Musik machen mit Hörgerät

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von saxclamus, 23.Oktober.2019.

  1. saxclamus

    saxclamus Ist fast schon zuhause hier

    Hallo zusammen,
    seit über einem halben Jahr benutze ich bei meinen verschiedenen musikalischen Aktivitäten ein Hörgerät.
    Wenn meine Erfahrungen interessieren sollten, berichte ich gern darüber.
    LG saxclamus
     
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  2. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Ich war nach einem Hörsturz rechtsseitig komplett taub. Das hat sich nach einer Cortison Behandlung aber gebessert, sodass ich bis 2500Hz halbwegs normal höre, dann stürzt die Hörkurve ab. "halbwegs" deshalb, weil ich im Mitten Ton Bereich beidseitig eine angeborene Senke habe.
    Aber in Summe kann ich von meinem Hörgerät gut profitieren.

    Trotzdem schalte ich es für das Musizieren ab. Ich höre ohne genug um mich im Orchester einzufügen, auch wenn ich als Links-Außen das ganze Orchester am schlechten Ohr habe. Die Verstärkung durch das Hörgerät macht die Musiik aber für mich unangenehm, auch im "Musik Modus" wo ich keine dynamische sondern eine fixe Verstärkung habe. Außerdem irritiert mich immer noch die (sehr kurze) Signal Verzögerung. Das ist gerade noch wahrnehmbar, aber störend genug, dass ich das Schlagzeug damit immer Doppelschlag spielen höre. Ich habe das mit ca 4-6ms gemessen. Das ist für Audio verarbeitung noch "Echtzeit" aber mich hat's gestört.

    Wie geht es Dir damit?
     
  3. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Ich finde das Thema sehr interessant!
     
  4. SaxPistol

    SaxPistol Strebt nach Höherem

    Ich habe (glücklicherweise) selbst keine Erfahrungen mit Hörgeräten.
    Nur indirekt: In dem Chor, in dem ich mitsinge, hat ein Kollege ein Hörgerät. Er schaltet es öfters in der Probe ab, was wohl mehrere Vorteile haben kann:
    * Man hört's nicht übertrieben laut, wenn der Nachbar einem ins Ohr plärrt.
    * Man kann sich, gerade wenn man sich noch nicht so sicher ist, besser auf die eigene Stimme konzentrieren.

    Insgesamt finde ich es schon beeindruckend, wie rasant sich die Hörgeräte technik in den letzten Jahrzehnten verbessert hat. Mein Opa hatte in den 80er Jahren noch einen riesen Klopper am Ohr, der das Hörvermögen kaum gebessert hat.
    Andererseits aber auch irgendwie erschreckend, wie viele junge Leute man inzwischen mit Hörgeräten sieht.
     
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  5. hiroaki

    hiroaki Ist fast schon zuhause hier

    Bei mir wird über kurz oder lang auch ein Hörgerät nötig sein. Erfahrungsberichte interessieren mich daher sehr. Natürlich auch die Erfahrungen von anderen Musikern.
    Da es mittlerweile eine Reihe unterschiedlicher Systeme gibt wäre es sicher auch nützlich wenn man darauf eingehen könnte.
     
  6. Guido1980

    Guido1980 Ist fast schon zuhause hier

    Habe mich gestern mit einem Schwerhörigen unterhalten.
    Er berichtete das er einseitig ein Hörgerät nutzt und wenn er mit Hörgerät spielt hat er eine Art Echo / Delay Empfinden im Kopf weil die digitale Signalverarbeitung nicht in Echtzeit stattfindet - fand ich spannend. Hab die Dinger früher repariert und wollte mal Hörgeräteakustiker werden....
     
  7. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Jein. Die Verarbeitung ist schon in Echtzeit. Da ist ein DSP (digital signal processor) implementiert. Trotzdem benötigt die Elektronik eine gewisse Zeit um irgendwelche Manipulationen am Signal durchzuführen. Das wäre in Analog aber genauso. Die Rechenleistung eines so kleinen, batteriebetriebenen DSP ist eben deutlich geringer als die eines modernen "Desktop Chips" wie er in Audio Interfaces verbaut ist. Da sind die Durchlaufzeiten teilweise um den Faktor 10 besser.

