Warum Anfänger zu früh aufgeben

Dieses Thema im Forum "Anfänger Forum" wurde erstellt von ArminWeis, 15.Juni.2015.

  1. ArminWeis

    ArminWeis Experte

    Hallo zusammen,

    ein aktuller Fall veranlasst mich zu diesem Beitrag.

    Es kommt immer mal wieder vor, dass ich im Laden ein wenig gespieltes Saxophon zum Kauf angeboten bekomme. Die beiden am meisten gehörten Begründungen sind: "das ist nichts für mich" (im Sinne von "es hat keinen Spaß gemacht") oder "ich bin unmusikalisch".

    Aus meiner Sicht gibt es drei Kriterien, die einem die Freude am Saxophon lernen verderben können.

    1. Selbststudium. Es gibt tolle Saxophonschulen und Foren und Fernkurse und viele Möglichkeiten, das Spielen ohne Lehrer auszuprobieren. Die meisten dieser Medien haben ein entscheidendes Manko: die Rückmeldung fehlt. Jeder Mensch ist anders. Einatmer oder Ausatmer, zurückhaltender Typ oder Draufgänger, schmale Unterlippe oder breite Unterlippe, Unterbiss oder Oberbiss der Zähne, ehrgeizig oder eher auf einen Motivator angewiesen, die Liste der Indivudualität des Spielers kann beliebig fortgesetzt werden. Jeder ist anders. Und ohne Rückmeldung durch einen erfahrenen Lehrer ist die Wahrscheinlichkeit unnötiger Fehlversuche relativ hoch. Manchmal ist es ja nur eine kleine Korrektur und alles läuft in die richtige Richtung. Das kann die kleinste Kleinigkeit sein (geh eine halbe Blattstärke hoch, nimm das Mundstück nicht so weit in den Mund, korrigiere Deine Körperhaltung etc. - simple Anweisungen). Ich persönlich kenne nur zwei Fälle, wo das einigermaßen funktioniert hat ohne Lehrer.

    2. Der Lehrer ist nicht der richtige. Das kann verschiedenste Gründe haben. Wenn die Chemie nicht stimmt, ist es schon schlecht. Wenn sie oder er ein toller Performer ist, heißt das noch lange nicht, dass der Stoff in der geeigneten Form vermittelt werden kann und die unter 1. beschriebenen Aspekte berücksichtigt und entsprechend korrigiert werden. Wenn der Lehrer eigentlich keine Lust zum Unterrichten hat und das nur notgedrungen macht, um irgendwie über die Runden zu kommen, kann es unter Umständen auch Mist sein. Es lohnt sich, eine gute Lehrerin/einen guten Lehrer zu suchen. Das müssen nicht die besten Spieler sein, wenn sie gerne unterrichten und ihr Handwerk verstehen, Volltreffer.

    3. Das Lern-Saxophon hat zu viele Defizite. Ein Anfänger braucht kein tolles Instrument im Sinne von Sound, Intonation, Ansprechverhalten, Haptik, etc. Für den Anfang genügt es aus meiner Sicht, wenn das Saxophon technisch in Ordnung ist. Alle Polster schließen, alle Klappen funktionieren. Das reicht für die ersten Hürden.
    An anderen Stellen im Forum wurde ausführlich darüber berichtet, wie selten der technisch einwandfreie Zustand zu finden ist. Das hängt wesentlich mit dem sensiblen Part der Klappendichtungen (wir nennen sie Polster) zusammen. Es lohnt sich, diesen Aspekt zu betrachten. Wenn die Dichtungen nicht ordentlich funktionieren, kommen die tiefen Töne schlecht oder gar nicht. Häufig mit dem Ergebnis, dass der Anfänger noch weitere Sachen kauft (Mundstücke, Blattschrauben, Blätter) um dann irgendwann zu glauben, er /sie sei zu blöd zum Spielen. Dabei war das Instrument einfach nicht in Ordnung.

    Wenn alle drei aufgezählten Kriterien in Ordnung sind, gerät nach meiner Beobachtung jede/jeder in das unvergleichlich schöne Saxophonfieber. Einmal Saxophon immer Saxophon.

