In tune or not in tune

Dieses Thema im Forum "Klarinette" wurde erstellt von altoSaxo, 17.August.2025.

  1. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Im SBO stimmen wir mit klingend Bb. Im Saxensemble stimme ich gerne mit gegriffenen G (egal ob Bb- oder Eb-Instrument). Zusammengespielt ergeben sich Quarten und Quinten.
     
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  2. CBlues

    CBlues Strebt nach Höherem

    Danke für eure Antworten.
    ppue: du hast den Finger in die Wunde gesteckt ;-)

    Wir hatten neulich einen Auftritt bei einem 80. Geburtstag, der beinahe zur Auflösung unseres GruppenSax geführt hat.
    Draußen auf einer Terrasse, nicht warmgespielt, nicht ausreichend gestimmt, nervös weil beim
    1. Alt Klappen geklebt haben.
    Eigentlich alles bereit für eine Katastrophe ;-)
    Wir waren eigentlich ganz zufrieden mit unserer Performance, bis wir eine Handyaufnahme gehört haben......
    AUA, klang das schräg
     
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  3. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Mit Stimmgerät einzelne Töne zu analysieren, ist nicht meine Empfehlung.
     
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  4. CBlues

    CBlues Strebt nach Höherem

    ... aber das schult fürs Nächste mal ;-)
     
  5. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Ja, so kann man sich einen schönen Auftritt nachträglich schlecht machen. Der Auftritt ist eine Momentaufnahme, die ich gerne in positiver Erinnerung behalte.

    Ich bevorzuge Probeaufnahmen.
     
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  6. giuseppe

    giuseppe Gehört zum Inventar

    Muss es nicht. Da bin ich vielleicht unnötig analytisch. Nerd-Kram halt. ;)

    Ich kann dir aber bei meinem Hauptinstrument Tenor aus dem Kopf sagen, wo die Nadel bei welchen Tönen im Vergleich zum Durchschnitt liegt (zum Glück nirgendwo zu weit weg) und weiß dadurch eigentlich immer recht gut, wie ich Töne spielen muss und wo ich hin muss, wenn es in der Mehrstimmigkeit mal schwebt.

    Ich denke, dass ich eigentlich ein gutes relatives Gehör habe. Trotzdem finde ich es manchmal bei kurzen Tönen und schnelleren Passagen sehr schwierig, sofort zu realisieren, wer für die Schwebungen verantwortlich ist und wo man hin muss, um sie zu lindern. Kann ja auch der andere daneben liegen und trotzdem will ich es retten oder verbessern.

    Wenn ich mein Instrument gut kenne, glaube ich das besser zu können.
    Für mich ist es manchmal erstaunlich, wie viele Leute einen krassen Intonations-Schwachpunkt auf ihrem Lieblingsinstrument haben - so wie ein absurd hohes D2, extrem hohe oder niedrige Palmkeys, zu tiefes kurzes Cis oder H - und überhaupt nicht wissen, dass das so ist!
    Dann spielen sie ihr zu tiefes cis im Akkord, es schwebt und sie lassen es testweise noch ein bisschen fallen.
    Von daher wäre meine Empfehlung immer, das Equipment mit allen verfügbaren Hilfsmitteln kennenzulernen.
     
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  7. _Eb

    _Eb Ist fast schon zuhause hier

    @Cazzani du hast nicht verstanden was ich meinte.
    Es ging nicht um Musiktheorie .
    Alles prima für Theoretiker .
    Es ging um die Frage ob es am Horn oder am Spieler liegt, wenn der Ton nicht passt.
    Der ganze Bumms mit den fehlenden cent und den wohltemperierten Tönen ...
    Drei rauf und runter hat aber für mich beim sax keinen praktischen Einfluss auf die Ton Bildung .
    Vielleicht auf den Zielton ..
    Das hat aber der Blechknecht schon mehr oder weniger gut in Metall gegossen bzw gedängelt

    Da sind Ohren und 1000 kleine muskeln wichtig, die dann den Ton mit dem mpc und dem reed und dem sax formen...
     
