Was ist Zeit?

Dieses Thema im Forum "Off Topic - für Philosophen, Esoteriker etc" wurde erstellt von Adolphe, 7.Juni.2007.

  1. wolfgang26

    wolfgang26 Ist fast schon zuhause hier

    Ganz was pfiffiges: Hawkins Konzept der "imaginären Zeit" ...
     
  2. lakriz

    lakriz Ist fast schon zuhause hier

    Jeder, der meint, Zeit sei eine Illusion, soll doch mal versuchen, sich dieser Prämisse folgend zu verhalten. Er wird schon nach kurzer Zeit die "Illusion" erleiden, dass er Hunger hat. Auf diese Weise macht jeder Mensch von Beginn (auch wieder ein Begriff der Zeitlichkeit) seiner Existenz die Erfahrung, dass jeder Ursache eine Wirkung folgt (und diese Beziehung nicht umkehrbar ist), in diesem Fall, dass sein Organismus kontinuierlich Energie verbraucht und er irgendwann für Nachschub sorgen muss, weil sonst seine Kontinuität als Lebewesen verloren geht.
    Aus der Notwendigkeit, die Folgen der eigenen Aktionen vorherzusagen, ergibt sich auch die Notwendigkeit, ein Empfinden für die Dauer, die Geschwindigkeit und den Rhythmus von Ereignissen zu entwickeln. Und dieses Empfinden ist m.E. die Grundlage für Musik.
    Wenn man die Zeit physikalophilsophistisch betrachtet, "verliert" man seinen Gegenstand ebenso, als wenn man einen dreidimensionalen Gegenstand quantenphysikalisch erfassen will. Er ist dann abstrakt, und nicht mehr direkt sinnlich erfahrbar. Was aber nur daran liegt, dass der Zweck unseres Gehirns sich darin erschöpft, mittels interner Simulation annähernde Vorhersagen über den zukünftigen Zustand der unmittelbaren Umwelt zu machen, und dabei soll sich Aufwand und Nutzen in evolutionsbiologisch "vernünftigen" Relationen halten.
    Unser Gehirn, also unser Denken, dient demzufolge einzig und allein der Aufrechterhaltung der "Illusion" Zeit.
    Im übrigen hat auch ein Bild nur für den Augenblick der Wahrnehmung eine Bedeutung. Ein dargestelltes Gesicht ist ja nur in unserem Kopf ein Gesicht, sonst ist es eine Schicht Farbe auf Leinwand.
    Ach, eh ichs vergesse: vielleicht ist ja eher das Gefühl der ständigen Gegenwärtigkeit eine Illusion, die wir zur Aufrechterhaltung unseres Bewusstseins brauchen.
     
  3. Gast

    Gast Guest

    Da hat anscheinend jemand nseren Thread gelesen:
    http://www.youtube.com/watch?v=zkaTKJNFVoo

    Und hiermal was aus meiner Kindheit (Schwelg in erinnrung, "das waren noch zeiten")
    http://www.youtube.com/watch?v=FebLNNtpyf0
     
  4. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest


    Herrliches Thema! Kann man trefflich diskutieren.
    Ich bleibe dabei: Zeit ist eine Illusion. Ein reines Gedankenmodell. Basierend auf diesem Modell entwickeln wir ein "Zeitgefühl". Ein Jetzt reiht sich an das andere. (Auch das Aneinanderreihen von Augenblicken zu einer "Zeitstrecke" ist ein Gedankenmodell. Real gibt es nur das Jetzt). Morgen ist eine Illusion. Es gibt kein morgen. Es gibt lediglich ein gedankliches Modell von morgen.
    Hunger ist keine Illusion, sondern ein reales Gefühl. Und wenn ich Hunger habe, habe ich ihn jetzt. Und wenn ich esse, esse ich. Jetzt, in diesem Augenblick. Nicht gestern, morgen oder nächstes Jahr.

