Wie teilt man ein Playalong gedanklich ein?

Dieses Thema im Forum "Anfänger Forum" wurde erstellt von Silbermöwe, 21.April.2014.

  1. Silbermöwe

    Silbermöwe Kann einfach nicht wegbleiben

    Liebe Forianer,

    Die Frage ist vielleicht etwas unglücklich gestellt, daher will ich sie etwas ausführlicher beschreiben, um auf den Punkt zu kommen.

    Es fällt mir nachwievor schwer, mich in Rythmen und Spielweisen des Jazz hineinzuhören. In ein Playalong ohne gespieltes Saxophon oder gesungene Stimme kann ich mich nur schwer hineinhören.
    Worauf ich hinaus will ist die Frage, wie kann ich erkennen, wie lange ich das Thema spielen sielen soll, um dann zur Improvisation zu wechseln und letztendlich zum Thema zurückzukehren.

    Es ist mir jedesmal ein Rätsel. Mein Partner der Wilson z.B. spielt "Doxy". Über eine gefühlte Ewigkeit improvisiert er und wie aus dem Nichts und auf den Punkt genau kehrt er zum Thema zurück und beendet das Stück wie von Zauberhand. Leider kann er es mir nicht erklären, wie er das macht. Er sagt, er fühlt und macht das einfach. Hmmm... tolle Wurst.

    Ich kann eben gedanklich nicht abschätzen, wie lange ein Playalong geht, wenn ich es nur auf dem Ohr habe und es visuell am Rechner nicht sehen kann.
    Auch in den Jazz TOTM`s höre ich immer wieder mit Bewunderung rein, aber ich könnte mich eben genau aus den beschriebenen Gründen nicht dazu überwinden, mich mit einem eigenen Beitrag zu beteiligen, da ich wahrscheinlich von Anfang bis Ende nur das Thema spielen würde und ich mich an eine Impro nicht heranwage.

    Ich bin mal gespannt, ob ich von euch ein wenig Handwerkszeug lernen kann und ob es einfache Regeln für die EInteilung eines Stückes gibt.

    VG Susi
     
  2. Gast

    Gast Guest

    "Immer wissen, wo die Eins ist" ist eine Grundvoraussetzung beim Spielen von Jazz. Es gibt kein Geheimrezept, sondern nur den langen, für viele mühsamen Weg.

    Lerne die Struktur des Stückes: AABA oder ABAC oder Blues. Spiele z.B. bei AABA alle A-Teile und improvisiere (oder lausche und zähle) über die 8 Takte der Brigde (B-Teil). Spiel beim Blues (oder sonst auch) jeden zweiten Chorus wieder das Thema. Vergewissere dich an jedem Chorusende (Hinweis des Schlagzeugers?), dass du noch "drin" bist.

    Zur Not musst du solange immer nur Thema spielen, bist es schnackelt und du den Chorus im Blut hast, ohne Zählen zu müssen. Höre dir vor allem dein Stück in verschiedenen Versionen auf Platte oder YouTube und versuche, der Form zu folgen. Die Bridge rauszuhören ist z.B. ein bewältigbares Ziel.

    Herman
     
  3. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Hi Susi,

    das Thema geht immer genau über einen "Chorus", heißt über ein definiertes Takt Schema. 8 Takte, 12 Takte, 16 Takte....wie auch immer.

    In diesem Chorus ist die Akkordfolge fest vorgeben. Am Ende des Chorus beginnt der nächste Chorus in der identischen Akkordreihenfolge.

    Wenn Du das Thema zu Ende gespielt hast, kannst Du nun in der gleichen länge improviseren...über einen chorus, zwei chorusse, etc.

    Zum Schluß spielt man häufig nochmal das Thema über einen chorus.

    Also mußt Du zuerst zählen, wieviele Chorusse das PA hat. Dann benötigst Du einen zum beginn für das Thema und einem zum Ende.

