Ich bin als Amateur-Saxophonist zufrieden !

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von altblase, 13.Mai.2010.

  1. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    Hallo,
    diesmal kein Thread, um irgendwelche "Probleme" zu wälzen, sondern eher als Anregung dafür, darüber nachzudenken, welches Ziel wir mit unserem Saxophonspielen verfolgen. Und wo eigentlich unser (!) Platz ist.

    Bis vor ein paar Jahren war ich bezüglich des Saxophonblasens durch das Denken geprägt, dass man, besonders als Altsaxophonist immer (!) den Ehrgeiz haben müsste ständig solistisch aus der "Masse" hervorzustechen und ständig zu brillieren.

    Als "nur" 2. Altsaxophonist in einer ambitionierten Amateur-Big-Band hatte ich vor ca. 2 Jahren die "großartige" Chance, endlich die 1. Stimme einschließlich aller Soli zu übernehmen, weil das 1. Alt uns verlassen hat. Konnte damit endlich aus dem Schattendasein eines wenig beachteten (So meinte ich jedenfalls) Satzmusikers entschwinden.

    Also, erstmal leichtgängige Blätter gegen "Spanplatten" zugunsten der hohen Lage eingetauscht. Statt täglich 30 Minuten mindestens 1 Stunde geübt. Skalen gepaukt bis zum geht nicht mehr. Schlechtes Gewissen, wenn ich das Üben mal nicht ganz so stringent eingehalten habe.

    Ergebnis ? Von den übrigen Bandmitgliedern viel Lob und Anerkennung über meine Arbeit. Auch die Soli konnten sich hören lassen, da ich meistens beim Vorspielen relativ ruhig und locker bin.

    Bedingt durch meinen hohen Selbstanspruch als 1. Altsaxophonist war ich selbst aber nie richtig zufrieden. Hatte mich immer wieder mit Solisten aus dem Profilager verglichen (Was aber niemand von unserer Band erwartet hat) und kam zu dem Ergebnis, dass ich es nur mit einem weit höherem Aufwand schaffen würde, halbwegs auf halber Augenhöhe der Profis aufzusteigen.-Kurzum, ich fühlte mich "unter Strom" und nicht mehr so wohl wie früher.

    Der liebe Gott muss mein Jammern und Flehen gehört haben.
    Eine junge und strebsame Saxophonistin hatte bei uns vor ca. einem Jahr zunächst "unterwürfig" mit dem 2. Alt angefangen. Als "alter Fuchs", der ihren Ehrgeiz entfalten wollte, hatte ich ein paar Wochen später lapidar einen Stimmentausch für eine Probe vorgeschlagen. Das Ergebnis war, dass sich die junge Saxophonistin in der 1.Stimme weitaus wohler fühlte. Wie sie mir beschrieb, hätte sie technisch mit der "abstrakteren" 2. Stimme so ihre Probleme.
    -Ich kam ins Grübeln.

    Die Stimmen haben wir getauscht, und ich fühlte mich daraufhin wieder wohler. Die 2. ist irgendwie meine (!) Stimme. Gerade die manchmal abstrakteren Wendungen sind mein Ding.
    In Gesprächen mit unseren Bandmitgliedern und anderen Musikern wird mir immer klarer, dass die Satzstimmen unterhalb der 1. so ihre eigenen technischen Schwierigkeiten haben, die nicht automatisch gleich gut von Bläsern der 1. Stimme bewältigt werden können.

    Für mich war es eine elementare Erkenntnis, dass jeder Musiker gemäß seiner Mentalität und Veranlagung irgendwo seinen (!)Platz und jede Stimme eine besondere Bedeutung und Wertigkeit hat.

    So bin ich mit mir als Amateur-Saxophonist zufrieden, weil ich meine, dass ich in meiner 2. Stimme die Arbeit qualitativ gut mache und mich wohl dabei fühle. :cool:
     
  2. tschudin_57

    tschudin_57 Schaut öfter mal vorbei

    Hallo Altblase

    Eine fast budistische Ein- und Ansicht, die wie - meist üblich - nur über einen eigenen Praxistest erarbeitet werden kann. Sind wir nicht von Grund auf mit dem Erreichten unzufrieden und wollen (oder glauben wollen zu müssen) uns dauernd verändern? Im Job, im Spiel (Musik), beim Sport?
    Ohne dauernde Leistungsbereitschaft für Höher, Weiter und Länger fühlen wir uns als Minimalisten und lahme Ä..?

    Ist es nicht schön - was auch mit einer guten Portion Enthusiasmus vereinbar ist - sich mit dem momentan Erreichten zufrieden zu geben? Fortschritte machen wir auch so, die Schritte sind deswegen nicht kleiner als wenn wir uns dauernd hetzen und die Ziele fast unerreichbar hoch ansetzen (ausser, dass wir uns viel näher an der Frustrationsgrenze bewegen)!

    Mein Saxleher sage mal zu mir (ich befand mich in eben einer solchen Jetzt-spiele-ich schon-so-lange-und-kapiere-je-länger-je-weniger Phase, ich arbeite auf hundert Baustellen): Markus, spiele wieder Saxophon und nicht nur Noten!

    Das tat gut!

    lg
    Markus
     
  3. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Hallo Altblase,

    schön geschrieben !

    Da klingen ja einige interessante Aspekte an ...

    Stimmen in der Big Band: ja, das kann wohl auch von den Persönlichkeiten abhängen. Erstmal sollte man betonen, dass bei einer Big Band ja jeder seine Stimme ganz allein spielt (im Gegensatz zu den meisten anderen Orchestern). Und jede Stimme hat ihre Wichtigkeit, also ist jeder einzelne ein wichtiges Rad im Getriebe. Und jede Stimme hat ihren Charakter. Z.B. der Bass. Nach aussen unauffällig, aber so unheimlich wichtig. Muss ein Typ sein, der in sich ruht, sich nicht produzieren muss, sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt. Oder die erste Trompete. Nichts für Schüchterne. Wir haben z.B. einen, der sehr gut spielt, aber auch sehr introvertiert und reserviert ist. Spielt die dritte, passt sich sehr gut in die Harmonien. Der erste ist ein richtiges Alpha-Tierchen, unbekümmert und laut. Oder das Bariton-Sax. Muss schon ein Individualist sein, trocken und gefestigt in seiner Welt ... Ich spiele 2. Tenor. Na gut, der erste spielt auch viel besser. Aber ich habe auch festgestellt, dass nicht jeder 2. Tenor spielen kann. Man muss halt genau aus den Noten spielen können, mit der Melodie hat das nichts zu tun. Wer immer nur nach Gehör und Gedächtnis spielt, hat da schlechte Karten.


    Zufriedenheit als (erwachsener) Amateurmusiker: ja, da kann man sich das Leben schon schwermachen. Wo's doch so viel tolle Musik der ganz Grossen zu hören gibt ... Und dagegen ist man doch so ein Wurm ... Was unheimlich erfrischend ist: sich endlich mal mit "Seinesgleichen" zu vergleichen ! Z.B. gehe ich nicht nur in Konzerte von Spitzenleuten (wenn ich kann), sondern höre mir auch andere Amateur-Orchester an. Oder kaufe mir mal CDs von denen. Das tut richtig gut ! Kein perfekter Sound, auch verwaschene Sätze, auch nicht weniger Patzer in den Soli. Und dann höre ich mir wieder unsere eigenen CD-Aufnahmen an. Am Anfang erschrickt man: auweia, ist das miserabel. Aber dann kann man ja definieren: das ist halt unser Niveau, unser Sound. Und beim vierten Mal hören: eigentlich gar nicht so übel ...
     
  4. Gast

    Gast Guest

    Hallo,

    ich bin auch ein 2. Stimmenspieler. Aber ich finde nicht, dass 1. Stimme gleich Profi und 2. Stimme gleich Amateur ist. Jede Stimme hat ihre Herausforderungen und Tücken. Wen was passt - ist eben Mentalitätssache (wie du sagtest).
     
  5. saxolina

    saxolina Strebt nach Höherem

    Hallöchen,

    auch ich bin zufrieden, als Amateuse - natürlich so gut wie nie mit mir selbst, aber nicht, weil die Profis oder andere es besser können, sondern weil ich weiß, was ich eventuell leisten könnte, würde ich mehr Zeit dafür aufwenden.

    2. Stimmen spiele ich auch sehr gerne, ich Chor habe ich auch immer "Alt" gesungen. War meist schwieriger als Sopran, weil die Melodien einfach nicht so geläufig waren. Der Sopran war halt höher, so hoch kam ich nie rauf. Vielleicht hätte ich mal Flageolett-Singen üben sollen?

