Wie komponiere ich zeitgenössische Musik?

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Gast, 11.November.2012.

  1. Gast

    Gast Guest

    Hallo meine Lieben

    Ich habe die Herausforderung angenommen, ein "modernes" Solo für Saxophone zu schreiben. Mit dem arrangieren von Stücken habe ich ja bereits Erfahrung, aber das Komponieren von zeitgenössischer Musik ist doch etwas anderes.

    Ich habe selber schon Sachen von ( z.B.) Ryo Noda gespielt und habe mir die Stücke angeschaut, doch ich weiss nicht was dahinter steckt/ wie er vorgeht beim komponieren.
    Könnt ihr mir Tipps geben? Gibt es Bücher ? Was muss ich unbedingt beachten?

    Ich bin voller Ideen, doch die kann ich doch nicht einfach so aufs Blatt bringen.

    Grüsse
    Fabio
     
  2. Gast

    Gast Guest

    Alles was Du komponierst ist zeitgenössisch, es sei denn, Du bist bereits tot.
    Der Rest erfordert etwas mehr Beschäftigung mit Musiktheorie, als in solch ein Forum passen würde. ;-)

    Gruß, Ewiator
     
  3. flar

    flar Guest

    Moin, moin Fabio
    Gebrauchsanweisungen können sehr hilfreich und sehr unkreativ sein!
    Sinn gemäßes Zitat von Frank Zappa:“ wenn ich an der Stelle ein Cis hören möchte schreibe ich es dahin ohne vorher alle elf anderen Töne zuspielen“
    Das bezog sich in diesem Fall natürlich auf die Vorgaben der Zwölftonmusik die auch Schönberg selber immer wieder verteufelt hat! Er hat dieses Technik nur als Inspirationsquelle genutzt und wollte damit eigentlich keine festen Regeln aufstellen. Es ist vielleicht sinnvoll wenn Du erst mal anfängst zu schreiben und dann mal guckst ob das evtl. moderne Musik geworden ist. Da Du Ideen hast wird auf jeden Fall Musik dabei heraus kommen, was das letztendlich ist und ob es gut ist werden hinterher so wieso andere beurteilen :roll: !

    Viele Grüße Flar
     
  4. Gast

    Gast Guest

    Danke für die Antworten

    Fabio
     
  5. Gast

    Gast Guest

    Wenn du Ideen hast und sie innerlich hörst, dann schreibe sie einfach auf. Was meinst du mit zeitgenössische Musik?
    Jazz ab 1920???
    Kleiner Tipp!
    Spiele alles was dir so einfällt auf Band und dann höre dir das nach einer Weile an. Wenn du damit zufrieden bist schreibe es auf oder lösche es. Ich habe immer ein kleines Notenheft dabei, um nichts zu vergessen. So eine Art Notizbuch für Noten.
    Gruss Milo
     
  6. Gast

    Gast Guest

    Danke für die Antworten.

    @ alle: mit zeitgenössische Musik meine ich halt die "moderne" Musik. Die Musik, die nicht alle verstehen. Die Art von Musik, die nicht überall akzeptiert wird.

    Stücke wie: 4.33- John Cage, May- Ryo Noda, lobuk constrictor- François Rossé
    usw.
     
  7. Tröto

    Tröto Ist fast schon zuhause hier

    Problematische Definition, Fabio!

    Wie lautete dann der Umkehrschluss?

    Versteht die Mehrheit Bach und Mozart usw.?

    Ab wann wird es gruselig in der Hörergunst? Schönberg?
     
  8. Gast

    Gast Guest

    Ich weiss... vielleicht habe ich es auch falsch definiert, aber ich will jetzt keine Diskussion starten.

    Ich sag es jetzt einfach mal so:

    Ich suche Tipps, wie ich ein modernes,komischklingendes,spezielles Stück komponieren kann^^:)

    Fabio
     
  9. Gast

    Gast Guest

    jetzt stellt sich wieder die Frage:

    Was ist modern? Ab wann ist es komisch?
    Ist nicht jedes Stück irgendwie speziell?

    Ach manoman.... versteht ihr mich?:)
     
  10. wolfgang

    wolfgang Ist fast schon zuhause hier

    Hi,
    4'33 ist schon etwas sehr Spezielles: 3 Sätze tacet - keine Musik oder alle.
    Aber zu Deiner Ausgangsfrage: "Zeitgenössische Musik" ist in der Tat sehr offen und auch relativ; es kommt z.B. darauf an, in welchem Kontext das Solo stehen soll. Ein Solo ohne alle Begleitung, oder ein modernes, eher outside gespieltes Solo im Jazz-Kontext oder ... Bei den Namen Cage und Ryo Noda ist auch ein bestimmtes Klangideal bzw. setting im Kopf: Das klingt nach einem Konzert mit "Neuer Musik". Und die ist erst einmal definiert dadurch, daß keine festgelegten Regeln existieren und der Komponist/Musiker selbst den inneren Zusammenhang der Musik finden muss, weil der nicht von außen vorgegeben ist. Natürlich kann man nach wie vor zwölftönig komponieren; dann ist das den Klangerwartungen eines solchen Konzertes schon entsprechend, aber einfach ist das auch nicht, wenn's nicht bloße Rechnerei sein soll.
    Mein Vorschlag: Nimm einen Klang, einen Ton, ein Motiv - und höre, wohin sich das bewegt. Wohin z.B. könnte ein Multiphonic, mit dem man anfängt, sich weiterentwickeln? Spiele mit Weiterentwicklungen, die man erwarten könnte, und mit Überraschungen. Letztlich entscheidet natürlich das Ohr, aber nicht immer ist der naheliegende Weg der beste usw.
    Ich jedenfalls finde Dein Unternehmen spannend; viele gute Entdeckungen!
    Wolfgang
     
