Muss Klassik sein ?

Dieses Thema im Forum "Anfänger Forum" wurde erstellt von Saxorg, 13.April.2010.

  1. Saxorg

    Saxorg Ist fast schon zuhause hier

    Hallo !

    Ich bin nun ein Jahr am „Saxophon spielen“ lernen und das ganze mit Lehrer.
    Gleich zu Anfang gab er mir die Sax-Schule von Ivan Roth. Für die Mitsaxer die diese Schule nicht kennen : klassisches Saxophon, Klassik pur. Dazu das Etüdenheft „80 Graded Studies“.

    Zwischendurch bekomme ich auch Noten von Jazz-, Blues- und Swingstücken. Wir spielen gemeinsam (Lehrer begleitet am E-Piano) und ich muss auch Improvisationen zwischen den Strophen einspielen. Das macht unheimlich Laune, ich nehm die Kanne und püste drauf los. Total locker und ein wirklich guter Sound. :lol:

    So, dann Wechsel zur Rothschule und meine Saxophonwelt ist eine völlig andere.
    Klassik, Töne im Bereich der Palmkeys, mit einfachen Worten : einfach nur Krampf !
    So fühle ich mich dabei und so spiele ich dann auch. :-o

    Mein Lehrer sagt dann zu mir : du musst viel lockerer werden, aber Klassik muss sein !
    (So von wegen lange gerade Töne und sauberes Spiel und so)

    Hat diese Aussage heut` zu Tage eigentlich noch bestand ?
    So im Zeitalter der Playalongs und Yamahaschnelllernschulen. :-?


    Mit Spannung auf eure Antworten wartend


    Frank
     
  2. saxolina

    saxolina Strebt nach Höherem

    Hallo Frank,

    na es muss nicht sein, schadet aber sicherlich nicht :-D

    Ich halte viel von einer klassischen Vorausbildung, weil ich viele Saxophonspielende kenne, die einfach keinen geraden und nicht zitternden Ton hervorbringen können :-(

    Für mich war der klassische Unterricht in jedem Fall eine Art "Grundausbildung", anschließend habe ich mich auf die Suche gemacht um herauszufinden, was ich wirklich will. Und jetzt habe ich einen Jazz & Impro-Lehrer, spiele in einer Jazz-Combo mit und gehe gerne auf Workshops bei den Raschèrs.

    Grüße
    Saxolina
     
  3. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    @saxorg
    Schliesse mich Saxolinas Statement an. Tonbilung z.B. muss m.E. schon sein, auch ein gewisses präzises und kontrolliertes Spiel. Mit andern Worten - Handwerk erlernen. Da du ja jetzt trotzdem bereits in die Improvisation eingestiegn bist und eine gewisse Freiheit im Spielen entdeckst vernachlässigst du ja diesen Teil nicht. Geht dir also nicht so, wie es mir seinerzeit mit der Klarinette erging - vor lauter Handwerk und Klassik Spielen ging mein ursprünglicher Wunsch Jazz zu spielen völlig unter. Als ich dann realiserte, dass es zum klassischen Klarinettisten auch nicht (mehr) reichte war die Luft draussen. So wie du deinen Unterricht schilderst wird dir das wohl nicht passieren :-D

    Viel Spass weiterhin
    antonio
     
  4. mgsax

    mgsax Ist fast schon zuhause hier

    Klassik muss meines Erachtens nach nicht sein.
    Tonbildung und sauber spielen kann auch so gelernt
    werden. Z.B. Tonbildung mit Longtones, da kommt man
    ohnehin nicht drum herum, egal ob Klassik oder anderes.
    Gerade wenn es um die Tonbildung geht, stellt sich die
    Frage ob den ein klassischer Ton gewünscht ist. Sauber
    spielen, also ohne ständiges Vibrato einen gleichmäßigen
    und schönen Ton zu erreichen hat meiner Meinung nach nichts mit Klassik zu tun.
    Aber es ist schon richtig, schaden tut Klassik nicht.
    (Für mich war es allerdings furchtbar etwas aus der Richtung
    zu spielen. Es ist halt so gar nicht meine Welt, deshalb
    bin ich in meinem Unterricht damit auch so gut wie nicht
    in Kontakt gekommen.)

