Gibt es überhaupt Talent?

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Gelöschtes Mitglied 5328, 15.November.2012.

  1. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Bitteschön...

    Ich starte mal mit dem Focus Artikel:

    Seit Jahrzehnten versuchen Wissenschaftler, das Geheimnis der Begabung zu ergründen. Sie wollen wissen, was einen Starpianisten von einem Hausmusiker unterscheidet, warum der eine zur hochbezahlten Führungskraft aufsteigt und der andere Schatzmeister seines Heimatvereins bleibt. Je länger sie suchen, desto mehr reift in ihnen eine fast revolutionäre Überzeugung:

    Talent ist unwichtig.

    „Bisher existiert kein überzeugender Beweis, dass besondere Fähigkeiten angeboren sind“, sagt der Psychologe Anders Ericsson von der Florida State University. Seit zwei Jahrzehnten beschäftigt er sich mit dem Thema Begabung und ist inzwischen einer der weltweit führenden Talentforscher. Seine Meinung ist eindeutig: Die Vorstellung, spezielle Fertigkeiten wie Malen, Programmieren oder Radfahren „seien genetisch bedingt, ist falsch“. Das Rezept für Lang Langs weltweite Karriere sei schlicht: üben. So ernüchternd die Erkenntnis auf den ersten Blick wirkt, so gut ist sie auf den zweiten. Menschen, bedeutet sie, können viel mehr, als sie glauben.

    Nie zuvor war das Geniale gewöhnlicher. Der Funke verliert sein göttliches Moment. Derart provokant ist der Gedanke, dass sich Ericsson einer Flut von Protesten ausgesetzt sah, als er 2007 seine Überzeugung zu Papier brachte. 19 weitere Seiten benötigte er, um den Einwänden zu begegnen. Er hatte gute Argumente vorzuweisen.

    Das erste entstammt einer Studie an der Berliner Universität der Künste, die er zusammen mit Kollegen vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung durchführte. Die Psychologen hatten Musikstudenten gebeten, eine Woche lang genau Tagebuch zu führen.

    Alle Auszubildenden beschäftigten sich zwischen 50 und 60 Stunden pro Woche mit Musik, und doch waren einige deutlich besser als andere. Die Forscher sahen genauer hin. Sie entdeckten, dass die Intensität der Übungsstunden schwankte: Während einige Studenten lediglich ein Sechstel ihrer Zeit in konzentriertes Einzeltraining investierten, war es bei anderen fast die Hälfte. Und jene, die am härtesten trainierten, galten in den Augen der Professoren als besonders begabt. „Dabei haben sie lediglich mehr dafür getan, die Grenzen ihres Könnens auszuweiten“, kommentiert Ericsson. Sein britischer Kollege Richard Wiseman von der University of Hertfordshire glaubt, dass auch Charisma und Ausstrahlung wenig geheimnisvoll sind. Die Tricks seien neben genügend Selbstbewusstsein eine anschauliche Sprache und gestenreiches Auftreten – durchaus lernbare Qualitäten.

    Je genauer man sich Biografien von Berühmtheiten anschaut, umso mehr verblasst die Magie. Im Hochstuhl sitzend, schaute Golfprofi Tiger Woods seinem Vater beim Üben des Abschlags zu. Im Alter von nicht einmal einem Jahr schleppte er einen maßgefertigten Schläger durch die Wohnung.

    Und hier der Link zum Stan der Diskussion im "falschen Thread":

    Talentdiskussion im falschen Thread

    Jetzt bekommen das auch andere Interessierte mit...

    LG

    Dreas
     
  2. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    Ja !

    - Die Talentierten sind am Anfang gut

    - Die Fleißigen werden immer besser

    - Die fleißigen Talentierten werden richtig gut

    Gruß,
    Otfried
     
  3. dabo

    dabo Strebt nach Höherem

    Schade kein Lernen im Schlaf...

    Sondern richtig büffeln.

    Aber sehr gut --- jeder hat die gleiche Chance.

    LG
    Dabo
     
  4. mixokreuzneun

    mixokreuzneun Ist fast schon zuhause hier

    @xcielo: dem ist nichts hinzuzufügen!

    Grüsse

    Mixo
     
  5. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Ich hab den Focus Artikel oder die Arbeiten von Prof. Ericsson nicht gelesen. Aber schon die Überschriften lassen vermuten, dass es um unterschiedliche Dinge gehen könnte:

    "Gibt es überhaupt Talent" ist eine andere Frage als "Ist Talent wichtig ?".

    Spontan und aus vielen Erlebnissen finde ich es ziemlich absurd, die Existenz von Talent zu verneinen, gerade auch in der Musik.

    Andererseits ist es für mich auch klar, dass Talent allein nicht reicht und vielleicht nicht einmal wichtig ist. Genau, wichtig wofür ?

    In der Einleitung von Dreas wird "hochbezahlte Führungskraft" erwähnt. Aus meiner Berufserfahrung ist mir klar, dass hochbezahlte Führungskräfte meistens Talent haben, wenn auch nicht in den Bereichen, den viele für die wichtigsten halten würden. Nicht super Intelligenz (nach dem traditionellen Tests), nicht exzellente Abschlüsse. Aber sicher das Talent, sich optimal darzustellen und zu verkaufen.

