Spieltechnik Klassik / Spieltechnik Jazz

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Supersol, 13.Mai.2022.

  1. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    In der "klassischen" Musik gibt es auch viel zu interpretieren, wenn auch ganz anders als im Jazz. Da geht es eher darum, mit den vorgegebenen, exakten Noten ein bestimmtes Gefühl zu übermitteln. Die Inetrpretation liegt also eher im Mikrobereich von Timing, Ausdruck, Klang und Intonation.

    Wir haben gestern "unser" Stück geprobt, weil wir das am Sonntag im Landeswettbewerb bringen. Nicht durchgehend "Klassisch" im Sinne eines Raschér, aber streng im Aufbau. In der Referenz Aufnahme am Beginn zwischen 0:20 und 0:50 war die Anweisung "Das muss bissig rüberkommen, kann man gar nicht genug übertreiben". Man glaubt gar nicht, wie viele verschiedene Interpretationsarten man über diesen Teil spielen kann, ohne auch nur an einer Note was zu ändern... Hier ist der Dirigent derjenige, der die Interpretation des Stücks vorgibt und mit seinem Orchester den entsprechenden Klang formt. Natürlich durchaus mit "Du hast grad die Liebe Deines Lebens getroffen! Man muss die Herzerl in Deinen Augen hören" im Tenorhorn Solo ab 4:30 (kommt in der Aufnahme zu brav) und natürlich im ganzen "Romanze" Teil ab 6:31 (das ist der klassischste Part am Stück mit einem schmalzigen Horn + Alt-Sax Duett am Beginn).

    Die Panik in den Augen sehe ich eigentlich meist beim Dirigenten, wenn tatsächlich einer versucht "kreativ" zu interpretieren. :rolleyes:
     
    Supersol, scenarnick, slowjoe und 3 anderen gefällt das.
  2. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Kommt darauf an wo, aber im Jazz manchmal zu sehr in der Mitte.
     
    giuseppe gefällt das.
  3. Saxax

    Saxax Ist fast schon zuhause hier

    Nicht, dass ich mich in der Klassik auskennen würde. Aber beim Wiener Walzer ist das schon etwas, das dem Swing-Feel vergleichbar ist.


    keep swingin'


    Saxax
     
  4. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Swing für Snobs. :whistling: :inlove:

     
    quax gefällt das.
  5. FraRa

    FraRa Ist fast schon zuhause hier

    Meine bescheidene Meinung (als Jazzer): Jazz erfordert die Beherrschung des Instruments unabhängig von Notenvorgaben. Also: man muss spielen können, was man hört. Ton = Griff. Ich weiß, dass das viele 'Klassiker' nicht hinkriegen. Ich empfinde es aber auch als eines meiner Defizite, dass ich gesetzte Noten nicht umsetzen kann, Aber ich kann mich in eine harmonische Umgebung hineingrooven.
     
    Supersol gefällt das.
  6. rbur

    rbur Gehört zum Inventar

    Viele "Jazzer" können das auch nicht. Nur weil man auf einer vorgegebene Skala improvisieren kann ist man noch lange nicht auf Ton = Griff. Und nur weil man einen Griff kennt, heißt das noch lange nicht, dass der Ton auch richtig intoniert.

    Vielleicht sollte man auch noch das Niveau mit einbeziehen, auf dem jemand spielt. Wenn man als Klassiker in der vierten Oktave spielen will ist es unabdingbar, dass man den Ton im Kopf hat, den man spielen will. Sonst kommt er nicht. Griffe sind da eher Nebensache. Das Heft "Top Tones" von Sigurd Raschèr dreht sich praktisch nur darum, dass man den Ton vorher im Kopf hat, den man spielen will.
    Vielleicht ist es sogar eher umgekehrt. Gelesene Note = Griff = Ton im Kopf.
     
    Supersol, Livia, ilikestitt und 3 anderen gefällt das.
  7. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Das kann ich so nicht bestätigen. Ich kenne Klassiker mit extrem guter Ton-Griff Vorstellung und tolle Jazzer, wo das weniger ausgeprägt ist. Und auch als Jazz- und Popmusiker musst Du sehr gut Noten lesen können, denn nicht selten bekommst Du Noten zum Spielen, die du vorher nie gesehen hast (im Studio oder als Aushilfe bei Big Bands oder bei Bläsersätzen). Ich kenne studierte klassische Saxophonisten, die exzelente Improvisationen spielen können. Und auch eine harmonische Umgebung kann so kompliziert sein, daß da mit hineingrooven nichts mehr viel geht.
     
