Wer liest, hört nicht: Hirn reicht mitunter nur für eines...

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von DiMaDo, 9.Dezember.2015.

  1. saxhornet

    saxhornet Experte

    Der Artikel ist gut. Gerade bei klassischer Musik äussern hier im Forum oft Leute Ansichten, die zeigen, daß sie sich damit nie auseinandergesetzt haben. Ich war erschlagen als ich Händel an der Flöte lernte und mir damals mein Lehrer die Möglichkeiten aufgezeigt hat wie unterschiedlich man das interpretieren kann und was für Gestaltungsmöglichkeiten es gibt allein schon was Verzierungen angeht. Da steht ein Notentext und obwohl man gut lesen kann muss man den ganz anders behandeln und spielen als nur das was dasteht. Das hat mir viel Respekt vor guten klassischen Musikern eingeflösst.
    Nur auswendig ist genauso ein Mist, wie nur vom Blatt zu spielen. Das eine ist nicht besser oder befreit mehr. Es gibt genug Leute die auch auswendig es nicht schaffen in time zum Playback zu spielen und einfach nicht zuhören. Manchmal sind es nicht die Noten sondern auch einfach die mangelnde Fertigkeit wirklich mal die Ohren zu öffnen, egal ob mit oder ohne Noten. Das fängt schon an wenn Leute bei Playbacks unterscheiden sollen ob swing oder nicht.......

    LG Saxhornet
     
  2. flar

    flar Guest

    Moin, moin

    Ich spiele recht häufig als Aushilfe und habe das einige Jahre lang auch ausschließlich gemacht.
    Meine Erfahrung ist es stimmt schon irgendwo, aber aus meiner persönlichen Sicht nicht so ganz. Man macht irgendwann viel durch Erfahrung wett!

    Für mich ist erst mal wichtig, schnell die Noten des nächsten Stückes in der Hand zu haben und gucken was Sache ist, Titel ist manchmal irre führend, Taktart, Stilistik, Tonarten, Wiederholungen, evtl. D.C. oder Kopf-Kopfsprünge, Dynamikzeichen, Fermaten und Generalpausen, Soloangaben und ganz wichtig wenn keiner was sagt, kurze Frage an einen der Kollegen: "der geht so durch wie er da steht?" "Sind da Besonderheiten in meiner Stimme?" In guten Orchestern und Bands sind diese Fragen nicht nötig, die kommen von sich aus mit den kleinen Geheimnissen raus!
    Das hört sich jetzt nach wahnsinnig viel auf einmal an, mit etwas Routine ist das aber ganz schnell gemacht! Man muß es ja auch nicht Auswendig können sondern sich nur merken, z.B. Achtung in der "2" ist eine Fermate, oder so etwas in der Art.

    Beim Spielen immer ein Auge in die Noten, etwas voraus, das andere auf den Dirigenten, ein Ohr auf den eigenen Ton/Gespiele und die Satzkollegen, das andere auf die Begleitung (Bass/ wenn vorhanden Schlagzeug). Das geht natürlich nur wenn man das was kommt auch grundsätzlich spielen kann! Wenn man noch nie eine Zweiunddreizigstel Figur gespielt hat wird eine solche aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht klappen, oder man verliert den Dirigenten aus den Augen, die Intonation, das Tempo oder sonst etwas.
    In dem Zusammenhang sollte ich vielleicht erwähnen das bei mir "Figuren" sehr wichtig sind. Wenn ich geschrieben habe mit dem Auge etwas voraus ist das in etwa so zu verstehen das ich ein bis zwei Schläge vorweg gucke, die rhythmische Figur erfasse und die Töne. Ist dann der "Zielschlag" erreicht wird die Figur einfach abgerufen während das Auge schon die nächsten zwei Achtel erfaßt.
    Wenn man weiß wo man solistisch in den Vordergrund tritt ist man so auch in der Lage gefühlvoll zu solieren!


    Seit über einem Jahr spiele wieder fest in einer Band und ich genieße es, wie es oben beschrieben wurde, die Augen zuzumachen und mich ganz auf die Musik zu konzentrieren. Da kann man viel mehr, ich sag mal "Millimeterarbeit" machen, Feinheiten mit einbringen und so weiter.
    Aber auch das bemerke ich immer wieder, es geht auch ein gewisse, ich möchte sagen, gesunde Anspannung verloren. Die Augenzunummer ist toll solange alles klappt, patzt ein Kollege bin ich sofort raus. Es geht einfach etwas von diesem "auf der Hut" sein verloren, man rechnet nicht mit dem Unerwarteten.

