Vintage und Intonation

Dieses Thema im Forum "Saxophone" wurde erstellt von chrisdos, 11.November.2009.

  1. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Danke Dexter für Dein Statement. Dieser Gedanke beschäftigt mich seit ich die Intonationsdiskussionen kenne. Wollte ich jetzt polarisieren, würde ich die verklärte "Früher war alles besser" und die arrogante "Heute ist alles besser" Haltung gegenüberstellen.
    Natürlich ist beides so falsch wie richtig. Deshalb halte ich es für angebrachter zu fragen, was früher ANDERS war.

    - die Grundstimmung, klar. Sie kann selbstverständlich gegen die Verwendung eines Instrumentes sprechen, hat aber mit dem Thema nichts zu tun.

    - die Mundstücke, die hatten wir schon. Ihr Einfluss kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.

    - Instrumente die nicht meisterlich konstruiert und gebaut wurden. Sicher gab es die und sie gibt es auch heute noch.

    - der sogenannte Ziehbereich, also der Bereich den der Spieler durch den Ansatz nach oben oder unten korrigieren kann, war offensichtlich bei früheren Sax-mpc-Kombinationen größer als heute. Damit untrennbar verbunden ist

    - die Verantwortung des Spielers für die Intonation. Heute blasen wir ins Horn, schauen aufs Stimmgerät und sagen: das Instrument stimmt nicht. Es mag sich jeder selbst die Frage stellen, welche Abweichungen er ohne Hilfsmittel wahrnehmen kann.


    Tatsächlich ist es gar nicht einfach festzulegen, wann nun ein Ton stimmt. Gib demselben Spieler 3 Mundstücke und Du bekommst 3 Werte, gib das Horn 3 Spielern und Du bekommst 3 Werte. Ich habe mit selbem Horn und selbem mpc am selben Tag 3 verschiedene Intonationskurven erhalten, bei meinem eigenen, gewohnten Sopransax, nur durch Änderung der "Tagesform". Ein Saxophonkonstrukteur muss sich also an dem bedienen was marktüblich ist und ihm ein durchschnittlich gutes Ergebnis bringt.

    Soweit mal,.......wann werden eigentlich sauber intonierende Geigen erfunden ;-)

    Liebe Grüße

    Chris
     
  2. TenSax

    TenSax Ist fast schon zuhause hier

    Vor einiger Zeit hatte ich ein AltSax von einem meiner Schüler,
    welches stimmungsmäßig nicht in Ordnung war. Ich fragte also nach in welchem Toleranzbereich den eine Abweichung statt finden darf. Man teilte mir hier mit: 10-12 Cent bei 440Hz-442Hz. Das Sax lag aber nach meiner Prüfung bei 25-30 Cent. Die Firma ließ es nochmals checken und kam zu dem selben Ergebnis. Anstandslos wurde dem Sax ein neuer S-Bogen spendiert, siehe da...nun liegt es im vorgegebenen Bereich!

    Viele Grüße
    Sven
     
  3. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Hi TenSax
    Toll, daß eine Firma so etwas prüft und dann auch repariert. So was nenne ich Kundenservice.

    Das einzige, was ich nicht os mag, ist der Bereich 440-442Hz. Das klingt nach nichts, ich weiß. Aber ich habe ein Oskar Adler Tenor, leider keines von den wirklich guten, aber das ist erst mal unerheblich.
    Dieses Saxophon intoniert, auf 440Hz gestimmt, brauchbar bis auf d2. Dieser Ton ist schlicht einen halben Ton zu hoch.
    Stimme ich die gleiche Kanne mit gleichem Set-up und gleichem Spieler auf 442Hz, dann ist die Kanne akzeptabel stimmig, also +/- 15ct einschließlich d2.
    Nun seid ihr dran :)
    JEs
     
  4. TenSax

    TenSax Ist fast schon zuhause hier

    Ja stimmt, ich hatte aber auch meinen Kampf mit dem Musikhaus wo es gekauft wurde. Die stellten sich völlig quer! Der Vertrieb des Herstellers war allerdings sehr gut, ja das ist Service am Kunden. Das kann ich absolut unterstreichen!

