Harmonielehre

Dieses Thema im Forum "Anfänger Forum" wurde erstellt von Dan, 5.Juli.2009.

  1. Dan

    Dan Ist fast schon zuhause hier

    Hallo zusammen!

    Mal ne Frage zur Harmonielehre... leider habe ich im Urlaub was Grundlegendes vergessen und bis zum nächsten Unterricht möchte ich möglichst nicht warten...



    Wenn z.B. "G7" über einen Takt steht ist der Dreiklang mit gemeint, also die Töne der Tonleiter 1 / 3 / 5 (sprich die Töne des Dreiklanges)....und eben der siebte.
    Nun habe ich ein Beispiel hier in dem bei C7 der siebte Ton nicht mehr ein H, sondern ein Bb ist.
    Beim G7 wurde beim siebten Ton (eigentlich Fis) das Kreuz weggelassen, sprich es wurde ein F.
    :-?

    --> Wie leite ich den siebten Ton richtig her / habe ich da was falsch verstanden???


    Anmerkung:
    Die Frage zielt letztendlich aufs Improvisieren ab, woran ich mittlerweile mit einer Lehrerin arbeite.

    Vorab schonmal vielen Dank für Eure Antworten!

    Dan
     
  2. the_ashbird

    the_ashbird Ist fast schon zuhause hier

    ich bin zwar kein harmonielehre-profi, versuchs aber trotzdem mal zu erklären:

    also ein '7er'-akkord bezeichnet den dreiklang + der KLEINEN SEPT! also bei g7 wäre das g-b(h)-d-f. bei c7 wäre das ganze dementsprechend c-e-g-bb.

    g-b(h)-d-fis bzw. c-e-g-h sind die grunddreiklänge + GROSSER SEPT und werden dann als MAJOR akkord bezeichnet. also cM7!
    (achtung: großes M = Major, kleines m = moll)

    lg phi
     
  3. Saskia

    Saskia Ist fast schon zuhause hier

    Das ist ein Dominantseptakkord.
    Du hast also den Dreiklang plus kleine Septime:

    also bei C-Dur: C-E-G-Bb
     
  4. Rick

    Rick Experte

    Hallo Dan,

    Du bist verwirrt, weil die Septime bei den Dur-7-Akkorden immer klein ist, also der Ton praktisch nicht mehr in die gleichnamige Tonleiter (G7 = G-Dur??) zu passen scheint.

    Das liegt daran, dass der G7-Akkord überhaupt nichts mit der "normalen" (ionischen) G-Dur-Tonleiter zu tun hat - er gehört vielmehr als DOMINANT-Akkord (wie Saskia richtig schrieb) zu C-Dur, und dort findet man nun mal kein Fis, sondern nur F. ;-)

    Dominant bedeutet in der klass. Harmonielehre, dass der Akkord der Haupt-Leit-Akkord zum Grundakkord (Tonika, hier C-Dur) ist.
    Üblicherweise (in abgeschlossenen Kadenzen (= Akkordfolgen)) wird so ein Dominant-Akkord direkt vor die Tonika gesetzt. Er dient in vielen Jazz-Standards als "Achse" für Modulationen, also wenn sich im Stück plötzlich die Tonart ändert.

    Beispiel Anfang von "How High The Moon" (zur Veranschaulichung nach D-Dur transponiert):
    D / D / Dm7 G7 / C

    Auf die "Eindunkelung" (Umwandlung in Moll) im dritten Takt folgt ein G7, der verdeutlicht, dass wir uns auf den Weg in eine neue Tonart machen, nämlich C-Dur. Damit erklärt G7 auch gleich noch den vorangestellten Dm7, der in dem Zusammenhang natürlich die Subdominant-Parallele (zweite Stufe) zu C ist.

    Für die Praxis bedeutet das:
    2 Takte D-Dur improvisieren, ab dem 3. Takt (II - V - I) C-Dur
    (Wobei der 3. Takt freilich dominantisch ist, also eine zu entladende Spannung in Richtung C besitzt, weshalb hier der Ton C selbst noch zu vermeiden wäre, wenn man den Spannungs-Entspannungs-Effekt nicht verschenken möchte) :-D


    In der Hoffnung, weitergeholfen zu haben
    (und in Erwartung weiterer Fragen)
    Rick
     
  5. Saskia

    Saskia Ist fast schon zuhause hier

    dann war also diese Aussage falsch?

    Ausgehend von der Grundtonart C-Dur ist der Dominantseptakkord G7, also: G-H-D-F
     
  6. the_ashbird

    the_ashbird Ist fast schon zuhause hier

    wieder mal super erklärung, rick!!
    so verstehs sogar ich...:-D

    aber wer zum teufel hat sich das ganze, unglaublich komplexe zeug ausgedacht? :-D wer war der geistreiche kopf, der sich so zusammenhänge wie den quintenzirkel, die kirchentonarten, oä 'ausgedacht' hat?! :-D
     
  7. altruist

    altruist Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Saskia,

    C7=C-E-G-Bb ist Dominantseptakkord von F-Dur, daher das Bb.