    Grüße
    Saxolina
     
  6. Gast

    Gast Guest

    Schönes Thema, interessante Beiträge. Bin auf dem Sax (C-Melody)"absolute beginner" im Fast-Rentenalter, habe aber z. B. im Pop-Chor ähnliche Erfahrungen. Singe Bass und moderiere unsere Auftritte, bin von Einstellung und Lebenserfahrung auch das absolute Alpha-Tier; aber fühle mich sehr wohl, wenn ich den anderen Stimmen die Grundlage für Groove und Feeling geben kann, auf der sie Melodie und Soli aufbauen können.
    Freue mich über diesen Thread und die bisherigen Beiträge und hoffe auf mehr!
    Keep on rockin´!
    Bluesgerd47
     
  7. Schepperer

    Schepperer Ist fast schon zuhause hier

    Ja, Profi oder nicht oder Amateur oder doch? Was will ich?
    Letzteres ist sicher die Kardinalsfrage. Ich füge an: ..von meinem Leben? ...wirklich machen?

    Als ich noch in meinen 20ern war, wollte ich nichts mehr, als Musik machen und es hat bis in meine 30er hinein gedauert, bis ich begriffen habe, dass alles nichts ist, wenn ich mich nicht mal für was entscheide. Denn nur das wird richtig gut (nennen wir es hier mal "professionell Sax spielen"), worauf ich eine gewisse Zeit meines Lebens ALLE meine Energie aufwende.

    Ich persönlich habe mich irgendwann also für Job und Familie entschieden (und das ist dann richtig gut geworden). Nebenbei: Kein Leistungsdruck mehr beim Musik machen (war eh quatsch, denn aus heutiger Sicht glaube ich zu wissen, dass das sowieso nichts geworden wäre), stattdessen heute totale Entspannung beim Musizieren. Es macht eine irre Laune, ohne überhöhten Anspruch drauflosprusten zu können, von den Erfahrungen früher dabei profitieren zu können und so Freude verbreiten zu können. Es macht genauso so viel Spaß, Leuten zuzuhören, die es anders gemacht haben, heute Profis sind und diese Leute voller Respekt und Demut "spitze" nennen zu können, ohne sich selbst dabei im Zugzwang zu sehen oder gar blöde neidisch zu reagieren.

    Und das Üben an sich ist viel effektiver, seit ich mich mit Stolz Hobbysaxophonist nenne: Ich bin ruhiger, ich lasse mir mehr Zeit mit allem.
    Und ganz nebenbei, früher häufig gehabt: Kein Ärger mehr mit oder über Mitmusiker, wegen existentieller Fragen. Was machen wir, wenn der große Durchbruch gelingt? Seid ihr auch wirklich dabei? Wer ist bereit, seinen Jahresurlaub einzubringen für die Clubtour? Machen die Freundinnen oder Familien das mit?

    Dramen über Dramen!
    Da bleibe ich gerne Amateur und schaue huldvoll respektvoll zu jedem Musikprofi, der sich die Ochsentour antut.

    Also, mein Platz ist an der Seite meines Saxophons, das Instrument ist DIE Konstante in meinem Leben. Aber für das Tagesgeschäft gibt es definitv Wichtigeres.

    Herzliche Grüße, der Schepperer
     
  8. Gelöschtes Mitglied 5398

    Gelöschtes Mitglied 5398 Guest

    Ich spiele im Jugendorchester als 3. Altsax die Stimmen vom 1. Horn und bin damit auch überaus zufrieden!

    Die zum Teil etwas schwierigeren Noten vom Altsax wären für mich zum Teil wohl auch nicht gleich machbar, da ich auch noch Probleme hab, immer durchzuspielen und nicht durcheinander zu kommen... :)

    Aber ich spiel die Noten vom 1. Horn auch gerne, weil bei einem Lied z.b ein kleines Solo dabei ist. Die würde ich ansonsten als 3. Sax nie bekommen, und das find ich toll! :-D Außerdem sind sie manchmal cooler als die Saxstimmen :-D

    LG
    Mary
     
  9. viva-la-musica

    viva-la-musica Ist fast schon zuhause hier

    Schön,das du deinen Platz in der Musik gefunden hast und dich mit der zweiten Stimme zufrieden gibst. Nein, das meine ich nicht zynisch.