    Das Sax meines Schülers stimmte auf 440Hz besser. Daher hatte ich die Vermutung das dieses Sax eigentlich für den US-Markt hergestellt worden war und sich irgendwie nach Deutschland verirrte hatte. Irgendwo habe ich das im i-Net mal recherchiert das hier unterschiedliche Stimmungen für die Märkte in Europa und USA hergestellt werden.

    Generell habe ich keine Probleme einzelne Töne welche um +/- 10-15 Cent abweichen auszugleichen. Daher kann ich diesen Toleranzbereich auch akzeptieren! Aber alles was darüber hinaus geht ist schwer auszugleichen und daher auch inakzeptabel.

    Meine Erfahrung zur Intonation, spielt man in einer Band oder Orchester muss man darauf achten das man mit den gesamten Instrumenten gut intoniert. Da nützt es auch nichts wenn man auf 0 Cent genau stimmt und der Rest vielleicht etwas höher oder tiefer liegt, da muss man mit egal wie, ansonsten klingt man dann schief.

    Ich selber spiele in verschiedenen Bands und Orchestern, jede Truppe hat ihre eigene Stimmung. Und ich muss immer darauf achten ob ich gut intoniere!

    Viele Grüße
    Sven
     
  5. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Hi Sven
    also ob 440 oder 442 HZ hat nix mit USA oder Deutschland zu tun.
    Wohl eher mit Klassik oder Nicht-Klassik. Zumindest im I-Net wird immer wieder gesagt, daß klassische Orchester eher auf 442Hz stimmen, damit die Töne etwas brillianter klingen.
    Noch übler, und da habe ich Erfahrungen, sind Kirchenorgeln. Die halten sich nun gar nicht an die 440Hz, auch die Neuen nicht. Die sind dann auch mal auf 457Hz gestimmt, oder runter bis 425 Hz. Da kannst Du dann eine Anpassung total vergessen, weil das gleicht keiner mehr aus.
    JEs
     
  6. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    Doch, hat es! Buffet hat seine S1-Serie früher in zwei Versionen gebaut: Eine auf 440 Hz eingestimmte für die USA und eine auf 443 Hz eingestimmte für Europa.

    Gruß,
    xcielo
     
  7. JES

    JES Gehört zum Inventar

    @xcielo
    Ist das S1 nicht ein Klassikhorn??
    Könnte es also nicht damit zu tun haben, daß eben die Klassik-spieler lieber 442Hz stimmen?
    Außerdem war die Europaversion durchaus auch in den USA zu kaufen wie umgekehrt.
    JEs
     
  8. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Auch wenn es Leute gibt, die das so sagen, und auch Buffet selber wohl als Abgrenzung zu Selmer in Richtung dieser Kundschaft geschielt hat, halte ich eine solche Zuordnung für Käse.

    Könnte schon sein, dann aber ja wieder eher die Europäer ;-)

    Auch das mag sein, ändert aber nichts daran, dass es offensichtlich gewisse Vorlieben im europäischem und andere im amerikanischem Markt gegeben hat.

    Gruß,
    xcielo
     
  9. claptrane

    claptrane Strebt nach Höherem

    Wieso, die gibts doch ;-) zB hier
     
  10. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich hab zwei Buffet S1, einmal höher, als Klassiksax und einmal normal gestimmt, als Jazzsax, hehe, nee, stimmt schon, das höher gestimmte ist tatsächlich eher für die Klassik gedacht. Hat mit Amerika und Europa nichts zu tun.

    Im Übrigen: ich merke den Unterschied nicht.

