Tach saxclamus, das beschreibt die Möglichkeit, Noten eines Motivs (einer Melodie) in ihrer Position im zeitl Ablauf zu verschieben, is eine Variante der Motivbearbeitung das könen einzelne Töne sein oder das ganze Motiv das können Verschiebungen (bei mehreren Tönen) um die gleichen Notenwerte sein oder bei jeder Note andere... Augmentation oder Diminution oder so... oder du wiederholst / verschiebst das ganze Motiv z. B. um ein Viertel oder Achtel früher oder später im Takt verwend ich manchmal gern z. Soloeinstieg... Grüße Dsharlz
"Rhythmic displacement" wurde im Rahmen eines Jazzworkshops behandelt. Zuerst mit Klatschen, später mit Instrumenten. Sehr anstrengend und viel Konzentration erfordernd. Und plötzlich gingen mir Augen, Gehirn und Ohren auf - da war eines meiner Probleme. Vielleicht auch ein Lösungsansatz. Wenn in unserer JazzCombo Improvisieren angesagt ist, macht ein Kollege seine Impro. Kann ich gut verfolgen,solange er "anständig" spielt und meine "klassischen" Rhythmusgewohnheiten bedient. Und plötzlich verschiebt er was, meine rhythmischen Gewohnheiten kommen ins Schleudern und mein Mitzählen ebenfalls. Und wenn ich dann die anschließende Impro machen soll, komme ich zu spät, zu früh - ich steh' auf'm Schlauch. Wie kann ich sowas üben? Kann man sowas üben? Oder hat man es einfach oder eben nicht? LG Werner
Tach, klar kann man das üben - so spontan ausm Notenschrank: Hal Crook - How To Improvise (Advance music), eigenes Kapitel ab S. 95 B. Mintzer - 14 Jazz + Funk Etudes (Warner), Nr 5: Over The Barline oder Nr 8: Syncopated Accents Richard Filz - Rhythm Coach (UE), z.B. S. 24 ff von Jerry Bergonzi gibts auch ein Buch - hab ich grad nich da... oder du nimmst ein simples 4-Ton Motiv in Achteln (straight oder triolisch) über Am7 oder D7sus4: C-D-E-G spiels auf der 1 Takt Pause spiels auf der 1+ Takt Pause spiels auf der 2 ... oder gleiches Motiv, aber in punktierten Vierteln Frohes Verschieben Dsharlz
Hallo, schönen Sonntag und Dank für die detaillierten Hinweise. Für mich erst mal nerven - und hirnaufreibend: das Gefühl für das eigentliche Metrum muss ja erhalten bleiben,damit ich die Verschiebung erlebe. Bei den Klatschübungen im Jazzworkshop zählten wir zunächst laut dann still mit,wussten also immer, wo die "1" war, auch wenn verschoben angefangen wurde. Beim Spielen auf'm Sax war dann nix mehr mit laut zählen. Zunächst half der Dozent mit Zählen,dann mit Fingerschnipsen. Als auch er damit aufhörte, ging eine eine muntere Verschiebung los, bei der nicht nur ich teilweise rhythmisch Seltsames produzierte. Ein (programmierbares?) Metronom wird zu Hause helfen, damit ich nach und nach auf dem musikalischen Verschiebebahnhof ein brauchbarer Mitarbeiter werde. LG Werner (alias saxclamus)
Ja, das Problem kenn ich nur zu gut (ich denke, fast jeder ist da mal durch). In unseren Bigband Proben beginnen wir jedes Mal mit solchen Übungen - Thema "drauf und vorgezogen". Zunächst noch ausnotiert und ganze Takte oder Taktgruppen, dann in Gruppen aufgeteilt - eine Gruppe spielt die 1, eine die 2, eine die 3 eine die 4. Das ist schon heftig, aber man lernt recht schnell. Wir nutzen ein Metronom, das aber nur die 2 und die 4 abbildet. War auch anfangs verwirrend, geht aber irgendwann in Fleisch und Blut über. Fang doch mit einer Metronom App an, die an ein Schlagzeug erinnert. Base auf die 1, Snare auf die anderen Zeiten. Dann nimm ein Motiv und schiebe es rhythmisch durch die Zeit, jeweils 2 Takte lang, dann 2 Takte Pause um die 1 zu spüren (und wiederzufinden). Straight oder Swing und dann immer mehr Beats weglassen im Metronom und nur noch fühlen. Ist anfangs total verwirrend, irgendwann fängt es an, Spaß zu machen Edit: Nach dem Lesen merke ich gerade, wie sehr sich das mit dem Beitrag von @Dsharlz überschneidet. Credits an @Dsharlz