    Supersol, Livia und JES gefällt das.
  8. Supersol

    Supersol Ist fast schon zuhause hier

    Ja heftig - stelle ich mir sehr schwer vor (gewollt so zu spielen :D)... Hammer auf jeden Fall

    Das ist ja auch interessant - habe ich tatsächlich noch nie gehört ... man lernt doch immer wieder was neues ....

    Ahaaa ... jetzt weiß ich auch was diese gekreuzten Noten sind :)

    Auch das habe ich noch nie gehört. Was sind den Multiphonics?

    Ja - für mich wäre (Stand meiner rudimentären Erfahrungen zum jetzigen Zeitpunkt) der Ton schlank, klar, sauber, fokussiert. Ich kenn das jetzt nur von meiner Sax-Lehrerin (Alto), das ist schon echt toll - auch die Vibratos - wow.
    Und ich hab mit Klassik eigentlich gar nix am Hut, aber das hat schon was. Auch beim selber spielen ist das toll, wenn man mal Passagen richtig sauber und klar hinkriegt. Hat auch was... (ist aber typisch mein Problem, mir gefällt immer so vieles :rolleyes:) - könnte mich da echt nicht festlegen ...
    Was mir auch aufgefallen ist, ich finde beim Tenor hört sich das alles doch etwas "dreckiger" an als beim Alto - das mag aber auch daran liegen, das ich da noch nicht wirklich viel gehört habe. Tenormäßig eigentlich nur das hier in den Videos bisher.

    Ton = Griff ... das ist natürlich ein Traum .... das Instrument benutzen wie die eigene Stimme ... das werde ich in diesem Leben sicher nicht mehr schaffen :D - finde das aber sehr beeindruckend.

    Poah - hab schon wieder viel gelernt von euch ;)
     
  9. giuseppe

    giuseppe Gehört zum Inventar

    Es gibt Griffe, bei denen der Ton unglaublich schnell zwischen 2, 3 oder mehr Tönen hinundher rattert oder wackelt. In der Regel längere Griffe mit Lücke, d.h. ein Loch in der Mitte offen.
    Es klingt archaisch, laut und für viele auch sehr unmusikalisch und wird gerne mal für "expressivere Extreme" genutzt. Rein spieltechnisch ist es nicht so uninteressant, weil man einen sehr stabilen Luftstrom und die richtige Ansatz- und Voicingkombination braucht, um sie zu erzeugen. Auch da gibt es einfache und schwierige. Man kann das dann quasi als Muskeltraining fürs Saxophonspiel nutzen, aber nur wenn man die räumlichen Möglichkeiten besitzt. Wenn ich das daheim mache, bin ich nächsten Monat wohnungssuchend. :)
    Jetzt gibt es ein paar Multiphonics, bei denen die Töne nicht nur knattern, sondern wo man durch die Lippenspannung oder Voicing zwischen den Komponenten wechseln kann und dann "shaken".
    Frag mal deine Lehrerin nach Multiphonics, vielleicht kann sie dir ein paar einfache Griffe zeigen, zum Nachbarn erschrecken.
     
    Supersol gefällt das.
  10. Supersol

    Supersol Ist fast schon zuhause hier

    :D:D:D... ok .... das mach ich glatt mal haha.

    Zum Glück sind wir hier ungestört - da bin ich auch sehr dankbar ehrlich gesagt. So Nachbarn würden mich schon sehr einschränken emotional. Hoffe, dass es so bleibt :)
     
  11. Super20Fan

    Super20Fan Kann einfach nicht wegbleiben

    Hmm, ich hatte Multiphonics so verstanden, dass man im Prinzip Akkordtöne auf dem Horn bläst, oder? Diese werden doch in der Regel mit "False Fingerings", also vermeintlich "falschen" Fingergriffen gespielt, wenn ich mich nicht irre?

    Wie Multiphonics klingen, kann man sich bei Brecker oder Coltrane anhören:

    Michael Brecker (2:30 / 2:42 / 2:52):




    John Coltrane (9:48 - 9:52 / 9:57 - 10:00 / 10:38 - 10:42/ etc.)





