Peter Brötzmann ist gestorben

Dieses Thema im Forum "Musiker / Bands" wurde erstellt von ufosax, 23.Juni.2023.

  1. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Das wiederum würde es erklären.
     
  2. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Bei "Hurtz" ging es Hape Kerkeling satirisch um "verkopfte" Musik.

    Brötzmann ging es meines Wissens nie darum, mit seiner Musik zu gefallen. In seiner extremsten Phase ging es im Kollektiv darum "zu zerstören" und alle Regeln zu ignorieren. Das Ergebnis war für mich live stets ein brachiales emotionales und nachhaltiges Erlebnis.

    Noch radikaler und emotionaler empfand ich seinen Mitstreiter Peter Kowald (Kontrabass). Peter Kowald coachte in einen der ersten Jazzconception Darmstadt das Groß-Ensemble und hatte fast alle TeilnehmerInnen und DozentenInnen (u.a. Wuchner, Dell, Sauer...) inspiriert, dass Freejazz bzw. freie Musik das Hauptthema wurde. Für mich war es damals meine Initialzündung für die freie Improvisation, die ich dann mit der Zeit für mich "kultiviert" habe.

    Kowald sagte uns damals: "Suche dir einen Brotjob und gehe mit deiner Musik nicht huren!"

    Nun sind beide deutschen internationalen Freejazz-Größen aus Wuppertal tot. Meinen Respekt werden sie immer haben.
     
    coolie, khhs, giuseppe und 3 anderen gefällt das.
  3. ppue

    ppue Mod Experte

    Brötzmann hat zusammen mit Kowald, von Schlippenbach, Lytton, Lovens und vielen anderen den ersten endemischen Jazzstil Europas, nicht nur geprägt, sondern aus der Taufe gehoben.
    Eine sehr puristische Angelegenheit, aber unglaublich authentisch, eine Form des Musizierens, die sogar nach Amerika zurückstrahlte.
    Ich war noch jung, gefangen zwischen dem jungen Ellington (1925-1930) und dieser völlig neuen Art des Musizierens. (Alles dazwischen, war mir meine Aufgabe, die nächsten Jahre zu lernen).

    Mein junges Herz gehörte schnell den niederländischen Kollegen wie Bennink, Breuker, Mengelberg und Co, die sich herausnahmen, die wilde Freiheit mit herkömmlichen Stilistiken, Akkorden, Melodien und Rhythmen zu durchdringen. In meiner Freejazz-Zeit war das in Deutschland tabu.

    Ich gehörte quasi der "zweiten Generation" an, spielte mit denen, die heute noch ihr Unwesen treiben auf den freiheitsliebenden Bühnen (-;
    Diese niederländische Variante zog mich einfach mehr an (unvergesslich das ICP-Tentett). Zusammen mit zwei Kollegen brachten wir dann ähnliche Strukturen auf der Straße dar. Eine Wahnsinnszeit, die wir, meist in der Schweiz und in Frankreich, nur durch die Musik finanzierten. Wollten wir zurück, mussten wir uns erst den Sprit verdienen.

    Weitere Einflüsse, z.B. Mauricio Kagel in Köln oder unsere Leverkusener Kabarettfreunde (Wilfried Schmickler) formten die Ideen unseres Musikkabaretts, welches mich letztendlich durch die ganze Welt gebracht, mir die Versorgung der Frau und die Aufzucht der Jungtiere ermöglichte.

    Ja, ein Selbsthudel gerade, pardon. Aber all das, das Zweitgrößte in meinen Leben, wäre ohne Peter Brötzmann und Kollegen nicht entstanden.

    Einen innigen Dank an den großen Meister, der das Spektrum des Möglichen in seiner eigensten Art trefflich aufzuzeigen vermochte.

    Gehts auch ein bisschen unprätentiöser?
     
  4. Gelöschtes Mitglied 172

    Gelöschtes Mitglied 172 Guest

    Ich habe damals Freunde mit zum Total Music Meeting genommen, die eigentlich nicht einmal Jazzfans waren, und dennoch von Brötzmann fasziniert waren. Ich sowieso.
     
  5. ppue

    ppue Mod Experte

    Da werden wir uns damals unbekannterweise des Öfteren begegnet sein (-:
     
  6. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Als “3. Generation” ging es mir ähnlich. Bennink und Breuker habe ich in unterschiedlichen Besetzungen oder solo sehr häufig live erlebt. Besonders der musikalische Humor hatte mich begeistert.
     
  7. hoschi

    hoschi Strebt nach Höherem

    ...hab´s gerade im lokal radio gehört...

    R.I.P.
     
  8. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    Peter Brötzmann hat schon immer sein Ding gemacht. So wie Bennink und Breuker oder Albert Mangelsdorff oder Zappa oder Carla Bley oder Nam June Paik oder Udo Lindenberg oder Erika Stucky (!) oder John Cleese:
    "Creativity is not a talent. It is a way of operating."
    Das heißt nicht automatisch, dass es anderen gefällt oder sie inspiriert. Muss auch nicht. Aber ohne Kreativität wären wir arm dran.
     

    Anhänge:

    coolie, khhs, Kohlertfan und 6 anderen gefällt das.
  9. Kohlertfan

    Kohlertfan Strebt nach Höherem

    Schade, Peter Brötzmann hat den Jazz und die Musik und die ganze Kunst nachhaltig geprägt. Er hat den Dekonstruktismus in den Jazz gebracht. Zerstören und neu aufbauen und er hat die politischen Entwicklungen unserer Zeit begleitet und kommentiert.
    Einer der mir mit seiner Musik wichtig war. Ruhe in Frieden!
     
    Bereckis gefällt das.
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden