Spitzschrauben

Dieses Thema im Forum "Reparatur und Instandhaltung" wurde erstellt von Gast, 28.August.2011.

  1. Gast

    Gast Guest



    Hier mal was zum Grübeln für die Techniker unter uns:

    Bei alten Saxen gab es viel mehr durchgehende Achsen ( z.B. auch in den Stangen für H und Hb ) als in den modernen Versionen. Das hatte den enormen Vorteil, daß die Achsrohre durchgehend gelagert waren und nicht nur an zwei Endpunkten - also wesentlich stabiler gegen Ausschlagen und mechanisches Ausleiern waren. Waren sie mal abgenudelt, konnte man sie wieder aus/einziehen und so wieder perfekt einpassen. Der Nachteil war jedoch, daß sie schwerer liefen ( mehr Reibungswiderstand) und vor allem anfälliger waren, wenn sie mal einen Schlag abbekamen und sich verzogen. Dann lief bisweilen nämlich GARnichts mehr und die Reparatur ist/war ziemlich aufwendig.

    Hauptsächlich aus diesen Gründen wurden dann in immer mehr Achsen und Klappen besagte Spitzschrauben verwendet SPITZ ... weil die Klappe dann angeblich auf besagter Spitze gelagert ist und mit minimalem Reibungswiderstand präzise gelagert ist.

    Das ist ja nun aber absoluter Mumpitz.....DENN ich habe noch nie Achsbohrungen gesehen, welche exakt die Spitze der besagten Spitzschraube aufnehmen >>> selbige müssten ja konisch und sehr kurz sein. Meist sind die Bohrungen aber zylindrisch und tief --- sie besitzen zudem einen Durchmesser der die gesamte Spitzschraube in ihnen verschwinden lässt und somit nur auf dem dicken untersten Teil des Schraubenkonus aufliegt....auf nichtmal einem Millimeter Fläche also.

    Folglich werden alle Hebelkräfte, Federkraft und Drehbewegung einer so gelagerten Klappe von nichtmal einem mm Messingrohr an beiden Enden der Achse getragen, welche früher oder später dann auch ausleiert und alles andere als präzise gelagert ist.

    Maßnahmen dagegen sind dann das Auskehlen des Böckchens, um die Schraube tiefer in der Achse zu versenken, Zusammenschmieden des ausgeleierten Achsendes, --- es gibt auch Leute, welche das Lager dann mit kleinen Stückchen Filz auffüllen...... alles nicht unbedingt das Nonplusultra. Selmer hatte die Idee, in die Achslager kleine Federn einzubauen um dem entstehenden Klappenspiel entgegenzuwirken, was sich meines Wissens nach nicht gerade bewährt hat ( immerhin jedoch mal ein Ansatz überhaupt eine Lösung zu suchen ) -- von Yanagisava gab es eine Zeitlang Spitzschrauben, welche eben garnicht spitz waren, sondern zylindrisch mit runder Spitze. M.E. nach eine sehr gute Lösung, da sie für mehr Auflage in den Achsen sorgten ( immerhin ca 3 mm ) --- aber auch nicht der endgültige Durchbruch gegen Ausschlagen und Klappenspiel.

    Ich habe meine Achsen mit Flüssigstahl ausgefüttert und ein winziges Kunststoffplättchen eingelegt, so dass die Spitzschraubenkonusse innen auf ganzer Fläche aufliegen....vor allem aber ALLE Achsen mit mehreren Stützen versehen, welche Drehmoment und Hebelkräfte von den Spitzschrauben fernhalten. Das funktioniert super...auch im Langzeittest, ist aber nicht für jedermann mal eben selbst zu machen.

    Daher mal die Rätselaufgabe : WAS gäbe es als Alternative für handelsübliche Saxe (ohne weitere Ein und Umbauten von privat) ...... um diesen leidigen Spitzschrauben zu entkommen ??

    Bin mal gespannt !

    Grüße
    CBP
     
  2. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Also ich finde die Spitzschraubenlösung nicht mal so schlecht, eine Verbesserung wäre es natürlich, wenn man dafür sorgen würde, dass die Konen auf der ganzen Länge tragen. Zum Spiel einstellen dann eine kleine Blockierungsschraube a la Conn, oder auch eine Contermutter a la King. Dies ist allerdings wohl mühseliger, da sich beim Anziehen der Contermutter das Spiel leicht wieder verstellen dürfte. Die Schraube mit dem zylindrischen Lagerteil ist auch nicht schlecht, aber Achsial-Spiel einstellen geht da weniger gut. Scheibchen bringens wohl nur in krassen Fällen und in die Länge Quetschen, wenn die Stange zu kurz ist, ist auch nicht gerade optimal. Vor allem, wenn man Stangenmaterial nimmt, welches eine gute Festigkeit hat und nicht so leicht verbiegt, muss es ja recht hart sein. Dann noch durch Druck Länge hinzubekommen, wenn diese fehlen sollte,dürfte mühsam werden. Wie löst man diese Probleme in der Uhrenindustrie? Da sind auch auch kleinste Lager mit dauernder Bewegung gefragt. Lagersteine? Wohl zu teuer...

    antonio
     
  3. slowjoe

    slowjoe Strebt nach Höherem

    Die einfachste Lösung: Die in Spitzschrauben gelagerten Gestänge aus einem deutlich härteren Material (z.B. Neusilber oder eine härtere Messinglegierung) zu fertigen.

    Kann man sich z.B. an diesen schlechten MK VI ansehen.



    SlowJoe
     
  4. rbur

    rbur Mod

    Momentan verschleißt das Gestänge, nicht die Schraube.
    Wenn das Gestänge härter wird, dann geht die Schraube eher kaputt. Die lässt sich natürlich leichter ersetzen als eine Stange einzuziehen.
    Aber das Grundproblem bleibt. Reibung erzeugt Abnutzung.
    Und alles auf Kugellagern oder Rubinen zu lagern macht das Sax wahrscheinlich teurer als alle paar Jahre eine Generalüberholung. Und andere Sachen am Sax nutzen sich ja auch ab und müssen ersetzt werden.
    Die Idee von Selmer finde ich eigentlich ganz gut.
     
  5. slowjoe

    slowjoe Strebt nach Höherem

    @ rbur:

    Gehärtete Spitzschrauben wären sicher nicht der Kostenfaktor.....

    Mit härteren Gestängen und gehärteten Spitzschrauben liesse sich der Verschleiss sicher so weit verlangsamen, dass er im "normalen" Saxophonleben keine Rolle mehr spielt.

    Meine alten Selmers waren z.T. 40 Jahre im Profi - Einsatz bevor sie in meine Stümperhände fielen. Ich sehe jedes Jahr auf der Musikmesse reihenweise Saxe (nein, nicht nur aus China!) die ab Werk schon grösseres Lagerspiel aufweisen als meine alten Selmers.




    SlowJoe




     
  6. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    Die Spitzschrauben oder die zylindrische Schraube würde ich auch nicht über Bord werfen, das eigentliche Problem liegt ja bei den ausgeleierten / abgenutzen Bohrlagern an den Stangenenden.

    Was mir so spontan in den Sinn kommt und technisch sicher in unserem Hightech-Werkstoffzeitalter realisierbar wäre:

    Die Stangen an beiden Enden ca.10 mm kürzer halten und um auf's alte Maß wieder zu kommen dann beidseitig Messinghülsen aufzusetzen, die den lichten Durchmesser der Stangen etwas vergrößern würden und damit als Aufnahme...quasi als Lagerschale für kleine Spezial-Lager dienen könnten.

    Hier nun wirklich konische, zum Gegenstück Spitzschraube (aus Edelstahl) passgenau gefertigte Lagereinsätze aus z.B.Keramik oder Teflon eindrücken oder einkleben.

    Soweit mir bekannt, gibt es auch heutzutage auch schon so kleine Minikugel / Nadellager, die evtl. Platz in so einer Hülse hätten.

    Hier natürlich dann zylindrische Schrauben.

    Eine Arretierungsmöglichkeit der Schrauben natürlich vorausgesetzt, um das Lagerspiel punktgenau einstellen zu können.

    Da haben sich aber sicherlich zu diesem Thema schon schlauere Leute den Kopf zerbrochen und entsprechende Lösungen in der Schublade.

    Warscheinlich ist aber mal wieder die Kostenfrage im Endeffekt der entscheidende Faktor.

    let's schraub

    wuffy


     
  7. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Das wäre mit Sicherheit ein Problem.

    Kostengünstig wäre sicher mal ein härteres Material für die Stangen und gehärtete Spitzschrauben. Dann noch dafür sorgen, dass die Fläche wo die beiden Teile aufeinander laufen anständig gross ist.
     
  8. Gast

    Gast Guest

    @Wuffy

    Deine Idee finde ich ziemlich interessant.... also eine Hülse am Ende der Achse, in welcher das eigentliche Lager steckt. Wenn sich dieses Lager IN der Hülse drehen kann UND auf der Spitzschraube ( man kann sie dann ja gerne etwas länger machen ) hat man quasi ein in sich drehendes Walzlager von hoher Stabilität. Das Lager braucht ja garnicht aus irgendwelchem ""Material aus der Raumfahrt"" zu kommen....da reicht ja Stahl auf Stahl.
    Das ist echt nicht schlecht !!
    Klar ---der Kostenfaktor zählt - aber in Serie gebaut wäre der vielleicht garnicht mal SOOO gross ..... und ich könnte mir vorstellen, daß Musiker bereit wären, den zu zahlen. Immerhin bedeuten dauerhaft präzise gelagerte Klappen auch dauerhaft präzise Ansprache, längere Passigkeit der Polster , weniger Zeit/Kosten bei einer GÜ usw usf.

    @ Slowjoe und Antonio
    Klar....härteres Material verlangsamt den Prozess ( siehe die von Dir angesprochenen Neusilberachsen bei den Selmers), hindert ihn aber nicht. Beim Besipiel Neusilber denke ich an die wichtigen Lager von Flöten und Klaris...die ebenfalls oft ziemlich hinnüber sind.

