Koordination Motorik - Gehör

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Weltenbummler, 21.Mai.2019.

  1. Weltenbummler

    Weltenbummler Ist fast schon zuhause hier

    Hi an die Forumsmitglieder, mein Thema betrifft den Zusammenhang zw. Motorik und Gehör.

    Durch Zahnbehandlungen kann ich zzt. nicht Saxophon üben, jedenfalls nicht mit dem Mundstück und Anblasdruck, sonst gibt es Aua! So habe ich gestern versucht, einen komplizierten Lauf mit einigen nicht tonleitereigenen Tönen (Wabash III von John Scofield mit Joe Lovano) sozusagen "trocken" zu üben. Also höre ich nicht, was ich greife.

    Nun stelle ich fest, dass die motorischen Abläufe nur halb so flott oder flüssig -wenn überhaupt halb so schnell- vonstatten gehen. Natürlich ist mir bekannt, dass die motorische Steuerung konditioniert ist, also, ich habe gelernt, richtig oder falsch über das Gehör zu unterscheiden. Was mich interessiert, ist, wie die neuronale Kopplung zwischen der Verarbeitung gegriffener Töne und der Geläufigkeit funktioniert: Wieso laufen die gegriffenen Töne ohne Einbeziehung des Gehörbereichs im Gehirn nur wesentlich langsamer?

    Falls jemand medizinische oder neurologische Informationen dazu beisteuern kann, danke ich für Informationen, mir wären hier Fakten wichtiger als Vermutungen. Ich wünsche mir auch, dass sich das Thema nicht in nebensächliche Gefilde entwickelt und in persönlich angenehmer Atmosphäre verläuft.
    Vielen Dank,
    Henry
     
  2. ppue

    ppue Mod Experte

    Das hoffen die meisten (-;

    Um deine Frage überhaupt für mich erfassen zu können:

    Hast du eine Vorstellung von den Tönen, ein inneres Ohr?
    Einfacher ausgedrückt: Kannst du die Töne singen?
     
  3. Weltenbummler

    Weltenbummler Ist fast schon zuhause hier

    Ja, ich höre innerlich mit. Zur Erweiterung des Blattspiels habe ich auch Übungen des "Hörens" ohne Vorlage (CD, YT), wie auch Mitsingen geübt (wenn auch nicht bühnenreif). Bei besagtem Stück weiß ich sehr genau, wie es klingt... falls du das gemeint hast,
    Grüße von
    Henry
     
  4. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich greife, was ich höre. Was ich nicht greifen kann, ist das, was ich nicht hören bzw. singen, bzw. mir vorstellen kann.

    Dann wäre das eine Art Endkontrolle. Für mich ist das, was ich innerlich höre, ganz im Gegensatz dazu, der Impulsgeber. Wenn ich es nicht singen oder mir vorstellen kann, können es die Finger nicht greifen.

    Versuche zu singen, was du greifst.
     
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  5. Woliko

    Woliko Strebt nach Höherem

    Vermutlich ist es eine Frage, in welchem Alter, oder vielleicht auch nach welcher Methode, man das "Greifen" gelernt hat. Ich, als Späteinsteiger, greife eher, was ich "sehe". In den Zustand, zu greifen was ich höre, komme ich dann, wenn ich etwas auswendig spiele.

    @Weltenbummler , leih' Dir mals das Buch von "Prof. Kölsch, Good Vibrations - Die heilende Karft der Musik" aus. Darin sind auch Erklärungsansätze zu Deiner Frage enthalten.
     
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  6. Weltenbummler

    Weltenbummler Ist fast schon zuhause hier

    Bei "Prof.Kölsch" musste ich erstmal grinsen... sollte es sich etwa um Poldi handeln ???

    Nee, danke für den Hinweis, habe gerade mal die Vorschau durchgeblättert. Vielleicht eine lohnenswerte Anschaffung.
    Zum "blind" spielen, in dem Fall: tonlos... Ich vermute, dass die "Endkontrolle Gehör" über den produzierten Klang die Bestätigung über "richtig oder falsch" liefert, und dass man/ich nicht weiß, ob das Ergebnis stimmt, wenn diese Station abgeschaltet ist. Ähnlich ist es ja auch bei Pianisten/Gitarristen: Sie müssen Tastatur oder Griffbrett sehen. Sehr fortgeschrittene oder geübte Musiker/innen können auch ohne den visuellen Sinn spielen., aber auch da braucht es immer wieder die Kontrolle, wo sie sich räumlich befinden.

    Nun hat ja Beethoven seine IX.Sinfonie und sein 5.Klavierkonzert zuletzt in völliger Taubheit fertig gestellt. Er kann dies ja nur geschafft haben, wenn er wusste, welche Taste wie klingt, bzw. aus der Harmonielehre, welche Note wo hingehört... also ein Misch-Ergebnis.

    Nunja, ich werde mal ausprobieren, ob das mit der Tonvorstellung und dem richtigen Greifen ohne S-Bogen was wird, und ob sich die Geläufigkeit einer Passage auch "taub" so gut erreichen lässt wie mit der "Endkontrolle Gehör".... was mir jetzt aber schon klar geworden ist: Ich weiß nicht annährend, welche Klappenkombination wie klingt, das wäre mal interessant, das neu zu lernen!! Also greifen, reinblasen, und die Verknüpfung abspeichern... bin mal gespannt, werde das gleich mal ausprobieren! ;)

    Greg Fishman empfiehlt in seinem sehr lesenswerten Buch "The Lobster Theory",auch noch sehr anschaulich illustriert, wie man sich Tonhöhen/Klänge merken kann: Die Schulbimmel nachspielen, die Kirchenglocke, einen Handyton, die Feuerwehr. Das ist ja mit konkreten Tonhöhen verknüpft. Ergo müsste ich auch lernen können, welche Note auf dem Papier welchen Klang repärasentiert, oder?
     
    Zuletzt bearbeitet: 22.Mai.2019
  7. Weltenbummler

    Weltenbummler Ist fast schon zuhause hier

    Nee, eigentlich ich nicht, wenn ich keine Referenz habe (gespielten Ton... Hörbeispiel). Da brauche ich einen "Marker... Pegelstandanzeiger" oder so ähnlich...
     
  8. ppue

    ppue Mod Experte

    Greifen, reinblasen, singen, singend greifen. Es geht gar nicht so sehr darum, die richtige Tonhöhe abzuspeichern, dazu bräuchtest du ein absolutes Gehör. Wichtig ist, die Töne in richtiger Relation zueinander zu hören.

    In der Praxis: Du liegst abends im Bett und greifst ein dir bekanntes Stück oder auch nur eine Tonleiter durch. Die Tonhöhe, die du dabei singst, ist egal. Aber die Abstände müssen stimmen.

    Das kann in der Regel jeder aus- und eingebildete Musiker.
     
  9. Livia

    Livia Ist fast schon zuhause hier

    Ich würde empfehlen, die Griffkombinationen in deiner normalen Spielhaltung zu üben (also mit Bogen und Mundstück - wenn es geht, auch mit dem Mundstück im Mund). Sonst hälst du deine Hände und Arme zwangsweise anders und übst das saubere Greifen mit anderen Winkeln, die die Fingerpositionen verändern.
    Du kannst zusätzlich auf die Klappengeräusche achten ob sie gleichzeitig oder versetzt erklingen.
     
  10. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Ich habe früher vor dem Fernseher gesessen und dabei zum Training der Fingerbeweglichkeit Trockenübungen am Saxophon gemacht. Ich habe dabei nie die Erfahrung gemacht, dass das langsamer ist als wenn ich richtig spiele, eher im Gegenteil. Teilweise habe ich dabei auch bewusst innerlich keine Töne gehört, sondern mich ausschließlich auf das synchrone (bei mehreren Fingern) plopp und Klacken der Klappen konzentriert.

    Von daher klingt mir deine Fragestellung jetzt etwas fremd.

    Genau so habe ich allerdings immer schon nur geistige Trockenübungen gemacht, bspw. im IC, indem ich Melodien durchgespielt habe, und diese dann bspw. chromatisch verschob, alles nur in der Vorstellung. Dabei habe ich dann sowohl die physische Vorstellung des Instrumentes in der Hand gehabt, als auch entsprechende Tonvorstellungen.

    Gruß,
    Otfried
     
  11. ppue

    ppue Mod Experte

    Ja, aber bis man das im IC kann, braucht ein ganz wenig Übung vorher (-;
     
  12. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Widerspruch!
    Man kann, genau so wie beim Erlernen des Instrumentes langsam anfangen. Bspw. mit der Tonfolge g, a, h.

    Halben Ton rauf, g#, a#, c
    Halben Ton runter, f#, g#, b

    oder noch einfacher, um einen Ganzton verschieben.

    Der Weg ist das Ziel

    Gruß,
    Otfried
     
  13. ppue

    ppue Mod Experte

    Wie singt man denn zwei Ganztonschritte?
     
  14. Weltenbummler

    Weltenbummler Ist fast schon zuhause hier

    Genau dabei habe ich das auch gemacht... es lief grade Eishockey.... naja, ich habe da schon einen Unterschied in der Geläufigkeit bemerkt
    ... vielleicht liegt's ja auch einfach nur an mir?!

    ...warum fremd, im Eingangspost habe ich die Fragestellung doch formuliert... ob es eine neurologische Kopplung zwischen Motorik und Gehör gibt.
     
  15. ppue

    ppue Mod Experte

    Das ist die Wichtigste überhaupt! Wobei Gehör nicht ganz richtig ist. Ich würde es eher inneres Ohr nennen, weil es eher um gedachte Töne geht.
     
