu Ist fast schon zuhause hier

    Herman, hast recht mit dem "Müssen".
    Aber was mich irritiert ist die Aussage von Randy bei 2:10 : "..the 6th step of the b-flat scale is G7"
     
  5. Nilu

    Nilu Ist fast schon zuhause hier

    Ok, das harmonischen Muster ist also nicht unverletzlich.

    Danke Peter und Herman
     
  6. Gast

    Gast Guest

    Das ist nachlässig ausgedrückt und in dieser Ausschließlichkeit auch nicht richtig. Wahrscheinlich bist du nicht der Einzige, den das irritiert hat :roll:

    Herman
     
  7. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    Nein, das ist es nicht. Es kann reharmonisiert werden, was das Zeugs hält! Zum Beispiel ein bis zur Unkenntlichkeit reharmonisierter Blues ist GOOD BYE PORK PIEHAT. Bei Reharmonisierungen sollte vor allem auch darauf geachtet werden, ob Akkord und Melodieton zusammenpassen.
     
  8. ppue

    ppue Mod Experte

    Noch nicht beschrieben, warum man die sechste Stufe in Dur nehmen kann:

    Mann spielt die große Terz auf der sechsten Stufe, weil man dadurch einen weiteren Leitton zur zweiten Stufe bekommt.

    Über die ersten drei Akkorde entsteht dadurch die schöne chromatische Linie Bb H C.

    Es bleibt aber die sechste Stufe, denn man spielt nicht mixolydisch: das Eb wird hier nicht durch E ersetzt.

    Das gleiche Phänomen findet sich auch oft auf der zweiten Stufe in Moll.
     
  9. zwar

    zwar Ist fast schon zuhause hier

    yep, so siehts aus

    die zugehörige leiter zu diesem G7 chord ist mixo b13, das ist der 5. modus von melodisch moll (MM5). logischerweise bei aufwärts geführten phrasen sehr normal und eingängig klingend. abwärts geführt ist die durterz von G dann doch überraschend.

    gruß
    zwar
     
  10. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Es kann für jede Stufe eine Dominante gebildet werden.
    Also ich interpretiere das G7 als Sekundärdominante der folgenden II. Stufe Cm7.
     
  11. ppue

    ppue Mod Experte

    Das ist auch richtig, es ist eine Zwischen- oder Sekundärdominante.

    Es bleibt in Bezug auf das tonale Zentrum aber die sechste Stufe.
     
  12. Rick

    Rick Experte

    Hallo Peter!

    Oder einfacher ausgedrückt: es klingt gut, also kann man's machen. ;-)

    Genau!

    Hm, jetzt gehst Du aber auf etwas dünnes Eis, finde ich.
    DIE sechste Stufe von Bb-Dur ist G7 mit Sicherheit nicht, nur der Grundton des Akkords ist die Sexte der Tonika.

    Ich habe jedenfalls Schwierigkeiten damit, einen Akkord als "sechste Stufe" zu bezeichnen, der noch nicht einmal den Grundton der Tonleiter (hier: Bb) enthält. :roll:

    Er KÖNNTE ihn freilich als #9 enthalten, doch das führt hier wohl zu weit.

    Einigen wir uns darauf, wie schon angesprochen, dass es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, die "Rhythm Changes" abwechslungsreich zu gestalten. :cool:

    Und im Tempo um die 300 bpm, in dem ich gerne Stücke dieser Art spiele, ist es außerdem dem Gehör ziemlich wurscht, ob der Akkordbegleiter gerade einen Sekundenbruchteil lang Gm7 oder G7 oder G7#9 oder was auch immer gegriffen hat. :-D

    Letztlich ist es für den Saxer die Hauptsache, melodisch in sich stimmige Improvisationen zu präsentieren - die Rhythmusgruppe soll begleiten, sich also im Idealfall dem Stil des Solisten anpassen, nicht umgekehrt.


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  13. Gast

    Gast Guest

    Geht mir auch so - deshalb bleibt für mich die Kritik an Randy und die Berechtigung der eingangs gestellten Frage.

    Herman
     
  14. Rick

    Rick Experte

    Hallo Herman,

    da hast Du auch recht, man sollte Einsteiger nicht verwirren, sondern ihnen vor den Ausnahmen erst einmal die Grundlagen nahe bringen.

    Aber ich habe bemerkt, dass ich gerade ungenau formuliert habe, denn natürlich enthalten nicht alle Stufenakkorde zwangsläufig den Tonika-Grundton (z. B. die auf der dritten, fünften und siebten Stufe).

    Der G- als Dur-Akkord stellt in Bb-Dur eine alterierte (= absichtlich veränderte) Form des sechsten Stufenakkords dar, ist also höchstens eine MÖGLICHE Version davon, aber nicht DIE richtige Form.


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  15. ppue

    ppue Mod Experte

    Hallo Rick,

    du hast natürlich Recht, es bleibt die sechste Stufe, wenn auch eine alterierte.

    Ich will die Einsteiger auch nicht verwirren.

    Das Urmodell ist:

    I, VI(moll), II(moll), V, I

    Tonika, Mollparallele und in drei Quintsprüngen wieder zurück zur Tonika.

    Das ist die Basis. Das H ist lediglich ein Leitton und eine Variation der (-;immer noch) sechsten Stufe.
    Deshalb bleibt das Eb auch ein Eb, wenn man hier über G7 improvisiert.
     
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