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  8. Cazzani

    Cazzani Ist fast schon zuhause hier

    @_Eb Mir geht es ausschließlich um Praxis. Theorie interessiert mich nur als Mittel dazu. Mein lebensnaher Hintergrund bei diesen Themen ist unter anderem: In der alten Musik stimme ich meine kleine Orgel selbst. Da bekomme ich sofort eine brutale Rückmeldung auf die Ohren, ob das, was ich mir gedacht habe, funktioniert.

    Die Ausgangsfrage in diesem Thread von @altoSaxo hieß: "Sind Abweichungen über 20 ct. noch sehr gut oder kommt es drauf an?" Meine praktische Antwort darauf ist klar: Es kommt darauf an. Und das Stimmgerät ist dabei kein besonders guter Berater. Deinem Satz "Da sind Ohren und 1000 kleine muskeln wichtig, die dann den Ton mit dem mpc und dem reed und dem sax formen" stimme ich uneingeschränkt zu.

    Wenn wir gut spielen, machen wir viele Dinge intuitiv (und ohne bewusste oder theoretische Entscheidung) richtig, damit die Intonation stimmt. Ich kann nach Noten sauber singen - das kommt mir am Saxophon zugute, weil ich den gelesenen Ton voraushöre. Theorie kann dann helfen, nachträglich oder grundsätzlich zu verstehen, warum etwas besser oder weniger gut zusammenklingt. Und Theorie kann erklären, warum das Stimmgerät nur für den Stimmton A (oder welchen man bevorzugt) verwendet werden sollte, aber nicht für die Kontrolle des sauberen Spiels. Nur das war mein Punkt.
     
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  9. giuseppe

    giuseppe Gehört zum Inventar

    Das hast du gut beschrieben, @Cazzani! Darf ich fragen, wie du die Orgel stimmst, also nach welcher Stimmung?
    Nur damit kein falscher Eindruck meines oben erläuterten Ansinnens entsteht: der zweiten Satzhälfte stimme ich uneingeschränkt zu. Und selbst zum Einstimmen benutze ich lieber das Ohr als das Gerät, je Gepflogenheit des Ensembles. Aber im Proberaum ist das Stimmgerät zum Beispiel bei Longtones oft an, wenn ich nicht gerade einen Drone anhabe. Neben dem Tonnetz meines Instruments vermittelt mir das auch so Dinge wie Intonationsabweichungen bei unterschiedlicher Lautstärke, die man sonst vielleicht nicht wahrnimmt.
     
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  10. Cazzani

    Cazzani Ist fast schon zuhause hier

    Das kommt auf die Musik an. Im Barock-Ensemble: Werckmeister 3 oder Neidhardt 3, Stimmton 415 Hertz. Manchmal auch Vallotti (wohlklingendere Bb-Tonarten), je nach Programm.
    In der Renaissance-Truppe eine gemilderte mitteltönige Stimmung nach Praetorius, 440 Hertz.

    Alle Stimmungen ohne Ausnahme verschieben das physikalische Problem, dass in unserem Tonsystem auf einem Instrument mit 12 Tasten pro Oktave nicht alle Akkorde sauber klingen können, nur an unterschiedliche Stellen. Entweder hört man alle Akkorde gleichstufig etwas getrübt, oder ich habe Tonarten, die beglückend sauber klingen, und andere, die fast oder völlig unbrauchbar sind. Dann klingen die Akkorde ausdrucksvoll in unterschiedlicher Farbigkeit. Selbst ein völlig verstimmtes Fis-Dur wurde vor allem im 17. Jahrhundert gelegentlich komponiert - z.B. wenn der Teufel die Bühne betritt. Spielt man das Stück in gleichstufiger Stimmung, ist diese Information nicht mehr zu hören.

    Die gleichstufige Stimmung war vor 1700 als theoretische Möglichkeit bekannt (seit 1588 in der Fachliteratur in Italien, 1584 in China), aber musikalisch überhaupt nicht attraktiv. Andreas Werckmeister lobte die gleichstufige Stimmung gegen Ende seines Lebens aus theologischen Gründen, benutzte sie aber nicht. Nur mit verstimmten Akkorden zu spielen war im Barock keine Option. Das änderte sich erst um 1800 in der Stadt (viel später auf dem Dorf, und Orgelbau ist ohnehin konservativ), als die Benutzbarkeit aller Tonarten wertvoller schien als eine begrenzte Auswahl wirklich gut gestimmter Akkorde.

