Hören

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von hanssax, 9.September.2021.

  1. hanssax

    hanssax Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Zusammen,

    ich möchte hier gern von einer interessanten Erfahrung berichten.

    Nach etwa eineinhalb Jahren tiefer Funkstille geht jetzt allmählich der Probenbetrieb wieder los und ich beschäftige mich wieder mit dem Material der Ensembles, in denen ich mitspiele (u.a. Bigband, Bläsercombo, Band mit Sängerin). Natürlich hatte ich in den anderthalb Jahren Probenpause nicht aufgehört, Saxophon (ss, as, ts) zu spielen, aber die Noten der Ensembles blieben ziemlich unbeachtet in den Mappen. Stattdessen beschäftigte ich mich zunehmend intensiv mit Ableton, einer Digital Audio Workstation (DAW), mit der man elektronische Musik erzeugen kann.

    Ich kann hier nicht ausführlich beschreiben, was es damit im Einzelnen auf sich hat, nur so viel: Alles geht. Es ist ein Paralleluniversum der Klänge, ein Paradies der Musik für alle, die sich darauf einlassen mögen. Ich nutze vielleicht 10 % der Möglichkeiten dieser Technik und bin weit von jeder Meisterschaft entfernt, aber schon diese kleine Stufe, auf der ich jetzt meine musikalischen Leidenschaften verwildern lassen kann, schenkt mir unglaubliche Freude und fasziniert mich immer wieder aufs Neue.

    Nachdem ich mich halbwegs mit den Grundlagen vertraut gemacht hatte, lernte ich, mit einem Mikrophon Spuren für Aufnahmen mit dem Saxophon zu erzeugen. Daraus sind in den vergangenen Monaten einige Stücke, eigene „Kompositionen“ und auch Coverversionen bekannter Songs entstanden. Wer sich einen Eindruck verschaffen möchte kann das hier: https://soundcloud.com/hanssax
    Kritik jeder Art ist willkommen.

    Jetzt zu meiner interessanten Erfahrung: Die Aufgabe, mit einer DAW Musik zu produzieren, beginnt mit der Frage, was man denn genau und im Einzelnen hören möchte und das Hören ist über die gesamte Strecke der Produktion, angefangen von den ersten klingenden Rohideen bis hin zur tontechnischen Bearbeitung (Mixing und Mastering) neben der Kreativität die wichtigste Kompetenz. Es geht bei diesem „Hören“ nicht allein um Tonhöhen und Lautstärke, es geht viel um atmosphärische Dinge, eine Art akustischer Psychologie mit Fragen wie
    - "Was will ich hören?"
    - „welche Wirkung hat ein Ton/eine bestimmte Kombination von Tönen auf mich?“
    - "was ändert sich in der Atmosphäre, wenn Einzelheiten ändert und welche Wirkung hat das auf mich?“
    - „gefällt mir das, was ich höre?“
    - „Will ich wirklich, dass es genau so klingt? Wenn nicht, was gefällt mir daran nicht?“
    und schließlich: „Was gefällt mir eigentlich?“

    Neben der beständigen Entwicklung des musikalischen Vorstellungsvermögens und der Geschmacksbildung ist es bereits eine interessante Erfahrung an sich, zu erleben, wie sich das musikalische Gehör bei dieser Beschäftigung verändert. Der zentrale Punkt dabei ist das genaue Hin-Hören und der Abgleich damit, was dabei mit einem passiert. - Ich bin Laie in jeder Beziehung und kann nur sehr ungefähre Vorstellungen zu dem haben, was zuständige Wissenschaftler*innen zu alldem sagen. Aber passieren tut auf jeden Fall etwas mit dem Hören und das merkt man spätestens dann, wenn man wieder ein „richtiges“ Instrument in der Hand hat. Dann hört man sich tatsächlich auch sich selbst anders und bewertet das, was man da hört auch anders, gründlicher und tiefer.

    Ich musste mich hier sehr kurz fassen, aber ich hoffe, dass ich hier manchen unter Euch einen Impuls geben konnte, sich einmal an diese Dinge heranzutrauen, weil sie im Ergebnis – so wie ich es erlebe – eine sehr förderliche Wirkung auf die eigene musikalische Qualität und das gesamte musikalische Vermögen haben.

    Liebe Grüße vom Neckar
    Hans
     
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  2. bthebob

    bthebob Ist fast schon zuhause hier

    @hanssax
    Kennst du die Neuseeländische Band "Fat Freddys Drops" ?
    Das könnte was für dich sein !

    Im Kern "handgemacht" ... mit Bläsersatz und aus'm Jazz kommend ....
    Aber mit viel "Elektrik" im Sound.

    Seit Jahren grooven sie erfolgreich durch die Welt.
    Vor der -C.- Zeit spielten sie mind. einmal im Jahr Berlin !

    Ich hab' die früher hoch und runter gehört.
    Ist dann weniger geworden.
    Aber letzte Woche eine "Fat Freddy" CD im Auto "wiedergefunden"

    Immer noch super !
    VG
    .
     
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  3. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Klingt echt spannend - wofür man alles gerne Zeit hätte...
     
    hanssax gefällt das.
  4. Paul2002

    Paul2002 Strebt nach Höherem

    Was hat er denn als Whatsappprofilbild bei dir?
    (Bitte löschen, @Claus. Sorry)
     
    Zuletzt bearbeitet: 10.September.2021
    hanssax gefällt das.
  5. Paul2002

    Paul2002 Strebt nach Höherem

    Achso, das habe ich gar nicht mehr geschrieben, wollte es aber:

    Ich finde es toll, dass du deine Erfahrungen - für Forumsverhältnisse sogar recht detailliert - mit uns geteilt hast, @hanssax (-:

    Schöner Thread ^^
     
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  6. hanssax

    hanssax Ist fast schon zuhause hier

    @Paul2002,
    Danke Dir für Dein nettes feedback. Freut mich, dass Du damit etwas anfangen kannst.

    Für viele ist es ja "keine richtige Musik", weil man ja erstmal kein "richtiges" Instrument dabei spielt. Das mag auch so sein, aber mir ging es vor allem um diese Hörerfahrung und die Entwicklung eines musikalischen Hörens und von Authentizität abseits von Fragen zB der Intonation und andren eher technischen Aspekten. So gelangt man am Ende zu der Frage, wann Töne zu Musik werden.

    Liebe Grüße, Hans
     
    reiko, zwar und Paul2002 gefällt das.
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