Über den Umgang mit Kritik

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Juju, 10.April.2015.

  1. ehopper1

    ehopper1 Strebt nach Höherem

    Ich war mal bei einem Konzert vom Phil Woods Quintet.
    Ich staunte nur wie er den Abend auf seinem Alto "zelebrierte".
    Er hat auch schnelle Changes klasse gespielt, nie gleich und immer auf den Punkt.
    Er wusste immer ganz genau was er spielt.
    Und das kam alles so saucool rüber!
    Schade war nur, dass er den anderen Musikern nicht so viel Freiheit ließ.
    Ich starrte immer gebannt auf die Bühne, besonders wenn er solierte.
    Das Publikum wurde allerdings unruhig. Vielleicht weil sich vieles für die meisten ähnlich anhörte wenn Phil loslegte? Ich weiß es nicht mehr, weil ich so gebannt war. Zwei Zugaben kamen am Schluss ohne Aufforderung. Mir war es aber mehr als recht.
    Ich konnte nach dem Konzert mit Phil sprechen. Er war total locker und nett. Faszinierend, würde Mr. Spock sagen!

    Lg
    Mike
     
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  2. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Ooch, ich höre schon, was bei Parker oder Cannonball passiert. Ich habe aber auch schon sinnloses Gedudel gehört - nicht von den beiden. Oben hab ich ausdrücklich die Klassiker erwähnt, um genau diese Diskussion zu vermeiden. Selbst wenn ich bestimmte Stücke von Bach in- und auswendig kenne, stört es mich, wenn die im D-Zug-Tempo gespielt werden. Das wird irgendwann musikalisch sinnlos.

    LG Helmut
     
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  3. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Ich zitiere mich mal selber, weil ich wohl falsch verstanden wurde. Ich meinte, dass ich aufgrund meines Alters es nicht mehr schaffen werde, wie z.B. Juju zu spielen.


    Dies meinte ich!

    Hallo Rick,

    natürlich kann ich mit meinen begrenzten Fähigkeiten und mit dem was ich noch erlerne, schöne Musik machen. Tue ich ja auch!

    Genau dies sehe ich auch so.

    Ich habe nur eine bestimmte Menge an Zeit und Konzentration für Musik. Da ich Musik nicht zu meinem Beruf gemacht habe, ist dies völlig ok.

    Gruß

    Michael
     
  4. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Ja gut, was MUSS denn schon sein? Schnelles Spielen schon mal nicht. Auf große Dissonanzen können wir auch verzichten, weil die Mehrheit mag es doch eher gefällig. High notes, Soundeffekte, verzwickte Rhythmusmuster....weglassen kann man immer...:(....dann eiern wir halt gemütlich im Dur-Moll-Brei herum....??? Wer nichts geübt hat, hat ja auch keine Wahl, oder?

    Es gibt aber auch Leute die haben 1. die Fähigkeiten und 2. das Gespür dafür, wann sie was einsetzen. Und das finde ich jedenfalls absolut erstrebenswert.
     
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  5. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Unbedingt!

    Ich denke, es ist wie beim Lesen. Ich lese Krimis und Unterhaltungsliteratur. Richtige Literatur ist mir zu schwierig, verstehe ich nicht und kann mich daher nicht erfreuen.

    In der Musik bin ich eher in der "richtigen Literatur" und kann sie genießen. Die meiste Unterhaltungsmusik im Radio nervt mich.
     
  6. Rick

    Rick Experte

    Hallo tmb!

    Klar, was ich aussagen wollte, ist natürlich: Nichts muss, alles KANN. ;)

    Weil es nun mal meinem Geschmack und Temperament entspricht, baue ich weiterhin gerne "virtuosere" Passagen während meiner Improvisationen ein, und wenn ich diese nicht beherrschen würde, würde ich sie eben üben, weil ich das nun mal so "fühle", also so spielen WILL. Macht ja auch Spaß!*

    Aber NOTWENDIG ist all das nicht, was ich diesbezüglich mache. Natürlich braucht man ein gewisses technisches Basiskönnen, keine Frage, doch das kann wie erwähnt auch ein Mittfünfziger noch lernen, wenn er ausreichend motiviert ist und die Übezeit dafür hat. Aber das gilt ja im Endeffekt für jedes Alter.