    0rgel-Stadtpfeifer.JPG

    Das ist das Orgelchen - 49 delikate Holzpfeifen.
     
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  11. _Eb

    _Eb Ist fast schon zuhause hier

    ich bin ja nicht so gut in der Theorie ..... auch nicht in der Praxis.....
    Aber ich denke deine geschilderte Problemeatik ist für Saxophone ehr nicht sooo relevant ...
    Sei den mir erklärt mal wer wie man einen Akkord auf dem Sax Spiel ( also alle drei Töne zeitgleich)

    Was is noch gelten lassen würde ich wenn wein Saxophon duet ,trezet , quartett, oder was auch immer für eine
    Mischung zusammen spielt das es dann sicher beginnt interessant zuwerden ....
    Aber auch dann muss ja jedes sax so gespielt werden das sowohlt on als auch lautstärkepasst , was wieder am Ende
    Am Spieler hängen bleibt.....

    Was ich leider noch nicht auch probieren konnt ( also selber) ist die Verbindung mit anderen nicht saxophone Instrumenten....
    Gitarre, Geige, Bass haben auch die chance ihre Töne anzupassen so das es nice klingt ,denke ich.
    Aber wenn dann Instument wie klavier oder Orgel mit ihrer eigenen Stimmung um die Ecke kommen kann es glaube ich sehr herausfordernd werden


    aber alles Gedanken..... und manchmal glaube ich das ich die Welt irgendwie anders ssehe......
     
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  12. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    In den früheren Jahren hatte ich unterschiedliche Tonfolgen aufgenommen und mit Melodyne nach wiederkehrenden kritischen Töne geprüft. Danach habe ich bewusst solche Intervalle bzw. Passagen länger geübt und danach wieder eine Aufnahme mit Melodyne gemacht.

    Am Ende muss mein Gehör und nicht die Augen “korrigieren”.
     
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  13. giuseppe

    giuseppe Gehört zum Inventar

    +1. Aber das Ohr braucht (beim nicht absoluten Hörer) Referenz, wie @quax schon anmerkte - und wenn es der Ton davor ist. Im Zusammenspiel mit anderen darf bei mir auch nur das Ohr entscheiden.
     
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  14. giuseppe

    giuseppe Gehört zum Inventar

    Die Unterschiede würde ich gerne mal hören - z.B. bei „Guten Abend, Gute Nacht“ in 12 Tonarten oder sowas. :D
    Ich denke es war eine ganz andere musikalische Welt, als verschiedene Tonarten hierdurch einen unterschiedlichen Charakter hatten. Schön dass du das am Leben erhältst!
     
  15. altoSaxo

    altoSaxo Strebt nach Höherem

    Naja, Yanagisawa wird z.B. oft für sehr gute Intonation gelobt. Es ist ja durchaus ein Vorteil, wenn ein Instrument gut stimmt und man infolgedessen weniger korrigieren muss, insbesondere vermute ich für Anfänger und leicht Fortgeschrittene. Darum kann es von Vorteil sein, diese Qualität beim Kauf berücksichtigen zu können.

    Dass am Ende die Intonation der gespielten Töne auch vom Gehör und der Kompetenz des Spielers abhängt, bleibt ja unbenommen.

    Ob und inwieweit man dann am Ende bei der Intonation von der gleichstufigen Stimmung abweicht, hängt vom Kontext ab, in dem man spielt und ist dann aus meiner Sicht das Feintuning im Advanced-Bereich. Es setzt voraus, dass man Intonation vom Gehör und vom Ansatz her grundlegend beherrscht und darüber hinaus Erfahrung hat, etwa eine große Terz im mehrstimmigen Arrangement zu erkennen und in der Intonation beabsichtigt anders zu spielen, als wenn ein gleichstufig gestimmtes Instrument die Referenz ist.
     
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  16. Cazzani

    Cazzani Ist fast schon zuhause hier

    Ich habe große Lust dazu, die Tonart-Charakteristiken an der kleinen Orgel zu demonstrieren - aber in den nächsten Tagen wahrscheinlich keine Zeit. Als vorläufigen Ersatz eine Musik von Carlo Gesualdo (1566-1613), dem genialen Komponisten und verurteilten Mörder. Gesualdo trieb im Rahmen der damaligen Möglichkeiten die Harmonik in extreme Dimensionen.



