II-V-I Licks üben - mit welchem Ziel?

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von Meurgly, 28.Mai.2023.

  1. Meurgly

    Meurgly Nicht zu schüchtern zum Reden

    Hallo zusammen,

    meine Zeit zum Üben wird knapp und knapper, das, was ich üben möchte, immer mehr - ein sicher bekanntes Problem. Mich treiben daher oft Fragen um, was ich in der knappen Zeit übe, welches Ziel ich mit welcher Übung verfolge, um die Zeit effektiv (und mit Spaß!) zu nutzen. Und bei II-V-I Licks bin ich mir etwas unsicher, was ich damit erreiche.

    Mir als Improvisations-Anfänger, vielleicht auch fortgeschrittener Anfänger, fällt zum Beispiel das, was mein Lehrer immer von mir wollte, verdammt schwer, nämlich das Einbinden von erlernten Licks in meine Soli. Überhaupt zu erkennen, wann ich ein Lick spielen kann, geschweige denn dann die richtige Tonart zu treffen... davon bin ich gefühlt noch meilenweit entfernt, gerade wenn es darum geht, so etwas spontan einzubauen. Ein paar hatte ich dann mal "durchgearbeitet", doch nie irgendwie angewendet.
    Gerade reizt mich vielmehr, Licks durchzuarbeiten, auswendig zu lernen, durch alle Tonarten zu transponieren, um das Auswendiglernen (ich war lange Jahre gewohnt, ausschließlich mit Noten zu spielen) und das Transponieren zu üben. Aber sind Licks dafür ein geeignetes Mittel? Oder kommt die Fähigkeit, das anzuwenden, auch erst mit der Zeit, wenn einige Licks in Fleisch und Blut übergegangen sind und ich über die Licks das Auswendigspielen und Transponieren "kann"?

    Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Was fangt ihr mit erlernten Licks an? Was haltet ihr von all der II-V-I Literatur (ich hab zum Beispiel das von Jamey Aebersold, was mit CD auch echt Spaß macht...)? Und welches Stellenwert nimmt sowas bei euch ein, wenn es um das Lernen von Improvisation geht?

    Grüße aus dem lauen Sommerabend!
    meurgly
     
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  2. GelöschtesMitglied14902

    GelöschtesMitglied14902 Guest

    Ich würde mal als allererstes überlegen,wie wichtig mir das Saxophon ist. Wenn deine Zeit zum üben immer knapper wird,ist dir das spielen vielleicht nicht mehr so wichtig. Und wenn dem so ist, vergess diese Licks,sondern spiel das was dir Spaß macht
     
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  3. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Ja, wenn es parallel läuft mit Tonleitern und Arpeggios üben. Licks sind nichts anderes als geschickte Basteleien daraus. Mit Licks gelingt es eher, passendes Phrasieren zu lernen.

    Genau so. Vergiss das meist krampfhafte "Einbauen" geiler Licks, um deine Improvisationen aufzumöbeln.
     
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  4. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Effizienz, ich weiß ja nicht. Klar gibt es no-goes, Netflix sollte beim Üben nicht laufen, aber Leistungsgedanke oder gar deutsche Bürokratieliebe bringen meiner Erfahrung nach nicht sonderlich viel - vor allem, wenn es "nur" ein Hobby ist, weil dann die Freude beim Üben/Spielen oberste Priorität hat.
    Nimm dir ein, zwei Dinge, die du wirklich nicht gut kannst und üb sie, bis du sie besser kannst. Wenn sie dir langweilig werden, stell sie zurück, üb sie morgen wieder und in der Zwischenzeit etwas anderes. Ansonsten machst du dir das Leben unnötig schwer.
    Leidenschaft soll auch dabei sein, also check doch mal deinen Lieblingsspieler aus und schau, was du von ihm lernen kannst und was sich daraus als Übung ergibt.
    Phrasieren lernt man meines Erachtens übrigens am besten, in dem man ständig singt, trommelt usw.
    Über einen Blues kann ich inzwischen akzeptabel (nicht gut oder professionell!) scatten, aber da bin ich, obwohl meine Phrasierung sogar ab und zu gelobt wird, immer wieder erstaunt, wie gleichtönig und einfallslos ich singe. Also, hören, singen, bis dir dein eigenes Singen und deine Lieblingsaufnahmen so richtig auf den Keks gehen, dann kommt die Phrasierung auch.
     
