Melodie und Akkorde

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von Gast, 14.Februar.2013.

  1. Gast

    Gast Guest

    Der Thread "Analyse von Moonglow: Improvisation" hat mich veranlasst einen neuen "Theorie-Thread" aufzumachen.

    Meine Frage - insbesondere an die Experten und Theoriefesten - lautet:

    wie kommt es zu den Akkorden über der/zu der Melodie?

    Sagen wir mal ein Lied, ein Jazzstandard, eine deutsche Schnulze, ein Blues sind klingend in F-Dur (ja auch der Blues) notiert. Und alle Töne dieses Liedes sind Töne der F-Dur-Tonleiter.

    Welche Akkorde sind passend? Welche Regeln gibt es, dass dazu passende Akkorde gespielt werden?

    Wahrscheinlich werden die Akkorde- je nach Musikgenre sicherlich auch ganz unterschiedlich sein?

    Reine Dur-Dreikläne zur deutschen Schnulze? Reibungsakkorde zum Jazzstandard? Mollakkorde zum Blues?

    Also zusammenfassend: wie kommen die Akkorde zur Melodie? Und was ist kompositorisch zuerst da? Die Melodie oder eine Akkordfolge? Vielleicht ja auch mal so und mal so.


    Herzliche Grüße,

    Joe


     
  2. Mont-Paix

    Mont-Paix Schaut öfter mal vorbei

    Tach Joe,

    meines Erachtens ist die Frage in der Allgemeinheit, in der Du sie stellst, nicht zu beantworten.

    Deine Melodie kann streng in den Tönen der F-Dur Tonleiter bleiben, während dennoch die Harmonien modulieren (also zwischen Tonzentren wandern).

    Das Prinzip ist eigentlich immer Spannung-Entspannung, innerhalb der harmonischen Bewegung und auch zwischen Harmonien und Melodie. Je nach Genre kann man mehr Spannung (z.B. Dissonanzen) aufbauen oder sie länger aushalten.

    Die gängigen harmonischen Modelle von Spannung und Entspannung sind Kadenzen oder Turnarounds. In der deutschen Schnulze wirst Du eher eine I - IV - V - I Kadenz vorfinden, im Jazz Ketten von ii - V ...und die Harmonik des Blues ist was eigenes, weil da Akkorde vorkommen, die wie V7 aussehen aber es nicht sind...

    ....nur so als erster Einwurf...

    Grüße,
    Jo
     
  3. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Hallo Joe,

    Das wäre genau das Richtige für Dich. Den Kurs macht ppue hier aus dem Forum. Absolut empfehlenswert.

    Grüße
    bluefrog

    Nachtrag: Der Link führt leider doch nicht zum Kurs. Wenn Du die VHS Duisburg hast, must Du noch nach Kursnummer SZ2411 suchen.
     
  4. saxhornet

    saxhornet Experte

    Wenn wir von einer Eigenkomposition erstmal ausgehen dann wählst Du als Komponist die Akkorde die Du Dir als Begleitklang vorstellst.