  11. Saxax

    Saxax Ist fast schon zuhause hier

    Hi Fabio,

    wenn es nicht alle verstehen sollen, würde ich mit einem 13/8 Takt anfangen. Die Komplexheit des Metrums kann sich natürlich im Verlauf des Werks etwas steigern ;-)


    Keep swingin´

    Dein Saxax


    (sorry, konnte es nicht lassen, obwohl oder weil ich von Komposition keine Ahnung hab.)

     
  12. Tröto

    Tröto Ist fast schon zuhause hier

    Wenn Du Dich jenseits klassischer Kadenzen, jenseits von typischen Dur- und Moll-Klischees bewegst, also im weitesten Sinne atonal komponiertst, dann bist Du schon modern genug, obwohl genau so ja schon besagter Herr Schönberg komponiert hat - vor hundert Jahren.
     
  13. kindofblue

    kindofblue Strebt nach Höherem

    für mich gilt der Ausdruck "zeitgenössischer Musik" ab dem Zeitpunkt Schönberg - Sprich ab Zwölftonmusik.
    Da fand der Bruch mit der "alten" Tonalität statt.

    kindoftaketwelve
     
  14. Gast

    Gast Guest

    Also erstens ist Schönberg und Zwölfton-Musik nicht zeitgenössisch, sondern schon lange historisch (und bereits tot) und zweitens sollte man Effekthascherei wie Multiphonics, etc. nicht als "Ersatz" für fundierte kompositorische Techniken verwenden.

    Ryo Noda hat beispielsweise sehr stark auf der traditionellen japanischen Musik aufgebaut. François Rossé kommt weitgehend aus der Gedankenwelt von Olivier Messiaen.

    Um beispielsweise Pierre Boulez verstehen zu können, sollte man seine Bücher lesen, sich mit Mathematik beschäftigen und seine Musik analysieren und hören lernen. Dann hat man - nach 1-2 Jahren - schon einen gewissen Einblick in einen Komponisten von vielen.

    Krzysztof Penderecki, Hans-Werner Henze, Wolfgang Rihm, György Ligeti, Luciano Berio, Mauricio Kagel, John Cage, Karl-Heinz Stockhausen, Vinko Globokar, Charles Ives, Steve Reich, etc. habe alle ihre völlig eigene Stilistik und Kompositionstechnik, die sie in mehreren Jahrzehnten entwickelt haben. Diese hat sich auch über die Jahre ständig gewandelt. Welchen Teil von "zeitgenössisch" meinst Du, Fabio?

    Um sinnvolle aktuelle Komposition zu schreiben, sollte man bei einem (oder mehreren) Lehrer(n) Kompositionsunterricht nehmen und jahrelang hart daran arbeiten. Nach einigen Jahren versteht man vielleicht den Zusammenhang der Musik von einer Hand voll zeitgenössischer Komponisten. (Dafür ist Voraussetzung auch die "alte Musik" wie Renaissance, Barock, Klassik, Romantik, Impressionismus, Neoklassik, etc. zu verstehen, da alle Komponisten diesen Background haben und entweder darauf aufbauen oder ihn bewußt ablehnen.) Nach nochmal ein paar Jahren hat man vielleicht einen eigenen Wortschatz und Ideen entwickelt, welche einen dann berechtigen, auch eigene Stücke zu komponieren, die für den Rest der Welt interessant und hörenswert sein könnten. Auch der Einfluß fremder Kulturen (oder Jazz) auf all diese Komponisten ist im Übrigen nicht zu unterschätzen!

    Die Ausgansfrage macht ungefähr so viel Sinn wie diese:

    "Hallo Leute und Mitforisten!

    Ich have eben zugesagt, mit den Berliner Philharmoniker das Tschaikovsky Violin-Konzert im nächsten Monat aufzuführen.
    Leider habe ich bisher noch nie Geige gespielt. Kann mir jemand einen Tipp geben, welche Tonleitern ich üben soll, damit das in 3-4 Wochen klappt?"
     