    Meiner Meinung nach sind die zweiten Stimmen tatsächlich schwieriger zu spielen, weil sie abstrakter sind, wie du so schön beschreibst. Und dazu der Verzicht, nicht aus der Masse heraustreten zu können, brilieren zu können, den Ton anzugeben. Beides betrachte ich als die psychische Schwierigkeit der zweiten Stimmen.

    Das dumme Vergleichen mit anderen (womöglich mit der Weltspitze) kann natürlich immer nur frustrierend enden. Selbst die/der an der Spitze muss fürchten, nach einigen Jahren eitel Sonnenscheins abgelöst zu werden. Wichtiger wäre mir, seinen Job gut zu machen, egal was es ist. Was schert es da, vielleicht nur der 20.000 Saxophonist der Welt zu sein. Alle streben wir mehr oder weniger nach Anerkennung, nach einer Bedeutung dessen was wir tun. Und müssen irgendwann erkennen, das wir nicht mehr als das winzigste Staubkörnchen in dieser komplexen Welt sind, angesichts der (hoffentlich unendlichen)Geschichte nicht mal eine Fußnote. Bedeutung reduziert sich so auf die Leute, denen wir bekannt sind. "Love the One You're With" Man muss nicht der Erste werden, um geliebt zu sein.

    Seinen Platz im Leben, in der Musik zu kennen, ist das nicht der Ort, von dem aus wirkliche Veränderung erst möglich wird? Ein Läufer, an seinem Ziel angekommen, sucht den nächsten Wettkampf. Ein flaniernder Passant kann sich aussuchen, wo er als nächstes hingeht.

    Du hast beim Erarbeiten der ersten Stimme sehr viel Biss erwiesen. Respekt! Da du ja Lehrer bist, gib doch der jetzigen 1. Stimme die Chance, sich auch mal wieder die Zähne an der zweiten ausbeissen zu können, *gg*. Ihr könntet das Material ja gleichberechtigt untereinander austauschen.

    LG, vlm


    @Florentin: Allerdings spielt nicht jede Saxstimme wirklich allein, bis auf das Bariton ist der Satz meistens isorhythmisch geschlossen (homophon).
     
  10. rbur

    rbur Mod

    In der Regel kann man das was man gelernt oder studiert hat gut und ist auf diesem Gebiet Profi.
    Dass einer, der Musik studiert hat, das besser kann als ich mit nur wenigen Stunden Üben pro Woche, empfinde ich deshalb als normal, das beunruhigt mich nicht weiter. Und ich bin zufrieden.

    Trotzdem will ich mich natürlich im Rahmen meiner Möglichkeiten weiterentwickeln.
     
  11. cara

    cara Strebt nach Höherem

    Ich spiele noch nicht sehr lange Saxophon, aber es macht mir einen Heidenspaß.

    Ich übe viel, spiele viel, probiere viel, mein Saxlehrer und dieses Forum hier helfen mir dabei. Niemand will dafür bezahlen, um meinen Tönen zu lauschen. Ich bin Amateur und werde es zu 99,9%iger Wahrscheinlichkeit bleiben, es sei denn, es wollte mir plötzlich jemand Geld geben für mein Spiel. Dann müßte ich anfangen drüber nachzudenken, ob ich das denn wollen möchte. :-?
    Der Unterschied zwischen einem Amateur und einem Profi ist für mich die Bezahlung, nicht die Qualität des Könnens. Gut, man kann vermuten, dass jemand, der es beruflich macht, öfter zum Spiel kommt und deshalb schon besser ist. Muss aber nicht. Ich kann mir vorstellen, dass mancher Amateur manchem Profi gut oder bald das Wasser reichen kann (z.B. Schindi fand ich gar nicht schlecht )
    Die Bezeichnung Profi oder Amateur macht meines Erachtens nur eine Aussage über die Art, wie der Lebensunterhalt verdient wird, mit oder ohne Saxophon. Und da bin ich auf jeden Fall froh, dass ich es nicht mit meinem Saxophon tun muß. Für Oslo ;-) , wenn es sowas für Saxophone gäbe, wären mein Sax und ich wahrscheinlich schon gut genug, aber dann? Da hört doch jeder Spaß auf, wenn es doch mal quietscht und alle lachen. Wielange reicht's dann noch für meinen Lebensunterhalt? Nein, das muß nicht sein.

    Aber klasse Spielen will ich können! Die schönsten Töne will ich hervorbringen, einen Rhythmus, der mitreißt, will ich haben. Dafür übe ich.