    Gruß
    Markus
     
  5. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin Frank,

    wenn du keinen Bock auf Klassik hast, dann lass es sein. Saxophon spielen sollte ja schließlich Spaß machen.

    Eine gute Tonbildung kannst du auch bei Jazz lernen, nimm dir eine schöne Ballade und spiel die Töne sauber aus.

    Allerdings finde ich auch, dass es nicht schaden kann, mal über den Tellerrand des eigenen Musikgeschmacks zu blicken und sich wenigstens hie und da mal mit anderer Art von Musik zu beschäftigen.

    Gruß,
    xcielo
     
  6. rbur

    rbur Gehört zum Inventar

    Fundierte Grundlagen müssen sein.

    Schnelllernen und einfach drauf Losspielen bringen dich sehr schnell an die Stelle, wo dir dann die Grundlagen fehlen.

    gerade das ist im Jazz und Rock doch eigentlich auch Standard, oder?

    Was dich stört ist nicht, dass es Klassik ist, sondern dass es Tonleitern und Etüden sind. Du kannst dir die Grundlagen auch im Jazzbereich draufschaffen. Aber dann sind es immer noch Tonleitern und Etüden. Nur halt andere.
     
  7. hanjo

    hanjo Strebt nach Höherem

    hallo frank,

    dann laß es doch sein und mach das, was dir liegt.

    ich finde jedoch daß klassische musik nicht schadet. solide, anspruchsvoll, geordnet.

    offensichtlich ist das jedoch nicht deine musik. meine meinung, verlier dich nicht in nummern, die du mit wiederwillen und ohne interesse angehst.

    gruß
    hanjo

    hallo otfried, ist nicht von dir abgeschrieben, habe nur ähnliche meinung.
     
  8. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    Klassik MUSS nicht sein, kann aber. Aber "Klassik" steht in keinster Art und Weise für *Tonbildung* und / oder *korrekte Grundausbildung*.
    Wenn du Bock auf Blues und Jazz hast, dann ist es als zahlender Kunde dein gutes Recht, dieses zu verlangen. Wenn dein Coach dies nicht kann oder nur begrenzt in den Unterricht einbaut und du damit nichts oder nur wenig anfangen kannst, dann geht er nicht auf die Bedürfnisse der Kundschaft ein. Viele Lehrpersonen haben es auch heute immer noch nicht kapiert, dass sie eigentlich eine Dienstleistung betreiben. Sich dann aber beklagen, dass sie (zu)wenig Schüler haben.
    Tonleitern und Etüden sind überall eine Grund-Essenz - das Hauptproblem dabei ist aber, dass viele Lehrpersonen dies einfach durcharbeiten, ohne den Kunden den näheren Sinn dafür zu erklären.

    Wenn du in einem Restaurant Schnitzel mit Pommes willst und der Koch sagt, dass du zuerst Salat essen musst, bevor du das Gewünschte bekommst, du aber Salat nicht magst, dann wirst du wohl auch zum letzten Mal dort gewesen sein, oder? :) Anders ist es, wenn du in einem Vegetarier-Restaurant ein Steak bestellen willst. Dann bist du wissentlich am falschen Ort... ;-)
     
  9. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Peter Wespi schrieb:
    Das halte ich nun doch für gewagt :) Natürlich nicht ausschliesslich, aber gerade klassische Grundausbildung legt doch grossen Wert auf Tonbildung. Natürlich ist dies auch in andern Stilrichtungen gefragt, wird dort aber anders wahrgenommen. Ich denke halt, dass viele Leute diesen Aspekt stark mit der klassischen Richtung verbinden, auch Lehrpersonen.

    antonio
     
  10. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Hallo,

    das kann ich voll und ganz unterschreiben.

    Wir reden ja nicht von einer staatlichen Schule mit vorgeschriebenem Lehrplan, sondern von einem Hobby, für das die Leute nicht wenig Geld ausgeben.

    Klassik ist nicht mehr als eine Stilrichtung neben vielen anderen.

    Ein fähiger Dozent sollte in der Lage sein, Grundlagen ohne Stilfixierung zu vermitteln bzw. diese in die Wünsche der Schüler einbinden.