    Der Rest ist für die Impro....

    Tja...und nu wird´s schwierig...Du mußt Dich reinhören, erhören, wie und wann ein Chorus aufhört und der nächste anfängt. Häufig gibt es vom Schlagzeug einen Hinweis.

    Und Du brauchst das Taktgefühl, wie lange ein Chorus dauert. Übung.

    Spiel und laß Dir von Wilson, der mitzählt, ein zeichen geben, wann der Chorus vorbei ist....

    Oder er gibt Dir ein zeichen, wenn die letzten vier Takte anfangen, bevor es in den Endchorus geht.

    Irgendwann spürts Du es...

    CzG

    Dreas
     
  4. Saxax

    Saxax Ist fast schon zuhause hier

    Moin Silbermöve,

    den Tip, auf den Schlagzeuger zu hören, gab Herman ja schon. Gute Drummer markieren die Übergänge der Teile eines Stücks gut und frühzeitig. Ähnliches gilt übrigens für den Bass.

    Also, lerne zu hören, was die anderen machen (und sei es das playalong). Häufig sind bestimmte Harmonien oder Harmonieübergänge ganz charakteristisch. In einem Blues hörst Du (wenn die Band nicht allzu abgerittene Harmonien spielt) den Übergang zur IV7 meistens gut. Gleiches gilt für die letzten 4 Takte im Bluesschema (V7 o.ä.). Neben dem Spielen also auch immer Hören lernen.


    keep swingin´



    Dein Saxax
     
  5. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Formbewußtsein, ein paar Ideen dazu.

    Singe bei Playalongs und sonstigen Aufnahmen die ganze Zeit das Thema mit, auch im Improvisationsteil. Das singen muß nicht gut sein, zur Not nur Sprechgesang, aber rhythmisch gut drinn.
    Es prägt sich eine Verbindung mit Formabschnitten und Akkordfolgen ein, und die Melodie ist eine Art Anker.

    -------

    Spiele mit Metronom, recht bald auf 1 und 3 (muß meist erst gelernt werden), dadurch wird der Takt schon etwas klarer (Du kannst zb nicht mehr die Eins mit der Zwei verwechseln etc. Die 2 und 4 ist später auch gut, aber erstmal die 1 mitkriegen).
    .
    Falls du das hinkriegst, dann nur noch den Schlag auf die 1, das ist aber meist schon eine fortgeschrittene Anforderung.


    Formempfinden baut sich auf, von kl. Einheiten zu grösseren. Zuerst die 1 der Takte fühlen, dann 4 Takte, dann 2 x 4 usw, bis zu AABA Form mit 32 Takten.

    Viel Erfolg



    [size=x-small]
    http://swing-jazz-berlin.de/#acapella[/size]
     
  6. Silbermöwe

    Silbermöwe Kann einfach nicht wegbleiben

    Das ist sehr interessant, was ich bisher lesen konnte. Die Idee mit AABA oder ABAC finde ich global sehr verständlich. Einen Drummerhinweis habe ich auch noch nie gehört, da ich bisher gar nicht wusste, dass es den gibt. Ich sehe also, dass ich noch eine riesige Baustelle vor mir habe.

    Im Jazz TOTM wird diesen Monat gerade "Bags groove" gespielt. Das Thema ist bereits in Fleisch und Blut übergegangen und sogar die zweite und dritte Stimme sitzen perfekt. Es gibt bei youtube ein Playalong dazu, dieses geht allerdings über 5 Minuten. AABA darauf zu setzen muss ich mal ausprobieren und eure HInweise beherzigen.

    VG Susi
     
  7. Gast

    Gast Guest

    Bags Groove ist KEIN AABA-Song, sondern ein Blues - allerdings mit sehr überschaubarer Struktur: 3x4 Takte - und schon ist ein Chorus vorbei.

    Doxy ist ein AABA-Song - allerdings nicht wie üblich mit 8-taktigen, sondern mit 4-taktigen Teilen.

