Abhängigkeiten des Saxophon-Sounds

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von DirkThomsen, 1.Oktober.2012.

  1. DirkThomsen

    DirkThomsen Ist fast schon zuhause hier

    Hallo,
    hinsichtlich der unterschiedlichen Einflußfaktoren auf den Saxophon-Sound ist hier schon lang und mitunter auch kontrovers diskutiert worden: Macht das Material den Sound oder der Spieler?
    Physikalisch betrachtet handelt es sich ja um einen gekoppelten Resonator (aktustischer Resonator Saxophon + akustischer Resonator Vovaltrackt). Das Verhalten eines gekoppelten Schwingungssystem hängt nun aber von der Stärke der Kopplung sowie dem Schwingungsverhalten der beiden Teilsysteme ab.
    Nimmt man zB zwei Fadenpendel, deren Massen wiederum über eine Feder verbunden sind (s. z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Gekoppelte_Pendel), so hängt es von der Stärke dieser Verbindungssfeder ab, wie stark sich die beiden Teilsysteme beeinflussen und welches der beiden Systeme wie stark beeinfluß wird, hängt zudem vom Verhältnis der Massen ab. Ist die eine Masse sehr groß gegenüber der andern, so wird das Verhalten der großen Masse durch die Kopplung kaum beeinfluß, das der kleinen Masse hingegen sehr stark.
    Wenn ich nun versuche das auf das Saxophon zu übertragen, dann hinge die Kopplungsstärke wahrscheinlich von der Bahnöffnung ab und das Massenverhältnis wäre evntl mit dem Volumenverhältnis von Instrument zu Vokaltrackt gleichzusetzen. Das hieße dann aber, daß

    - der Spieler bei einem Mundstück mit großer Bahnöffnung mehr Einflußmöglichkeiten auf den Sound hat, als bei einer sehr engen Bahnöffnung.

    - der Sound bei einem großen Saxophon (Bari) nicht so stark zu beeinflussen ist, wie bei einem kleinen Sax (Sopran)

    Entspricht dass Euren Erfahrungen?


    Viele Grüße, Dirk
     
  2. Gast

    Gast Guest

    @Dirk

    Ja, ich denke, das kann man verallgemeinernd so stehen lassen.

    Ich würde jetzt jedoch keine allgemeingültige Theorie darauf aufbauen.....da beim Blasinstrument ...vornehmlich dem Sax ( und evtl auch der Klari) da noch ganz andere Faktoren mit reinspielen.

    Wenn ein Obelix Sopranino spielt....sind die Resonanzmassen ebenso unterschiedlich verteilt, wie wenn ein kleines Mädchen ein Bariton bläst.....
    Klar bestehen da Abhängigkeiten.... aber wie willst Du sie messen oder einordnen ???

    Fraglich

    CBP
     
  3. DirkThomsen

    DirkThomsen Ist fast schon zuhause hier

    Hallo CPB,
    quantitativ messen will ich gar nichts, aber wenn diese Abhängigkeiten so bestehen, dann würde dass durchaus erklären, warum unterschiedliche Spieler, die unetrscheidlich große Saxophon spielen bzw ein unterschiedliche großes Volumen ihres Vokaltrackts haben, zu unterschiedlichen Einschätzungen dahin gehend kommen, ob nun der Einfluß von Instrument oder aber Spieler überwiegt. Und es wäre auch klar, dass bei bestimmten Konstellationen von Spieler zu Horn teuer verkaufter "Schnickschnack" (Klangbrücken, etc...) durchaus Auswirkungen haben könnte, bei anderen hingegen nicht.

    Viele grüße, Dirk
     
  4. Wanze

    Wanze Strebt nach Höherem

    Ja, das entspricht absolut meinen Erfahrungen, dass die Physiker versuchen, alles mit harmonischen Oszillatoren zu erklären.
    Als nächste Stufe kommt dann das Schalenmodell ;-)
    Hast Du doch so gemeint, oder?

    Grüße,

    Wanze

     
  5. deraltemann

    deraltemann Strebt nach Höherem

    naja also die wissenschaft arbeitet gern mit Ersatzmodellen.

    die Anlogie zum Massenschwinger ist glaube ich nicht so glücklich als Ansatz.

    die quintessens deiner Ausführung ist richtig.