    Grundsätzlich kann jeder Ton 12 verschiedene Funktionen innerhalb eines Akkords einnehmen. Der Ton F kann Grundton, kleine oder grosse None, kleine oder grosse Terz, Quarte, erhöhte Quarte/verminderte Quinte, Quinte, kleine Sexte (=übermässige Quinte)/grosse Sexte, kleine oder grosse Septieme sein, jeweils abhängig vom gewählten Grundton des Akkords. Es gibt also viele Möglichkeiten.
    Um es erstmal einfacher zu gestalten kann man erstmal nur Akkorde nehmen die mit den Tönen der F-Dur Tonleiter gebildet werden können. Die Akkorde die ich erhalte, wenn ich alle Akkorde nur aus einer Tonleiter bilde, nennt man diatonische Akkorde dieser Tonleiter.
    In Dreiklängen bei F-Dur wäre das: F-Dur, G Moll, A Moll, Bb Dur, C Dur, D Moll, E vermindert. Die diatonischen Vierklänge in F-Dur wären: Fmaj7, Gm7,Am7,Bbmaj7,C7,Dm7,Em7b5.
    Aus diesen Akkorden könntest Du jetzt welche auswählen um die Melodie zu begleiten bzw. zu harmonisieren. Das könntest Du für jeden Ton einzeln machen oder einen Akkord für mehrere Töne verwenden.
    Sehr üblich sind z.B. halbtaktige oder ganztaktige Wechsel (andere sind aber auch möglich). Wählst Du jetzt aber wahllos Akkorde aus, klingt das nicht immer gut, denn auch wenn Akkorde und Melodie alle aus der gleichen Tonleiter stammen klingt nicht jeder Ton gleich gut zu jedem Akkord, manche Töne klingen falsch zu manchen Akkorden.
    Und auch nicht jede Folge von Akkorden klingt automatisch gut. Man versucht eine Akkordfolge zu bekommen, die gut klingt und mit Spannungsaufbau und -abbau von Harmonie zu Harmonie spielt. Wenn man jetzt aber immer nur die Akkorde aus der Tonleiter gebildet benutzt, wird das auf Dauer langweilig also kann man das Repertoire der möglichen Akkorde erweitern um andere Akkorde, die es ermöglichen noch mehr mit Spannungen und verschiedenen Klängen zu arbeiten.

    Das ist natürlich ein simple Darstellung jetzt und ehrlich gesagt, wenn Du Dir diese Fragen stellst wird es Zeit sich mit Theorie auseinanderzusetzen. Das können wir hier im Forum nicht leisten vom Umfang her.

    Das Grundprinzip von Akkordfolgen ist in vielen Stilen gleich. Es begegnen einem die gleichen Prinzipien von Spannungsaufbau und -abbau sowie von typischen Akkordfolgen. Aber welche Akkorde wie zusätzlich eingesetzt werden kann sehr unterschiedlich sein.

    Alles ist möglich und noch viel mehr.

    Mal so und mal so, hängt vom Komponisten ab. Bei mir ist es manchmal erst die Melodie, manchmal erst eine Akkordfolge, manchmal beides gleichzeitig und entwickelt sich nach und nach weiter.

    Lg Saxhornet
     
  5. Gast

    Gast Guest

    Zunächst einmal vielen Dank für Eure Antworten. Insbesondere auch Dir, Saxhornet, für Deine Mühe.

    Du schriebst u.a.:

    Ja, werde ich wohl machen müssen, auch der Hinweis auf ppue´s Lehrgang könnte was für mich sein.

    Allerdings war ich bisher der Meinung, dass das, was ich an Theorie für mein Spiel brauche, ich auch weiß:); aber wissen, ableiten können, ist natürlich noch nicht anwenden.


    Herzliche Grüße,

    Joe
     
  6. saxhornet

    saxhornet Experte

    Das glauben so viele und kommen zu sehr merkwürdigen Ergebnissen. Man kann vieles nicht spielen wenn man es nicht auch versucht zu begreifen, das betrifft speziell die Improvisation, denn das ist Komponieren über gegebene Harmonien genau in diesem Moment wo Du es tust. Dafür sollte man schon verstehen was es mit den Akkorden auf sich hat (denn meist hat es einen Sinn warum welcher Akkord wo und wie benutzt wird). Und es ist auch spannend zu sehen, daß es bestimmte Akkordfolgen, die heute noch benutzt werden, schon seit Jahrhunderten in Gebrauch sind. Es engt einen auch nicht ein sich mit Theorie auseinanderzusetzen, das ist eher so als wenn Du in einem fremden Land plötzlich die Sprache des Landes gelernt hast.

    Lg Saxhornet

     
  7. DirkThomsen

    DirkThomsen Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Saxhornet,
    ich hatte Joe hier anders verstanden, nämlich, dass all das theoretische Wissen nichts nützt, wenn man es nicht auch im Spiel anwenden bzw hören kann. So ergeht es mir zB meistens. Theoretisch ist alles klar, nur gehörmäßig leider überhaupt nicht.