    Vollkommen unstrittig ist, dass jede Ursache eine Wirkung hat. Man nennt dies auch Kausalität oder das schöpferische Prinzip. Interessant ist, dass es Ereignisse gibt, wo die Wirkung nach unserem Verständnis von Zeit schon "vor" setzen der Ursache eintritt.

    Eines der neuesten Experimente fand im NEC Research Institute in Princeton, New Jersey statt. Der Physiker Lijung Wang konstruierte eine Vorrichtung, bei der Cäsiumgas in einem lichtdurchlässigen Behälter eingeschlossen war. Wurde der Behälter nun mit Laserlicht einer ganz bestimmten Frequenz bestrahlt, dann ergab sich der unmögliche Effekt, dass das (durch das Cäsiumgas verstärkte) Licht den Behälter verließ, bevor es überhaupt hinein kam! Das bedeutet: Das Prinzip der Kausalität ist schwer verletzt: Etwas geschieht, bevor die Ursache "Zeit" hat zu wirken.

    Sozusagen als "vorauseilender Gehorsam"

    Gruß aus dem Schwarzwald
    Bernd
     
  5. lakriz

    lakriz Ist fast schon zuhause hier

    Trotzdem sitze ich hier HEUTE bei der Arbeit, damit ich MORGEN etwas zu essen habe. Es gelingt nicht, diese Illusion zu ignorieren. Und das reale Gefühl Hunger gibt es ja nur, damit unserer Körper unser Bewusstsein davon abhalten kann, allzulange seinen Gedankenexperimenten nachzuhängen, damit er möglichst lange lebt.
    Und der Ton, den ich gerade auf meinem Horn spiele, erhält seine Bedeutung überwiegend aus dem Zusammenhang, in dem er zum vorangegangenen und zum folgenden steht.
    Und Ursache und Wirkung ohne (zeitlichen) Zusammenhang ergeben keinen logischen Sinn.
    Dem genannten Experiment stehe ich erstmal skeptisch gegenüber. Quellenangabe?
    Man kann auch andere Gedankenexperimente machen, zum Beispiel, dass die Zeit einfach da ist, wie eine Entfernung, also auch ohne Richtung, und dass unser Gefühl für einen besonderen, privilegierten Gegenwartsaugenblick die Illusion ist.
     
  6. rbur

    rbur Gehört zum Inventar

    http://www.freenet.de/freenet/wissenschaft/pm_specials/ueberlicht/02.html

    [​IMG]

    irgendwie nicht sonderlich verblüffend. Es ist ja nur das Maximum nach links verschoben. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung ist aber schon vorher > 0.

    Das ganze wird nur dann verblüffend, wenn man versucht, es popularwissenschaftlich zu beschreiben. Und das ist bei Quantenmechanik halt nicht so einfach möglich.
    Wenn man weiß, was die Fourierzerlegung eines Wellenpaktes ist, wird es einfacher. Man muss nur die Oberwellen nehmen, die das blaue Paket beschreiben, diese ordentlich verstärken und den Rest unterdrücken (das ist sicher technisch nicht einfach), aber dann hat man's.
    (Physiker: bitte den oben geposteten Artikel ganz durchlesen. Gegen Schluss wird's noch richtig lustig!)
     
  7. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    also bei mir hat bisher keine populärwissenschaftliche Darstellung ein physikalisches Phänomen klargemacht... da war ich "unendlich schnell" verwirrt. Da sind ein paar nette Gleichungen meistens erlauchtender...

    zum THema "imaginäre Zeit".: in der vielteilchenphysik macht man ja auch gern wenigstens formal einen Ansatz mit imaginären Zeiten. Ersetzt man die Zeiten (jetzt populärwissenschaftlich) durch imaginäre Zeiten. in den qantenfeldtheoretischen Gleichungen bekommt man Exponenten passend für die Verteilungsfunktionen bei endlichen Temperaturen (also kann man seinen Greensfunktionsformalismus bei endlichen temperaturen anwenden und ausserdem sind die Frequenzen dann diskret....) Matsubaraformalismus heisst das ,,,
     