    Und ich sag Euch, das macht einen Heidenspaß. :-D

    Cara
     
  12. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Das ist ja ein schöner Thread geworden.

    Auch ein Aspekt, der hierherpasst:

    Bislang war ich ja reiner Hobby-Spieler und habe mit der Musik - wirtschaftlich gesehen - nur Ausgaben gehabt. Ich bezahle sogar dafür, mich in verschiedenen Orchestern zu verrückten Zeiten und bei Eiseskaelte oder auch Affenhitze abrackern zu duerfen.

    Tja, und nun kommen wir mit einer kleinen Swing-Combo in den Bereich, wo wir Geld verdienen koennten ... Zumindest gibt es schon Veranstalter, die bereit sind, fuer uns zu zahlen ... Und was soll ich sagen - jetzt gehen die Probleme los: Marketing und Management. Freundschaftspreise - unfair ? Bei dieser Hochzeit koennen wir natuerlich nichts verlangen, das ist ja meine Cousine ...

    Das Repertoire: an den Publikumsgeschmack anpassen, um dafuer mehr Gigs zu kriegen ? Der Lohn fuer mein Hobbydasein war halt, dass ich nur die Stuecke spielen musste, die mir auch gefallen. Die Lektion aus den ersten paar Auftritten: der Applaus hat nichts zu tun mit der Qualitaet des Stuecks, auch nichts mit der Qualitaet der eigenen Darbietung. Applaus bedeutet nur: danke, diese Stueck habe ich erkannt ... Muss ich jetzt "Hello Mary Lou" und doofe Schlager spielen, weil das die Leute kennen ("Perdido" und "Harlem Nocturne" haben sie nicht gekannt, nicht mal den "Pink Panther" ...). Leider sind wir halt eine eher laendliche Gegend, und das Publikum ist nicht so "sophisticated" ...

    Und wehe, wenn hinterher etwas von der Gage ueberbleiben sollte (abzueglich aller Kosten, die viele eingesetzte Zeit sowieso nicht gerechnet): dann koennen die guten Freunde und Kollegen schon mal ihr anderes Gesicht zeigen ...
     
  13. coolie

    coolie Strebt nach Höherem

    Ich bin Hobbysaxer und seit ca 12 Jahren am Altsax dabei. Ich hatte ein paar Jahre Unterricht, kann das aber seit 2 Jahren zeitlich nicht mehr schaffen.
    Mit meinem Amateur/Hobby Status bin ich durchaus zufrieden, sehe aber auch, dass ich keine wirklichen Fortschritte mehr mache. Ich werde wohl der "erfahrene Anfänger" bleiben.
    Ich habe das Glück, dass ich in einer Schul-Bigband mitspielen kann - mit netten Kollegen und SchülerInnen. Das bedeutet 2-3 Auftritte im Jahr. Ich finde Publikum ganz wichtig, auch für einen Amateur, denn das stille Kämmerlein ist als Dauerzustand zu wenig...

    Keep swinging :)

    Uli
     
  14. Rick

    Rick Experte

    Hallo Florentin!

    Da sprichst Du ein sehr wichtiges Thema an, finde ich.

    In der Musik geht es ja nun gar nicht unbedingt um "besser" oder "schlechter" - ich betone auch immer wieder, dass ich ausgezeichnete Amateur-Musiker kenne, teilweise spiele ich mit welchen zusammen, teilweise sogar lieber als mit manchen Profis. :-D

    Doch nun kommen solche "Amateure" und erzählen mir, sie hätten das Geld ja nicht nötig, deshalb verzichteten sie eben bei ihren Gigs auf eine angemessene Gage, spielten ja sowieso nur zum Spaß.
    Mag ja alles sein. Doch für die Szene bedeutet das, dass auf Dauer die Preise verfallen - wer ein gutes Amateur-Quintett für 300,- bekommt, zahlt doch keiner Profi-Band, die beim Publikum nicht unbedingt besser ankommen muss, ein Vielfaches!