    Das gilt wohl auch für Musiker, wenn man kommerziellen Erfolg als Massstab nimmt.
     
  6. Taiga

    Taiga Ist fast schon zuhause hier

    Mal unter dem Aspekt Saxophon (oder überhaupt Instrument) betrachtet;
    wie ist das mit denen, die trotz intensiven Übens nur mäßig Erfolg haben und nicht wirklich besser werden?
    Über die sagt man landläufig, 'Die haben kein/wenig Talent.'
    Fehlt es ihnen an einer andern Tugend?
    Talent ist für mich eine Mischung aus u.a. Ehrgeiz, Leidenschaft, Ausdauer, Disziplin.
    Daraus kann sich Erfolg ergeben und andere, die das von außen betrachten sagen, 'Der/Die hat Talent für sowas.'

    Hmmm...

    xcielo hat schon Recht.
     
  7. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Selbstverständlich gibt es völlig unterschiedliche Voraussetzungen z.B. beim Musikmachen.
    Das weiß wohl jeder Lehrer. Es hatte mal einen Schüler auf dem E-Bass, der alles Technische (ohne Vorkenntnisse) in sehr sehr kurzer Zeit hinbekam, und- nach wenigen Wochen im sog Wechselschlag der Finger prinzipiell schneller war als ich. (Und ich war durchaus flink auf dem Bass, habe damals wie heute mit Spielen mein Geld verdient).

    Ein anderer Schüler musste erst lernen, (z.B.) gleichzeitig in die Hände zu klatschen und mit dem Fuß auf den Boden zu tapfen. Das konnte der nicht, er war auch etwas geistig behindert.

    Ganz offensichtlich gibt es völlig unterschiedliche Anfangsfähigkeiten zur Bwegungskoordinierung etc etc.
    In der prinzipiellen Negierung solcher Unterschiede ist der Artikel einfach Blödsinn.

    Das man durch Üben Dingen verbessern kann, ist ja klar. Und dann eben die speziellen Stärken weiterentwickelt und Schwächen ausgleicht.

    fG
    Werner


    http://swing-jazz-berlin.de/#jazzband
     
  8. saxhornet

    saxhornet Experte

    Wichtige Fragen. Haben Leute mit Talent mehr Erfolg?
    Ich kenne sehr viele angeblich talentierte Musiker und Menschen die gescheitert sind.

    So kenne ich das auch. Vitamin B und die Fähigkeit sich verkaufen zu können ist da wichtiger als Leistung.
    Kaum ein Manager fällt die Treppe runter wenn er wieder mal eine Firma ruiniert hat weil ihm simpler Menschenverstand gefehlt hat.

    LG Saxhornet
     
  9. saxhornet

    saxhornet Experte

    Werner, was ist das denn bitte für ein Vergleich?

    Lg Saxhornet
     
  10. saxhornet

    saxhornet Experte

    a) falsche Übedidaktik, Vorgehensweise, wie ich etwas übe
    b) falschen Lehrer
    c) keinen Bock oder wirkliches Interesse
    d) lassen sich zu schnell ablenken und können sich nicht konzentrieren
    e) wenn ich ewig nur die C-Durtonleiter übe werde ich deswegen nicht Fis-Dur beherrschen.
    f) falsches Übematerial

    LG Saxhornet
     
  11. Blasebalg

    Blasebalg Ist fast schon zuhause hier

    g) kein Talent

    ..... :lol: ;-)
     
  12. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Ich kann nur vermuten, das du den Vergleich mit dem schnellen E-Bass-Schüler meinst. Es ist ein Vergleich zwischen zwei Menschen und offensichtlich unterschiedlichsten Vorausetzungen im Körper-Geist-System, der Bewegungskoordination etc. Das die Blockaden des einen Schülers soweit gingen, das er im nichtmusikalischen Bereich eben als leicht geistig behindert eingestuft wurde, ändert daran doch nichts.
    Aber ich schreibe mal nichts weiter zu dem Thema, sonst komme ich ev in "politisch unkorrekte" Bereiche. Soviel noch, der Junge war in Ordnung, sehr nett, und ich habe mich gut mit ihm verstanden. -

    Noch ein Positivbeispiel, eine Studentin, Musikschülerin bei mir, hatte bislang Klassik gespielt, ein kleines bischen in den Jazz reingerochen, aber völlig unsystematisch.
    Sie war offensichtlich ganz begabt. Zu meiner Überraschung war sie z.B. nach zweimal durchprobieren in der Lage, einen Rhyhtmus zu klatschen, z.B. eine Clave, und gleichzeitig ein Thema, Blue Bossa oä. rhythmisch leidlich richtig zu singen. Nach ihrer Aussage hatte sie das noch nie vorher gemacht.
    Ich kann das auch - nachdem ich das eine Zeitlang immer wieder mal geübt habe.