    Wer bestimmte Stile nicht vermitteln kann/will, sollte das auch schon im Vorgespräch sagen.

    Liebe Grüße
    Chris
     
  11. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    @antonio:

    Das kommt vielleicht etwas krass rüber und ich hätte es vielleicht so

    "Aber "Klassik" steht in keinster Art und Weise EXKLUSIV für *Tonbildung* und / oder *korrekte Grundausbildung*."

    formulieren sollen. Denn beim modern gespielten Sax sind ja gerade der persönliche Sound und die Tonbildung wichtige Charakteren. Ich finde diese Klassik- und Jazz/Blues-Unterteilung bei der Grundausbildung so oder so Quatsch. Bei vielen steht *Klassik* für Noten lesen, Tonleitern, Arpeggien und Etüden, während Jazz/Blues für Improvisation und Nicht-Notenlesen herhalten muss.
    Aus meiner Sicht muss ein Anfänger einen guten Sound entwickeln, Noten KORREKT lesen können (auch die Rhythmik) und möglichst parallel dazu Improvisationsfähigkeiten aufbauen - egal, in welche Sparte es ihn schlussendlich zieht.
     
  12. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    @Peter Wespi

    Yes Sir, gefällt mir ;-)

    Gruss
    antonio
     
  13. Rick

    Rick Experte

    Hallo allerseits,

    von der Spielweise her sind meiner Ansicht nach Klassik und Jazz/Pop/Rock auf dem Saxofon völlig konträr zueinander und können schwerlich gleichzeitig vermittelt werden.

    Bei den meisten "modernen" Musikrichtungen geht es nicht zuletzt darum, sich gegen eine zumeist laute Begleitband (Schlagzeug, Bass- und Gitarren-Verstärker etc.) durchzusetzen. Entsprechend benötigt man einen vollen, kräftigen, durchsetzungsfähigen Ton.
    Hinzu kommen "bluesige" Stilmittel wie Bending, Falls, Glisses etc., ausgeprägte Rhythmik und starke Akzentuierungen.

    Wenn ich derart trainiert bin, spiele ich mühelos ein Streichorchester "an die Wand" und bin auch in anderen klassisch orientierten Ensembles denkbar fehl am Platz. :roll:

    Umgekehrt achtet man in der Klassik auf allerfeinste dynamische Nuancen, pflegt ein kultiviertes Pianissimo, lernt Agogik (freieren Umgang mit dem Tempo), differenzierteste Phrasierung und eine gleichbleibende Intonation.
    Damit würde man aber schon in einer gewöhnlichen Cover-Band hoffnungslos untergehen. :-(

    Notenlesen, Tonleitern und Rhythmik gehören zur absoluten Grundausbildung - all das kann man aber durch unterschiedlichste Stücke und Etüden erarbeiten, dafür benötigt man heutzutage keine ausschließlich klassische Literatur mehr.

    Ich bringe meinen Schülern in den ersten Monaten gerne eine möglichst breite stilistische Auswahl nahe, lege aber niemanden auf eine konkrete Richtung fest. Es geht nur um Information, etwas Horizonterweiterung.
    Wenn diese Anfangsphase vorüber ist und der Schüler schon recht passabel spielen kann, geht es um die weitere Zielsetzung. Dabei ist dann entscheidend, was den Betreffenden interessiert, wohin er sich gerne entwickeln möchte, genau wie die Frage, was er denn überhaupt nicht leiden kann. ;-)

    Wenn sich jemand allerdings von Anfang an gegen eine bestimmte Musikrichtung wehrt, dabei sogar deutlich schlechter spielt bis hin zu Verkrampfungen, sollte man als Lehrer freilich so flexibel sein, auf die "Kundenwünsche" einzugehen - alles andere wäre kontraproduktiv.