    Mal ganz abgesehen davon finde ich oft das (notierte) Solopassagen spontan gespielt einfacher sind als wenn man sie auf die letzte Millisekunde ausarbeitet und dann feuchte Finger bekommt ob man das Growling auch an der richtigen Stelle mehr herausstellt. Wenn man vom Blatt spielt kann man sich feuchte Finger nicht leisten, da ist Augen zu, oder besser auf, und durch angesagt.
    Mir macht es jedenfalls Spaß von Blatt zu spielen und mich von den Dingen die da kommen überraschen zu lassen!

    Wenn ich mit meiner jetzigen Band auftrete spielen wir ohne Dirigenten, den wir bei den Proben haben, das macht das Ganze wenn wir viele Auftritte dicht aufeinander folgend haben manchmal schon fast etwas gefährlich "langweilig", weil es immer gleich ist.
    Das Programm ist recht bunt von Klassik, Blasmusikstandards, Big Band, Konzertstücken, Schlagern, Oldies, Stimmungsliedern und so weiter ist eigentlich immer alles dabei, aber eben auch perfekt einstudiert. Da kommen in der Fermate immer exakt an der gleichen Stelle die beiden leisen Trommelstockschläge die das nächste Tempo vorgeben und an der nächsten Stelle nimmt die Solotrompete, die mit den Achtelnoten die kleinste Einheit hat, das Tempo immer genau gleich zurück um in den langsamen Teil überzuleiten.
    Wenn das nicht so ein überaus lustiger Haufen wäre könnte das fast etwas ermüdend sein.
    Wobei unsere von Blatt spielenden gelegentlichen Aushilfen immer sagen es wäre unheimlich spannend mit uns zu spielen! ;)

    Viele Grüße Ralf
     
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  3. Reference54

    Reference54 Ist fast schon zuhause hier

    Wieder ein sehr spannendes Thema. In dem Kontext hört und liest man oft von den berüchtigten Automatismen. Vereinfacht gesagt : je mehr Methoden, Techniken, Rhythmusbausteine, Skalen, Akkorde etc. man automatisiert hat, desto "freier" ist man in seinem Spiel. Besonders deutlich ist mir das mal bei meiner früheren Klavierlehrerin aufgefallen. Ich hab ein neues Stück mitgebracht, dass ich lernen wollte und sie spielte es vom Blatt. Dabei hat sie sich praktisch nur auf die rechte Hand, die Melodielinie konzentriert. Die Begleitung in der linken Hand schien von selbst zu laufen, Akkorde wurden aus dem Augenwinkel wahrgenommen und in Sekundenbruchteilen verarbeitet und umgesetzt.

    Manchmal entdecke ich ganze Schemata wenn ich spiele. Gerade wenn man in größeren Ensembles immer wieder zum Dirigenten schauen sollte, muss man kurze Passagen auswendig spielen. Meistens passiert dass wie in der Klaviergeschichte aber kurzfristig und automatisch, ohne die Stelle bewusst vorher auswendig gelernt zu haben. Hier habe ich den Eindruck, dass zum einen schnelle Erkennung der Dinge auf dem Notenblatt zusammenarbeitet mit Jahren der Erfahrung mit ähnlicher Literatur.


    Eine sehr schön differenzierte Sicht auf die Dinge, nichts hinzuzufügen.
     
  4. SomethingFrantic

    SomethingFrantic Ist fast schon zuhause hier

    Aber ich habs oft genug auch schon anders rum erlebt, also Leute, die zwar hinhören, aber nicht lesen können.
    Wenn Leute im Orchester daran scheitern eine Nebenmelodie zu spielen, die mal gegen die Hauptmelodie läuft...
    Oder wenn ein neues Stück ausgeteilt wird und eine einfache Synkope kommt und die hälfte rausfliegt...
     
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  5. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Es ist sicher richtig: je mehr Dinge man gleichzeitg machen muss, desto schwieriger ist es. Aber, wie @saxhornet schreibt: abhängig von der Routine, die man in diesen Dingen gewonnen hat, und vom konkreten Schwierigkeitsgrad.