    Ich selbst versuche solche Multiphonics zu vermeiden, da sie für meinen Geschmack mittlerweile zu häufig benutzt werden.
     
  12. giuseppe

    giuseppe Gehört zum Inventar

    So kann man es auch nennen. Ich finde meine Aussage gar nicht im Widerspruch, wobei die einzelnen Tonanteile auf dem Sax wohl nicht gleichzeitig klingen, sondern im ratternden Wechsel. Zumindest meine ich es so zu hören, oder?

    Unter False Fingerings kenne ich eher alternative Griffe für normale Töne, die soweit anders klingen als die normalen Fingerings, dass man bei einem Wechsel zwischen echten und falschem Fingering diesen funkigen Effekt bekommt. Publik gemacht hat das wahrscheinlich Lester Young mit dem Wechsel zwischen kurzem und langen überblasenen C. Heute ist es vor allem im Funk beliebt.
     
  13. Super20Fan

    Super20Fan Kann einfach nicht wegbleiben

    Mag sein, dass Lester Young als Erster Multiphonics eingesetzt hat, in größerem Umfang aber John Coltrane. Zumindest nach meinem Wissen.
     
  14. Super20Fan

    Super20Fan Kann einfach nicht wegbleiben

    Für mich klingen Multiphonics wie falsches "Growling", also vom Sound her rauer. Da mongolische Sänger ebenfalls Akkordtöne singen, klingen Multiphonics auf dem Saxophon so ähnlich wie bei ihnen:

     
  15. Livia

    Livia Ist fast schon zuhause hier

    Es müssen nicht immer Akkordtöne sein. Es können auch nur zwei Töne erklingen. Es gibt auch ein paar wenige Griffe, mit denen man zwei Töne auf einmal spielen kann, ohne dass sie sich schnell abwechseln und "rattern" - das aber so gut wie immer nur in pp.
     
  16. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Ich habe mal über einen Saxophonisten gelesen - und weiß nicht mehr, wo -, der wohl der "Neuen Musik" zuzuordnen ist, der ein ganzes Werk nur oder vorwiegend mit Multiphonics geschrieben hat - incl. Griffanleitungen.

    Bei Matthias Schubert aus Kassel sind Multiphonics zumindest Teil seiner Gestaltungsmöglichkeiten - der spielt überhaupt nicht "normal" Saxophon. In der Besetzung mit Tuba und Posaune habe ich ihn neulich in Hannover in kleinem Rahmen erleben dürfen. Drei geniale Jungs! :)

    Hier gibt es eine Anleitung zur Produktion von Multiphonics - wahrscheinlich auch mit Grifftabellen.
     
    Supersol und The Z gefällt das.
  17. giuseppe

    giuseppe Gehört zum Inventar

    Missverständnis. Ich kenne keine Multiphonics bei Lester, sehr wohl aber False Fingerings in dem Sinne, wie ich den Begriff eigentlich kenne.
     
  18. giuseppe

    giuseppe Gehört zum Inventar



    Bei 1:18 spielt Lester das typische Wechsel-C. Denke es ist auch hier ein False Fingering (könnte auch ein mit der Zunge als Hauch von Subtone gemacht sein, bin nicht ganz sicher).

    Und hier erklärt Greg Fishman wie man dieses Lester-Young-Vokabular eine Oktave tiefer macht:


    Das ist das, was ich unter False Fingering verstehe, vielleicht ist das aber gar nicht die gängige Bezeichnung. Der Begriff ist auch gar nicht entscheidend nur zur Erklärung was ich meinte.
     
  19. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Ja, und das mittlere C ist ein dankbarer Kandidat zur Abfälschung von Klang und/oder Intonation durch Wechsel mit dem langen C und Weglassung verschiedener Finger.

    Der zweite Ton ist das A, das man durch Finger der rechten Hand in Klang und Intonation herrlich beeinflussen kann. Der Begriff "Honken" aus Rhythm & Blues und Rock 'n Roll meint nichts anderes als aufpeitschendes rhythmisches Herumreiten auf solchen Tönen.
     
    giuseppe gefällt das.
  20. GelöschtesMitglied14902

    GelöschtesMitglied14902 Guest

    Das ist aber kein Multiphonic. Ein Multiphonic sind mehrere Töne gleichzeitig . Es gibt Griffe mit denen kannst du einen Akkord spielen
     
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden