Musikalität und Depression ?

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von saxfax, 8.Februar.2023.

  1. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Bei mir war das eher umgekehrt.
    Nach dem Stress im Studium, einem Nebenjob das alles zu finanzieren, noch einigen Pflichten in der Werkstatt meines luftsportvereins etc. war der erste Job wie Urlaub.

    Plötzlich hatte ich auch mal frei, konnte Überstunden abbauen und in gleitzeit umwandeln, kein Stress mehr, dass am Ende des Geldes noch Monat übrig war und man irgendwie doch essen musste.

    Leider hat sich das dann über die jahre gedreht. Mit diensthandy, natürlich email-fähig, Projektverantwortung, Kunden - und Managementdruck, Personalverantwortung, da kam dann der Stress. Da war ich aber weit von 40 Stunden weg (die hatte ich so Mittwoch mittag voll).

    Das Video ist vielleicht wirklich extrem, aber da ich über meine Kinder doch etwas Einblick in die Generation 25 habe, die Tendenz ist real: dicke Kohle, eher wenig Leistung, bloß nicht einhängen, und pünklichst den Hammer fallen lassen.... Initiative eher Fehlanzeige, Mitdenken ebenfalls. Dass so eine Haltung ein gewisses Reibungspotential erzeugt, weil andere da etwas andere Erwartungen haben... Da bist du schnell an dem Punkt "an mich werden Erwartungen gestellt, die ich nicht erfülle /erfüllen kann oder will" und das kann durchaus psychisch Probleme erzeugen.
     
  2. Gerrie

    Gerrie Strebt nach Höherem

    Ja, stimmt.

    Es gibt aber auch die "Alten" die nicht delegieren können, sich nicht zurück nehmen können und gezielt Verantwortung abgeben.
    Ich habe viele junge Kollegen im Job kennengelernt mit denen es Spaß macht zusammen zu arbeiten.
    Wenn ich wissen will wie irgendwas am Smartphone funktioniert hole ich mir Hilfe bei meinen Kindern oder den jüngeren Kollegen.
    Die freuen sich wenn Sie dem Alten was zeigen können.
    Umgekehrt fragen Sie mich z. B. Wie man einen Bohrer ausspitzt...........

    Unsere jungen Menschen sind nicht besser oder schlechter als wir es waren, nur anders.

    Natürlich hat sich einiges verändert, das liegt aber auch am Umfeld. Das prägt eben.

    Grüße Gerrie
     
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  3. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Wenn die heutigen Alten die Möglichkeit gehabt hätten aufgrund der derzeitigen Umstände so zu agieren im Arbeitsleben wie wir heute hätten sie es auch gemacht.
    Und evtl hätten die Jungen auch mehr Arbeitswut, wenn man so wie früher mit der Arbeit auch tatsächlich entsprechend Vermögen oder eine auskömmliche Rente aufbauen könnte.
     
    Zuletzt bearbeitet: 10.November.2023
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  4. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Rein anekdotisch: Ich hatte gerade einen Auftrag bei einer Tischlerei im Nachbarort laufen.

    Bei der Abholung war ein sehr junger Mann dabei, der Schwierigkeiten hatte, zu zweit ein Brett zu tragen - Koordination mit dem Altgesellen Fehlanzeige. Der hatte ständig damit zu tun, dem Jungen zu erklären, wie man etwas anfasst (Ergonomie), dass man besser darauf achtet, mit langen Brettern nicht die Wohnung vom Kunden einzureißen usw. In jeder freien Sekunde hatte der das Smartphone vor der Nase und hat nicht einen Handschlag ohne Aufforderung gemacht.

    Als die Sachen zurück kamen, war der Junge nicht mehr dabei. Der Meister konnte und wollte sich keine Vollzeitbetreuung durch den Altgesellen mehr leisten.

    Das ist sicher nicht die Regel, aber diese Art von Berichten höre ich in letzter Zeit immer häufiger.