  16. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Ich muss gestehen, ich verstehe deine Frage nicht. Wie klingen zwei Ganztonschritte, wenn sie auf dem Saxophon gespielt werden? Wie fühlt es sich in den Fingern an, wenn ich sie vom g aus spiele?
    Schon klar, ich meinte nur, dass ich das eben nicht so empfunden habe.

    Gruß,
    Otfried
     
  17. ppue

    ppue Mod Experte

    Im IC ist aber kein Saxophon und ich muss mich an den Klang erst einmal erinnern.

    Ich bin sicher, dass ein Großteil unser lieben Mitforisten den Versuch, im IC zwei Ganztonschritte zu singen, bestehen würden. Ich bin aber genau so sicher, dass ein Großteil, wenn sie die Phrase um einen Ganzton nach ober verschieben sollten, einen Ganzton und einen Halbton singen würden.
     
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  18. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    @ppue
    mag sein, dann muss man eben noch leichter anfangen.
    Ich habe mit Hänschen Klein angefangen, und da nur mit den ersten paar Tönen.
     
  19. Weltenbummler

    Weltenbummler Ist fast schon zuhause hier

    ...ich such immer noch die sagenumwobene Neuro-Kreuzung... :topic:
     
  20. Paco_de_Lucia

    Paco_de_Lucia Ist fast schon zuhause hier

    Das ist eine bekannte Idee, die aber mMn. eher die Konzentrationsfähigkeit schult, als das 'Trockenspiel' auf dem Instrument.
    Für mich ist der 'Griff' eines Tones → in Folge eine ganze Passage - untrennbar mit dem Klang verbunden - und nein, nicht den, den ich mir in meinem 'inneren Ohr' vorstelle,
    sondern den, welchen ich da in die Welt tröte.
    → der Bezug:
    Zitat @ppue →ob es eine neurologische Kopplung zwischen Motorik und Gehör gibt.
    Antwort: Das ist die Wichtigste überhaupt! Wobei Gehör nicht ganz richtig ist. Ich würde es eher inneres Ohr nennen, weil es eher um gedachte Töne geht.

    Das kann ich nur 3x dick unterstreiche- und es geht noch weiter:
    es ist ein komplexer Regelkreis - wobei es schwer ist, den Anfang und das Ende zu benennen [Ei-Henne-Paradoxon]
    Ich beginne so [erster Ton einer Sonate] - im inneren Ohr vorstellen - die ganze Körpereinstellung nimmt Position ein [Stand, Atmung, Ansatz, Voicing, Griff für Ton - die nächste Passage schon im Geist präsent etc] - dann Luft aufs Blatt geben - Ton wird erzeugt - äußeres Ohr nimmt wahr - Gehirn vergleicht mit innerem Ohr [Sound, Timbre, INTONATION] - dann beginnt in Micro-Zeitabschnitten die Korrekur - die lauft dann ständig in diesem Kreislauf ab.

    Wenn ich nur Trocken übe - dann fehlt mir der Hör-Regulier-Kreislauf - und meine Finger spielen nur mechanisch einen Unsinn.
    Gerade an der Klarinette [mal nicht die BK mit gedeckten Klappen oder dem Sax] - oder Flöte - muss ich auch wissen, ob ich exakt gegriffen habe - die Handhaltung stimmt, grad an der Flöte - sonst ist die Klappe nicht richtig zu - bzw. das Tonloch nicht richtig abgedeckt - oder noch schlimmer - mit 'open holes' will ich irgend welche Effekt erzeugen, die waren aber nicht da.

    Auch bewegt man seine Finger in einem gewissen 'Flow' - wenn ich eine lange Scala 'uptempo' spiele - habe ich andere Bewegungen als wenn ich lyrisch lange Töne - sagen wir mal in Groß-Terzabstand - spiele.

    Für mich ist das ganze nicht zielführend.

    Ich empfehle - sich den Ton = Tonhöhe in Bezug zu einem Referenzton, Intonation, Klangvorstellung [Timbre, Lautstärke, Attack etc. die ganze Artikulation] genau vorzustellen. dann [mit entsprechender Vorbereitung - siehe oben → Regelkreis] loszuspielen - und über das äußere Ohr zu vergleichen [ich benutze zur Überprüfung ein Aufnahmegerät - um dem Selbstbetrug nicht zu erliegen - und bin leider oft enttäuscht, wie weit die Aufnahme von der inneren Vorstellung abweicht]
    dann gilt es die Differenz - nicht durch probieren [das kann man mal machen, wenns gar nicht anders gehen will] sondern durch inneren Vorstellung zur korrigieren.
    Dann wieder reinblasen - und? Die Differenz kleiner geworden? oder Größer?
    So erarbeitet man sich eine Tonvorstellung - Sänger sind da ganz vorn dabei - ich empfehle, bei denen sich schlauer zu machen.
    Ich kann ganze Äonen mit nur einem Ton zubringen.
    good sound
    Paco
     
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