    Beim normalen Autofahren kann ich sehr viel nebenbei machen. Sobald aber eine überraschende kritische Situation kommt, wird die komplette Aufmerksamkeit wieder aufs Fahren konzentriert. Das erlebe ich jeden Abend beim Heimfahren. Ich habe im Radio Information laufen, die ich höre und verstehe. Aber da gibt es eine kritische Kreuzung mit Nachrang, wo ich ganz konzentriert aufpassen muss, dass mich keiner von links abschiesst. Wenn ich da drüber bin, kann ich nicht sagen, was in dieser Zeit im Radio gesagt wurde. Vom Gehirn ausgeblendet.

    Ich bin ja eigentlich ein Orchestermusiker und ziemlich fit im Vom-Blatt-Spielen. Im Orchester kann ich dabei problemlos auch auf den Dirigenten achten (ohne von den Noten wegzuschauen!) und auf die anderen Musiker. Kommt jedoch eine besonders schwierige Passage, leidet erst mal unweigerlich etwas anderes, z.B. das Hören. Na, das muss ich dann halt noch oft genug üben, bis es mich nicht mehr aus der Ruhe bringt.

    Soll ich ein Stück Solo spielen, z.B. mit Playalong oder in der Big Band, dann muss ich es eben so oft geübt haben, dass es verinnerlicht und leicht geworden ist *) und ich die Noten nur mehr als groben Anhaltspunkt brauche. Dann kann ich z.B. besonders auf Intonation oder Ausdruck oder Sound achten. Beim Üben spiele ich deswegen auch immer einige Stücke, die ich auswendig kann, und versuche an diesen Aspekten zu arbeiten.

    *) Das von mir hier schon öfter empfohlene Buch "Effortless Mastery" von Kenny Werner kann man eigentlich genau so zusammenfassen: Du musst Dein Stück so lange geübt haben, bis es leicht geworden ist. Dann kannst Du scheinbar mühelos Dein gesamtes Potential dabei abrufen. Die persönlichen Grenzen sind dabei aber leider sehr unterschiedlich ...
     
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  6. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Also der FOCUS-Artikel ist ja ein netter Aufhänger für die Diskussion - aber:
    Darin geht es um Lesen und Stör(!)-gräusche. Das Hören hat also keinen Zusammenhang zum Lesen

    Sehe ich für Musik anders!
    Da hat das, was ich lese (Noten) einen extrem engem Zusammenhang zu dem, was ich höre (mich selbst, dann sollte es 1:1 sein - oder Mitmusiker; und auch da besteht ein direkter Kontext).

    Cheerio
    tmb
     
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  7. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Wenn ich im Orchester die Stücke drauf hatte, dann spielte ich im Flow. Dies ist so ähnlich, wenn ich ein spannendes Buch lese.

    Wenn du Auto fährst, überlegst du auch nicht mehr, ob du bremsen, schalten, blinken, lenken, ... musst. Du fährst einfach.

    So ähnlich ergeht es dem erfahrenen Notenleser.

    Im Orchester und Bigband höre ich analytisch bei neuen Stücken: Wer spielt mit mir? Mit der Zeit prägt sich das Arrangement ein und ich kann einfach mitspielen.

    Deine Tochter spielt doch im Symphonischen Orchester. Frag sie mal, wie es ihr da ergeht.


    Dies passiert mir beim Improvisieren häufig, weil ich mich häufig dann noch mehr konzentriere. Ich kann mich live an David Murray erinnern, da hast du nur das Weiße in den Augen gesehen. Er schaute nach innen und war der Welt entrückt.

    Ein spannendes Thema! Danke.
     
  8. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Spontanes Musizieren kann auch sein, dass ich Noten verteile und wir spielen es gemeinsam.

    Ich denke, beides ist wichtig.

    Daher ist der Rat von @saxhornet in die Bigband zu gehen, nicht verkehrt. Du solltest vielleicht das lernen, was du nicht gut kannst.

    In meiner Akkordeonzeit konnte ich komplette neue Stücke mit geschlossenem Balg spielen (= nichts zu hören) und ich hörte dennoch alles.

    Bei mir ist das Auswendigspielen immer ein Thema und daran arbeite ich.
     