    Gut Sax,
    Rick

    -------------------------------------------------
    * Anmerkung:
    Dafür waren unter anderem meine Jahre in der Europa-Band der Blues-Sängerin Sydney Ellis sehr wertvoll, denn dort herrschte seitens der Bandleitung ein absolutes "Double-Time"-Verbot (und die Flageoletts waren auch nicht gut gelitten). :roll:
    Also spielte ich meine üblichen Lines einfach halb so schnell, wie ich sie fühlte, konnte sie dadurch aber auch gut ausarbeiten - und bei der nächsten Jam-Session wieder im Lieblingstempo rattern lassen.

    Je professioneller die Jobs als Musiker, desto weniger waren solche "Eskapaden" erlaubt, so habe ich es erlebt. Gute Jazzer, die einfach nicht von ihrem Tempo runterkamen, die immer ihren einmal erlernten Stiefel durchziehen "mussten", wurden für manche Sachen schlicht nicht engagiert, fertig.
    A propos: Kennt noch jemand den Film "The Commitments"? Da wurden ja dem Saxer vom Trompeter immer die schnellen Läufe verboten: "Wir machen Soul, keinen Jazz!" :-D
     
    Zuletzt bearbeitet: 15.April.2015
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  7. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    @chrisdos

    100% Zustimmung, sehr schön und treffend ausgedrückt:)

    Gruß,
    Otfried
     
  8. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Wenn ich mich (vielleicht gezwungenermaßen) als Dienstleister sehe, dann wahrscheinlich keinen. Wenn ich es mir leisten kann ein Künstler zu sein und gegen die Hörgewohnheiten zu musizieren, dann interessiert es zumindest mich als Künstler, was ich da tue. In Berlin kann man viele tolle virtuose Avantgardisten sehen, die vor kleinem Publikum spielen, kaum Geld verdienen, aber dabei (m.M.n.) Musikgeschichte schreiben. Entwicklung hat auch immer was mit dem Vorstoßen ins Unbekannte zu tun, und dazu bedarf es meist auch einer gewissen Virtuosität.
     
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  9. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    Wieso, das muss und will ich doch gar nicht !
    Ich bin damit zufrieden, wie ich blase und habe daran Freude. :cool2:
     
  10. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    [QUOTE="mato, post: 315010, member: 5199" In Berlin kann man viele tolle virtuose Avantgardisten sehen, die vor kleinem Publikum spielen, kaum Geld verdienen, aber dabei (m.M.n.) Musikgeschichte schreiben.[/QUOTE]

    Und was hat man davon ?:cool2:
     
  11. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Wenn du mit "man" dich meinst, dann wahrscheinlich nichts...
     
  12. ppue

    ppue Mod Experte

    Tja, die Diskussion scheitert daran, dass ein jeder nach seinem Gefühl und auch nach seinem Können mal hier mal dort herum stochert.

    In der bildenden Kunst ist das sehr schön getrennt zwischen Kunst, Kunsthandwerk, Gebrauchskunst oder auch Design. Und diese Trennung müsste man auch in der Musik machen.
    Nicht, dass ich das immer genau trennen könnte, aber es gibt schon recht eindeutige Unterschiede zwischen Amateur- und Profibereich, was nicht heißt, dass die Grenze nicht fließend ist.

    Beide Bereiche kann man noch weiter aufteilen und in jedem bedeutet Kritik etwas anderes, sieht jeweils ganz anders aus und richtet sich in erster Linie an den Anspruch, den der Spieler hat.
    Macht er Musik zum Hausgebrauch, dann bedeutet Kritik etwas anderes als wenn er den Anspruch hat, Kunst zu machen. Kunst kommt ohne Kritik gar nicht aus, denn die gesellschaftliche Diskussion darüber entscheidet erst darüber, ob es anerkannte, umstrittene oder vielleicht auch gar keine Kunst ist, die da einer abliefert.