    Hier wird deutlich, dass diese Musik die damaligen Stimmungen absichtlich überschreitet und dass der gleiche Ton je nach harmonischem Kontext anders intoniert werden muss. Wenn man diese Musik auf einem Tasteninstrument spielen will, braucht man ein Instrument mit verschiedenen Tasten für Gis und As usw..

    cs19phs3.jpg

    Um zur Ausgangsfrage zurückzukommen: Als Saxophonist hat man es da leichter. Man muss die Töne so ziehen, dass sie in den Akkord passen. Das geht nur ohne gleichstufiges Stimmgerät. Auch bei weniger komplexer Harmonik, z.B. einem Jazz-Standard, macht es einen Unterschied für die Tonhöhe, ob mein E der Grundton von E-Dur, die Terz von C-Dur oder die None von D-Dur ist. Schön, dass es nicht nur eine richtige Lösung gibt.
     
    Zuletzt bearbeitet: 23.August.2025
    Alex_Usarov, Otfried, quax und 5 anderen gefällt das.
  17. ppue

    ppue Mod Experte

    Das ist ja der Wahnsinn. Noch nie gehört von Gesualdo. Gefällt mir extrem gut. Danke für die Vorstellung.
     
  18. giuseppe

    giuseppe Gehört zum Inventar

    Das ist wirklich beachtliche Musik, nicht nur aber besonders im Kontext der Entstehungszeit!
    Diese Geräte habe ich nie so richtig verstanden. Um rein zu intonieren reicht die Palette ja bei weitem nicht aus. Und da nur fünf von zwölf Tönen die Wechseloption haben, bekommt man einen unterschiedliche Effekt in Kreuztonarten (Grundtöne stabil) und B-Tonarten (Grundtöne variabel, Durterzen aber nicht). Vermutlich besser als nichts, wenn die Musik Korrektur braucht, dennoch sehr inkomplett für die Aufgabe und trotzdem wahrscheinlich kaum zu erlernen, das vernünftig zu spielen.
     
  19. Cazzani

    Cazzani Ist fast schon zuhause hier

    Bitteschön: 36 Töne pro Oktave (muss ich ein bisschen üben gehen)

    36-toene-pro-oktave.jpeg

    Analog lässt sich das agile Stimmgerät mit 36 Tönen pro Oktave denken. Dann hat es wieder Zweck, beim Sax-Intonieren auf die Nadel zu schauen.
     
  20. Cazzani

    Cazzani Ist fast schon zuhause hier

    Das ist natürlich - auch innerhalb der Alte-Musik-Szene - ein völlig exotisches Thema sowohl für Instrumentenbauer als auch für Spieler. Als ich meine kleine Orgel in Auftrag gegeben habe, hatte ich die Wahl zwischen geteilten Obertasten oder der Möglichkeit, das Instrument durch Verschieben der Tastatur umstimmen zu können zwischen den beiden gebräuchlichsten Stimmungen A 415 und 440 Hertz. Ich habe mich für das zweite entschieden und bin froh über diese Flexibilität. Aber so ist es in Bezug auf extreme Tonarten ein eher altmodisches Instrument geworden.

    Ich bin fasziniert, wie die Profis im 17. Jahrhundert in direkter Verbindung von Physik, Musizierpraxis und Instrumentenbau diese vertrackten akustischen Zusammenhänge allein mit Holz und Messing umgesetzt haben.

    Hier spielt einer, der die 31-Töne-Tastatur beherrscht, ein Stück von Bach in der damals fast unmöglichen Tonart f-moll. Dabei wird durch die Auswahl der benutzten Obertasten sichtbar, an welchen Stellen man auf dem Saxophon die Intonation korrigieren müsste, abhängig vom harmonischen Kontext:



    Und noch ein Cembalo-Stück von Chick Corea:

     
    Zuletzt bearbeitet: 23.August.2025
    Otfried, altoSaxo, Bereckis und 2 anderen gefällt das.
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