Amateurmusik nicht von öffentlichem Interesse

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Mini, 14.März.2021.

  1. SaxPistol

    SaxPistol Strebt nach Höherem

    Diesen Schluss hast ganz allein du gezogen. Ich wollte damit nur ausdrücken, dass sehr wohl auch Profis darunter leiden, dass Hobbychöre nicht proben können. Es sind für diese freiberuflichen Musiker ja nicht nur die Chorproben, sondern auch Auftritte, die wegbrechen. Und wie schon geschrieben: Die Akquise neuer Schüler gestaltet sich zu Coronazeiten auch schwierig.
     
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  2. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Na sowas... unter der Pandemie leidet momentan die ganze Welt. Nämlich primär sehr viele Menschen an der Krankheit an sich, und viele sterben daran. Um das in Grenzen zu halten (und nicht zuletzt wegen der Dummheit vieler Menschen), müssen wir alle jetzt mal einige Zeit auf vieles verzichten, die einen mehr, die anderen weniger, und viele eben auf Geschäft. Ja, ist auch schlimm, aber eine Pandemie ist kein Maiausflug. Und es gibt kein Menschenrecht auf Geschäftserfolg, tut leid.
     
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  3. Rick

    Rick Experte

    Alles richtig - ich habe jetzt mal nachgerechnet, dass mir im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten etwa drei Viertel meiner Einnahmen weggebrochen sind, weil ich ja vorwiegend von Auftritten gelebt habe, zusätzlich gab es da noch diverse Big-Band-Proben-Leitungen.
    Und dennoch:

    Eben. Hatte heute Mittag vor dem Hintergrund, dass bei uns wegen hoher Inzidenz aktuell wieder die Geschäfte schließen müssen, eine kleine Kontroverse auf Facebook mit dem Inhaber eines gut laufenden Friseursalons, wo ich feststellen konnte, dass manche Leute tatsächlich nach all der Zeit den Ernst der Lage noch immer nicht begriffen haben.
    Er meinte sinngemäß, dass doch jetzt mal Schluss sein solle mit all den Beschränkungen, ich entgegnete, dass wir Musiker uns nichts sehnlicher wünschen als eine längerfristige Perspektive, die sich aber durch die "Öffnungs-Orgien" immer weiter nach hinten verschiebt. Dafür, dass wir auch finanziell leiden, hatte er keinerlei Verständnis. :-?
     
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  4. Wanze

    Wanze Strebt nach Höherem

    Noch Fragen?
     
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  5. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Zur Aerosolentwicklung gab es mehrere Studien, die auch irgendwo im Covid-19-Thread verlinkt sind. Ich bin jetzt zu müde zum Suchen.

    Ergebnis: bei den allermeisten Blasinstrumenten entsteht beim Spielen deutlich weniger Aerosol als beim normalen Sprechen(!), geschweige denn beim lauten Singen. Deswegen wurden die ursprünglichen Sicherheitsabstände für Orchester dann auch nach unten revidiert. Einzige Ausnahme ist die Querflöte, wie schon erwähnt.

    Ich sehe das auch so, dass das größere Risiko bei Proben die Geselligkeit vorher und nachher ist.

    In der zitierten Verordnung gehts übrigens nur um Proben, nicht um Auftritte. Davon spricht ja sowieso niemand.

    Unser Dirigent verdient seinen Lebensunterhalt ganz prekär mit vielen verschiedenen Dirigaten, Bläserklassen etc. Wir haben ihn bis jetzt weiterbezahlt, obwohl seit fast 1 Jahr nichts stattfindet. Wie gesagt mit städtischer Subvention.

    Über die gedankenlose Formulierung "nicht beruflich ==> kein öffentliches Interesse" ärgere ich mich immer noch. Nach dieser Logik wäre z.B. die freiwillige Feuerwehr nicht im öffentlichen Interesse.
     
  6. Mini

    Mini Ist fast schon zuhause hier

    Ich fürchte, gerade diese Formulierung war nicht gedankenlos, sondern vielmehr der Ausdruck einer in manchen politischen Kreisen vorherrschenden Mentalität. Wobei es auch im beruflichen Bereich interessante Wichtungen des öffentlichen Interesses gibt. Wer legt das öffentliche Interesse eigentlich fest? Gibt es dafür ein Feststellungsamt?