    Herman
     
  8. Saxax

    Saxax Ist fast schon zuhause hier

    Moin Silbermöve,

    stimmt, ein Teil Deiner Frage war die Aufteilung, die ergibt sich aus dem Stück.

    Bei 12-taktigem blues (Bsp. Bag´s Groove)
    4 Tonika
    4 Subdominante, Tonika
    4 Dominante -> Irgendwie hin zu Tonika und evtl. nochmal Dominate





    Die 32-taktige Liedform (Bsp. Doxy) ist anders aufgeteilt

    8 A-Teil (in den letzten 2 Takten harmonische Überleitung zu A, da markieren dr. u. b)
    8 A´-Teil (in den letzten 2 Takten Überleitung zu B, da markieren dr. u. b)
    2 * 4 Takte B-Teil (harmonisch anders!)
    8 A-Teil (Überleitung, da es wieder zum Anfang führt, ähnlich A weniger A´)

    Weitere Unterteilungen siehst Du, wenn Du Dir die Akkorde anschaust. Im B-Teil hast Du häufig 2 Takte mit gleichen Harmonien. Im A-Teil nicht irritieren lassen durch das Kleingedruckte, das für Pianisten und Gitarristen gilt. Wenn da z.B. F F#0 gm7 C7 im halbtaktigen Wechsel steht (also zusammen 2 Takte), lass Dich nicht irritieren, das musst Du bei der Impro nicht alles mitspielen. Es geht darum, dass die Begleitung eine harmonische Bewegung bekommt. Versuche diese Bewegung zu hören und den Punkt, wo es wieder losgeht. Meistens wird das wiederholt und Du hast eine Struktur für die ersten 4 Takte gefunden und gehört. Wenn Du es jetzt schaffst, Deine Idee der Impro aus den ersten beiden Takten in Takt 3 und 4 zu wiederholen (so wie die Rhythmiker das auch tun), dann hast Du gewonnen :).... so schaffst Du Dir dann selbst eine Struktur. Man darf übrigen auch Pausen machen, um zu hören, wo die anderen sind.

    PS: wenn ich das, was ich da beschrieben habe, selber immer umsetzten könnte, würde ich auch deutlich besser spielen ;-)


    keep swingin´



    Dein Saxax

     
  9. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    mmmpfff....ihr macht das aber auch alles kompliziert für 'nen Anfänger...

    Für mich wären alle eure - richtigen Hinweise - zu Anfang nur böhmische Dörfer gewesen.

    Also das Lied fängt an und geht zu Ende...ein "Chorus" oder Durchgang...zunächst völliig wurscht ob AABA oder ABC oder CIA....

    Das Lied ist das Lied ist das Lied....

    Hören, singen, hören was die Band macht, wo Akkzente gesetzt werden.

    Das Lied zum PA immer im Kreis spielen, um ein Gefühl für die Form zu bekommen.

    Mitzählen! Vorzählen lassen, Hinweise zum Choruswechsel geben lassen.

    AABA erspürt man schon beim mitsingen, weil der Text entsprechend aufgebaut ist.

    CzG

    Dreas
     
  10. Silbermöwe

    Silbermöwe Kann einfach nicht wegbleiben

    Puhhhh, DANKE!!! Dreas!!!

    Besser hätte ich meine Überforderung gerade auch nicht ausdrücken können. Aber es waren ja eben auch gute und lieb gemeinte Tipps, die ich mir gerne auch zu Herzen nehme, wenn ich sie später auch verstehen kann.

    Takte zählen, Wechsel erkennen, mitsummen, damit werde ich anfangen. Herr Gott in aller Namen, ich hab ja irgendwie auch meine gesungenen KaraokeSongs (leider kein Jazz) hinbekommen.

    Wünsche euch für heute erst mal eine gute Nacht... mit summenden, taktgefüllten Einschlafgedanken :)

    Susi
     
  11. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Naja, das ist halt eine hierarchische Struktur.