  8. Gast_13

    Gast_13 Guest

    Lustige Diskussion :-D :-D

    Diese Ansicht erklärt vielleicht, warum so viele Musiker so ein entsetzliches Timing haben. :-D

    Wenn Zeit ne Illusion ist - wozu dann noch mit nem Metronom üben? ;-)

    Persönlich finde ich, dass wir nunmal in dieser Existenzform auf diesem Planeten der Zeit unterworfen sind - mit zwanzig habe ich mir auch noch sehr viel den Kopf über solche Metaphysischen Fragen zerbrochen, jetzt mit über 50 bin ich weitaus pragmatischer geworden..... :)

    Wo Zeit in ihrer relativität aber sehr schön zu erleben ist, das ist beim Musik machen: Halftime - Doubletime Wechsel beim spielen, mal schön "Laid back", dann wieder schön vor der Band her......oder Agogik.....da wird der Umgang mit der Zeit wirklich zum Vergnügen - wenn mans denn kann!

    Aber wenn Zeit ne Illusion ist, dann ist das ja auch alles illusorisch :-D :-D :-D
     
  9. Gast

    Gast Guest

    Das werde ich mir merken, wenn ich das nächste mal aus dem Takt bin und mich meine Lehrer/kollegen oder sonst wer, darauf hin kritisieren, sage ich: "Das bildest du dir eine, das ist nur eine Illusion"
     
  10. Gast

    Gast Guest

    Ich habe die Befürchtung, dass ich dir folgen konnte
     
  11. Gast

    Gast Guest

    zeit ist ein modell, das sich bewährt hat und einfach funktioniert.

    sie ist nicht mehr illusion als ein tisch, der vor uns steht und den wir anfassen können, da dieser tisch auch bloß ein objekt ist, das durch das zusammenspiel unserer sinneswahrnehmungen in unserem kopf entsteht.

    das, was wir unter "realität" verstehen, ist lediglich ein ausgefeiltes begreifen von sinneswahrnehmungen und das zusammensetzen davon.

    wir schließen aus unserer erfahrung, dass es zeit gibt und wir sie nutzen können, also richten wir uns nach ihr und lesen fahrpläne und es funktioniert.

    wir schließen aus unserer erfahrung und unserer wahrnehmung, dass vor uns ein tisch ist, und wir richten uns danach und stellen z.B. Sachen darauf und es funktioniert.
     
  12. rbur

    rbur Gehört zum Inventar

    findest du nicht, dass du es dir etwas zu einfach machst?
     
  13. lakriz

    lakriz Ist fast schon zuhause hier

    Die unszulässige Vereinfachung besteht darin, den Gegenstand und unsere Vorstellung davon, also unser "Modell" von dem Gegenstand, gleichzusetzen. Unser inneres Abbild eines Objektes ist notwendigerweise einfacher als das reale Objekt. Auf das "Modell" des Tisches kann niemand etwas abstellen. und der reale Tisch existiert auch,´ohne dass wir uns ein Modell von ihm machen.
    Ein perfektes Hologramm eines Tisches würde in uns das selbe Modell erzeugen wie der Tisch selbst, allerdings nur, solange wir nichts darauf abstellen, denn dann müssten wir unser Modell "Tisch" modifizieren in "Hologramm eines Tischs" und anerkennen, dass auch dies eine reale Existenz hat, wenn auch eine völlig andere als der Tisch selbst.
     
  14. Gast

    Gast Guest

    Letztendlich kannst du nicht behaupten, es gäbe einen Gegenstand UND ein Modell davon in deinem Kopf, denn du verfügst tatsächlich nur über das Letztere. Das, was du für den realen Tisch hältst, ist doch nur in deinem Kopf.
     