  5. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    II V I Licks helfen zu verstehen wie man darüber spielen kann. Ich würde sie nicht wirklich nutzen wollen, um sie dann auswendig ins Solo einzubauen. Es geht eher darum die Sprache dahinter zu verstehen, warum klingt es wie es klingt und wie funktioniert es. Stimmführung, der Klang von bestimmten Tönen im Akkord, Chromatic Annäherung, Akkordtöne und Zwischentöne, Spannungstöne, wie verknüpft man Akkorde etc. etc. da gibt es viel zu lernen. Und all das was man draus lernen kann, kann man dann üben in seine Soli einzubauen. Aber ein Lick eins zu eins im Solo einsetzen halte ich für nicht so zielführend. Das Transponieren des Licks lässt einen oft besser verstehen was da passiert, weil man es sonst nicht transponieren kann und gleichzeitig verbessert es die Technik und das Verständnis für die unterschiedlichen Tonarten.
     
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  6. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Also ich hole mir Licks von vornherein eh von Transkriptionen, also die Highlights, die mir bei meinen Lieblingsspielern am besten gefallen, und die werden durch die Keys geübt und dann als Übung konkret bei anderen Stücken eingesetzt. Dann kann man noch schauen, welche Töne man ändern muss um das Lick in einer Moll-ii-v-i zu nutzen oder ob und wie wie man es rhythmisch variieren kann, so dass es trotzdem noch passt.
    Ich bin insofern anderer Meinung, als dass man gerade das "Einbauen" konkret üben sollte, besonders am Anfang. Wenn man nur II-V-I Licks im Quintenzirkel oder down in tones oder sonstwie übt, wird man auch nur genau das können. Dann braucht man sich aber auch nicht wundern, wenn einem auch nie eins spontan beim Improvisieren rausrutscht. Das "Einbauen" will geübt sein, erst wenn man das beim Üben hinkriegt, zum Beispiel bei einem Stück wie I'll Remember April oder The Night has a Thousend Eyes die II-V-I in der Reihenfolge zu bedienen, wie sie da vorkommen, kann man drauf hoffen, dass einem das irgendwann mal spontan beim Improvisieren "passiert". Es muss ja auch stimmig sein mit dem, was man vorher oder nachher spielt, ansonsten klingt es halt auch nur konstruiert.
    Ansonsten, um die ultimative Flexibilität zu bekommen, ist es wichtig, wie ilikestitt sagt, das Konzept zu begreifen, das hinter dem jeweiligen Lick steht. Denn wenn man das Konzept dahinter verstanden hat, kann man entsprechend kreativ und flexibel werden und irgendwann hoffentlich mal direkt bei der Improvisation neue Licks spontan entstehen lassen.
    Ich verbringe einen Großteil meiner Übezeit mit II-V-I Übungen, aber II-V-I Literatur kenne ich nicht.
    LG Juju
     
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  7. Stevie

    Stevie Ist fast schon zuhause hier

    Ich sehe es wie Juju - licks aus der Improvisationsliteratur oder rausgehört zu lernen, nachzuspielen und dann in die eigene Improvisation einzubauen, sind ein super Einstieg.
    Meist passen die licks ohnehin nicht zu 100% und müssen noch angepasst werden.
    Ich habe so für den Einstieg im Moment vielleicht 10 Lieblingslicks, mit denen ich starte und aus denen sich dann etwas Neues entwickeln kann.
    Kommt aber auch auf das Stück an. Harmonisch weniger komplexe Songs gehe ich in der Regel ohne vorgefertigtes Ausgangsmaterial an.
    Und auswendig gelernte licks geben auch Sicherheit. Das ist Material, das funktioniert und auf das man zuverlässig zurückgreifen kann.
    Siehe meine Frage zu pick ups in einem anderen thread. Wenn nichts schief gehen darf, greife ich ohne Hemmung zu etwas exakt vorbereitetem. Ich denke, dass das auch Profis hin und wieder tun - und für Amateure ist das auf jeden Fall hilfreich und „erlaubt“.
    Also: dran bleiben!
    So long
    Stevie
     