    Wenn der Amateur nun schreibt, Kunst interessiere ihn nicht, dann ist er raus aus der Diskussion. Anders herum: Wenn ein Profi einen Amateur kritisiert, weil er die b13 nicht gespielt hat, dann kann dieser zu recht sagen, dass ihn das gar nicht interessiere.

    Wenn hier Amateure, Halbprofis und Profis zusammen diskutieren, ist mir das sehr angenehm, wird dem Thema dennoch nur selten gerecht, weil es um völlig andere Arten von Kritik geht.
     
  13. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Wurde dem nicht überhaupt das Solieren verboten? Übrigens ein sehr schöner, sehr britischer Film.

    LG Helmut
     
  14. rbur

    rbur Mod

    Meine Tochter hat mich kürzlich gefragt, warum ich Kim Basinger als Hintergrundbild habe. Ich hab's ihr aber nicht verraten.
     
  15. deraltemann

    deraltemann Strebt nach Höherem

    @ppue ich stimme dir völlig zu.
    Leider scheint es aber zu so zu sein das genau dieser Unterschied nicht immer wahr genommen wird.
    Kritik ist auch immer die Frage der Erwartungshaltung. Und sie ist immer dann wenig hilfreich wenn die Basis nicht passt.
    Hausmusik ist eben Gebrauchskunst. Gehe ich in ein klassisches Konzert, so ist die Erwartungshaltung gewiss eine andere.
    Was ich entscheident finde ist das es autentisch rüber kommt. Ich will nicht das Gefühl haben das es einfach so
    runter gedudelt wird.
    Ich werde nie spiele wie Monk. Ich habe mir 50 begonnen Dinge wie Takt, Noten und der gleichen befasst. Wenn ich einhalbwegs
    ein schönes Klangereigniss darstellen kann bin ich zufrieden. Wenn ich Hinweise bekomme bin ich dankbar.

    Ich werde aber nicht in den Wahn verfallen, das ich ein Kammerkonzert spielen kann.
    Aber ich kann mit anderen Musik machen, einfach zu unserer Freude auf meinem Fähigkeitsniveau.
    Klar wird es mit der Zeit besser und man hört mehr und versteht mehr. Aber ich habe inzwischen gelernt das es eben 1000 wiederholungen braucht
    Das es 1000 Variationen gibt die man auch wieder 1000 mal üben muss. Das braucht eben Zeit.Und es gibt keine Abkürzungen
     
  16. auge

    auge Ist fast schon zuhause hier

    Da finde ich mich schön wieder, da ich derzeit defacto als Berufsmusiker unterwegs bin.
    Und es kommen noch Faktoren wie: Flexibilität (Stil und Instrumente), Auftreten, Verlässlichkeit, Geschäftstüchtigkeit, ..... dazu.

    Kritik hab ich lieber als Lobhudelei und entscheide dann selber wie ich damit umgehen (quasi ob aus meiner Sicht da was dran ist oder nicht).
    Kritik hier im Forum finde ich meist sehr angenehm findet aber im TOTM eh zu wenig statt. Mit ein Grund warum ich weniger poste weil das ja der Grund für ein Post wäre.
    Alles in allem muss man als Musiker Kritik aushalten können (leider?) sowohl fremde als auch eigene. Man kann daran auch arbeiten so wie an allen Aspekten des Musikerdaseins.

    Generell habe ich unfaire (unsachliche) Kritik meist von Musikern erhalten die irgendwas neidig waren (Giganzahl, Gagen, you name it....). Das lasse ich aber tendenziell abprallen.

    So long
    LG
    Auge
     
  17. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Dies gilt für jeden Beruf, wo du einen gewissen Erfolg hast.
     
  18. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Ist es in der Musik nicht ebenso? Warum nicht?

    Wie trennst du Amateur- und Profibereich?

    Wenn einer den ganzen Tag Instrumentalunterricht gibst und kaum konzertieren kann, ist er dann als Musiker Profi?

    Wenn einer seinen nötigsten Lebensunterhalt als Taxifahrer verdient und den Rest der Zeit übt und seine eigene Musik konzertiert, ist er dann Amateur?

    Peter Kowald sagte mir vor vielen Jahren: "Suche dir einen Brotjob außerhalb der Musik, sonst gehst du huren." Etwas radikal diese Ansicht, aber konsequent, wenn du tatsächlich Künstler sein willst.