  15. lakriz

    lakriz Ist fast schon zuhause hier

    Diese philosophische Auffassung ist nicht neu und unter dem Begriff Solipsismus bekannt.
    Mir kommt sie vor wie ein Taschenspielertrick, mit dem man Probleme löst, die es ohne ihn nicht gäbe.
    Der Witz ist ja, dass jeder sich so verhält, als gäbe es eine reale Welt, die unabhängig von ihm ist. Sonst bräuchte man ja nur zu wünschen. Sich vorzustellen, man hätte einen Sack voll Geld, Pling, schon wäre er da. Deshalb denken sich dann auch die Solipsisten (eigentlich kann es ja nur einen geben, denn er hat sich die anderen, auch wenn sie gleicher Meinung sind, ja nur vorgestellt) bestimmte Formen des Seins ausserhalb des Bewusstseins aus, die ihnen all das vorspiegeln oder einspielen und andere Konstrukte.
    Da bleib ich lieber plumper Materialist und finde mich damit ab, dass ich nicht der Mittelpunkt der Welt bin.
    Man kann im übrigen auch nicht beweisen, dass die reale Welt NICHT wirklich da ist.
     
  16. wolfgang

    wolfgang Ist fast schon zuhause hier

    Hi,
    da muß man schon unterscheiden: Daß wir allemal nur Bilder, Begriffe, Modelle etc. im Kopf haben (und vor allem: kommunizieren können), heißt ja nicht, daß die Dinge nicht da wären. Nur wissen wir halt nicht, wie die Dinge an sich sind, wie schon der alte Königsberger vor zweihundert Jahren gezeigt hat. Aber manche seiner Einsichten liegen uns wohl immer noch voraus ... Jedenfalls ist die Unterscheidung von Denken und Wahrnehmung einerseits und Wirklichkeit andererseits eine sehr hilfreiche: Sie erlaubt uns zu verstehen, daß andere die Dinge anders sehen können, ohne dumm oder böswillig sein zu müssen. Insofern ist die Frage auch nicht, ob irgendeine Beschrebung mit der Wirklichkeit (die wir nie "rein" haben) übereinstimmt, sondern ob sie hilfreich etc. ist.
    Gruß
    Wolfgang
     
  17. Gast

    Gast Guest

    @ lakriz
    natürlich nicht.
    ich halte es allerdings auch für mehr als einen taschenspielertrick, da natürlich die unabhängigkeit der welt von einem selber auch in dem modell verankert ist.
    mit gegenstände herbeiwünschen hat das nicht zu tun.

    du hast natürlich recht, dass das ganze sich das erklären des phänomens zeit relativ einfach macht. letztendlich ist es aber ein sehr nachvollziehbares erklärungsmodell, finde ich.

    ich behaupte ja nicht, dass es keine außer mir existierende welt gibt, nur, dass ich von dieser welt nur das eigene mentale abbild zur verfügung habe.

    @wolfgang: danke für das argument, ich bin noch nicht wach genug um sowas zu finden.

    ein gedankenexperiment. so, jetzt diskutiert weiter über zeit! :>
     
  18. lakriz

    lakriz Ist fast schon zuhause hier

    Dass man diese Unterscheidung in reale, das heisst unabhängig vom Erkennenden Ich existierende Dinge und deren subjektiven Abbild treffen muss, ist genau der Kern dessen, was ich versuchte, auszudrücken in den letzten Beiträgen. Dem wurde von ismail ja gerade entgegengehalten, dass man nur von dem, was im eigenen Kopf stattfindet, sicher weiss, das es da ist.
    Wenn man anerkennt, dass es eine Realität gibt, muss man natürlich auch anerkennen, dass das Abbild, das man von ihr hat, viel weniger ist, ein Ausschnitt, noch dazu mit Irrtümern und Vermutungen ergänzt.
    Und dass es noch andere Individuen gibt, die ihre eigene Sichtweise haben. Aber die gibt es eben auch, wenn es mich nicht gibt.
    Diese Prämissen finde ich viel einfacher als die, dass alles nur Idee/Illusion/Modell ist.
    In diesem Sinne ist Zeit für mich eben keine Illusion (zu deutsch: Täuschung, Verkennung), sondern unsere Wahrnehmung einer Eigenschaft unserer Welt.
     
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