  9. Rick

    Rick Experte

    Und bevor da Missverständnisse entstehen:
    Von einem Profi-Saxofonisten wird ERWARTET, dass er selbstverständlich beim Noten-Blattspiel mitbekommt, was er selbst spielt, sowie mitverfolgt, was die Kollegen gerade machen.
    Und das sollte auch schon möglichst mit ausreichendem Ausdruck passieren, nicht nach dem Motto: Künstlerische Interpretation wird in einer Woche nachgeliefert. ;)

    Das ist aber alles Übungssache und kann trainiert werden bzw. wird es auch in Form von "learning by doing".

    Meine Big-Band ermahne ich beispielsweise in den Proben, auf die jeweils anderen Sections zu achten, gewisse Erkennungspassagen für die eigenen Einsätze zu nutzen und MITeinander zu spielen, nur so wird aus einer Ansammlung von Musikern ein organischer Klangkörper.
    Außerdem sollte man nicht an den Noten kleben, sondern etwa die Solos (egal ob über Changes improvisiert oder vom Arrangeur vorgegeben) möglichst auswendig vortragen, schon weil es besser aussieht. Das rege ich bei meinen Mitspielern nachdrücklich an.

    Zum Thema Noten und auswendig spielen eine kleine Anekdote von Charlie Barnet, einem Bandleader der Swing-Ära:
    Gegen Ende einer längeren Tour sind seiner Big-Band durch einen Unfall auf der Bühne sämtliche Noten verbrannt (man hatte ja damals noch keine Kopiergeräte, sondern spielte grundsätzlich nur von Originalen - von Bandmitgliedern handgeschrieben, also unersetzlich!).
    Notgedrungen liehen sie sich vom im benachbarten Club gastierenden Count Basie ein paar Arrangements, die dieser freundlicherweise entbehren konnte, aber das war natürlich kein Ersatz für ihre eigenen Hits, deretwegen schließlich die Leute zu ihren Auftritten kamen.
    Vor dem nächsten Gig begannen ein paar Musiker zum Spaß, eine oft aufgelegte Nummer aus ihrem Repertoire auswendig anzustimmen, die anderen stiegen ein: es klappte, das Stück ohne Noten komplett durch zu bekommen!
    Charlie Barnet berichtet in seiner (für Jazzfans sehr lesenswerten) Autobiografie, auf diese Weise hätten sie mehr als 70 % ihres verbrannten Programms rekonstruieren können, denn sie hatten die Titel schon dermaßen oft gespielt, dass sie einfach in Fleisch und Blut übergegangen waren. :cool:

    Zurück zum Thema Hören:
    Die meisten Vollblutmusiker hören sowieso automatisch darauf, was um sie herum geschieht, egal ob sie Noten oder die Zeitung lesen, besonders wenn Musik läuft.
    Deshalb hasse ich Radiogedudel - ich KANN es einfach nicht im Kopf abschalten, sondern bin geradewegs zum analytischen Lauschen verdammt, egal was ich dabei tue! :-(


    Schöne Grüße
    Rick
     
    Zuletzt bearbeitet: 9.Dezember.2015
  10. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Das kenne ich gut - die Sektionsgehilfen in Portsmouth haben immer diesen unsäglichen Radiosender laufen, und singen meistens noch inbrünstig zu Lady Gaga und Co, und ich versuche das auszublenden und mich auf meine Sektionen zu konzentrieren, aber es fällt mir sehr schwer :( Die müssen ja nur automatisiert ihren Job machen, ich muss aber die Befunde gedanklich verarbeiten und hinterher ein Protokoll schreiben und ggf vor Gericht verantworten, was ich da verzapft habe. Aber man kann in diesem Land ja nix sagen, von wegen "sorry, aber ich muss mich auf meine Arbeit konzentrieren", da sind ja alle gleich zu Tode beleidigt...

    Was den Artikel im Focus angeht, es ist ja schon gesagt worden, dass das Visuelle und das Hören im Fall von Noten lesen und spielen ja eigentlich eine Einheit sein sollte, man sieht die Information und hört sie ja schon im inneren Ohr, bevor man sie eigentlich spielt. Bei sehr erfahrenen Studiomusikern funktioniert das ja auch im Ensemblespiel, und auch so, dass da musikalisch durchaus was bei rauskommt, ohne dass die je vorher geprobt haben - finde ich nach wie vor bewundernswert (ich bin dagegen in hellster Aufregung, wenn ich einen Gig oder eine Aufnahme machen soll, ohne die Noten vorher gesehen zu haben...).
    Für mich kommt demnächst eine neue Multitasking-Herausforderung, wenn wir die Abstract Truth Big Band höchstwahrscheinlich ohne Dirigenten aufführen, da müssen Dave und ich uns dann die Stücke aufteilen, ich hab sowas noch nie gemacht, geschweige denn gleichzeitig gespielt, mal schauen, wie das so klappt, denn die Arrangements sind nicht ohne, und da muss schon einiges dirigiert werden... Macht man sich dann die Cues in den eigenen Part? Ich kann den Score ja schlecht parallel auf dem Pult haben!? (gulp...) :(

    LG Juju
     
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  11. Rick

    Rick Experte

    Hallo Juju!