    Das S1 (besonders das aus Kupfer) ist bei Klassikern beliebt. Es führt aber sonst nichts besonders Klassisches im Schilde und spielt sogar Rock'n' Roll. Wenn ichs doch sag!
     
  11. Gine

    Gine Ist fast schon zuhause hier

    Ich möchte auch nochmal auf das Thema Mundstück und Vintage hinweisen. Da ich selbst nur "Laie" bin, sind meine eigenen Fähigkeiten zum Ausgleich begrenzt (leider ist mein Gehör erheblich besser). Wenn ich bei meinem modernes Keilwerth Tenor Saxophon unterschiedliche (neue) Mundstücke benutze, so ist das Stimmgerät in der Regel glücklich. Dagegen kann ich mein Martin eigentlich nur mit einem Mundstück vernünftig intonieren. Und das war nicht leicht zu finden und hat sozusagen die Trennung in letzter Minute verhindert.

    Außerdem habe ich noch einen zweiten sehr subjektiven Eindruck: Ich bilde mir ein, dass das Vintage nach dem Warmspielen erheblich höher wird, als mein Keili.

    Nebenbei bemerkt, trotz modernen Saxophonen, Stimmgeräten, play-alongs etc. ist es doch bisweilen erstaunlich wie schlecht wir Laien auch heute noch intonieren (nicht immer, aber doch in der Regel deutlich hörbar). Und mit den gleichen Instrumenten, kommt bei Profis was anderes raus. Intonation ist eben bei den meisten Instrumenten eine Frage: wie schnell passe ich den Ton meiner (richtigen) Vorstellung an.
    Gruß
    Gine
     
  12. ppue

    ppue Mod Experte

    Es muss nicht immer nur an der Intonation liegen, dass Amateursaxophonisten nicht so doll klingen. Die gesamte Tonbehandlung wirkt da mit, also Phrasierung, Dynamik, Vibrato, Bending, Growling, etc.. Mit einem durchgängigen Vibrato z.B., wie es mitunter in den 30er Jahren üblich war, hast du selten Intonationsprobleme, man spielt ja eh ständig um den richtigen Ton drum herum.

    Wenn alle anderen Faktoren stark sind: Technik, Sound, Selbstbewußtsein, Melodieführung, Rhythmus,... , dann wird ein wenig falsche Intonation nicht auffallen. Wie schon beschrieben, hängen manche professionellen Saxophonisten erheblich unter der 'korrekten' Tonhöhe.
     
  13. JES

    JES Gehört zum Inventar

    [quore]...Wenn ich bei meinem modernes Keilwerth Tenor Saxophon unterschiedliche (neue) Mundstücke benutze, so ist das Stimmgerät in der Regel glücklich. Dagegen kann ich mein Martin eigentlich nur mit einem Mundstück vernünftig intonieren. Und das war nicht leicht zu finden und hat sozusagen die Trennung in letzter Minute verhindert.

    Außerdem habe ich noch einen zweiten sehr subjektiven Eindruck: Ich bilde mir ein, dass das Vintage nach dem Warmspielen erheblich höher wird, als mein Keili..[/quote]

    Hallo Gine.
    Also im Prinzip beobachte ich bei all meinen Kannen in etwa das gleiche. Nur meine Kannen werden tiefer nicht höher. Ich denke mal das hat was mit dem anderen Material und der größeren Wandstärke zu tun, da ich diese Veränderung speziell bei etwas massiver gebauten Kannen beobachte.
    Wenn man mal so rumstöbert, dann ist es wohl so, daß die Mundstückkammern über die Jahre kleiner geworden sind (also im Durchschnitt. Es wird auch früher kleine Kammern gegeben haben). Die Kammergröße hat aber wiederum Einfluß auf das Schwingungsverhalten des Blattes und damit auch auf die Tonerzeugung im System Blatt+Mundstück+Saxophon.

    Wenn ich aber ein Instrument für eine bestimmte Kammergröße auslege, dann kriege ich u.U. mit einer deutlich kleineren Kammer Probleme, weil dann die Gesamtauslegung nicht mehr stimmt. Moderen Instrumente sind daher eher für moderne Kammern ausgelegt, ältere Modelle eher für ältere Kammerformen.

    Meine Erfahrung zeigt, daß es eher möglich ist, alte Mundstücke auf neueren Instrumenten zu spielen als umgekehrt (nicht immer. Mein Goldbeck Alto geht z.B. nicht so ohne weiteres). Wenn Du also ein Problem hast für ein altes Martin ein passenedes Mundstück zu finden, dann müßtest Du eines finden, welches entweder selbst alt ist oder aber von der Konstruktion ein altes kopiert.
    Alte Mundstücke haben aber u.U. andere Bahnkurven als neuere. Mit diesen Bahnkurven harmoniert aber nicht jedes Blatt, weil Biegelinie Blatt und Seitenauflage Mundstück sollten gleich sein. Dann müßtest Du auf dein altes Mundstück eine moderne Bahnkurve ziehen lassen (refacing) oder eben Blätter spielen, die den alten Schnitt (also diese schräge Fläche von der Blattspitze bis zu dem abgerundeten Bereich) haben.

    Was bei mir eigentlich an modernen MPC immer funktioniert hat sind Meyer- Mundstücke mit großer Kammer. Oder auch Link Tonedge. Selmer S80 hingegen gar nicht.

    JEs
     
  14. TanteSax

    TanteSax Ist fast schon zuhause hier

    Hier muss ich mich dann auch mal dazu äußern.
    Du sagst, dass bei dem Martin und dem Chu Berry es Ausreißer gibt und somit die Intonation nicht so gut ist, dann sagst du, dass man das evtl einstellen kann.
    Ja, man kann das einstellen. Eine Freundin von mir spielt seit langem ein Chu Berry. Das Teil stimmt hervorragend. Der befreundete Sax-Schrauber sagte nach der GÜ, dass das Chu Berry perfekt zum Einstellen sei. Also intonationtechnisch ist das gute alte Stück keinesfalls schechter als irgendwas Neues oder Klassisches. Auch neue SELMER-Saxophone (als Beispiel) intonieren, wenn sie falsch oder gar nciht eingestellt sind nicht!
    Ich selber spiele seit ein paar Jahren ein Martin Comm II, dass ebenfalls sehr gut intoniert. (Auf jeden Fall wenn ich es spiele und dass ist für mich das Wichtigste!) Auch in der Klassik kann ich es einsetzen. Allerdings ist mit aufgefallen, dass mein Sax (mit mir!!) nicht mit allen Mundstücken funktioniert, am besten klingt und tönt (intoniert) es mit dem Meyer Kautschuk.
    Ich hatte mal ein anderes ComII angespielt, das war grottig. Es gibt also Unterschiede und ich finde diese Pauschalisierungen furchtbar.
    Und nun noch zu der Anmerkung, dass die beiden Instrumente nicht gut in der Hand lägen. :-x
    Das muss nun jeder für sich selber entscheiden! Ich finde die modere Grifftechnik nicht gut, ich finde das Martin genial! Auch das Chu Berry ist super. Von dem Martin war (und bin) ich so begeistert, dass ich nun auch noch ein Martin Sopransax habe, das ebenfalls hervorragend intoniert, bestätigt durch einen klassischen Profisaxophonisten.

    Ufff... das Thema scheint ja tatsächliche zum ausschweifenden Schreiben zu inspirieren, so lange sollte mein Beitrag nicht werden..... :roll: ;-)
    Nun ja... (wer mich kennt weiß, dass ich kein Freund der wenigen Worte bin..) :lol:
    Liebe Grüße
    Tina
     
  15. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Da schließe ich mich einfach an: Martin Comm II; ohne Probleme bei der Intonation.

    :-D
     
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