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  8. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Eine gute Sache ist mal, 1 Lick in 12 Keys und 12 Licks in 1 Key abzuwechseln.
    Außerdem ist es IMHO wichtig, immer die Stimmführung im Kopf zu haben, die gespielten Töne in Relation zum Basston zu hören.

    Wie schon @ilikestitt richtig bemerkte, es ist wichtg, das Dahinter zu verstehen.
    1:1 einbauen könnte ich nicht, da müsste ich viel zu lang denken.
    Wenn man's mit Vokabular vergleicht - man verbindet ja selbst gelernte Wörter zu Sätzen, auch wenn man sie zuerst innerhalb von vorgefertigten Sätzen lernt.
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 29.Mai.2023
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  9. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    Das Ziel ist sicherlich der entscheidende Faktor.

    Will man in den Jazz und da dann auch Solieren wohl sehr sinnvolle Basics und hilfreiche Übung.

    Will man einfach nur Sax spielen zum Spass und ohne jegliche Imrovisations-Ziele, gäbe es genug andere Ansätze zum Üben.
     
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  10. Nilu

    Nilu Ist fast schon zuhause hier

    Kann man das auch in Worte fassen, was "dahinter" passiert?
    Also, was könnte ein Linienplan für z.B. eine! 2 5 1 Rezeptur sein?
     
  11. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Man kann das Einbauen z.B. so geläufig machen: Du nimmst dir ein Standard mit ein paar 2-5-1. Idealerweise kommt eine Verbindung in der gleichen Tonart sogar zweimal oder mehrmals vor. Jetzt nimmst du das 2-5-1 Lick der Wahl und platzierst es in die Takte. Und jetzt improvisierst du was du willst. Nur an der jeweiligen 2-5-1 musst du das lick spielen. Mit ein bisschen Übung passt es in deine Improvisation, du hörst die Linie kommen, kannst aus deiner eigenen Linie landen und dann nimmst du es im Handgepäck mit…
     
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  12. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @Ton Scott
    Weil du diesen Vergleich mit Sprache bringst ....

    Das wäre mein Ziel am Sax:
    So Sax spielen können, wie ich sprechen kann.

    Soll heißen:
    Innerhalb weniger Millisekunden ist ein Gedanken in meinem Kopf formuliert.

    Und schon im nächsten Augenblick bewegt er, transformiert als Wort oder Satz,
    die Luftmoleküle.

    Und erreicht so die Ohren des -Empfängers-

    Was nicht jeden erfreut ....

    Gestern z.B. nicht die Kollegen im Auto während einer Dienstreise.
    Nach einer Stunde ihr Kommentar:

    "Quatsch nicht so viel.
    Wir versuchen, zu schlafen !":D

    VG
     
  13. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Das Problem ist halt, daß sich das extrem schnell abnutzt und schnell für Mitmusiker und Zuhörer hörbar ist. Gerade beim Einstieg hören alle noch deutlich zu. Ich sehe das wie bei einer Geschichte oder wenn mir Jemand was erzählt, da würde mich auch nerven, wenn der Einstieg immer ähnlich ist (bei 10 Versionen). Ich kannte mal ne Band, da haben die Mitmusiker irgendwann das Einstiegslick des Trompeters immer mitgesungen (oder mitgespielt), weil meist eins von fünf kam.

    Ja Licks können Sicherheit geben im Umgang mit Material und im Verständnis aber ich fühlte mich durch auswendig gelernte Licks noch nie sicher beim Solieren über einen Song, da fühle ich mich sicher, wenn ich das Material wirklich ausgecheckt und geübt habe oder schon beherrsche.
     