    Da ist es sehr praktisch, wenn man selbst keine Leadstimme spielt, dann kann man schnell mal aufstehen und winken, ohne dass ein wesentlicher Part an der Stelle fehlt.
    Unter anderem deshalb spiele ich bei uns seit dem Sommer nicht mehr 1. Alto, denn vorher war ich immer für die Band UND für die Sax-Section verantwortlich, eine stressige Doppelbelastung. Jetzt am 1. Tenor ist es wesentlich entspannter!

    Das mache ich jedenfalls so.
    Und das war natürlich die große Überraschung, als ich vor einem halben Jahr den Ordner mit der Tenorstimme übernommen habe, denn da fehlten ja noch meine ganzen Notizen... :-D

    Die Partitur brauche ich vorwiegend beim Einstudieren eines neuen Arrangements.
    Bis die Nummer dann rund läuft kenne ich sie meistens vom Hören her sowieso schon auswendig und weiß auch ohne Noten die ganzen Einsätze.


    Schönen Gruß
    und viel Erfolg!
    Rick
     
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  12. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Es ist doch wie beim normalen lesen. Grundschüler sind mit dem lesen ausgelastet. Müssen sie vorlesen sind sie so mit dem entziffern beschäftigt, dass sie den Inhalt nicht unbedingt überreißen können. Die meisten hier können ja schreiben und vermutlich gut und problemlos eine Geschichte vorlesen, ohne sich dabei auf das entziffern von Wörtern konzentrieren zu müssen. Alles eine Frage der Übung. Es würde nur vermutlich niemand auf die Idee kommen, zu behaupten, dass das geübte Vorlesen der Kreativität beim freien Erzählen schadet...
     
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  13. Isachar

    Isachar Guest

    @DiMaDo

    Allervollste Zustimmung !

    Ich habe gerne meine Noten oder auch nur Akkordnotizen vor mir liegen, ich ann aber auch ohne !
    Und wenn dann mal neue potentielle Bandmitglieder sich vorgestellt haben und sofort nach den Partituren fragten, ohne welche sie absolut nix hinbekamen, dann war das oft ziemlich traurig !

    Grüßle

    Isach
     
  14. flar

    flar Guest

    Moin, moin

    Warum ist das denn traurig?
    Man kommt neu in eine Band, man kennt das Material/ Stücke nicht und man weiß nicht so ganz genau was von einem erwartet wird.
    Mit einer Partitur wüßte man wo es lang geht, auf blauen Dunst macht man unter den gegebenen Vorraussetzungen mit einiger Sicherheit eine schlechtere Figur als der Vorgänger der zwar keine Note lesen konnte aber die, sagen wir mal 20, Eigenkompositionen mit gestalltet hat und fünf Jahre lang immer wieder gespielt hat.
    Das ist aus meiner Sicht nicht traurig sondern völlig normal!

    Genau Ton für Ton nachspielende Coverbands sind natürlich etwas anderes, da kann und muß man sich vorbereiten!!!

    Viele Grüße Ralf
     
  15. Saxophonia

    Saxophonia Ist fast schon zuhause hier

    Ich denke auch, dass es am besten ist, wenn man daran arbeitet, alles zu können :D
    Noten lesen kann ich recht gut, aber als ich mit Saxophon anfing, wollte ich eine andere Herangehensweise, weil ich damals als Kind beim Klavier nur über die Noten gegangen bin. Leider waren meine beiden ersten Lehrer von meiner Fähigkeit, Noten zu lesen, so begeistert, dass sie mich ständig nur ab Noten haben spielen lassen, obwohl ich erklärt hatte, dass ich lieber übers Gehör lernen und auswendig spielen möchte. Ich habe dann zuhause zwar übers Gehör und auswendig gelernt, habe improvisiert und ausprobiert, aber bei der nächsten Stunde kamen die dann schon wieder mit neuen Noten.