    Viele Grüße, Dirk
     
  8. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    @saxhornet

    Du hast dich mit Schreiben vertan, oder? Nur damit meine mühsam geschusterte Welt nicht zu trudeln beginnt...:)
    Du schriebst:

    Sollte stehen für die 4Klänge:
    Fmaj7, Gm7,Am7,Bbmaj7,C7,Dm7,Em7b5

    Oder hat du am Ende etwas gemeint, was ich nicht verstehe?

    Gruss
    antonio
     
  9. saxhornet

    saxhornet Experte

    Vollkommen richtig was Du sagst. Ich habe mit C Dur angefangen und mit F Dur weitergemacht. Ärgerlich, man soll übermüdet nicht drei Dinge gleichzeitig machen, wenn man Multitasking nicht kann. :danke:

    Lg Saxhornet

    werde Matthias bitten es zu ändern, damit später Anfänger nicht durcheinander kommen.
     
  10. Mugger

    Mugger Guest

    Moin,

    Dreiklänge, Antonio.

    Liebe Grüße,
    Günter
     
  11. saxhornet

    saxhornet Experte

    Dann habe ich ihn falsch verstanden. Ich finde ja immer das alles ineinander greifen muss, Improvisation, Gehörbidlung, Technik und Theorie. Ist immer toll wenn man es separat kann aber doof wenn man es nicht anwenden kann. Ist mit Skalen auch so, manche können die in Tempo 200 in 16teln brettern, dann aber in langsameren Tempi keine vernünftigen Melodien damit bilden, wo liegt dann der Nutzen?

    Lg Saxhornet
     
  12. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Ich habe immer den Eindruck, das ich das Theoretische nicht über das Praktische bringe.

    Aber ich glaube das stimmt nicht. Das geht nur mit unmerklichen Schritten
    voran.

    Mein Lehrer macht mich z. B. auf solche Fortschritte aufmerksam, die ich
    selbst gar nicht wahrgenommen habe.

    LG

    Dreas

    P. S.

    @ Joe60 ich kann Dir ppue's Workshop auch nur empfehlen.
     
  13. Gast

    Gast Guest

    Wenn ich schrieb:

    dann meinte ich in etwa folgendes: ich weiß, was Dur und Moll ist,ich kenne äolisches (paralleles) harmonisches und melodisches Moll. Ich kenne die Kirchentonleitern, kann aus Tonleitern die Pentatonik ableiten und Bluestonleitern damit basteln.

    Ich weiß, was Akkorde sind, ich kann auch die Einzeltöne eines Akkordes mit Nachdenken bestimmen. Und ich weiß was z.B. II,V,I - Verbindungen sind und dass im Blues die Akkorde auf der Tonika, der Subdominanten und der Dominanten eine höchst wichtige Rolle spielen.

    Da ich nur mit Nachdenken die Töne eines Akkordes benennen kann, kann ich Akkorde bisher nicht für meine Improvisation verwenden. Ich habe zwar das theoretische Wissen, aber in der Anwendung hapert es noch. Ich hatte bisher in dieser Hinsicht noch keinen Leidensdruck, weil ich erst einmal mit dem, was mir zur Verfügung steht, ansprechend artikulieren, phrasieren möchte. Dazu noch Dynamik einsetzen. Damit bin ich derzeit noch vollauf beschäftigt. Die Töne, die mir mehr aus dem Saxophon fließen würden, wenn ich akkordsicher wäre, würden meine Gestaltung, davon bin ich überzeugt, bisher noch nicht verbessern.


    Herzliche Grüße,

    Joe
     
  14. ppue

    ppue Mod Experte

    Wichtiger, als die Töne der Akkorde schnell beim Namen zu nennen, ist es, sie in die Finger zu bekommen, Auch ein guter Saxophonist kann die Töne nicht so schnell aufzählen, wie er sie spielen kann.

    Ich rate, bei einem neuen Stück folgende Übungen zu machen. Wenn es nicht aus den Fingern geht sollte man sich die Mühe machen, es vorher zu notieren:

    1.) Basstöne der Akkorde im entsprechenden Tempo spielen.
    2.) Basslinien entwerfen, also die Basstöne auf sinnvolle Weise zu verbinden.
    3.) Akkorde im entsprechenden Tempo spielen.
    4.) Die entsprechenden Skalen zu spielen. Das geht oft nicht im Originaltempo, also langsamer.