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  14. Calla

    Calla Schaut öfter mal vorbei

    Naja, es kommt darauf an, was du machen willst. Ich bin klassischer Saxophonist, schon immer. Daher kann ich sehr viel technische Dinge, mit denen andere sehr viele Probleme haben. Ich kann außerdem vom Blatt mit so ziemlich jedem mitspielen. Wenn man sich zu früh sehr spezialisiert, kann man schwer wieder zurück. Und es ist sehr viel einfacher, vom klasischen etwas neu zu lernen (wenn die Basis stimmt), als andersherum. Und ein Saxophonist, der zwar super improvisieren kann, dafür aber keinen geraden Ton halten oder auch mal die zweite Stimme spielen kann, den kann man in keiner Gruppe gebrauchen.

    Da dein Lehrer ja auch das mit dir macht, was dir Spaß macht, will er mit der klassischen Schule wahrscheinlich wirklich nur Technik und Ton üben, was damit einfach am einfachsten ist.

    Zu den Playalongs: Oh ja, ich kannte einen Saxophonisten, der als Kind anfing: 10 Jahre lang spielte ich im Orchester und über all klassisch. Er übte sehr viel mehr, aber mit playalongs. Dann kam er ebenfalls ins Orchester. Stellen, die ich ohne weiteres vom Blatt spielen konnte, musste er (der sehr viel besser improvisiert) sich sehr mühsam draufschaffen.

    Das nur so als Gedanken dazu :)

    LG
    Calla
     
  15. Brille

    Brille Strebt nach Höherem

    Ich denke, der Unterschied Klassik- zu Jazzausbildung besteht primär in Folgendem:

    Es gibt ein klassisches Klangideal, das den "perfekten" Ton anstrebt. Dieses Ideal gibt es im Jazz in der Form nicht, sondern es wird ein Schwerpunkt auf die individuelle Ausdrucksfähigkeit gelegt.

    Allerdings führt das nach meinem Dafürhalten und meiner Erfahrung öfters dazu, dass wichtige spieltechnische Dinge vernachlässigt werden. Und das halte ich für nicht gut!!!!

    Eine solide spieltechnische Ausbildung hat noch keinem geschadet. Und das ist der Grund, warum ich immer wieder klassische Etüden übe.

    Und eine vielfältige Ausdrucksfähigkeit und ein flexibles Musikverständnis schadet auch nicht. Und das ist der Grund, warum ich solche Schulen wie Roth verabscheue. Die sind musikalisch zu sehr festgelegt auf einen Bereich, vernachlässigen die Breite und gehen häufig zu sehr in die Tiefe.

    Grüße
    Brille
     
  16. TenSax

    TenSax Ist fast schon zuhause hier

    Ich will mich da gar nicht reinhängen, aber wie definiert Ihr denn Klassik und Blues-/ bzw. Jazzausbildung?

    Also bei uns haben wir alle das gleiche gelernt, und alle spielen Kirchenkonzerte, Symphonische Konzerte, Big Band mit Swing, Funk, Rock und Soul.... Da ändert keiner was am Ton oder nimmt ein anderes Instrument für die entsprechend andere Musikrichtung.

    Viele Grüße
    Sven
     
  17. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    @Calla
    Na ja, du siehst aber eher wie eine Saxophonistin aus ;-) Konnte ich mir nicht verkneifen...

    LG
    antonio
     
  18. Boo

    Boo Kann einfach nicht wegbleiben

    Hallo,

    in letzter Zeit fällt es mir immer wieder auf, dass hier im Portal dargestellt wird wie Lehrer sein müssen, wie der perfekte Lehrer was zu unterrichten hat. Das finde ich eigentlich traurig.

    Wie darf man sich das dann Vorstellen? Die im Forum haben aber gesagt, dass... ??

    Jeder Lehrer hat sein Konzept, welches er verfolgt und diese können sich durchaus voneinander unterscheiden ohne das Eines schlechter ist als das Andere. Wichtig ist: Entweder du vertraust dem Konzept deines Lehrer oder du bist dir nicht sicher was er damit bezwecken will.

    Sofern letzteres zutrifft muss man das ansprechen. Ich denke dass dann eigentlich immer eine Erklärung folgt, dass der Lehrer darstellt wieso er das und das, so und so macht. Und entweder man hat dann wieder vertrauen oder nicht.

