Ich würde so gern auswendig spielen können

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Saxoryx, 11.November.2025.

  1. Saxoryx

    Saxoryx Strebt nach Höherem

    Das mit den Intervallen würde mich auch sehr interessieren. Ich konnte früher Terzen ganz gut hören, weil das oft in Duetten verwendet wird, aber als ich das letztens mal versucht habe, bin ich sogar beim Singen ins Schwimmen geraten. Damals habe ich es halt sehr viel getan, jetzt singe ich überhaupt keine Duette mehr.
    Natürlich kann ich von jedem Ton aus jede Terz spielen auf dem Saxophon, wenn ich weiß, welcher Ton es ist, das ist ja wie Noten lesen. Vom E ausgehend ein G oder Gis, das ist einfach. Aber nach Gehör für mich nicht so einfach.
     
  2. Saxoryx

    Saxoryx Strebt nach Höherem

    Das würde ich auch sagen. :) Aber das ist ja nicht falsch. Für die meisten, die singen, ist die Stimme ganz sicher das erste Instrument, mit dem sie sich beschäftigen. Und wenn das so ist, dann denkt man nicht in Noten, nicht in Intervallen, nicht in Quinten oder Terzen, sondern nur in Melodien oder in dem, was einem das eigene musikalische Verständnis, das man in sich hat, vorgibt. Man hört es eben in sich und singt es dann so, wie man es hört. Ich konnte lange vor jedem Instrument jede Melodie singen, ohne jedes Verständnis von Musiktheorie oder sonst etwas.

    Und das ist glaube meine Vorstellung für alle Instrumente geblieben. Man hört etwas und dann singt man es. Man hört etwas und dann spielt man es. Beim Singen musste ich das nie üben, das ist einfach da, ganz von selbst, ganz selbstverständlich. Auch auf der Blockflöte ging das noch sehr leicht. Aber leider habe ich dann nicht Blockflöte spielen gelernt, hatte keinen Unterricht. Das war nur meine Grundschullehrerin, die uns da im Klassenraum ein paar Sachen gezeigt und erklärt hat, dann war es wieder vorbei. Dennoch ging das so einfach, dass ich irgendwie davon ausgegangen bin, so würde es immer sein. Man spielt ein Instrument ähnlich, wie man singt. Nur ist das eben nicht so, man muss das richtig üben. Es kommt nicht ganz von selbst wie mit der Stimme. Das ist für mich bis heute manchmal noch verwirrend, obwohl ich es vom Verstand her begreife, wie es sein müsste. Dass es nicht so sein kann wie beim Singen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 19.November.2025 um 07:55 Uhr
  3. Saxoryx

    Saxoryx Strebt nach Höherem

    Dazu müsste man den Klang des C ja erst einmal kennen. Also hast du absolutes Gehör (auch wenn du sagst, du hast es nicht)? Denn ich kann mir das nur bei absolutem Gehör vorstellen, dass man sagt "Der Klang eines C". Ich weiß nicht, was der Klang eines C ist. Ich spiele das, was ich höre (ohne zu wissen, was für ein Ton das ist), oder ich spiele das, was ich in den Noten sehe, dann kommt der Klang, und das ist eben der Ton. Ich könnte nicht mit dem Ohr überprüfen, ob das jetzt der richtige Ton ist, der ein C ist. Es muss halt im Rahmen des Liedes oder des Akkords passen, darf nicht schief klingen.

    Das ist ein Missverständnis. Ich kann auf keinem Instrument auswendig spielen, nur auswendig singen. Auf dem Klavier habe ich mir mal mühsam kleine Stücke erarbeitet, weil auf dem Klavier verlangt wird, dass man auswendig spielt, wenn man vorspielt. Aber das hat nicht wirklich gut geklappt, nur ein paar Takte lang, dann kam ich meistens durcheinander, wenn ich keine Noten hatte, auch bei Stücken, die ich viel geübt habe.

    Die Verknüpfung mit dem Notenbild ist wie eine Sicherheitsleine. Mit den Noten fühlt man sich sicher, selbst wenn man vielleicht nicht ganz genau hinschaut. Aber sie sind da. Für den Notfall. Ohne Noten ist da ständig dieses Gefühl von "Das kann ich nicht", "Das schaffe ich nicht", "Ich stürze ab", weil man ja keine Sicherheitsleine hat, die einen hält. Beim Singen von vorgegebenen Stücken war das manchmal auch so. Ich konnte das auswendig, aber wenn ich die Noten vor der Nase hatte, war es trotzdem besser, auch wenn ich nicht reingeschaut habe.