    Usw. Mein Fazit: Die Leugnung unterschiedlicher Talente ZU BEGINN von Tätigkeiten ist Unsinn.

    fG
    Werner


    http://swing-jazz-berlin.de/#band
     
  13. Taiga

    Taiga Ist fast schon zuhause hier

    Na dann ... dann hätten wir das ja auch geklärt. :yiep:
     
  14. Brille

    Brille Strebt nach Höherem

    xcielo kategorisiert folgendermaßen:
    Sehe ich ziemlich ähnlich!

    zu 1: Fallen Dinge zu leicht, ist der Schüler also "talentiert", muss man als Lehrer schauen, dass er gefordert bleibt. Solche Kandidaten sind auch gezielt auf vorhandene Schwächen bzw. Prios hinzuweisen.
    zu 2: Stimmt mit dem Hinweis darauf, dass "Untalentierte" seeeeehr früh Grenzen erreichen können.
    zu 3: Sehe ich mit dem Hinweis, dass sich die Fähigkeiten speziell Jugendlicher, in Phasen und damit u.U. sprunghaft entwickeln, genau so.

    Im Übrigen halte ich es für völlig falsch abzustreiten, dass es "Talent" gibt. Allerdings ist schon richtig, dass Talent nicht zu Erfolg führen m u s s.

    Grüße
    B.

    Nachträglich die Frage: Stand im Focus schon je was Richtiges?
     
  15. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    @Brille

    Z.B. das absolute Gehör. Aber zu welchem Erfolg ist das nötig, wichtig oder vielleicht sogar hinderlich?

    LG bluefrog
     
  16. Rick

    Rick Experte

    Hallo Taiga,

    manchmal steht man sich einfach selbst im Weg, denn Üben um des Übens Willen kann durchaus auch nur ineffektive "Beschäftigungstherapie" sein.

    Jeder muss für sich selbst herausfinden, wie er am Effektivsten übt, das kann zudem je nach Lernphase unterschiedlich sein:

    Anfangs sollte man wirklich VIEL spielen, um sich auf das Instrument/die Tätigkeit einzustellen.
    Doch als Fortgeschrittener muss man schon wichtige und unwichtige Inhalte unterscheiden, um nicht seine Energie und Zeit mit "Rumdudeln" zu verschwenden. Sonst hat man zwar viel Zeit mit dem Instrument/der Tätigkeit verbracht, aber dabei nichts Neues erlernt.

    Als weit Fortgeschrittener muss man schließlich immer weniger Zeit ins Üben stecken, da sind die neuronalen Bahnen im Gehirn soweit gefestigt, dass schon das reine DENKEN an eine bestimmte Übung ausreicht, um sich weiter zu entwickeln.
    So jemand wird dann alleine durch mehr Zeit keine nennenswerten Fortschritte mehr machen, er ist quasi "ausgebildet". :cool:

    Gerade bei technisch komplizierten Stellen oder allgemeinen Themen wie etwa Improvisation passiert wesentlich mehr im Kopf als direkt am Instrument - wenn ich mir beispielsweise eine Problemstelle nicht wirklich KLAR gemacht habe, sie nicht komplett rhythmisch und von den Griffen her VERSTEHE, dann kann ich sie durchaus stundenlang erfolglos üben. :roll:

    Genau, Ehrgeiz und Leidenschaft - viel wichtiger als dieses ominöse "Talent" ist meiner Ansicht nach die MOTIVATION.
    Es ist schier unvorstellbar, was Menschen leisten können, wenn sie nur ausreichend motiviert sind, erst daraus entstehen dann die anderen unabdingbaren Phänomene wie Disziplin und Ausdauer.
    Andererseits mag es durchaus Talentierte geben, die aber schlicht und ergreifend STINKFAUL sind, weil sie das betreffende Sujet einfach nicht interessiert.
    Das ist für die Umgebung (Freunde, Eltern, Lehrer...) oft bitter, aber was kann man tun?
    Wer nicht will, der hat schon... :-(

    ------------------------------------------------------------

    Oh ja - ich hatte den FOCUS seit der ersten Ausgabe 15 Jahre (!) aus einer seltsamen masochistischen Neugier heraus abonniert, bis mir die romantisch-konservative Esoterik zuviel wurde, und kann deshalb bestätigen, dass das Datum meistens stimmte. :-D


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  17. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Begabung oder Talent sagt aus, dass bestimmte Tätigkeiten oder Denkprozesse manchen Menschen leichter fallen als anderen.

    Ich sehe da weit und breit kein Fragezeichen.

    Warum das so ist und ob Begabte mit gleichem Übeaufwand auch mehr erreichen als weniger Begabte, ist ein anderes Thema.
     
  18. prinzipal

    prinzipal Ist fast schon zuhause hier

    ich spiele gerne für talente.

    ...
     
  19. mixokreuzneun

    mixokreuzneun Ist fast schon zuhause hier

    hallo zusammen,

    es ist auch eine art "talent" zu kämpfen, zu üben, sich zu motivieren. dieses talent sollte man nicht unterschätzen. es bringt den menschen, der es hat, meist weiter als das schlampige genie.

    grüsse

    mixo

     
  20. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @ mixo

    Da ist ganz viel dran!!!

    LG

    Dreas
     
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