    Mit individueller Kunst (= Künstler) deinen Lebensunterhalt sicher zu stellen, schaffen die wenigsten. Daher wären viele Künstler im strengen Sinne Amateure.

    Dies sehe ich genauso.

    Weil der Leistungsanspruch an den Amateur zu hoch wäre?

    Ein Profi dürfte dann nicht sagen, dass ihn das gar nicht interessiere?

    Gutes musikalisches Handwerk ist eine benötigte Qualifikation um zum Beispiel in Orchester, BigBand, ... mitspielen zu können, aber sagt nichts aus, ob du mit Musik beruflich erfolgreich sein wirst.
     
  19. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    [QUOTE="auge]

    ........
    Kritik hab ich lieber als Lobhudelei und entscheide dann selber wie ich damit umgehen (quasi ob aus meiner Sicht da was dran ist oder nicht).
    Kritik hier im Forum finde ich meist sehr angenehm findet aber im TOTM eh zu wenig statt......

    [/QUOTE]

    Genau so ist es. Die "Kritiken" zu den TOTMs waren schon mal substantieller.
    Aber auch dazu muss man die Zeit haben/ sich die Zeit nehmen.
    Mal eben 4 - 10 4,3-Minuten-Vorträge ganz bewusst zu hören, auch mehrmals und dann gezielt in diesem Stil zu schreiben :

    " Die Einleitung gefällt mir sehr gut, bei 1:32 spielst Du mal nicht nen langen Ton zum Ende der Phrase, sondern gehst sogar zwei 1/4 in den nächsten Takt. Könntes Du öfter machen. Bei 2:26 Kommt Dein PA nicht hinterher :) und zum Ende hin wackelt denn dann doch die Intonation.....",

    das ist schon Aufwand. - Würde aber eventuell mehr helfen als: "Du hast aber einen schönen Ton" - "Du hast Dich gut entwickelt" - "Wie gewohnt CD-fähig".......

    Und ja, ich weiß, das ist (auch) Aufgabe des Lehrers. Hier tummeln sich "Ehrenamtliche", die eh schon viel Zeit zur Verfügung stellen. (Und ja, ich weiß, ich schreibe auch (zu) selten was zu den Veröffentichungen hier)


    Cheerio
    tmb
     
    Roman_Albert und bluefrog gefällt das.
  20. ppue

    ppue Mod Experte

    Gute Frage. Ich kenne keine Terminologie, die entsprechendes ausdrückte. Wir haben die umstrittenen Begriffe U- und E-Musik, aber die trennen es nicht sauber. Vielleicht trifft es anspruchsvolle Musik und Gebrauchsmusik besser.

    Ich trenne es in erster Linie beim handwerklichen Können. Ob im Privatstudium oder an der Hochschule erlernt, muss es einen bestimmten Level haben.

    Ja, aber nicht automatisch Künstler.

    Kommt drauf an, wie gut er ist.

    Soweit zu Amateuren und Profis.

    Jetzt kommst du zum Künstler. Ein Künstler braucht drei Sachen: Sein Handwerk (siehe Profi), den Anspruch, ein Künstler zu sein und drittens, die Anerkennung als Künstler. Die ersten beiden Punkte sind noch recht einfach einzuschätzen. Der dritte Punkt schon schwieriger. Wird der Künstler nicht als solcher anerkannt, dann ist er vielleicht ein verkannter Künstler. Es gibt z.B. solche, die profimäßig zu Hause herum spielen, aber nicht an die Öffentlichkeit gehen.

    Der Künstler muss seine Arbeiten erfolgreich in der Öffentlichkeit präsentieren.

    Das mit der b13 sollte ein Beispiel einer falsch angebrachten Kritik sein. Ist mir nicht ganz gelungen (-:

    Die meisten BigBands und Orchester lassen sich in Profi- und Amateurgruppen unterscheiden. Entsprechend muss das musikalische Handwerk ausgebildet sein. Weder Profi, noch Künstler haben eine Geldeinnahmegarantie, das sehe ich auch so.
     
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