    Mein jetziger Lehrer legt grossen Wert darauf, dass ich die Melodien der Standards möglichst bald verinnerlicht habe und dass ich langfristig auch irgendwann mal die Changes kenne, ohne aufs Blatt zu schauen. Letzteres ist natürlich für mich noch eine sehr grosse Herausforderung, weil ich die ganzen Akkordfolgen weder theoretisch noch griffmässig auf dem Saxophon verinnerlicht habe. Aber es ist mein Ziel und es bringt mich voran.
    Ich denke, je mehr man sich durch Üben aneignet, je weniger Hilfsmittel man braucht, desto weniger Informationen muss man beim Spielen zusätzlich verarbeiten, weil die anderen Bereiche nicht mehr bewusst vom Grosshirn gesteuert werden müssen. Das kann sich dann auf alles positiv auswirken: Man kann sich z.B. mehr auf den Ausdruck konzentrieren bzw. auf das Zusammenspiel mit den anderen Musikern. Oder auf die neuen Noten. Oder auf eine andere Tonart. Auf eine neue Harmonisierung usw. Das macht freier. Und ich glaube, je freier man wird, desto näher kommt man der Essenz der Musik.
     
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  16. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Vom anderen Ende der Skala gemeldet: seh ich auch so.

    Ich glaube, im Verlauf des Themas wurden zwei Sachen vermischt: auswendig spielen und improvisieren. Ist jedenfalls für mich nicht dasselbe. Dass man nicht nach Noten improvisieren kann, ist eh klar, aber dass man auch ohne, dass man in die Noten schaut, das spielt, was man auch spielen würde, wenn man reinschaut, das ist für mich "auswendig spielen" und erfordert, dass ich mir die Noten lückenlos gemerkt habe - im Gegensatz zum Improvisieren.

    So jetzt einmal allgemein.

    Ich finde es sehr wichtig, Übung im Notenlesen zu haben - man lernt neue Noten schneller, und es war auch schon die Rede vom "vom Blatt spielen".
    Und wenn ich eine Melodie spielen will, für die ich grad keine Noten habe, die ich aber gut "im Ohr" habe, schaue ich, ob ich sie nach dem Gehör schaffe. Bei nicht allzu schwierigen Melodien geht das. Da habe ich dann von Anfang an keine Noten.

    Und ich finde, dass es weniger auf "Noten oder nicht" ankommt, sondern darauf, wie gut ich das Stück kann. Wenn ich auswendig spiele und dabei ständig damit beschäftigt bin, ob mir eh einfällt, wie es weitergeht, wird das dem Ausdruck nicht zugute kommen. Da spiele ich entspannter, wenn ich die Noten als "Geländer" habe, wie es schon wer ausgedrückt hat, und kann mich mehr auf den Ausdruck konzentrieren. Die Noten dann nicht, um ständig konzentriert jeder einzelnen Note zu folgen, sondern um zu sehen "ah ja, jetzt kommt das, und jetzt kommt das...", und eventuell bei einer Schlüsselstelle dann doch genauer hinschauen zu können.
    Freilich, je mehr man ein Stück verinnerlicht hat, desto weniger braucht man die Noten. Das ist für mich aber Begleiterscheinung des Könnens, ohne gezieltes Auswendiglernen. Wenn ich mich aber mit Auswendiglernen beschäftige, beschäftige ich mich wiederum auch nicht mit Ausdruck und Interpretation, sondern schaue auch nur, die Noten in meinen Schädel zu kriegen.

    Und wenn was mit geschlossenen Augen geht, gehts natürlich am besten...

    Auf der anderen Seite: ich bin seit neulich Kantor bei uns in der Kirche, und da stelle ich mich grundsätzlich mit Noten hin, auch wenn es nur was einfaches, kurzes ist, was ich eigentlich im Schlaf kann, denn zum einen bin ich momentan noch etwas nervös, zum anderen ist mir auch schon manchmal passiert, dass ich bei Sachen, wo ich dachte, ich könnte sie auswendig, dann doch irgendeinen Ton oder ein Wort anders im Kopf hatte als im Liederbuch steht... oder es kommt mir etwas ähnliches gedanklich in die Quere...
     
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  17. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Ich denke auch das Thema "auswendig/nach Noten" läßt sich pauschal beantworten.