    Je mehr man davon ohne Noten schafft, desto weiter ist man voran gekommen.

    Entsprechend dem Kenntnisstand ist das natürlich abzuändern. Den Bass und zu spielen und sich einzuprägen sollte allerdings jeder in der Lage sein.
     
  15. Gast

    Gast Guest

    Das würde ich gern noch etwas "vergenauern", weil es nach meiner Erfahrung viel an Geläufigkeit bringt:

    Erst spiele ich nur die ersten fünf Töne. Das geht rauf und runter in 16teln in einem Takt, ist relativ schnell gelernt und macht noch keinen Unterschied zwischen maj7 und 7. Man hat außerdem dabei den Dreiklang in den Fingern und in den Ohren und kann schon mal herumspielen oder Riffs bilden. Mit nur fünf Tönen!

    Erst dann übe ich die Skala bis zur None rauf (in 16teln in einem Takt) oder rauf und runter in zwei Takten.

    Herman
     
  16. ppue

    ppue Mod Experte

    Da hast du deine Methode und die ist gut. Man kann bei allen Übungen 2 - 4 sehr kreativ vorgehen und sollte das auch nach Vorlieben machen. Der eine legt mehr Wert auf vertikales (die Akkorde rauf und runter), der andere mehr auf horizontales, also melodisches spiel. Die Akkorde kann man brechen, rauf und runter in verschiedenen Umkehrungen spielen und auch die Skalen kann man sich verfeinern, z.B. immer ne Terz rauf und ne Sekunde wieder runter.

    Man kann auch 3 und 4 mischen und sich kleine Licks ausdenken, die man auf allen Akkorden anwendet. So geht das Üben bald schon in Richtung Improvisation.
     
  17. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Genau, sowas funktioniert gut. Und wenn du das mit den "Kleingruppen" der Töne ein bischen systematisch angehen willst, kannst du es z.B. so machen:
    http://www.saxophonforum.de/forum/viewtopic.php?post_id=232485



    http://mobile-band-walking-act.de/unplugged.htm
     
  18. saxhornet

    saxhornet Experte

    Das sollte aber niemals die Arbeit mit Dreiklängen ersetzen. Das Arbeiten mit Fünftonreihen ist durchaus sinnvoll aber dadurch lernst Du nichts über den Sound der Dreiklänge, wenn Du den noch nicht im Ohr hast und es fehlt auch das Gefühl wie Du mit Ihnen spielen kannst (Umkehrungen, über das ganze Instrument etc. etc. etc.). Das sollte man separat üben. Ansonsten sind Fünftonreihen eine von vielen Möglichkeiten wie man an Skalen rangehen kann.

    LG Saxhornet
     
  19. Gast

    Gast Guest

    Keine Bange - tut es auch nicht - bei mir jedenfalls. :-D Arpeggios in allen Variationen sind mir als Old Time-Jazzer mit "goldener Klarinette" sowieso näher als Skalen.

    Meine Dreiklänge sind übrigens (fast) immer Vierklänge. Der Durdreiklang kriegt regelmäßig die Sechs dazu - nur bei Moll muss ich halt genauer hinschauen.

    Vierklänge sind beim Durchrattern von Changes einfacher zu händeln: einmal rauf und runter in 16teln ist ein Takt, einmal über genau zwei Oktaven in einer Richtung ist ein Takt, rauf und runter sind zwei Takte. Das Üben von Umkehrungen ergibt sich dabei auch ganz einfach.

    Herman

    PS: Der Threadstarter wollte eigentlich ganz was anderes - aber mir gefällt dieses Thema... :-D
     
  20. Gast

    Gast Guest

    Moin,

    Vor allem bringen Dreiklang-Arpeggien etc ja auch generell etwas, fürs Erarbeiten von neuen Stücken und "vom Blatt"-Spiel.

    So bin ich zB überzeugt, dass ich nach 22 Monaten Sax NIEMALS das Yakety-Sax binnen 4 Tagen in die Finger bekommen hätte OHNE tägliche Arpeggien.

    LG, Claudia
     
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