    Trotzdem kann ich beispielsweise "Draußen am Wall von Sevilla" aus "Carmen" jederzeit auch ohne Noten singen. Da ergänzen sich Text und Musik so, dass sich das total eingeprägt hat. Ich kann sogar Lieder in einer Sprache, die ich nicht spreche, behalten und Text und Musik singen, auch wenn ich den Inhalt noch nicht einmal verstehe. Wir hatten mal ein ungarisches Lied auf einer Tournee mit dem Chor vor 50 Jahren, und das kann ich heute noch singen, obwohl ich nicht Ungarisch kann. Ohne den Text könnte ich die Melodie aber wahrscheinlich nicht wiedergeben. Das gehört irgendwie zusammen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 19.November.2025 um 08:13 Uhr
  4. Saxoryx

    Saxoryx Strebt nach Höherem

    Nein, beim Singen muss ich den Ton nicht "eintunen". Ich höre ihn und singe ihn genauso. Ich eiere nicht erst rum, bis ich auf dem Ton angekommen bin. Der ist direkt da, genauso, wie er sein soll. Das ist 1:1. Das war schon immer so, schon als kleines Kind und ohne jede Übung. Deshalb hat sich das in meinem Kopf verankert, dass es so sein muss, und jede andere Art ist schwierig.
     
  5. Saxoryx

    Saxoryx Strebt nach Höherem

    Und sein Vater Leopold, der ihn von klein auf darauf gedrillt hat. Ich hätte das vielleicht auch danach singen können, aber nicht niederschreiben, weil ich gar nicht gewusst hätte, wie man Noten schreibt. Aber ich hätte es jemandem vorsingen können und der hätte es dann niedergeschrieben. Das Nachsingen ist ganz einfach. Auch jede einzelne Stimme nachsingen ist einfach. Nur das Umsetzen auf Noten oder ein Instrument muss man vorher gelernt haben, das geht nicht ganz von selbst.

    Wobei ja von Elton John gesagt wird (und auch von anderen), dass er sich als Kind einfach ans Klavier gesetzt hat und Sachen, die er im Radio gehört hat, nachgespielt hat. Ohne dass einen Vater oder eine Mutter hatte, die ihm das beigebracht haben. Das ist eben ein Talent, mit dem man geboren wird. Man kann das auch später lernen, aber man kann es eben auch in sich haben. Dennoch hätte Elton John das sicherlich nicht in Notenform niederschreiben können, wenn es ihm nicht vorher mal jemand gezeigt hätte. Das hat Mozart eben schon in den Windeln von seinem Vater gelernt, wie man das niederschreibt.

    Und nicht nur als Guide. Dann könnte man ja auch ein wenig davon abweichen. Das darf man in einem Orchester aber nicht. Dann ist das ganze Stück kaputt. Also speziell als Orchestermusiker muss man sehr "brav" sein, ganz genau den Anweisungen folgen und auf keinen Fall davon abweichen. Keine eigenen Ideen haben. Weshalb viele klassische Musiker, die ihr Instrument hervorragend beherrschen, ja auch nicht improvisieren können.

    Ich möchte immer gern "etwas Eigenes" (Loriot: "Dann habe ich mein Jodeldiplom. Dann habe ich etwas Eigenes." :)) produzieren, nicht so ganz das, was in den Noten steht. Aber leider habe ich weder die Begabung von Elton John noch von Mozart, wie es scheint. Na ja, davon kann man ja auch nicht ausgehen. Aber ich denke, mir fehlt da eben immer noch der Schritt in das "Eigene", sowohl was das Hören als auch was das Umsetzen betrifft, auf dem Instrument. Mit der Stimme könnte ich auch "Giant Steps" singen. Auch wenn ich das noch nie versucht habe.
     
  6. Saxoryx

    Saxoryx Strebt nach Höherem

    In der Band muss ich das eben auch tun. Und es fällt mir schwer. Ich spiele die Stücke lieber so, wie ich sie höre. Das geht aber nicht, wenn man mit jemandem zusammenspielt. Ich möchte lieber freier spielen, kann es aber nicht richtig. Beim Spielen verändere ich oft nur die Notenlängen und den "Swing", wenn man so sagen will. Was nicht geht, weil meine Bandkollegen nicht "swingen". Wenn, dann müssten wir zusammen "swingen" oder "grooven", was auch nicht geht. Also muss ich mich da ganz streng an die Noten halten, sonst wird das nichts.

    Wo ich aber was machen könnte, ist, wenn ich allein spiele. Und daran muss ich jetzt arbeiten.
     
  7. _Eb

    _Eb Ist fast schon zuhause hier

    du hast mich falsch verstanden... ich meinte auch nicht da du den Ton hörst und dann nach tunest, sondern du HAST eine Vorstellung von dem Ton. Und wie du schon sagst , als Kind ging das auch .
    Aber da hattest du die Phase wo dein Körper gelernt hat alles notwendige zu tun , Luftmenge, druck und Formung von Mund und rachen. Da das aber in deiner Kindheit passiert ist, ist es "automatisiert". Heisst du muss nicht nach denken wie es geht , so wie du auch beim Laufen nicht drüber nachdenkst was zu tun ist.