    Das führt dann dazu dass das Signal einmal live und einmal verstärkt, aber ganz leicht verzögert ankommt. Normalerweise achtet man darauf dass noch genug Original Ton ins Ohr gelangt und setzt mit dem Hörgerät nur ein Sahnehäubchen drauf. Bei Musik hat man dann aber eventuell ein (sehr) kurzes Echo im Ohr.

    Bei mir macht sich das so bemerkbar wie ein Foto das "nachgeschärft" wird. Ein Bisschen ist OK, aber irgendwann kippt der Effekt.

    Bei Unterhaltungen hilft mir das Gerät aber sehr. Das ist akustisch wie wenn einem nach dem Bad noch Wasser im Ohr bleibt aber dann plötzlich auf geht.

    Die Erinnerung an das Spielen mit einem ganz tauben Ohr ist aber immer noch gruselig. Das kann man nicht einmal simulieren, weil am Sax ja viel über den Knochenschall direkt ins Ohr geht. Wenn das Innenohr kein Signal liefert ist das ganz anders als wenn man sich nur einen Stöpsel ins Ohr steckt. Das war eine direkt außerkörperliche Erfahrung. Das Sax hat sich angehört als würde ein Fremder im Nebenzimmer spielen und nicht ich. :eek:

    In dem Zustand durfte ich mit meiner Kapelle zu einem Konzert beim Blasmusik Festival. So aufmerksam habe ich weder vorher noch nachher auf die optischen Signale des Kapellmeisters geachtet. ;)
     
  8. Kohlertfan

    Kohlertfan Strebt nach Höherem

    Auch ich trage beidseitig Hörgeräte. Mein Ohrenarzt und auch der Akkustiker halten beidseitige Geräte für sinnvoller als nur einseitig. Irgendwann konnte ich in Meetings dem gesagten nicht mehr folgen, deshalb bin ich dann zum Ohrenarzt. In lauter Atmosphäre nehme ich sie raus, also in Restaurants, Kneipen usw. Da höre ich mein Gegenüber ohne Hörgeräte besser, weil die Hintergrundgeräusche leiser sind.
    Beim Musik machen nehme ich sie auch raus, wenn ich mit der Band spiele. Beim Schlagzeug spielen brauche ich sie nicht. Wenn ich Saxophon oder Bassklarinette übe, dann lasse ich sie in der Regel drin, weil ich festgestellt habe, dass ich ohne Hörgeräte manche Töne schief höre. Woran das genau liegt, konnte mir noch keiner sagen, weder der Ohrenarzt, noch der Hörgerätefachmann, auch nicht der Toningenieur im Studio. Ich vermute, es hat was mit Obertönen zu tun.
     
  9. kalleguzzi

    kalleguzzi Ist fast schon zuhause hier

    Mein Problem mit Hörgeräten ist, dass ich einen fürchterlichen Juckreiz im Gehörgang bekommen, wenn ich die Geräte länger als eine Stunde trage. Egal, ob mit dem dicken Glaskörper oder mit dem dünnen Schlauch ins Ohr.

    Ein Bekannter von mir schwärmt von seinen Hörgeräten mit Buetoth-Anbindung. Da hat er dann sein Handy und die Sprechverbindung auf dem Motorrad draufgeschaltet.
    Über eine App kann er das Gerät einstellen. Mir ist leider nicht bekannt, welche Parameter er ändern kann.

    Ein guter Bekannter in Deutschland, Musiklehrer von Beruf, hat ein knappes Jahr gebraucht um ein passender Hörgerät zu bekommen! Das vorletzte Gerät war eigentlich ganz gut, bis er sich sich ans Klavier setzte. Ging garnicht! Muss wohl grauselig gewesen sein.

    Also: Nicht mit dem ersten besten Gerät zufrieden sein. Andere Modelle testen!

    Im nächsten Jahr werde ich auch mal einen neuen Anlauf starten.

    Herzliche Grüsse aus Schweden
    kalle
     
  10. saxclamus

    saxclamus Ist fast schon zuhause hier

    Hallo zusammen,
    ich hatte versprochen,von meinen Erfahrungen als Musiker mit Hörgerät zu erzählen,
    Werde ich gewiss machen - nur nicht mehr heute.
    Anderes Unaufschiebbares beanspruchte meine Zeit.
    Ich bitte um Verständnsi.
    LG Werner (alias saxclamus)
     
  11. saxclamus

    saxclamus Ist fast schon zuhause hier

    Hallo zusammen, hier meine Geschichte,
    Irgendwann sollen sommertags Grillen bei einer Gartenparty gezirpt haben. Sagte meine Familie - hab nix davon bemerkt.Auch bei anderen Gelegenheiten tauchte der Verdacht auf:meine Familie und Andere hören mehr als ich.