    Beste Grüße und danke fürs Lesen,
    Armin
     
  2. Gelöschtes Mitglied9218

    Gelöschtes Mitglied9218 Guest

    Ich glaube, neben Armins Aufzählung, ist die Ungeduld ein großes Problem. Man hört einen guten Saxophonspieler(in) und ist total angetan.
    Jetzt schnell ein Horn gekauft und los geht's. Was aber völlig unterschätzt wird, ist die Tatsache, dass das gute Spielen nicht von alleine kommt, sondern zuerst in sehr viel Übungszeit investiert werden muss.
    Ich glaube an dieser Stelle geben einige auf.

    LG
    Paedda
     
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  3. Nordstern

    Nordstern Ist fast schon zuhause hier

    Hi!
    Mir geht das schon nach ein/zwei Wochen unterrichtsfreier Zeit so, dass ich übungsfaul werde.
    Ich brauch' die Kontinuität des wöchentlichen Unterrichts. Die sofortige Rückmeldung,..dafür üb' ich die ganze Woche. :)

    Es gibt meiner Meinung nach noch einen vierten Grund für's Aufgeben:
    Das immer alleine Spielen im Kämmerlein. Irgendwann wird es öde..

    Liebe Grüße
     
    Zuletzt bearbeitet: 15.Juni.2015
  4. 112dB

    112dB Ist fast schon zuhause hier

    Ich denke auch die Verträglichkeit mit den Nachbarn ist ein nicht unerheblicher Grund wieder aufzuhören. Es macht kein Spass wenn man weiß dass man andere Belästigt und die sich dass dann (natürlich) auch anmerken lassen.

    Ich z.B. habe einige Jahre wegen der Nachbarn nicht gespielt.
     
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  5. Squirrel

    Squirrel Kann einfach nicht wegbleiben

    Hallo zusammen,
    Nordstern ist mir jetzt gerade zuvor gekommen. Auch ich wollte gerade schreiben, dass es sicherlich förderlich ist wenn man eine Gruppe findet - ganz egal welcher Art und Vorlieben - in der man zusammen Musik machen kann. Ich habe dies leider trotz intensiver Recherchen noch nicht geschafft und merke gerade wie sehr es mir fehlt. Bei Kindern scheint mir das noch recht einfach zu sein, als erwachsener Anfänger scheint dies doch eine Herausforderung. .... ich gebe aber (noch) nicht auf und besuche gelegentlich dafür eben Workshops.
    Mein Lehrer ist für mich sehr wichtig, da mir dieser alle ca. zwei Wochen wieder ein paar Anstupser (außerhalb des Buches) gibt um mich weiter zu entwickeln das kann für mich auch eine der vielen doch sehr guten Saxophonschulen nicht.
    Liebe Grüße
    Squirrel
     
  6. 09zulaya

    09zulaya Schaut nur mal vorbei

    Hi Armin

    Ich bin (noch) auf der Suche nach einem Sax für meinen Sohn. Jemand vom Forum hat mir nun ein Occasions Sax angeboten, aber ich habe Angst das bei einem nicht neuen die Töne nicht richtig stimmen. Ich kann es nicht Testen, da ich nicht spiele. Aber wenn ich dich richtig verstanden habe, dann ist am Anfang eigentlich die Funktionalität des Sax wichtiger als die Töne. :confused:
    Ist echt kompliziert etwas zu kaufen, wo von Frau keine Ahnung hat. Das Xylophon für den anderen Sohn war einfacher....:)
     
  7. 09zulaya

    09zulaya Schaut nur mal vorbei

    noch so eine Frage, kann ein Sax "Standschäden" haben durch nicht gebrauch???
     
  8. Sandsax

    Sandsax Gehört zum Inventar

    Hallo 09zulaya,

    vielleicht kann Dir und Deinem ja Sohn geholfen werden: schau doch mal unter "Saxer helfen Saxern" im Bereich "Mitglieder".
    Möglicherweise findet sich ein Forumsmitglied in Deiner Nähe, das Dich bei der Instrumentenauswahl unterstützen kann.
     
    Bereckis und Saxobert gefällt das.
  9. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @09zulaya

    Ob ein Sax neu oder gebraucht ist spielt keine Rolle. Es kommt darauf an, dass es gut eingestellt ist.

    Auch neue Saxe sind nicht immer korrekt eingestellt, wie eben Gebrauchte super gut funktionieren können.

    Das Alter eines Sax spielt grundsätzlich keine Rolle, gute Pflege und Wartung vorausgesetzt.