    LG Johannes
     
  8. Saskia

    Saskia Ist fast schon zuhause hier

    ja, logisch, danke! jetzt schalte ich mein Hirn auch wieder ein! (Sommerferien, Hitze und Erkältung tun ihm nicht gut) :lol:

    Aber Ricks Erklärung ist sehr gut!
     
  9. Dan

    Dan Ist fast schon zuhause hier

    Ahh, danke!!!
    - so langsam kommt Licht ins Dunkel! :)


    Eine weitere Frage hab ich tatsächlich noch: Was ist mit " (II - V - I)" gemeint?
     
  10. hanjo

    hanjo Strebt nach Höherem

    hallo zusammen,

    eselsbrücke. grundton minus sekund und schon bist du da.
    (komplementärintervall)

    gruß
    hanjo
     
  11. hanjo

    hanjo Strebt nach Höherem

    hallo zusammen,

    hallo dan,

    ich glaube, das ist ein code im jazz. rick hat das oben schon beschrieben.

    das bedeutet rick hat grundtonart c. aufbauend auf der zweiten, fünften und ersten stufe zu dieser tonart, nach quentenzirkel, ergibt die folgenden tonarten.

    war das richtig rick? (wenn nicht, bitte nicht steinigen)

    gruß
    hanjo
     
  12. altruist

    altruist Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Hanjo,

    ich versuche mal mein angelerntes Wissen zu reproduzieren. 2-5-1: ich glaube es ist etwas anders und hat mit dem Quintenzirkel nichts direkt zu tun. Nehmen wir zwecks Vereinfachung eine C-Dur Tonleiter. Ausgehend von jeder Stufe dieser Leiter lassen sich die leitereigenen Vierklänge so bilden:

    1: C, E, G, B = CM(aj)7 (also B statt Bb, also "H")
    2: D, F, A, C = Dm7
    ...
    4: F, A, C, E = FM(aj)7
    5: G, B, D, F = G7 (wieder B statt Bb, also "H")
    ...

    Wir kennen die "klassische" Variante 1-4-5-1 aus zahllosen Liedern. Lässt man nun die 1 entfallen und ersetzt die 4 durch die 2, so entsteht das Schema 2-5-1, welches eine oft benutzte Harmoniefolge des Jazz darstellt. Die 2 ist mit der 4 eng verwandt, da der Dreiklang F, A, C in beiden Akkorden vorkommt. Natürlich kann dieses Schema von Akkordfolgen auf alle Leitern des Quintenzirkels angewendet werden.

    LG Johannes
     
  13. Rick

    Rick Experte

    Freut mich, Danke für das Lob! :)

    Dazu ist Wikipedia sehr hilfreich:

    [color=0000FF]Der Begriff „Harmonielehre“ stützt sich auf Jean-Philippe Rameaus (1683–1764) Traité de l'Harmonie (1722), ein Traktat, welches noch während der Zeit des Generalbasses die Erkenntnisse der Fundamentalbass-Theorie zu einer mehr analytisch ausgerichteten Theorie nutzt.
    Die von Jacob Gottfried Weber (1779–1839) entwickelte und später von Simon Sechter (1788–1867) und Arnold Schönberg (1874–1951) ausgebaute Stufentheorie wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch die von Hugo Riemann (1849–1919) begründete Funktionstheorie ergänzt.
    Beide Systeme haben sich bis in die heutige Zeit mit Modifikationen und Erweiterungen erhalten.

    Heinrich Schenker (1868-1935) verbindet in seiner Harmonielehre die Kontrapunktlehre mit der Akkordlehre: die Stimmführung wird nunmehr als die Horizontalisierung der (vertikalen) Harmonik verstanden (bezeichnet auch als Ursatz in der von ihm begründeten Reduktionsanalyse).[/color]

    Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Harmonik


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  14. Rick

    Rick Experte

    Hallo Johannes,

    Danke für die Unterstützung!

    Genau, es handelt sich vielmehr um die Stufenbezeichnungen einer Tonleiter - üblicherweise in römischen Ziffern, damit man sie nicht mit Akkordbezeichnungen, Intervallen o. dgl. verwechselt.