    Ein Besuch beim Ohrenarzt schuf Klarheit: ich hatte einen Hörverlust über den alterstypischen (72) Schwund hinaus.Ein Hörgerät wurde empfohlen.Die nachfolgende Untersuchung beim Hörakustiker bestätigte diesen nicht mehr zu verdrängenden Sachverhalt.

    Also bekam ich ich ein Hörgerät. Erst mal "grob" eingestellt, konfrontierte es Ohren und Gehirn mit Klängen, die ich lange nicht mehr gehört,aber zu hören geglaubt hatte. Oh Schreck, was da alles akustisch auf mich einstürzte:das "Geschrei" der Vögel, Blätterrauschen, meine Schritte auf verschiedenen Untergründen, vollkommen neuer Klang von Musik, Saxophon,Klarinette,Gitarre und anderen Instrumenten.

    Mit der vorläufigen Grobeinstellung war ich erschrocken über das, was ich jetzt hörte.Das konnte so nicht bleiben.Vor allem im musikalischen Bereich. In wöchentlichen Sitzungen über zwei Monate beim Hörakustiker fanden wir in guter Zusammenarbeit nach und nach heraus, was ich wollte und was die Technik leisten konnte.Wobei klar war: kein Hörgerät kann ein eigenes intaktes Gehör vollkommen ersetzen.

    Schließlich hatte ich "mein" Hörgerät. Ich trage das Gerät fast den ganzen Tag.Was ich da höre ist mittlerweile der akustische Normalzustand, den ich nicht mehr missen möchte.

    Was in üblichen Alltagssituationen geht, funktioniert noch lange nicht bei Musik.Da reicht die vom Hörakustiker festgelegte Grundeinstellung meistens nicht.Abhilfe bietet eine übers iPhone gesteuerte APP.Da kann ich je nach "Musizierlage" Einstellungen vornehmen. Das erfordert Hinhören,Ausprobieren und Geduld.

    Und - ganz wichtig: die Mitmusiker/innen, den Dirigenten fragen: "Wie klinge ich? Hört man mich und wie?"

    Meine Frau - ebenfalls Musikerin - sagte,mein Saxspiel sei lautstärkemäßig verträglicher geworden. Der Chef unseres Posaunenchores - eigentlich ein ausgewachsenes Blasorchester - meinte, mein Saxspiel sei weiterhin prägnant,Vorbild für andere Gruppen, aber nicht mehr so aggressiv.

    Und in einer Jazzcombo gabs angesichts meiner "Hörgerätegeschichte" Äußerungen wie:" Mmmhhh ... ich sitze abends vorm TV und höre was, was aber genau, bekomme ich nicht mit. Vielleicht sollte ich mal ..."

    So ist das für mich mit meinem Högerät.Ich möchte es nicht mehr missen. Ich weiß aber auch,dass ich gelegentlich auf Hinweise meiner Mitmusiker/innen angewiesen bin.Dann kann ich weiterhin aktiv Musik machen

    LG Werner (alias saxclamus)
     
  12. saxhornet

    saxhornet Experte

    Ich durfte heute feststellen wie es ist, in einem Saxophonsatz zu spielen, wo einer der Kollegen schwerhörig war (ohne Gehörgerät). Dynamisches Spiel war da teilweise nicht mehr möglich. Der Satz wurde vom Kollegen eher dominiert (was er nicht aus Absicht machte, halt nur nicht hörte). Wenn Jemand nicht hören kann, wie laut oder leise er im Verhältnis zu den anderen Musikern ist, wird das Musizieren zusammen auf einem bestimmten Niveau schwierig, was die Dynamik angeht.
     
  13. ppue

    ppue Mod Experte

    Das sollte aber zu lernen sein, wenn man sich da öfter mit den Kollegen abstimmt. Er muss sich ja nur anders "einpegeln" und dafür dann ein Gefühl entwickeln.
     
  14. kalleguzzi

    kalleguzzi Ist fast schon zuhause hier

    Hej Werner!