    Also das System besteht aus
    einem Resonanzrohr ( Resonanz am losen ende )
    einem Schlauch
    einem Luft Vorrat nebst vorgeschaltetem Kompressor(Basisdruck)
    Einem Regelventil das sowohl Luftmenge als auch Druck begrenzen kann
    Und einer stömungstechnischen Störung mit Eigenfrequenz
    habe ich ein Bauteil vergessen?

    :sensatio:


    So jetzt kann sich jeder eine "TIM" aus denken und "was passiert dann" spielen

    und man wird dann wieder in dieser Diskussionsecke
    landen...
    den gut tut(et) es nur wenn alle Komponenten abgestimmt sind
     
  6. DirkThomsen

    DirkThomsen Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Wanze, Hallo DerAlteMann,
    lassen wir die ganze Physik doch einfach mal weg! Die Frage ist doch letztlich, ob es aufgrund von Pysiogomie des Spielers und Baugröße des Saxophons Konstellationen gibt, wo der Spieler derart den Sound dominiert, dass Klangbrücken, Blattschrauben, etc. nebensächlich werden und umgekehrt solche Konstellationen, wo es evntl sinnvoll sein könnte, in diesem Bereich Experimente zu machen.
    Zudem würde es erklären, warum unterschiedliche Spieler zu unterschiedlichen Ansichten hinsichtlich der Wesentlichkeit der Einflussfaktoren gelangen.

    Viele Grüße, Dirk
     
  7. deraltemann

    deraltemann Strebt nach Höherem

    das wäre Duschen ohne wasser ;)
     
  8. DirkThomsen

    DirkThomsen Ist fast schon zuhause hier

    Apropos Duschen: Wenn man noch so einen altmodischen Duschvorhang hat, der sich durch den Wasserstrahl nach innen zieht, dann kann man mal die Wassermenge und Entfernung des Wasserstrahls vom Duschvorhang variieren und wenn man es richtig anstellt, dann fängt der an zu flattern. Genau so funktioniert das mit dem Rohrblatt. Physik - hier das Strömungsgesetz von Bernoulli - kann man also daheim hautnah erspüren:)

    Gruß, Dirk
     
  9. Wanze

    Wanze Strebt nach Höherem

    Hallo Dirk,

    war vielleicht ein bischen provokant - aber das ist mir schon im Studium auf den Senkel gegangen. Vom Weltall bis zum Atom wird alles mit Schalenmodell oder harmonischem Oszillator erklärt :-(

    Aber :topic:
    Zum Einfluss des Spielers kann ich wenig sagen, weil meine Grösse und mein Luftvolumen als konstant angesetzt werden kann. Aber - one Factor at a time - ja, zumindestens Tonhöhe kann ich beim Sopi viel weiter ziehen, als beim Tenor. Und zwar schon bei Mundstückübungen. Aber ist das ein Frage von Verhältnis "Vokaltrakt" zu Mundstückvolumen oder nur eine Frage der Bahnlänge/Öffnung/Anpressdruck zu Blattstärke/...
    Da gibt es soviele Parameter...

    Grüße,

    Wanze
     
  10. Saxax

    Saxax Ist fast schon zuhause hier

    Moin Dirk,


    Ja, das entspricht eindeutig meinen Erfahrungen.




    Mhm, das kann ich so nicht bestätigen. Den größten (subjektiven) Einfluß habe ich sicher auf dem Tenor, gefolgt vom Bari, den kleinsten subjektiven Einfluß beim Sopran. Nun muss ich allerdings zugeben, dass das auch die Häufigkeit meines Spielens abbildet. Das Alt nehme ich aus der Reihe mal raus, das hat für mich die Sonderstellung, da ich finde, hier muss man sich immer voll reinhängen). Ja, dazusagen sollte ich noch, dass ich alle genannten Saxe in sehr ähnlichen Setups spiele.


    Keep swingin´



    Dein Saxax
     
  11. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Vorsicht bei diesem Vergleich ! Bei den hohen Tönen (kurze Wellenlänge) des Soprans macht eine geringfügige Änderung schon viel mehr merkbare Tonhöhenänderung aus als bei den tiefen Tönen (lange Wellenlänge) des Tenors.

    Im Prinzip aber gefällt mir Dirks Ansatz sehr gut. Ich glaube, der Einfluss der persönlichen Anatomie wird hier zu wenig gewürdigt. Ich stelle mir immer den guten Ben Webster neben dem Paul Desmond vor. Kein Wunder, dass die unterschiedliche Sounds hatten ...
     
  12. Mugger

    Mugger Guest

    Guten Abend,
    ich glaube, dass da jeder Vergleich hinkt.
    Alto mit Tenor, verschiedene Stile etc.
    Und ich glaube auch sehr wohl, dass bei unterschiedlichen anatomischen Voraussetzungen durchaus ähnliches rauskommen kann, ähnliche Klangvorstellung vorausgesetzt.

    Liebe Grüße
     
  13. deraltemann

    deraltemann Strebt nach Höherem

    er wollte nicht zur Physik zurück... *anmerk*
    und es wird ihm ohne dem nicht gelingen ....
    Mathematik und Pyhsik ist Grundlage von allem

    Man kööönte ja mal ein Strömungsmodell aufbauen, aber nur wenn man dann auf das Spielen für einige Wochen Monate verzichtet :)
     
  14. prinzipal

    prinzipal Ist fast schon zuhause hier

    ja, das ist richtig. individuell gibt es sehr große unterschiede, weil die menschen alle - zum glück - interessant unterschiedlich sind.

    hinzu kommen noch die fähigkeit, das blatt nicht zu verpressen und im ansatz genügend teiltöne stehen zu lassen, also die gekoppelte akustik ihre arbeit machen zu lassen, statt alles weg zudrücken und nach immer härteren blättern zu schreien ...

    auf dieser füsik beruhen auch die erläuterungen weiser oberhiptypen, man habe überall seinen eigenen sound (es sei denn etwas ist kaputt oder aus der resonanzverschränkung ausgeschlossen)

    wie eben im oberton ßräd bemerkt, fällt das moderne bari wegen seiner engeren mensur da als deutlich problematisher auf, wenn man nicht dauernd damit spielt.

    üben bleibt also leider miemandem erspart ...

    :-D
     
  15. saxhornet

    saxhornet Experte

    Nein kann ich nicht bestätigen, ich habe auf allen Hörnern schon unterschiedliche Set-ups auch in punkto Größe der Öffnung des Mundstücks.
    Es hängt vom Spieler, dem Horn und dem Mundstück in Kombination mit dem Blatt ab. Ich erlebe immer wieder das bestimmte Mundstücke oder Saxophone von bestimmten Firmen mich eher limitieren.
     
  16. saxhornet

    saxhornet Experte

    Ich halte einige Blattschrauben und erst recht Zeugs wie die Klangbrücke für komplett unnötig und überflüssig (und das ist jetzt noch nett ausgedrückt). Das Zeug hat weder mit oder ohne eine bestimmte Physiognomie des Spielers noch der Größe des Horns Einfluss, vielleicht eher auf die Fülle des Geldbeutels.

    Hier besteht echt Gefahr daß man sich in falsche Richtungen verrennt. Wenn man besser werden und klingen will hilft es zu üben anstatt darüber zu grübeln ob irgendwelche Gizmos oder Aufkleber, Steine, Traumfänger etc. den Klang oder das Spiel verbessern.
     
  17. Gerd_mit_Sax

    Gerd_mit_Sax Ist fast schon zuhause hier

    Tja die Theorie und die Praxis...

    Vor einem Jahr (ich hatte damals gerade mal ein paar Monate gespielt) habe ich Mundstücke getestet: Jedes Mundstück klang komplett anders und die Auswahl (damals ein Jody Jazz) war eindeutig. Meine Erklärung: Dieses Mundstück passt einfach zu mir / meinem Vokaltrakt...
    Vor zwei Wochen habe ich aus Spaß ein Berg Larsen 110, das ich damals gleich weg gelegt habe wieder ausprobiert und im Vergleich zu meinem Jody Jazz HR 7* aufgenommen. Große Überraschung: Es klang für mich fast identisch!
    Hat sich mein Vokaltrakt geändert - wohl eher nicht!

    Wenn ich dieses Erlebnis als Lektion verstehe dann ist meine Erkenntnis: Üben, üben, üben, denn der Teil der Physik hinter dem Saxophon ist beweglich, veränderbar, und trainierbar.