    Richtig.
    Das sieht aber vielleicht für den Laien etwas kompliziert aus... :roll:

    Grundsätzlich kann man auf jeder Stufe einer Tonleiter eine andere Tonleiter (= Modus, "Kirchentonart") mit den leitereigenen Tönen starten oder daraus einen Akkord bilden (leitereigen = ohne die Vorzeichen der Grundtonart zu verändern).
    Daraus ergibt sich bei einer "normalen" (ionischen) Dur-Tonleiter insgesamt dreimal Dur und viermal Moll:

    I Dur
    II Moll
    III Moll
    IV Dur
    V Dur
    VI Moll
    VII Moll

    In der Funktionsharmonik hat jede dieser Stufen eine bestimmte Aufgabe (= Funktion):

    Tonika-Bereich ("Entspannung")
    I Tonika
    III Tonika-Gegenklang
    VI Tonika-Parallele

    Dominant-Bereich ("Spannung")
    V Dominante
    VII Dominant-Gegenklang

    Subdominant-Bereich ("Abwechslung, Spannungsvorbereitung")
    IV Subdominante
    II Subdominant-Parallele

    Genau, es geht um Kadenzen, also formelhafte Akkordfolgen.

    Wenn man diese typischen "Formeln" beherrscht, kann man die Akkorde eines nach diesen Regeln komponierten Stücks (z. B. klassische Jazz-Standards) verstehen und zuordnen, weiß im Endeffekt, welches Tonmaterial für die Improvisation darüber am besten verwendbar ist. :cool:

    Es handelt sich um die Parallele - weil in beiden Dreiklängen die große Terz F-A vorkommt. :-D


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  15. altruist

    altruist Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Rick,

    vielen Dank für die Erklärungen, damit verstehe ich es auch noch besser. :)

    LG Johannes
     
  16. Viper

    Viper Ist fast schon zuhause hier

    da ich mein neues Lehrbuch (Frank Sikora) immer noch nicht habe, :-?
    zitiere ich hier einfach wieder den ollen Axel Jungbluth. Unter Kapitel 3.2 schreibt er:
    "Geht man nun von der I beginnend in Quinten ab- bzw. in Quarten aufwärts,
    erhält man eine Kadenz von sieben Akkorden oder genauer gesagt: eine
    Kadenz mit allen in der betreffenden Tonalität vorkommenden Septakkorden.
    I - IV - VII - III - VI - II - V - I"
    ...und er schreibt:
    "gebräuchlich sind jedoch nur kürzere Kadenzen wie
    V-I, II-V-I, VI-II-V-I und selten III-VI-II-V-I"

    ...diese graue Theorie... @Rick, ich beneide Dich nicht nur
    um Dein Wissen, sondern auch wie selbstverständlich Du mit
    diesen Zusammenhängen und all seinen Variationen umgehst.
    Da muss ich noch viiiiiieeel lernen.

    Viele Grüße :cool:
    klaus
     
  17. ppue

    ppue Mod Experte

    Gute Frage. In erster Linie hat sich das die Natur ausgedacht. Die hat sich nämlich ausgedacht, dass zwei Wellen im Schwingungsverhältnis 1:2 sehr harmonisch klingen. Wir nennen das Oktave und bezeichnen diese Töne mit dem gleichen Namen.

    Ein Verhältnis von 2:3 nennt man Quinte und ist das nächstharmonische Intervall. Kirchentonleitern und auch unsere Durtonleiter besteht aus übereinander gestapelten Quinten.

    3:4 ist die Quarte und die Verhältnisse 4:5 und 5:6 ergeben die Terzen, aus denen unsere Akkorde bestehen.

    Es sind die einfachen, harmonischen Schwingungsverhältnisse, die unser Musiksystem bestimmen. Soviel Ausgedachtes ist da nicht dran.

    Ich habe im Paralleluniversum Einiges dazu geschrieben. Wens interessiert...
     
  18. the_ashbird

    the_ashbird Ist fast schon zuhause hier

    @ rick znd ppue...
    dank für eure erklärungen.
    ich hab leider immer noch probleme der harmonielehre gänzlich zu folgen. es ist einfach so unglaublich komplex, dass es mir schwer fällt mir alles zu merken, richtig zu verstehn und zu verknüpfen, etc...
    werd mir wohl doch den sikora zulegen und mich die nächsten jahr(zehnt)e durcharbeiten...:-D
    bin ja noch jung - es besteht also noch hoffnung! :-D
    lg phi
     
  19. saxolina

    saxolina Strebt nach Höherem

    Schaut da ruhig mal rein, dieser Thread ist wirklich spannend!

    Gruß
    Saxolina
     
  20. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin ppue,

    hier habe ich einen ganz kleinen Einspruch anzumelden. Wir empfinden diese Klänge zwar als sehr harmonisch, aber in anderen Kulturen gibt es (auch) andere Klänge, die als sehr harmonisch empfunden werden.

    Von daher ist die Frage, ob unser Klangsystem naturgesetzlich bestimmt ist, oder ob wir dank unserer vereinfachenden Betrachtungen des Monochords von Archimedes (wenn ich das jetzt richtig erinner) unser Tonsystem und unsere Klangvorstellungen entwickelt haben für mich nicht ganz eindeutig beantwortet.

    Hab ich jetzt noch nicht gelesen, hol ich aber nach :)

    Gruß,
    xcielo
     
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