    Glückwunsch, wenn du DAS Hörgerät gefunden hast.

    Welche Parameter kannst du mit der App steuern?
    Auch den Frequenzgang?

    Verrätst du uns auch, welche Marke und den Preis?

    Herzliche Grüsse vom schwerhörigen Kalle aus Schweden
     
  15. saxclamus

    saxclamus Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Kalle,
    deine Anfragen werde ich beantworten. Braucht nur ein wenig Zeit, die Bilder vom iPhone hierher zu schicken
    LG Werner (alias saxclamus)
     
  16. saxclamus

    saxclamus Ist fast schon zuhause hier

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  17. saxclamus

    saxclamus Ist fast schon zuhause hier

    Wenn das jetzt funktioniert hat solltest du, Kalle, sollten alle Interessierten sehen können, was ich einstellen kann.
    Preis - gewaltig. Um die 6000 €. Mit ca, 2500 € Selbstbeteiligung für mich.
    Aber - zinslose Finanzierung über 6 Jahre bei monatlich tragbarer Belastung,das geht für mich.

    In vielen Sitzungen beim Hörakustiker wurde klar: einfach Lautstärke erhöhen reicht für Viele, Was für "Viele" reicht, kann einen Musiker nicht zufriedenstellen.

    Trotz moderner Hörgerätetechnik: ich bin immer wieder auf Rückmeldungen meiner Mitmusiker/innen angewiesen, Und ich fordere sie auch immer wieder ein.
    Nur so kann ich nach und nach meine Hörhilfen so einstellen, dass es passt. Und ich weiterhin aktiv Musik machen kann.

    LG Werner (alias saxclamus)
     
  18. saxclamus

    saxclamus Ist fast schon zuhause hier

    Für mich ist meine Hörhilfe mittlerweile ein "weiteres Instrument", das ich wie viele andere zuvor lernen muss - wenn ich weiter Musik machen möchte,
     
    MonKid und Smoothie gefällt das.
  19. Micha51

    Micha51 Ist fast schon zuhause hier

    Deine Erfahrungen sind für mich durchaus interessant, bin ich doch auch seit ca. 2 Jahren Träger von 2 Hörgeräten.
    Meine Erfahrungen mit meinen Hörhilfen bzw. auch der Umgang damit sind offensichtlich völlig anders.
    Ich trage sie täglich von morgens bis abends - völlig unabhängig davon, ob ich musiziere, singe, auftrete oder probe - oder auch nicht. Sie bieten mir perfekte Unterstützung beim Wahrnehmen hoher Frequenzen, bei der Vermeidung dumpfer Töne, Rauschen. Ich kann meine gesamte akustische Umgebung, nicht nur musikalische, sodern auch menschliche, tierische oder andere Töne aus der Natur einwandfrei wahrnehmen. Nahezu alle Hörsituationen, z.B. auch Gespräche mit starken Umgebungsgsräuschen kann ich einwandfrei führen.
    Ein riesiger Fortschritt gegenüber früher. Je nach Situation verändere ich nur die Lautstärke - mehr nicht. Die eingebauten insgesamt 6 Miniaturmikrophone decken ein riesiges Spektrum ab.
    Das war mir die hohe Investition Wert (mittlerer 4-stelliger €-Betrag). 3 Kollegen aus meiner Band geht es übrigens ähnlich.
    Sound- oder Verständigungsprobleme gibt es nicht. Ich bin damit technisch in der Lage, jeden Ton meiner 13 Bandkollegen beim Spielen sehr naturgetreu zu hören - und meinen eigenen natürlich auch - obwohl ich manchmal lieber weghören möchte....
     
    kokisax und ppue gefällt das.
  20. saxclamus

    saxclamus Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Micha, diesen Satz deines Berichts verstehe ich nicht. Habe ich nicht sinngemäß Ähnliches gesagt? Mit dem Unterschied ,dass ich erst seit ca. 3/4 Jahren mit den Hörhilfen lebe und noch lernen und Erfahrung sammeln muss.
    Du hast durchweg positive Erfahrungen gemacht, mir geht es nicht anders. Möglichweise habe ich mich falsch ausgedrückt.Die vielfältigen Möglichkeiten moderner Hörhilfen verleiten gerade im Anfang, alles und jedes auszuprobieren.
    Ein Tipp, den berücksichtigen werde.
    LG Werner (alias saxclamus)
     
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