Du kannst es auch andersrum angehen, indem du erst mal nur beim Hören anfängst. Nimm dir ein mehr oder weniger wildes Solo von jemand, den du gern hörst zu einem Standard, den du kennst oder leicht ins Ohr bekommst. Vielleicht ein Blues. Nachdem du das Solo nochmal gehört hast beginnst du jetzt mit dem Üben, in dem du erst mal das Solo ausblendest und nur die Form hörst. Vielleicht suchst du dir ein lead sheet im real book oder Internet dazu, damit du die Form richtig verstehst. Du kannst die eins zu jedem Takt klatschen und mitzählen, damit du immer weißt, wann die Form wieder von vorne losgeht. Manchmal spielt der Drummer da auch ein Fill oder haut ins Becken. Du kannst auch die Basstöne der Akkorde mitsingen oder auf dem Sax mitspielen. Und erst wenn du die Form so richtig verstanden hast und ihr durch das ganze Stück folgen kannst, beginnst du wieder dem Solisten zuzuhören. Mit immer etwas mehr Aufmerksamkeit, aber immer gerade so viel, dass du mit der Rhythmusgruppe in Gedanken noch dabei bist. Irgendwann verselbstständigt sich das Form hören und du fliegst nicht mehr raus, auch wenn andere ganz wild drüber spielen.
. . . ergänzend, gut für Formhören ist auch, das Thema immer mitzuhören, im ganzen Stück, auch bei wilden Impros. Oder mitzusummen etc, die Tonhöhe ist dabei nicht wichtig.
Wenn es ein Song ist, lohnt es sich auch, den Text zu lernen und das ganze Stück durch vor sich hin zu murmeln. Da weiß man auch schnell, wo die Hälfte rum ist, wo die Bridge anfängt, wo ein neuer Chorus anfängt, ohne dass man mitzählt. Ich will noch mal betonen, dass es zum Improvisieren das Allerallerwichtigste ist, immer zu wissen, wo man ist. Das gilt übrigens auch für Schlagzeuger. Ich hoffe doch, dass die Zeit vorbei ist, wo der Drummer stolz sein Solo kloppt, und wenn er meint, alles gesagt zu haben, zählt er neu an. Nein, auch der Drummer muss den Chorus bedienen, und wenn seine 32 Takte um sind, kommen die Kollegen ganz selbstverständlich genau auf die eins zusammen wieder rein.
Und ich finde, dass beide Solo-Konzepte ihre Berechtigung haben. Jazz-Improvisation kann vieles sein, viele Erscheinungsformen haben, sowohl "streng nach der Form" als auch komplett frei, fern von der Form des Themas und sogar von seinem Akkordgerüst. Das MUSS nicht zu Atonalität und völligem Chaos führen, kann im Gegenteil gerade sehr spannend und interessant sein.
Naja, spielerische Konzepte gibt es ja reichlich. Im Bebop und Umfeld jedenfalls wird die Form doch recht ernst genommen.
Das kann man ganz sicher üben. Vielleicht macht es aber Sinn erst einmal mit Rhytmic Placement (falls das so heißt...)ganz sicher zu sein und danach zu den fortgeschrittenen Konzepten überzugehen.
Ich auch, aber wenn die Wahl aus Unvermögen auf die "Freiheit" fällt, überlege ich doch, ob es der Kollege drauf hat. Das ist ja dann auch keine "Wahl", wenn er die Alternative nicht bedienen kann. Ich erinnere mich noch zu gut an die späten 60er, als in meinem Umfeld die ersten "Freejazzer" aus dem Boden schossen - alte Kanne besorgen und irgendwie losbratzen und ja immer die Finger ganz schnell bewegen - "Profi" ab der ersten Minute.
Gewiss, aber aus dem Bop haben sich gerade die freieren Umgangsformen entwickelt. Ich bin für eine offene Vorgehensweise: Alles kann, nichts muss. Richtig, da bin ich ganz bei Dir. Selbstverständlich sollte man auch in der Lage sein, die Form einzuhalten.