    An anderer Stelle, in der Alterskohorte der 30-40jährigen, hatte ich im letzten Jahr mehrfach Erlebnisse, die mich sehr irritiert haben.
    Gut verdienende Menschen aus vermeintlich gutem Elternhaus - ein Richter, ein Universitätsprofessor, diese Kategorie - die sich für mein Haus bei Hamburg interessiert haben. Von der ausführlichen Besichtigung, nach der wir nie wieder ein Wort vom Herrn Richter hörten über die Frau vom Professor, die am Telefon alles wissen wollte, dann irgendwann unangemeldet und uneingeladen während unserer Abwesenheit im Garten stand (unsere Nachbarn haben sich erdreistet zu fragen, wer sie sei und warum sie im Garten herumspringt), völlig unvorbereitete Besichtigungen („…welches Haus war das jetzt noch?“) bis hin zu den abstrusesten Absagegründen, die nie freiwillig, geschweige denn zeitnah kamen.

    Allen gemeinsam war eine zu kurze Aufmerksamkeitsspanne, fehlende Verbindlichkeit und ein erkennbares Unverständnis, dass es sich beim Immobilienkauf nicht um eine schnelle Bestellung bei Amazon handelt.

    Auch das ist anekdotisch und ich kenne - zum Glück - einige 30-40jährige, die ganz anders sind als die Geschilderten.
     
  5. visir

    visir Gehört zum Inventar

    nach dem Motto: Deppen gibts überall...
     
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  6. snusirus

    snusirus Schaut nur mal vorbei

    Ich bin nur wegen der Musik auf meine Depression gestoßen
     
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  7. Gerrie

    Gerrie Strebt nach Höherem

    Jop,

    Vor 45 Jahren habe ich auch gehört das die heutige Jugend zum Scheitern verurteilt ist.
    Heute ist es meine Generation die es oft pauschal äußert.
    Es gibt einiges das mir Sorgen macht, verschiedene Entwicklungen sind für mich bedenklich trotzdem sollte man nicht alle in die gleiche Kiste stecken.

    Grüße Gerrie
     
  8. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Immer wieder passend. Sokrates irgendwann um 400 v. Chr.

    „Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer“

    CzG

    Dreas
     
  9. ppue

    ppue Mod Experte

    Das kann ich gut verstehen. Musik zu machen, löst mitunter enorm viel aus. Besonders die Instrumente, die wir mit dem Atem bedienen, geben immer auch ein Stück Seele frei, lassen tief in den Musizierenden blicken.

    Den Atem kann man nicht verstecken, er ist in jedem Ton dabei und er ist, vollkommen unabhängig davon, ob man gut oder weniger gut spielen kann, authentisch. Den Atem kannst du nicht verstellen wie das Lächeln vor einer Kamera. Der Atem bist du.

    Und wenn du es zulässt, erzählt der Atem Dinge, die du selber nicht für wahrhaben wolltest. Ich habe einige Schüler gehabt, die aufgrund des Saxophonspielens eine andere Seite ihrer Persönlichkeit kennengelernt haben. In allen Fällen hat es ihnen aber geholfen. Nicht zuletzt unter vielen Tränen.
     
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  10. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @ppue
    Ich bin ganz deiner Meinung.
    Nur .... sind die folgenden Gedanken nicht widersprüchlich ?

    Insofern widersprüchlich, weil ich denke,
    wenn ich den Atem nicht verstellen kann, heißt das, ich kann ihn nicht beeinflussen.

    Also erzählt er, unabhängig davon, ob ich es zulasse oder nicht, Dinge über mich.

    Da existieren Parallelen zur langläufigen Ansicht über Emotionen.

    Allgemein wird gedacht, Emotionen könne man per Verstand "ein oder ausschalten",
    ganz nach belieben.

    Dem ist nicht so.
    Die "Dinger" kommen und gehen wie sie wollen.

    Wenn man sich dieser Tatsache bewusst ist, kann das schon ein
    Weg zur "Heilung" sein.

    Die alte Weissheit:
    "Abwarten, morgen sieht die Welt schon anders aus"
    zielt in diese Richtung.

    Was wir lernen und verändern können,
    sind unsere Reaktionen auf diese, unsere Emotionen.

    VG
     
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  11. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest

    Das sehe ich anders. Nach meinem Verständnis produziere ich die „Dinger“ selbst, indem ich irgendwelche Ereignisse wahrnehme oder im Wortsinn für wahr nehme und mein Verstand diese bewertet. Das kann innerhalb von Millisekunden passieren. Jemand anders bewertet die identische Situation möglicherweise völlig anders und produziert demnach ein völlig anderes „Ding“.