    Natürlich mag man nicht alle Sachen. Aber wie wäre es wenn ich immer sagen würde: das ist 7/8 Takt, das mag ich nicht, ich bin Kunde, dass will ich nicht. Dann würde ich das einfach nicht können. Und warum? weil ich es anfangs etwas komisch fand, n bisl zu mühsam?

    Was genau stört dich so sehr an den klassischen Stücken? Die Palm Keys?

    Natürlich geht die Roth Schule in eine klassische Richtung, aber wie du selbst sagst, es ist ja nur ein Teil des Unterrichts. Warum will dein Lehrer diesen Teil des Unterrichts? Was fällt dir dabei so schwer? Lässt sich der gleiche Lerneffekt auch mit anderen Stücken erreichen? Das sind alles Fragen, welche du mit deinem Lehrer besprechen sollst, denn dafür ist er da. Sprich ihn darauf an. Diskutiert, lacht, übt, spielt, habt Spaß!

    Es gibt Lehrer die machen alles was Schüler wollen und nach fünf Jahren fällt den Schülern auf dass sie eigentlich ziemlich viel nicht können. Dich für etwas zu motivieren, dich dazu zu kriegen Dinge die du nicht magst trotzdem zu üben ist für einen Lehrer anstrengender als jemanden auf dem Klavier zu begleiten, oder?


    Natürlich ist man Kunde, aber ich finde auch das ist wichtig:

    Will ich etwas lernen oder will etwas konsumieren?


    Schöne Grüße
    Boo
     
  19. cara

    cara Strebt nach Höherem

    @Calla
    da du auch unterrichtest, möchte ich deinem Beitrag antworten

    als Lehrerin weisst du, dass es unterschiedlich veranlagt Lernende gibt:
    den akustischen Typ, den visuellen Typ

    Der visuelle Typ (z.B.ich) denkt, er braucht Noten. Ohne Noten kann er nicht spielen. Jedes Zeichen läßt in seinem Kopf einen Ton erklingen, den er dann singt oder spielt, egal. Ihm fällt es aber schwer, einfach nach Gehör zu spielen. Hören - Spielen.

    Der akustische Typ hört und spielt. Ich kenne einige, die nicht mal Noten kennen (Gitarristen behelfen sich mit ihren Tabs), aber wunderbar spielen und improvisieren und einen Sound haben, dass man Gänsehaut bekommt.

    Und ich kenne einige Klassikmusiker, die überhaupt nicht in der Lage sind zu improvisieren. Und improvisieren ist der Ursprung der Musik, unglaublich! Bach, Telemann .... haben improvisiert und nicht von Noten abgespielt, sie haben sie, wenn sie dazu Lust hatten aufgeschrieben.

    Ich als visueller Lerntyp trainiere gezielt besonders das Hören - Spielen, um hier Sicherheit zu bekommen. Beim "nach Notenspielen" habe ich sie, wenngleich ich mich da natürlich steigern kann.

    Um einen reinen klaren Ton und gute Technik sind wir alle bemüht, das hat für mich nichts mit Klassik zu tun. Übrigens ich höre Klassik und Jazz. Spielen möchte ich Jazz, schon deswegen, weil ich nicht in einem Orchestergraben landen möchte.

    Cara
     
  20. viva-la-musica

    viva-la-musica Ist fast schon zuhause hier

    Nein, Klassik muss überhaupt nicht sein. Willst du später in ein Orchester? Saxophonistenstellen gibts da kaum.

    Es ist immer noch ein Vorurteil, man würde mit der Klassik ein besseres Fundament legen. Was steht in diesen klassischen Schulen drin? Doch auch nur ein paar Stückchen, Tonleitern und Akkorde, Terzen, Tonbildung und der gannze Kram.

    Wer sich länger mit Jazz beschäftigt, lernt genau das gleiche, und muss sogar sehr viel mehr an Skalen und auch Theorie verstehen, als ein Klassik Mensch. Es gibt heutzutage so viel an populärer Musik, dass man sich sein ganzes Leben mit Jazz oder Rock oder was auch immer beschäftigen kann. Vielleicht gibt es mittlerweile sogar einen (zahlenmässig) grösseren Schatz von Stücken/Liedern der Popkultur als die ganze Klassikwelt zu bieten hat.