    CzG

    Dreas
     
  10. SomethingFrantic

    SomethingFrantic Ist fast schon zuhause hier

    Stimme dir voll und ganz zu. Ich glaube, dass das sogar der mit wichtigste Punkt ist.
    Gerade bei Nicht-Späteinsteigern find ich es dabei ausschlaggebend, dass die Eltern einen auch mal zum Üben zwingen, da man wenn man jung ist noch nicht so viel Selbstdisziplin aufbringt um regelmäßig zu üben. Bei uns im Verein kann man bei dem meisten Musikern schon wenn sie anfangen nur anhand der Eltern sagen, wie lang sie dabei bleiben...

    Schau dich doch auch mal nach Musikvereinen, Musikkapellen oder Blaskapellen um. viele lassen sich da vom "angestaubten" Image abschrecken. Aber die meisten solcher Vereine, wie meiner auch, spielen inzwischen symphonische Blasmusik, decken also sowohl klassische Musik, Big Band Musik, Volksmusik, Rock, Jazz, Schlager etc. ab. Der Einstieg in solche Vereine ist meistens auch nicht schwer, da diese nicht an Schulen, Unis oder ähnliches gebunden sind.

    Gruß
    SomethingFrantic

    PS: Bei mir in Bayern ist die Dichte an solchen Vereinen allerdings auch sehr hoch.
     
    Zuletzt bearbeitet: 15.Juni.2015
  11. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    GEDULD ist ganz wichtig! Und vor allem keine unrealistischen Erwartungen und Ziele an sich selbst stellen.....das Spielen und die Freude an der Musik sollten im Vordergrund stehen, dann bleibt man auch dabei....

    ...und plötzlich kommt man an einen Punkt wo man erkennt "Hey ich SPIELE Saxophon!"...das nimmt einen dann endgültig mit....:):):)

    CzG

    Dreas
     
  12. Reference54

    Reference54 Ist fast schon zuhause hier


    Der erste Eindruck eines Laien kann hier auch einfach sehr leicht täuschen. Komplexe/vielschichtige, schwer zu spielende Musik leicht klingen lassen, Technik, Phrasierung etc. in Sekundenbruchteilen unter einen Hut zu bringen - gerade das ist es doch, was einen guten Spieler auszeichnet. Viele unerfahrene Höhrer bekommen einen verfälschten Eindruck : klingt leicht, kann ich auch.
     
  13. Isachar

    Isachar Guest

    Hallo ArminWeis

    Ich glaube aus eigener Beobachtung,daß an dem "unmusikalisch" im bestimmten Sinn schon etwas dran sein kann.Vielleicht heißt das ja dann garnicht unmusikalisch aber zum Beispiel "unbläserisch".

    Ich denke da an die eigene Familie: Mein Vater hat jahrelang eifrig Gitarre geübt kam aber über die ersten Akkordarpeggien nie hinaus. Dann hat er sie irgendwann frustriert verschenkt. Auf seinem Jagdhorn konnte er aber von Anfang und ohne große Übung erfolgreich seine Signale schmettern. Er ist also "unsaitig" aber bläserisch.

    Mein Großvater bekam oft furchtbare Prügel weil er auf der Geige trotz teurem Untericht eine komplette Niete war. Plötzlich setzte er sich aber an ein Klavier und wurde ein Virtuose.

    Ich selber bin mit den Tasten sehr schnell zurechtgekommen, auch mit verschiedenen Percussions und sogar mit dem Saxofon. Auf einem Schlagzeug kriege ich aber keinen vernünftigen Takt gespielt,weil die Kordination von Händen und Füßen gleichzeitig mir nicht liegt, also bin ich unmusikalisch, was das Schlagzeug angeht,aber sonst eben nicht.
    Dieses Kordinationsproblem betrifft übrigens die meisten in meinem Clan, das ist wohl erblich.

    Wenn ich jetzet als erstes Schlagzeug gelernt hätte, wär ich mir wohl auch unmusikalsich vorgekommen und hätte aufgegeben.

    Ich glaube, man muß akzeptieren,daß nicht jedem das nötige Handwerkzeug zu jedem Instrument liegt.
    Auch innerhalb einer Gattung kann es da Differenzen geben. Eine Freundin von mir spielt wunderbar Harfe. Das ist einfach beneidenswert, wie die das Instrument im Griff hat. An einem viersaitigen Banjo ist sie aber ganz und gar gescheitert. Also ist sie wohl "saitig" aber nicht "griffbündig".
    Der entäuschte Laie faßt das dann im Begriff "unmusikalisch" zusammen.

    Kann das in Deine Beobachtungen einfließen ?

    Gruß

    Isachar
     
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  14. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Ja - ich hab da ein Keilwerth rumstehen, das scheinbar ein Jahr gespielt wurde und dann zwanzig Jahre gestanden ist (größenordnungsmäßig). Auf jeden Fall alle Polster hart...
     
  15. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Moin!

    Ich kenne zwei, die haben sehr schnell aufgehört, als sie fest stellten, dass man - "Damit konnte ja nun wirklich keiner rechnen!" - auch üben muss.

    Grüße
    Roland
     
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  16. saxhornet

    saxhornet Experte

    Oft scheitert es auch einfach an der Erkenntnis, daß Üben einfach Zeit kostet und auch anstrengend sein kann. Ich erlebe manchmal sowohl Jugendliche als auch Erwachsene, die glauben, sie müssten auch ohne Üben am Instrument gut werden, denn sie haben ja Unterricht und ein teures Instrument. Ein Irrglaube natürlich, denn ohne regelmässiges Üben geht es nicht. Ein Saxophon ist keine App, die läuft, wenn man dafür bezahlt hat. Ein Saxophon spielen zu können ist eine Fähigkeit, die man mit einigem Aufwand lernen muss. Wer nicht üben will, sollte auch kein Instrument lernen. Auch mit nur ein bis zweimal die Woche ist es da nicht getan, wenn man wirklich Fortschritte machen will. Unser Hirn ist was das Lernen angeht einfach anders gestrickt als ein Computer, wo man einfach nur einmal ein Programm raufziehen muss damit er etwas bestimmtes kann. Allerdings muss man auch wissen was man üben muss um besser zu werden.

    Lg Saxhornet
     
  17. Tinka

    Tinka Ist fast schon zuhause hier

    Die Punkte die Armin und auch andere aufgeführt haben, kann ich auch aus eigener Erfahrung durch und durch bestätigen.
    Ein leicht und gut spielbares Saxophon womit man sich identfizieren kann und eine Einheit bildet beim spielen macht einfach schon mal den wichtigesten Faktor aus und fördert die Lust zum spielen. Ich bin daher sehr froh, das ich ein solches Saxophon besitze.
    Was auch weiter sehr förderlich ist, ausser natürlich einem guten Lehrer der die Vorausetzungen erfüllt die Armin oben beschrieben hat, ist das gemeinsame musizieren mit anderen. Einfach regelmässige Treffen wo man zusammen improvisiert oder ein bestimmtes Stück probt. Dazu noch der Austausch von Eindrücken, Problemen oder Lösungen die man entdeckt hat usw...... Und ein Raum wo man einfach frei und nach herzenlust sein Saxophon erklingen lassen kann :D
     
    vmaxmgn gefällt das.
  18. 09zulaya

    09zulaya Schaut nur mal vorbei

    Um meinem Sohn einen Schritt voraus zu sein, würde mich noch interessieren ob es wie bei der Flöte eine Pause nach dem Essen braucht? Wenn ja, wie lange? Das war nämlich seine Hauptausrede fürs nicht üben.
     
  19. Isachar

    Isachar Guest

    Hallo 09zulaya

    Wenn sich Herr Sohn den Bauch so vollstopft,daß die Wurst schon aus den Ohren schaut, dann ja. So geht es mir auch.
    Mit zu vollem Bauch bläst es sich nicht so gut.
    Ansonsten gibt es da aber keine Ausrede, man spült den Mund gut mit Wasser sauber und los gehts mit dem üben!

    Gruß

    Isachar
     
    47tmb gefällt das.
  20. macpom

    macpom Ist fast schon zuhause hier

    Ich bin ja einer von den Autodidakten. Hatte aber auch schon Lehrer. Meine Motivation ist aber völlig unabhängig ob mit oder ohne Lehrer. Hab in den 4 Jahren nie ans aufhören gedacht.
    Ich will es einfach lernen und freue mich über jeden Fortschritt. Der Schlüssel ist meine hohe Eigenmotivation. Bei meinen Kindern und im Bekanntenkreis habe ich auch erlebt, dass sich der Wunsch ein Instrument zu spielen, einstellte. Aber alle sind gescheitert. Sie wollten es nicht wirklich. Schon gar nicht mit so viel Üben.
    Ich glaube nicht, dass die äußeren Umstände entscheidend sind. Man muss es wirklich selber wollen. Dann überwindet man alle Hindernisse.

    Andreas
     
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