    Denn glaubt es oder nicht, aber die MEISTEN Profi-Jobs können auch routinierte Amateure spielen, besonders die gut bezahlten Dienstleistungs-Sachen wie eben Empfänge, Hochzeiten etc.
    Mag sein, dass Profis auf der großen Konzertbühne, auf Festivals oder im Fernsehen schon irgendwie besser rüberkommen - aber fragt bitte nicht, was man dafür üblicherweise an Gagen erhält... :roll:

    Daher meine Bitte im Namen vieler Kollegen:
    Macht nicht mühsam etablierte Preise kaputt! :-o

    Wir laufen ja auch nicht rum und bieten Euren Kunden/Arbeitgebern verbilligt Dienstleistungen an, zu denen wir vielleicht aufgrund unserer praktischen Erfahrung fähig sind, von denen aber wiederum andere Leute leben müssen (Handwerkstätigkeiten, Büroarbeit, EDV, Werbung, Medien etc.). ;-)

    Leistung muss ihren Preis haben, egal ob Profi oder Amateur.


    Herzliche Grüße,
    Rick
     
  15. hanjo

    hanjo Strebt nach Höherem

    hallo rick,

    ist doch längst passiert, jedenfalls bei uns.

    berufsmäßig musik zu machen, hat nicht unbedingt zwangsläufig mit dem überkönnen zu tun. viel wichtiger ist z. b. zur richtigen zeit am richtigen ort zu sein, sich verkaufen zu können, das spielen, was die leute hören wollen.... mit dem schneewalzer, halbwegs gerade, kannst du deutlich erfolgreicher sein, als mit der anspruchvollsten jazz nummer, ohne makel...........

    hallo rainer,

    das unterschreibe ich dir. doch wie du schon schreibst, ich muß es wirklich, ohne wenn und aber, wollen.

    hallo altblase,

    sorry altblase, für mich hört sich das, was du schreibst an, als ob du den versuch unternimmst, dir selbst gegenüber, deine rolle in dieser gruppe, zu rechtfertigen. gelingt dir das?

    gruß
    hanjo
     
  16. rbur

    rbur Mod

    Du vielleicht nicht, aber zigtausende andere,
    Warum sollte Profimusiker der einzige Berufsstand sein, dem es nicht so geht?
     
  17. Schepperer

    Schepperer Ist fast schon zuhause hier

    Hallo,

    ich denke, dass jeder gute Amateur irgendwann sich die Frage stellt, ob er nicht eine "Gage" verlangen sollte, auch wenn er es dreimal wirtschaftlich "nicht braucht". Man hat Aufwand: Instrumente, Reparaturen, Klamotten, Fahrtwege, Proberaum, Mahlzeiten, Übernachtungen, Zeit(!), etc..

    Auf die Dauer ist das "friedlich sich selbst gegenüber" nicht vereinbar ohne Gage. Den "Amateur" möchte ich sehen, der sich nicht freut, wenn er abends dann seiner Freundin oder Frau keinen Fuffi vor die Nase halten kann, von dem er sich nicht nur drei neue Blätter kaufen kann, sondern mit seiner Angebeteten auch mal einen Kaffee trinken gehen kann.
    Und: Müssen wir es nicht auch schon als Gage betrachten, wenn nur eine warme Mahlzeit oder freie Getränke rausspringen?

    Und ich gebe Rick recht, dass man "die Preise nicht kaputt machen" sollte, stelle jedoch entgegen: Dann muss man erst mal wissen, "was die mühsam etablierten Preise sind".
    99% aller Amateure wissen das gar nicht. Es gibt keinen "Tarifvertrag". Oder gibt es den doch? Wo?

    Ja, und dann geht es los: Nebengewerbe anmelden oder nicht? Alles über das Finanzamt abwickeln oder doch lieber cash auf die Hand?

    Der Amateur ist hier in einer Zwickmühle, er ist ab einem gewissen Punkt nicht Fisch und nicht Fleisch. Das ist schwierig.
    Und dann passiert das, was im Handwerksbereich (hier gebe ich R-Bur Recht) Usus ist: Nebenan arbeitet ein Tüncher schwarz, der wird dann gleich vom selbstständigen Malermeister um die Ecke angezeigt, weil in dessen Nachbarschaft "schwarz" gearbeitet wird.

    Erschwerend kommt hinzu: Die Ansprüche des Publikums sind gravierend unterschiedlich. Dem einen Kunden ist der Anfänger, der La Paloma spielen kann, gerade recht, der andere Kunde mosert über den teuren Profi, der zwar eine Top-Dienstleistung abliefert, aber nicht bereit ist, den besoffenen Millionären auf Sylt nachts um zwei von der Bühne aus dann noch beim Poppen zuzugucken. Andererseits gibt es Amateure, die nehmen ihr Hobby ernster, als der Profi! Sie sehen besser aus, sind zuverlässiger und vielleicht sogar musikalisch besser!