    Gruß
    Mini
     
  7. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Eigentlich sind ALLE überfordert, wir auch, die Behörden und die Räte - außerdem ist Dauerwahlkampf, was ich für das Schlimmste halte: völlig erratisches Verhalten, nach hinten losgehende Verlautbarungen.
     
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  8. altoSaxo

    altoSaxo Ist fast schon zuhause hier

    Die Hessische Corona Schutzverordnung setzt für bestimmte Veranstaltungen u. a. das Bestehen eines öffentlichen Interesses und eine Genehmigung voraus. Hier ging es um die Frage, ob Proben stattfinden dürfen. Die Entscheidung, dass an den Proben kein öffentliches Interesse bestehe, kann man 1. kritisieren und sollte sie dann 2. auf dem Rechtsweg anfechten. Die Entscheidung entspricht aber der Meinung der Mehrheit derer, die sich hier im Forum äußern und auch den Regelungen in anderen Bundesländern. Sie scheint daher richtig zu sein. Die Verwendung der Formulierung mit „öffentlichem Interesse“ nimmt Bezug auf die Verordnung, für die der Ministerpräsident verantwortlich ist, kann gar nicht anders ausfallen und ist deshalb nicht zu beanstanden. Die hier vorgenommene Interpretation, dass nicht nur Proben, sondern der Amateurmusik allgemein und unabhängig der Pandemielage ein öffentliches Interesse anerkannt worden sei, ist inhaltlich falsch. Letztendlich wird hier also wieder typischerweise eine Beamtin oder ein Beamter der Verwaltung dafür kritisiert, dass eine Entscheidung umgesetzt wird, die durch Gesetzte oder Verordnungen vorgegeben wird, die demokratisch gewählte Politiker zu verantworten haben. Wenn also an der Entscheidung etwas auszusetzen ist, wäre die Kritik in dem Fall an Herr Bouffier zu richten.
     
  9. Mini

    Mini Ist fast schon zuhause hier

    Genau das ist ja die Intention der beteiligten Verbände.
     
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  10. Rick

    Rick Experte

    Das finde ich super! :thumbsup:
    Die von mir mitgegründete Big-Band, die ich seit über 30 Jahren musikalisch leite, beschließt jedes Jahr in der Mitgliederversammlung, wie viel Geld man mir für das vergangene Jahr zahlt, wir haben da keinen festen Tarif (wollte ich nicht).
    Für 2020 fragte mich der Vorsitzende, was ich verlange. In Anbetracht der geringen Einnahmen (wir haben keine Mitgliedsbeiträge, sondern finanzieren uns ausschließlich über die Auftrittshonorare) entschied ich mich für etwa ein Viertel des üblichen Betrags - dagegen wurde in der Versammlung heftigst protestiert: Das sei doch viel zu wenig!
    Ich bekam dann mehr als das Doppelte meiner Forderung, was mich sehr gerührt hat. :)
     
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  11. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Nur 2 kurze Anmerkungen, dann will ich das nicht weiter totreiten:

    Auch ich selbst (noch lange nicht geimpft) würde vorerst nicht zu einer Orchesterprobe gehen, auch wenn sie erlaubt wäre. Das ist aber meine persönliche Risikoeinschätzung und hat nichts mit "öffentlichem Interesse" zu tun.

    Gegen das Kriterium "öffentliches Interesse" habe ich nichts. Aber gegen die unsinnige Begründung "nicht von öffentlichem Interesse, weil nicht beruflich". Man hätte ja einfach schreiben können "(momentan) nicht von (ausreichendem) öffentlichem Interesse"
     
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  12. SaxPistol

    SaxPistol Strebt nach Höherem

    Naja, so steht es da ja nicht drin. Da steht
    Chor- und Orchesterproben, die nicht beruflich bedingt sind und für die deshalb kein öffentliches Interesse besteht, dürfen daher aktuell nicht stattfinden.
    Das heißt, dass zwar die Freiwillige Feuerwehr ihren Dienst (in ihrer Kernkompetenz als Feuerwehr) ausüben darf, aber halt auch die Blaskapelle der Freiwilligen Feuerwehr nicht proben darf.
    Stichwort "Systemrelevanz"
     
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