    Das hängt auch davon welcher Lernryp man ist.

    Ich tue mich grundsätzlich mit auswendig lernen schwer. War schon in der Schule so.

    Ich habe auch schon au dem Sax gezielt auf's auswendig lernen geübt und kam dann mal auf sechs Stücke.

    Wenn ich die nichtregelmäßig übe verdröseln die sich wieder. Also müsste ich sehr viel meiner Übezeit ins auswendig lernen investieren. Da sind mir andere Baustellen einfach wichtiger.

    Bei Stücken, die ich gut kann sind die Noten eh nur Leitplanken. Ich sehe das Notenbild und weiß was zu spielen ist, ohne das ich mich sonderlich auf die Noten konzentrieren muss. Es bleibt also genügend Kapazität für's hören.

    Das geht unserem Pianisten, Eckart, übrigens genauso. Er spielt schon seid 30 Jahren, hat aber immer noch gerne die Noten vor sich.

    Außerdem nutze ich die Leadsheets gerne auch bei der Improvisation um mich z. B. bei komplexen Harmonien an den Noten der Melodie langzuhangeln.

    Oder ich lese die Akkordsymbole mit. Bei vielen gängigen Akkorden weiß ich inzwichen welche Töne und Skalen sich dahinter verbergen.

    CzG

    Dreas
     
  18. tunundlassen

    tunundlassen Ist fast schon zuhause hier

    In diesem Zusammenhang möchte ich mich auch noch einschalten, in diese bemerkenswert interessante Diskussion... Letzthin habe ich in einem Höchstklass-Symphonischen Blasorchester ausgeholfen. Der 1. Altsaxophonist (wir wurden durch das Projekt zu guten Freunden) hat mir erzählt, sie hätten nächstes Jahr ein "Concerto für Altsaxophon und Orchester" im Programm und zeigte mir die Noten davon. Ich fragte ihn, ob er vorhabe, das Werk auswendig zu spielen. Seine Antwort sinngemäss: Das wird sich von alleine ergeben...

    Das kenne ich auch von mir, Stücke, egal wie komplex, mit denen man sich lange genug auseinandergesetzt hat, kennt man irgendwann "auswendig" im Sinne von, man muss nicht mehr wirklich bewusst Noten lesen. Dass das noch eine ganze Ecke weg ist von "ich nehm die Noten gar nicht mehr mit zum Gig" ist natürlich klar...
    Das kam dann auch im Gespräch mit diesem Altsaxophonisten hervor... Er sagte, er werde die Noten wohl nicht mehr bewusst brauchen, ist aber doch ganz froh, dass er im Notfall den Notenständer da haben darf, und er mal eben, wenn die Solostimme Pause hat, den nächsten Soloteil überfliegen kann.

    Zum sonstigen Thema kann ich nur beitragen, dass ich auch eher einer der Notenlese-Fraktion bin, komme halt aus dem Musikverein-Umfeld... Improvisation gehe ich an, habe so eben meinem "Lehrer-in-spe" eine Mail geschrieben :)
     
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  19. Isachar

    Isachar Guest

    @flar

    Weil viele Bands ( zumindest diejenigen in denen ich bislang unterwegs war) garkeine Partituren haben !
    Da muß man sich in den Proben halt selbst "reinfummeln" und wenn man das nicht draufhat, versagt man sich so manche Chance irgendwo einsteigen zu können, wo man evtl viel Spaß haben könnte.

    Geh mal zu einer Bluesrockband, die eigene Songs spielt und frage nach den Noten ! Der Sänger wird Dir den Text vorsingen können und der Gittarist vielleicht die Akkorde, danach ist aber schon Essig !

    Grüßle
    Isach
     
  20. Peter1962

    Peter1962 Ist fast schon zuhause hier

    Das ist wie bei allen Dingen, dass gleiche Thema. Grundsätzlich kann der Mensch nicht zwei Dinge gleichzeitig. Was er kann ist lernen.
    Das heißt, wenn der Mensch zwei Dinge gleichzeitig zu tun glaubt, macht er sie nur in unglaublicher Geschwindigkeit nacheinander. Will sagen,
    die Synapsen sind prima in Reihe geschaltet.
    Das ist der Lernprozess dabei. Das fängt bei einfachen Dingen an und je komplexer es wird, um so länger dauert der Lernprozess.
    Musik zu machen ist sehr komplex.

    Gruß Peter
     
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