    Das meinte ich. Da du aber ein gutes Tonverständnis hast, war der Vorschlag das du die Töne einfach spielst ohne zuschauen wie das Notenbild ist. Ich könnte mir vorstellen das du dann irgendwann "automatisch " die Töne einfach spielst mit dem mechanismus ich brauch diesen Ton und nicht mit ich muss jetzt ein D spielen ....
    ICH kanns irgendwie nicht gut erklären ....
     
  8. jimi

    jimi Ist fast schon zuhause hier

     
  9. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @indieRunde
    Ganz allgemein, Gedanken zum Thema.

    Ja, .... auch mein Traum war und ist es, so nach Gehör Saxophon spielen zu können,
    wie ich singen kann.
    Besonders im Verbund mit Anderen.

    Dass beim Singen nicht jeder Ton 100% stimmt, .... geschenkt.

    Letztens bei einer gitarren-lastigen Session in einer Berliner Eckkneipe
    bei mir ums Eck hab ich's mit Freude getan.

    Für Folksachen hatte ich die Mundharmonika dabei.
    Als der Gitarrist mehr "funky" spielte, hab' ich spontan mich im -scat singing- ausprobiert.

    Die große Ella F. hätte sich im Grabe umgedreht, aber egal.
    Mir hat's Spaß gemacht.

    Worauf ich hinaus will ist:

    Ich hätte nicht einen einzigen Ton, den ich da von mir gab,
    verbal oder schriftlich beschreiben können.
    Die "Dinger" kamen offenbar aus meinem Bauch, aus dem Unbewussten oder sonst woher.

    Hätte ich mein Sax dabei gehabt, hätte ein Mitspielen so spontan
    sicher nicht funktioniert.
    Obwohl ich alle Tonleiter in Dur, in harmonisch moll und in melodisch moll
    auswendig drauf habe.

    Mit Sax hätte ich im Vorfeld kurze Absprachen gebraucht.
    Die mir unbekannten Stücke auch gerne ein oder zwei mal zuvor gehört.

    Meine These, woher dieser Unterschied rührt, ist.

    Beim Instrument ist stets eine technische Apparatur nötig.
    Nötig zwischen "Ton erzeugen wollen" und "Ton erklingt"

    Da geht nichts eins zu eins aus'm Bauch.

    Insofern meine steile Behauptung:
    Ein wirklich auswendig Spielen gibt es nicht.

    Es ist ein variantenreiches Abrufen eines zuvor lange antrainierten Könnens.
    Ein Können, welches im Kern aus dem Dreigestirn

    Hand, Hirn, Ohr

    besteht.

    VG
     
  10. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Genau so richtig oder genau so falsch wie:
    Wirklich auswendig Singen gibt's nicht.
    Dein Körper hat gelernt, was er tun muss, um eine bestimmte Tonhöhe zu erzeugen. Du bist einfach nur darauf konditioniert.

    Kann man intuitiv aus dem Bauch spielen, ohne zu wisen, was man spielt?
    Und auf Nachfrage auch sagen, was man gespielt hat (je nach Länge des Kontextfensters, natürlich)?

    Wie lange muss man Klavier spielen, nach Gehör spielen zu können?
    (Antwort: Eigentlich gar nicht, denn es gibt und gab immer schon die Möglichkleit, das ohne Noten zu vermitteln. Wie haben die Menschen musiziert, als es noch keine Noten gab!?)

    Ach ja, falls ich es noch nicht erwähnte: Audiomotorik. :)
    Das, was moderne Instrumentalpädagogik vermitteln sollte.

    Ich verweise mal auf ein anderes Forum:
    "Nein, tut sie nicht. Audiomotorik ist nicht etwas, was sich irgendwie im Laufe der Zeit "einstellt", sondern etwas, was der Spieler von vornherein TUN muss - entweder unabsichtlich (weil er einer der sog. "Talentierten" ist, die "nach Gehör" spielen) oder vom KL sorgfältig didaktisch-methodisch etabliert."
    Quelle: https://www.clavio.de/threads/wiede...r-wartet-der-triumph.30936/page-2#post-870951

    "...
    Das kommt halt davon, wenn man "Auswendiglernen" begreift als "die Tastenfolgen pauken".
    Also wenn man visuell-motorisch vorgeht.

    Das bleibt immer schwierig, und man vergisst es immer wieder.

    Man muss aber audiomotorisch vorgehen, das heißt, zuvörderst muss man das Stück im OHR abgespeichert haben. Der Rest ergibt sich daraus schon.
    (Stimmt nicht zu 100%, da man schon auch gut daran tut, Muster zu erkennen und Formabläufe zu analysieren etc., aber das ist alles sekundär gegenüber der KLANGLICHEN Speicherung.)
    ..."
    https://www.clavio.de/threads/uebestrategien-fuer-einfache-stellen.32320/#post-922095


    Musizieren ist ein auditiver Prozess. Ohne Sehen kann man musizieren, ohne Hören eher nicht.

    Ich habe eigentlich alles geschrieben, mehrfach. Nunc agendum est.

    Grüße
    Roland
     
    Viper gefällt das.
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