    Was bei dem einen eine Panikattacke auslösen kann führt bei jemandem anderen möglicherweise pure Euphorie.

    Und weil man die „Dinger“ selbst produziert, kann man sie mit entsprechenden Tools auch wieder loswerden. Vorausgesetzt natürlich, man kennt und beherrscht die Tools. Die zweite Voraussetzung ist, dass man sie anwendet.
     
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  12. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Ja, es ist auch jedes Reich mal zugrunde gegangen, üblicherweise an Dekadenz...
     
  13. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest

    Dann ist unsere Gesellschaftsordnung ja auf dem besten Weg.
     
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  14. SaxPistol

    SaxPistol Strebt nach Höherem

    Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.

    Wer hat’s gesagt?
     
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  15. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest

    Der Spaßvogel, der mit seinem Guidomobil auf Wahlkampftour war.
     
  16. ppue

    ppue Mod Experte


    Er erzählt Dinge. Aber das heißt nicht, dass du sie verstehst oder auch nur gewillt bist, dich mit denen auseinanderzusetzen. Das sind ja oft verschüttete Emotionen, die das Gehirn blockiert hat, weil sie weh täten, würden sie zugelassen.

    Und nun spielt ein Schüler etwas vor und das depressive Element (so will ich es mal nennen) zeigt sich plötzlich beim Spielen und Atmen. Der Schüler stoppt und kämpft mit den Tränen. Nein, nicht, weil er falsch gespielt hat, sondern weil er Herz und Bauch geöffnet hat und etwas erscheint, dass er emotional gerade nicht packt.

    Jetzt fehlt aber noch das Verständnis und ein Umgang mit solch einem emotionalen Zustand. Man könnte die Tränen schnell wegwischen und versuchen, wieder das seelische Gleichgewicht herzustellen. Die Frauen haben da so ein Krönchen, das sie richten können (-:
    Das geht aber nur solange gut, wie man das ausschlaggebende Erlebnis vor sich selber verstecken kann.

    Ich hatte zwei sehr berührende Momente mit solchen Vorfällen, die beide beim Psychiater und einer erfolgreichen Therapie endeten. Im Detail möchte ich das hier nicht weiter ausbreiten, nur so weit, dass das Spielen eines Blasinstrumentes eine Veräußerung darstellt, das Ausstellen meines inneren Zustandes ist.
     
  17. JES

    JES Gehört zum Inventar



    Meinst du so eine Situation?

    Da sehe ich zwei unterschiedliche Möglichkeiten.
    1. Du bist bereits depressiv. Dann besteht die Gefahr, dass du dir Stücke (bewußt oder unbewußt) aussuchst, die deiner aktuelle Stimmungslage entsprechen. Das kann dich ev extrem runterziehen (ist bei mir jedenfalls so, daher kann ich nicht immer spielen).
    2. Du bist dir keiner psychischen Problematik bewusst. Du spielst irgend ein Stück und das macht was mit dir. Sei es, dass es dich iwi emotional berührt, oder du es unbewusst mit irgendeiner Erinnerung verbindest. Das sehe ich eher in dem Video oben.

    Um noch mal auf 1. zu kommen. Das funktioniert, zumindest bei mir, nicht nur auf Blasinstrumenten, sondern quasi auf jedem musikinstrument. Am keyboard durch die Art des Anschlags, auf der Gitarre, wie ich die Saiten anschlage etc..
     
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  18. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Das stimmt so nach heutigem Wissensstand nicht. Demnach könnte man Depressionen einfach über eine Erkenntnis heilen.
    Emotionen finden im limbischen Nervensystem statt, das nicht direkt über unser Großhirn beeinflusst werden kann. Deswegen ist es auch so mühsam solche Erkrankungen wie Phobien oder Depressionen zu heilen.
     
  19. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Nun je.
    https://falschzitate.blogspot.com/2017/04/die-jugend-liebt-heutzutage-den-luxus.html
    Aber schon Abe Lincoln hat ja vor den Gefahren des Internets gewarnt. ;)
     
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  20. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Wenn das so ist...ich hab beim Spielen eigentlich vor allem Spaß. Oder besser: ich spiele zum Spaß. Weil mir dieses Blasinstrument Spaß bereitet.
    Und nicht, dass es in mir nicht die eine oder andere Untiefe gäbe...
     
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