    Gerd
     
  18. DirkThomsen

    DirkThomsen Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Gerd,
    hat sich Dein Vokaltrackt geändert? Tja, der Vokaltrackt an sich wahrscheinlich nicht, aber Deine Fähigkeiten ihn zu Verändern und somit den Sound entsprechend Deinen Vorstellungen zu formen. Dies würde meine Ansicht unterstreichen, daß ein Anfänger vom Material dominiert wird, ein fortgeschrittenerer Spieler oder gar Profi hingegen zunehmend das Material dominiert. Natürlich wird auc hder Profi unterschiede feststellen und das eine Setup wird es ihnm leichter machen, als ein anderes, seine Soundvorstellungen zu verwirklichen, aber der Material wird m.E. mit dem Maße einen immer geringeren Einfluß haben, wie der Spieler lernt den Sound zu formen.
    Vielleicht kann man dass mit einem Autofahrer oder Hundehalter vergleichen: Für einen Fahranfänger macht es einen riesen Unterschied, ob er setzt im Polo oder im F12 durch die Stadt fährt, der erfahrere Autofahrer (insb wenn er häufig verschiedene Autos fährt) setzt sich rein und fährt. Für den unerfahreren Hundehalter ist es ein riesen Unterschied, ob er sich einen Cocker-Spaniel, einen Jack-Russel oder eine Dogge zulegt, der erfahrere Hundehalter wird hingegen allen Rassen klarmachen, wer das Alpha-Tier ist.

    Gruß, Dirk
     
  19. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    ..wie iss das eigentlich mit den Sängern ?

    Da gibt es ja die Begnadeten mit häufig recht unscheinbaren Resonanzkörpern und die Mehrzahl der Unbegnadeten mit oftmals optimalen Resonazkörpern.

    Eine geniale Stimme mit Charakter und hohem Wiedererkennungswert ist m.M.nach für einen Sänger...ich denke, das ist auch übertragbar für die Saxer, entscheidenter als der richtige Resonator (Brustkorb oder Saxkorpus)

    Man sagt ja auch "Mensch, hat der 'ne Stimme"...ein Geschenk Gottes...und dabei isses egal, ob die Stimme kratzt, sopraniert oder ein Barry White baritoniert.

    Der individuelle Charakter macht es aus.

    Also beim Sänger ist sicherlich in erster Linie seine Begabung, sein musikalisches Können und seine Stimmbänder wichtig, die ihn als guten-oder aber als weniger guten Künstler darstellen.

    Nach meiner Philosophie ist das auch alles auf das Sax übertragbar.

    Es gibt Leute, die spielen eben auf engeren Mundstücken einen hervorragenen Sound und die anderen eben auf Scheunentoren....entscheidend hier auch wieder Stil und Charakter.

    Begnadete klingen auf fast allen Hörner, jeglicher Preisklassen nach ihrem Sound und Stil....Unbegnadete werden auch auf einem 5000€-Sax nur durchschnittlich klingen.


    Die ganze Pysik und Theorie hierzu, ist zwar mal interessant zu verfolgen, hat aber mit der Praxis-Realität wenig zu tun.

    Fazit: Üben und seinen eigen Sound finden und entwickeln.
    Die Abhängigkeiten liegen nur sekundär beim Material!

    Meine paar Groschen dazu

    Greets Wuffy



     
  20. DirkThomsen

    DirkThomsen Ist fast schon zuhause hier

    Hi Wullfy, dass man sowohl auf einem sehr engen als auf einem sehr weiten Mundstück genial klingen kann, ist keine Frage. Die Frage war vielmehr, ob Dir eine bestimmte Bahnöffnung (eng bzw weit) mehr Möglichkeiten der Gestaltung läßt, als eine andere, die Dich womöglich eher auf eine bestimmte Richtung festlegt.

    Oh, dem muß ich als Physiker jetzt natürlich ganz vehement wiedersprechen:) Aber mal im Ernst: Ob Dir die Theorie im praktischen Spiel weiterhilft, darf zurecht bezweifelt werden, an der Physik vorbei kommt man jedoch nicht. Wie weit sich ein Ton zB ziehen läßt (Bendung) hängt mit der Güte des Resonators ab. Moderne Fertigungsverfahren (hydraulisches Ausweiten) = glatte Oberflächen = hohe Güte = scharfe Resonazfrequenzen = geringer Ziehbereich. Traditionelle Herstellung (Hämmern) = unebene Oberfläche = schlechte Güte = großer Ziehbereich. Bei ventillosen Barocktrompeten und deren modernen Nachbauten wird dies zB sehr deutlich. Ok, hier gehts um Sax, aber trotzdem:)

    Am Üben führt natürlich nichts vorbei und kein Material wird einem jemals diese Last abnehmen, egal wieviele Euronen man ausgibt, weil man auf die Werbeversprechen irgendwelcher Hersteller hereinfällt:))

    Viele Grüße, Dirk
     
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