    Puls (z.B. Viertel)
    Takt (z,B, 4/4)
    Abschnitt (z.B. das 'A' von 'AABA' (z.B. 'So What'), oder ein viertaktiger Abschnitt vom Blues)
    Chorus
    ...
    und dann Refrain, Bridge, ...

    Um die nächsthöheren Abschnitte wahrzunehmen, ist es sinnvoll, die darunterliegenden zu verstehen/hören/fühlen (Bottom-Up-Ansatz).

    Wie schon erwähnt:
    Wo ist die '1'?
    Wann fängt die nächste viertaktige Phrase an?
    Wann ist der Chorus zu Ende?
    Zahlt die Hasuratsversicherung auch bei Kabelbrand im Herzschrittmacher?
    Fragen über Fragen!

    Das Positive für die Leute, die nicht damit geboren sind: es lässt sich üben!

    Grüße
    Roland
     
  12. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Na ja

    ...und hören, hören, hören



    Wilson wird Doxy wahrscheilich "im Schlaf" pfeifen können.
    Da läuft das während einer Impro irgendwo im Unterbewusstsein einfach mit.....

    Cheerio
    tmb
     
  13. Saxax

    Saxax Ist fast schon zuhause hier


    Hmmm, ganau da liegt ja das Problem. In einem Standard mit AABA-Form mit 32 Takten im 4/4 hieße das, wenn mein Taschenrechner mich nicht belügt, bis 128 zu zählen. Ich, der ich mit Zählen schon beim einem (!) 3/4 Takt manchmal an die Grenzen stoße, wäre da hoffnungslos überfordert. Ich dachte eigentlich, dass aus genau diesem Grund nach Aufteilungsmöglichkeiten gefragt war ;-)


    Die gern gegebene Antwort "das muss man fühlen" ist erstens vermutlich nicht besonders hilfreich und zweitens auch nicht wahr. Die Antwort "das muss man hören" hat zumindest den großen Vorteil, dass auf diesem Weg eine Einigung mit den Mitmusikern erreicht werden kann.



    Nicht um noch weiter zu verwirren, aber vielleicht ist es auch eine Hilfe zu wissen, dass der traditionelle Blues auf einem Ruf-Antwort-Schema aufbaut. Auch das kann im Kopf strukturieren, ohne dass man alle Konzentration auf das Zählen legen muss.



    Keep swingin´



    Euer Saxax
     
  14. ppue

    ppue Mod Experte

    Wenn man die Akkorde hat, sollte man zuerst mal die Basstöne spielen. Das ist die Basis des ganzen Stückes. Die Akkorde sind meist in Gruppen von je vier Takten eingeteilt und bilden meist eine kleine Sinneinheit.
    Vielleicht schafft man es, die Basstöne auswendig zu spielen oder mitzusingen.

    Zu diesen Basslinien sollte man ein Gefühl bekommen. Was machen die, wo wollen die hin, wo entspannt es. Man kann die Gruppen auch farbig anmalen, ein Gedicht drüber schreiben, na, irgendwie sollte man sie sich merken können.

    Wenn man das kann, dann kann man auch den Chorus nachverfolgen.



     
  15. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Ist aber ganz einfach. du zählst von Takt 1 bis zum nächsten Takt 1, wenn du nicht exakt auf 128 kommst, hat sich die Band verspielt :-D.

    Natürlich zählst du weniger. zB 1 bs 4, damit du lernst die eins zu hören. Dann kannst du
    1 2 3 4
    2 2 3 4
    3 2 3 4
    4 2 3 4

    zählen. dann hast du 4 Takte. usw.
    Eins nach dem andern. das baut aufeinander auf. Zuerst mal muß die Eins sitzen.
    Und sage nicht, das das nicht verschiedentlich hier gut erklärt war.

    Ebend.

    freundliche Grüsse




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