  15. saxhornet

    saxhornet Experte

    Ich kenne kein Buch darüber und ich glaube auch nicht daß das helfen würde. Hier geht es eher darum erstmal viel Musik zu hören und sich einen Überblick zu verschaffen. Die Bandbreite an Möglichkeiten ist enorm.
    Ich habe selber einige Zeit in einem Ensemble zeitgenössische Musik oder genauer gesagt eher "Neue Musik" wie es im Klassikumfeld heisst gespielt (inklusive Uraufführungen von Kompositionen im Konzerthaus am Gendarmenmarkt).
    Da wird Dir leider auch kein Tip helfen, denn das wäre in etwa so als wenn Du fragen würdest, wie geht ein Jazzsolo und wie notiere ich das oder wie male ich ein Bild.

    Ich habe da Noten gesehen, die nicht mehr nach Noten aussahen, Zeitangaben für Stoppuhren wann was kommen soll. Erfundene Notationen gibt es auch häufig etc. etc. inklusive auch reinen Textangaben und gar keinen Noten.

    Die Frage ist halt immer wie Du willst daß es klingt, tonal, atonal, melodisch oder nicht etc.

    Ewiator hat recht, Du kannst in diesem Bereich nicht eben mal ein Solo schreiben (geschweige denn aufschreiben) wenn Du nicht vorher in die Materie tief eintauchst und weisst was Du willst. Man kann sowas faken aber wenn es wirklich ernst gemeint ist wird es schwierig. Ich hatte dazu lange Zeit Theorieunterricht bei Orm Finnendahl (mittlerweile Leiter des Instituts für Neue Musik and der UDK). Das Thema ist etwas komplexer und ehrlich gesagt bin ich froh daß ich diese Musik heute nicht mehr spiele (ich bin immer noch von einigen Stockhausen Stücken genervt).
    LG Saxhornet
     
  16. wolfgang

    wolfgang Ist fast schon zuhause hier

    @ewiator:
    Trotz des Avatars muß man nicht einfach alles wegballern, was sich bewegt - die Ausgangsfrage kann/sollte man auch anders lesen, nämlich wie man den Einstieg findet in eine neue musikalische Welt. Daß alles noch viel komplizierter ist, daß man ganz lange lernen muß - is ja wahr, aber ich kann's nicht mehr hören. Wichtiger wäre mE, Leute zu ermutigen, erste Schritte zu machen. Und: Neue Musik (incl. Schönberg - das Ding heißt eben immer noch so; schlimm genug für unsere Musikkultur) ist kein abschreckendes, hermetisches Ding, sondern eine Sache, die sich zu entdecken lohnt, auch mit sehr einfachen ersten Schritten.
    Gruß
    Wolfgang
     
  17. Gast

    Gast Guest

    Sag ich doch!

    Lohnen wird es sich auf jeden Fall. Aber nicht von einem Tag auf den anderen.
    Man kauft auch keinen Bauplan für ein Passagierflugzeug im Bastelshop.

    Die Komponisten, die ich genannt habe, habe fast alle sehr interessante Bücher allgemeiner Natur oder über Musiktheorie geschrieben. Aber ohne Kompositionsunterricht kommt man da halt nicht weit.
    Genausowenig wie man eine 4-stimmige Fuge ohne ernsthaften Tonsatzunterricht schreiben kann.

    Sollte man jemandem empfehlen, Saxophonunterreicht zu nehmen, aber das Komponieren einfach so - ohne Lehrer - zu lernen?

    Nicht alles, was "schräg" klingt ist automatisch "Neue Musik".

    Wer sich damit beschäftigen will, sollte das unbedingt tun. Nur geht das nicht so einfach nebenbei.
     
  18. saxhornet

    saxhornet Experte

    Klar, aber der Anfang sollte sein sich erstmal selbst per Aufnahmen einen Überblick zu verschaffen und dann sich zu überlegen in welche Richtung es gehen soll. Neue Musik ist nicht gleich Neue Musik, die Bandbreite ist riesig. Das fängt schon damit an ob tonal oder nicht. Wir kennen auch nicht den Stand des Fragestellers, welche Vorerfahrung hat er wirklich, welche Fähigkeiten, was spielt er sonst, was kennt er schon etc.? Klar kann das spannend sein aber nur wenn Du Dich selbst auf den Weg machst. Hier kann man mit Vierteltönen, mit Sounds, Spalttönen, Geräuschen, Multiphonics, zig verschiedenen Effekten, melodischen Linien in ungewohnten Taktarten etc. arbeiten.
    Ich denke es wäre ein Job für seinen Lehrer oder er sollte sich dafür ein paar Stunden bei einem Saxophonisten aus diesem Bereich nehmen, das lässt sich nicht per Forum lösen, denn da gibt es keine starren Regeln und Patentrezepte.

    LG Saxhornet
     
  19. Gast

    Gast Guest

    Danke für dei antworten


    Ich habe mit meinem Saxophondozenten gesprochen und er konnte mir Theoriestunden bei einem Komponisten organisieren.
    Ab nächste Woche habe ich jedes Wochenende 2h Theorie und Übungen zu " Wie komponiere ich neue Musik" .

    Natürlich weiss ich, dass ich nicht DIE Lösung heir im Forum finde, aber man kann ja fragen^^:)

    grüsse
    fabio
     
  20. Gast

    Gast Guest

    Super!

    Freut mich, dass Du Dich entschieden hast, die Sache richtig anzugehen!
     
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