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  14. Gelöschtes Mitglied 15173

    Gelöschtes Mitglied 15173 Guest

    ... die Gedanken sollten aber nicht im Kopf, sondern in den Fingern sein ("Fingergedächtnis") - bei beispielsweise 240 bpm ist die Leitung Kopf - Finger einfach zu lang, das "latenzfrei" umzusetzen.
     
  15. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Klugscheissen an: auch das Fingergedächtnis ist im Kopf (und nicht in den Fingern). Ich glaube es ist aber klar worauf du hinaus willst.
     
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  16. Stevie

    Stevie Ist fast schon zuhause hier

    Da hast Du absolut recht. Aber was Du sagst, ist ja doch schon recht weit fortgeschritten. Es geht ja auch darum, überhaupt mal zu einem Song zu improvisieren. Und da können ein paar licks schon extrem hilfreich sein. Dass man nicht immer dasselbe Zeug spielen kann, ist ja klar…

    Ein anderer Zugang, der mir auch gut bei anderen gefällt, ist Motive aus dem Song aufzunehmen oder auch schlicht embellishment - ist auch oft ein guter Einstieg in die Welt der Improvisation.

    So long
    Stevie
     
  17. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Wenn Du Licks schon spielen, verstehen und situationsbezogen anwenden kannst aber ohne dich nicht sicher fühlst, sind die Akkorde der Stücke dann wohl doch nicht ausreichend geübt worden. Ich habe viele Schüler, die in Big Bands spielen und die müssen häufig Soli spielen, die lernen die Akkorde und harmonische Basis und kommen damit gut zurecht, ohne daß sie je ein II V I Lick gelernt haben. Ich glaube du kompensierst eine Unsicherheit und würdest auch ohne auskommen, das ist dann oft wie Stützräder, obwohl man schon radfahren kann, sich aber nicht so traut. Wenn du Licks schon so einsetzen kannst, bekommst du den Rest auch hin, da bin ich mir sicher.
     
  18. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Ich zitiere mich selber nochmal. Ich bin tatsächlich gegen bewusstes "Einbauenwollen" von Licks während eines Lernprozesses in Solos mit der Band oder sonstwie auf der Bühne.

    Aber auch ich benutze Stücke, um Licks zu lernen, Routine zu kriegen. Was ich hier gerade aufgenommen habe und im Anhang zeige, sind keine II-V-Ier, denn aktuell übe ich sehr viel den Umgang mit dem Cry-Me-A-River-Lick (CMAR-Lick). Es ist die Nummer "There Will Be No Greater Love", wo ich an allen möglichen Stellen dieses Lick unterbringe. In der Reihenfolge (für Bb) F7, A7, D7, G7, in der Bridge E7. Im ersten Chorus in 8eln, im zweiten mit der typischen Triole nach der langen #9 (im letzten A-Teil muss ich natürlich irgendwo straucheln...).

    Da stimme ich jetzt mit @Juju und anderen überein, dass es das bringt, um Routine zu kriegen. In diesem Stück sind es halt die vielen V7, die mich einladen.
     

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  19. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Was willst du mit licks erreichen?
    Ich kann dir nur sagen, wozu ich sie gelegentlich benutze und wie:
    Zum freien, unvorbereiteten improvisieren fehlen mir Können und Routine. Daher schreibe ich mir die akkorde auf, suche mir licks, die mir zu dem Stück gefallen, transponiere mir die passend, schreibe mir das gesamte solo mal auf und spiele das. Meistens brauche ich dann doch ein paar Anpassungen bei akkordwechseln. Wenn das steht ist das mein Gerüst. Das kann ich dann noch ausschmücken....
    Einen Vortrag bereite ich ja auch vor, mit einer Roadmap und Stichpunkten als Gerüst, um das ich dann ausschmücke. Sinnvolll frei strukturiert zu einem Thema spontan referieren können auch nur sehr wenige.
     
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  20. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Ist 'n Solo, aber keine Imrpovisation, oder?

    CzG

    Dreas
     
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