    Daß etliche Billighupen von vorneherrein mit klapprigen Lagern geliefert werden ist ja ein ganz anderes leidiges Thema ( nebenbei NICHT nur Billigsaxe....auch in den oberen Ligas findet man sowas -leider )
    - Wenn auch zum Glück nicht so häufig.



    Ich werde mal über Wuffys Idee nachdenken.... ob da irgendwelche "Haken" zu finden sind....bislang entdecke ich keine ;-)

    Grüße
    CBP
     
  9. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Mir kommt gerade noch die Idee, die Spitzschraube als das zu nehmen, was sie ist, also die Lagerung auf der Spitze vorzusehen. Die Schraube wäre vorne kugelförmig, mindestens einsatzgehärtet und das Gegenstück eine kleine Keramikpfanne, gehalten a la Wuffy...wär doch was, oder? Keramikpfanne und Schraube wären wegwerfteile, wenn sie nicht mehr sauber arbeiten.
    Auch das Spiel könnte man so gut einstellen.

    antonio
     
  10. Gast

    Gast Guest

    @Antonio

    Eben !
    Würde die SPITZschraube wirklich auf der Spitze ( oder eben auf einer Kugel) laufen, wäre ihr Sinn ja erfüllt.

    Das Umligende Material des Achsröhrchens ( meinethalben auch eines Keramikfutters) wäre somit ja auch weit stärker als bei zylindrisch gebohren Achslöchern.
    Ich denke, das genau DAS ja auch die ursprüngliche Idee des Ganzen ist --------bloss wird es nie so gehandhabt.

    Wuffys Idee fasziniert mich jedoch ... das ist, einmal installiert, fast unschlagbar.
    Sollte ich mir jemals wieder ein Sax selbst zusammenbasteln, werde ich das auf jeden Fall versuchen.

    Grüße
    CBP
     
  11. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest

    Ich finde eure Gedanken zur Optimierung der Achsenlagerungen total spannend. Sicher lässt sich da noch viel optimieren.

    Aber ganz ehrlich: Würde der konstruktive - und damit verbundene finanzielle Mehraufwand dies wirklich rechtfertigen?

    Bei meinem Saxophon haben die (Neusilber)Achsen nach 5 Jahren noch nicht den Hauch von Spiel. Wann das erste Spiel auftauchen wird, kann ich natürlich nicht ahnen. Ich denke aber, dass das noch viele Jahre dauern wird.

    Und dann werden halt im Rahmen eines Polstertausches auch ggf. neue Neusilberachsen eingezogen. Auf die Lebensdauer eines Saxophons bzw. eines Saxophonisten ist diese Lösung sicher die preiswertere.

    Aber klar: Ich bin auch Fan von technischen Spielereien. So etwas fasziniert einfach!

    GadS
    Bernd
     
  12. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

  13. slowjoe

    slowjoe Strebt nach Höherem

    Najaaa,,das ist wohl der totale Overkill.....

    Ersetzen aller Säulchen gegen welche mit Gelenkköpfen.......

    Lass Dir mal von nem Saxdoc einen Kostenvoranschlag für sowas machen......



    SlowJoe
     
  14. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    nee, ich dachte so als Verbesserungsvorschlag für Neubauten
     
  15. PimpmySax

    PimpmySax Nicht zu schüchtern zum Reden

    Hier gibts viele Infos zum Thema Schrauben:

    http://www.shwoodwind.co.uk/Glossary/Points.htm

    VG pimp
     
  16. Gast

    Gast Guest

    @Pimpmysax

    Aha...da haben sie auch die "zylindrische" Spitzschraube abgebildet, ( oder eben NICHTspitzschraube).
    Die halte ich im gängigen Gebrauch noch für die Optimalste.

    @Thomas
    Jaaaa .... diese Kugelageridee IM Säulchen/Böckchen hat auch was.
    Das ist ja im Grunde die gleiche Idee wie von Wuffy - nur im umgekehrten Sinne - also das Extralager im Böckchen anstatt in der Achse.

    Das wäre aber wirklich nur etwas für Neubauten. Zum nachträglich Nach/Umrüsten ist Wuffys Idee weitaus Praktischer:
    Achse Kürzen, Rörchen darüberlöten, Stecklager rein und fertig. > Dann noch längere Spitzschrauben rein, und die Sache läuft.

    Wenn ich mir vorstelle, alle Böckchen vom Sax abzulöten und auszutauschen ... vor allem solche, die auf vorgelöteten Rippen sitzen ( hartverlötet), wäre der Aufwand grandios.
    Das System ist aber auf jeden Fall interessant. Ich wusste garnicht, daß sich da andere auch schon so weit Gedanken gemacht hatten.
    Dann bin ich in solchen Fragen also nicht der einzige spinnende Phantast auf Gottes Erdboden > SEEEHR erfreulich !
    ;-) ;-)

    CBP
     
  17. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    nur so entstehen echte Innovationen....der Rest der Leute meint, dass es nix zu erfinden gibt, weil alles schon da ist... :lol:
     
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