    Das Kangideal von Jazz und Klassik könnte gegensätzlicher gar nicht sein: in der Klassik muss das Instrument mit dem Ensemble verschmelzen, im Orchester wie im Quartett. Im Jazz geht es um den individuellen Sound. In der Klassik geht es um adäquate Interpretation, womöglich noch möglichst authentisch. Im Jazz geht es um Selbstausdruck, am besten zeitgenössisch. In der Klassik der "reine Ton", im Jazz dirty sound. In der Popmusik eine perkussive Spielweise, bei der Klassik Bel Canto. In der Klassik gibt es wohltemperierte Stimmung, im Blues darf die Septim in Ableitung vom Obertons gern auch tiefer gespielt werden. Im Zentrum der Klasssik steht das Notenbild und der Dirigent, beim Jazz das leadsheet und die Impro.

    Dennoch, die Basis eines guten Klanges ist in beiden Welten die selbe, stundenlange Longtones, Dynamikübungen, Atemstütze, Tonus/Lockerheit...

    Ein Vorurteil, das leider zu oft auch zutrifft: Klassiker können nicht swingen, nicht grooven. Jazzer können keine cantilene spielen. Es gibt nur sehr wenige Ausnahmemusiker, die wirklich in beiden Bereichen überzeugen können.

    Wozu auch diese altertümliche Musik spielen, die größtenteils noch nicht mal im Original für Sax komponiert wurde, sondern Transkriptionen, Adaptionen sind? Wenn Musik ein Hobby ist, ein freier kreativer Lebensbereich, dann sollte man sich freiwillig für Barock und co. entscheiden dürfen, nicht dazu getrieben werden. Ich denke, dahinter steckt immer noch die bornierte Überzeugung, dass klassische Musik wertvoller als U-Musik sei.

    Was nun die die Palmkeys angeht: Was Hänschen nicht lernt...
    Zum lernen gehören oft auch unangenehem Dinge. Aber je früher du da ran gehst, desto leichter gehen sie dir später von der Hand. Wenn dir Dinge unangenehm zu lernen sind, werden sie dir später noch sehr viel mehr Schierigkeiten bereiten. Also beschäftige dich mit pianissimo bei den tiefen Tönen, lerne die vier wichtigsten Ais/Bb Griffe und die Top Tones. Üben muss man leider immer das unangenehme, das was man nicht kann. Das kann aber durchaus auch Freude machen, wer kennt nicht den Trancezustand nach 5 Stunnden Sax üben :p. Der Trick dabei: demk dir selber kleine Übungen aus, wie du eine schwierige Passage üben kannst. Benutze deinen Verstand, erkenne, was das Problem ist. Je einfacher so eine Übung ist, desto eher kommst du an die Lösung des Problems. Noch mal die Palm Tones: Ich glaub, ich hab mir 4 Jahre Zeit gelassen, das hohe Register zu lernen und übe das immer noch (bis d''''). Übe grad die unangenehmen Sachen regelmässig, sonst drehst du dich nur im Kreise.

    Oh, diese Klassiker. Sie glauben, man müsste unheimlich viel Leiden ertragen können, jede Tonleiter mindestens in 32tel spielen können, schliesslich hat Mozart ja auch 64tel geschrieben. Erst dann wird man ein guter Mensch, ein erlauchter Musiker. Es heisst aber: ich spiele ein Instrument. Und wie ein Freund von mir sagte: Der Dreck in der Musik, im Sound, das ist die Seele.


    PS. Ich habe klassische Querflöte studiert. Ich habe nichts gegen Klassik, spiele sie genauso gern wie Jazz und alle Art von Weltmusik. Und ich liebe 32tel ;-)

    PPS. Versuch doch mal deinen Lehrer zur Sax Schule von Klaus Dapper zu überreden. Ist hauptsächlich klassisch, aber nicht so verbissen. Da stehen auch ein paar nette Salsa Stücke drin.

    PPPS. Was Boo sagt, finde ich auch sehr richtig "Dich für etwas zu motivieren, dich dazu zu kriegen Dinge die du nicht magst, trotzdem zu üben..."
    Das interessante an Musik ist, dass es immer etwas neues zu entdecken gibt. :)
     
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