    Wie soll ich (Amateur) mich verhalten, wenn ich eine "professionelle" Anfrage bekomme? Wie stelle ich es an, damit ich die Profis (die ich sehr wertschätze) mir nicht zum Feind mache? Bei diesem schönen Thread und dieser interessanten Debatte: Wo ist genau der Unterschied zwischen dem Amateur und dem Profi? Bei der beginnenden Bezahlung, wie Cara mutmaßt? Oder gibt es gar einen Zustand dazwischen? Wie steht es mit dem Semi-Profi? Wie verhält es sich rechtlich, steuerlich usw. mit dem Zustand dazwischen? Und wie siedelt man eine faire, vernünftige Gage für diese Grauzone an? Gibt es einen brauchbaren Codex für diesen Bereich?
    Ich habe den bisher nicht gesehen.

    Herzliche Grüße, der Schepperer
     
  18. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest

    Wenn die Gage stimmt und Du Dir zutraust, dem Anforderungsprofil des Veranstalters gerecht zu werden: Annehmen natürlich.

    Es ist doch Sache des Veranstalters, wen er bucht. Und Musiker ist kein wie auch immer geschützter Berufszweig. Für eine Herztransplantation würde ich lieber nen Profi buchen. Für die musikalische Umrahmung einer Feier bin ich mit einer guten Amateurband völlig zufrieden.

    Gruß aus dem Schwarzwald
    Bernd
     
  19. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Zum Punkt "Amateurband gegen Profiband":

    Ich habe zum Glueck (naja, nur Glueck war es wohl auch nicht) einen ziemlich gut bezahlten und sicheren nichtmusikalischen Beruf. Und Musik macht mir viel Freude. Trotzdem gestehe ich, dass ich Bezahlung haben will, wenn wir es mit unserer Musik rechtfertigen koennen. Aus mehreren Gruenden:
    - ansatzweise Entschaedigung fuer die Kosten. Nicht so sehr Instrumente und Noten und Unterricht und CDs - das alles mag ja noch Hobby sein. Aber speziell fuer die Auftritte kamen noch dazu: PA-Anlage, ein bestimmtes Outfit, Werbematerial, Noten, die ich sonst nicht gebraucht haette, usw.
    - durchaus ein Gefuehl der Befriedigung, wie Schepperer so schoen schreibt: Unsere Leistung wurde honoriert ! Ein bisschen wie der beruehmte erste selbstverdiente Kreuzer von Onkel Dagobert. Meine erste Gage hat sogar meinen Sohn beeindruckt, der jeden Tag Klarinette ueben soll ...
    - auch die Einstellung: jawohl, der Veranstalter soll auch dafuer etwas Geld in die Hand nehmen.
    - Hier kommt auch die Ueberlegung der fairen Konkurrenz mit Profigruppen. Aber so weit sind wir ja noch lange nicht, wir sind ja froh, wenn wir ueberhaupt wo Erfahrung sammeln koennnen.


    Was ich aber mit "unfairen Freundschaftspreisen" gemeint hatte, war Fairness innerhalb der Band. Wir haben einen, der hier Gott und die Welt kennt. Fein, durch seine Kontakte kommen wir zu Auftritten. Aber die meisten sind eben seine Freunde / Verwandten / Kollegen. Da sollen wir zwar spielen, aber "natuerlich" nicht zum regulaeren Preis. Das finden die anderen, die eben keine Familie etc. hier haben, nicht fair.


    So, muss jetzt mal eben zum Mittagessen ...
     
  20. viva-la-musica

    viva-la-musica Ist fast schon zuhause hier

    Freundschaftspreise sind ok, ohnehin muss man jedesmal kungeln und handeln mit der Gage. Wenn diese Freundschaftsdienste ausufern wirds natürlich unbefriedigend. Wir haben die Lösung für uns so gestaltet, dass jedes Bandmitglied pro Jahr einen Freundschaftspreis Gig hat. Damit können alle gut leben. (Wird zugegeben schwierig bei grossen Bands -> alle 3 Jahre? nach "Dienst"-alter? )

    Ein Aspekt des Preises: Was nix kostet ist nix wert. Dieser Geringschätzung begegnet man dann immer, wenn man sich unter Wert verkauft.
     
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