blues improvisieren anfänger

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von longtrousers, 2.Februar.2021.

  1. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest


    Gut, am Ton kann man sich leicht vergreifen.
    Ich habe Feuerstreuers Kommentar aber nicht als Tirade wahrgenommen, obgleich lesbar gereizt verfasst.

    Dass mein Text akademisch rüberkam, finde ich schade. Klar, musikalische Zitate anhand von Intervallbezeichnungen zu verdeutlichen, ist umständlich.
    Der Text hatte aber, denke ich, trotzdem leicht verständliche Stellen mit einer klaren Botschaft.

    Ich wollte auch nicht diejenigen als Unwissen darstellen, die den Blues mit Skalen spielen wollen. Der Threadersteller kann schließlich selbst entscheiden, wem er glauben will, und ihr dürft gerne auch eure Meinung/Herangehensweise mitteilen.


    Mir hat die Akkord-Skalentheorie herzlich wenig geholfen, und mein erster Lehrer von damals, mit dem ich mich immer mal wieder unterhalte, meinte selbst, er unterrichte sie nicht mehr, da sie in der Improvisationspraxis wenig fruchte.

    Bleibe auch dabei, dass Musiktheorie sehr schnell gelernt, ein Gehör aber nur langsam gebildet wird, weshalb es Anfängern zu raten ist, nicht einen Haufen Theorie zu lernen.

    Wie gesagt: Ich wollte niemanden angreifen oder verwirren, sondern nur dem Threadersteller den Weg zum gewünschten Klang erleichtern, damit er nicht die gleichen Umwege gehen muss wie ich.
     
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  2. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Es geht nicht um die Skalentheorie oder nicht, es geht darum, dem TE bei seinem Einstieg zu helfen. Und wenn es ihm gelingt, mit einem einfachen "Blues-Lick", wie es "Sonnymoon For Two" darstellt, der sogar nur aus 5 Tönen besteht, durch einen Blueschorus zu kommen - und nochmal und nochmal - dann ist ihm schon viel geholfen. Sonny Rollins ist doch auch kein Skalendepp.

    Ja, genau - warum dann die ganze Jazzbluesgeschichte mit allen Stilmitteleinzelheiten? Warum nicht ein paar Licks zum nachspielen? Wenn er mehr braucht, wird er sich schon melden. Bis hierher liest er sicherlich nicht mehr - wenn er schlau ist.

    Weil du ihm inhaltlich folgen konntest und übereinstimmst, und weil du seine Art schon kennst. Wer das nicht kann, liest nur aggressives, überhebliches Geschwurbel.
     
    Zuletzt bearbeitet: 4.Februar.2021
  3. Rick

    Rick Experte

    Richtig!
    Ich habe ja ein paar Jahre wirklich intensiv Blues gespielt und war mit dem Ensemble auf internationalen Festivals, da habe ich schön mitbekommen, was das einschlägige Publikum hören will: Einfache Blues-Licks und sonst nichts, keine interessanten Umspielungen und BITTE keine Double-Time-Läufe!

    Wenn jemand zu mir kommt und explizit Improvisation lernen will, dann frage ich ihn immer nach der Musikrichtung, für die er sich interessiert. Oft kommt da durchaus Jazz, aber sobald es um Pop, Soul, Rock geht, dann brauchen wir uns nicht mit Akkorden, Skalen usw. aufzuhalten, dann kommt nur Pentatonik plus Blue Notes dran.
    Damit kann man sehr viel anfangen, und wenn man die einschlägigen Solos analysiert, sieht man, dass da nur sehr selten etwas anderes drin steckt - und wenn, dann meistens von Jazzern oder im Fusion-Kontext.
    Sobald man in der populäreren Musik weiter von der Pentatonik abweicht, gefällt es weniger Leuten, ist nun mal so. :cool:
     
  4. ppue

    ppue Mod Experte

    Es kommt doch sehr auf die Stilrichtung des Blues an. Der kondensierten Blue-Note-Leiter, die @longtrousers benutzen will, spreche ich den Status einer Leiter ab. Es ist eine erweiterte Pentatonik, aber auch das ist nicht unbedingt wichtig zu wissen.
    Mit den Ziffern wollte ich lediglich anzeigen, wie sich die Funktion der Töne, hervorgerufen durch die wechselnden Akkorde, verschiebt. @longtrousers. Ich finde schon sehr interessant, wie viele Funktionen durch die Töne der Pentatonik abgedeckt werden.

    Mit dem praktischen Spielen hat das Null zu tun und war auch nicht als spielen nach Zahlen angedacht.

    Die Schwierigkeit , aber auch Schönheit der Blue Notes liegt letztendlich in der Art und Weise, wie sie gespielt werden, denn das sind nun nicht einfach sechs gleichberechtigte Töne einer Skala. Ein jeder Ton wird auf ganz eigene Weise eingesetzt, zum Beispiel das Spiel, was die verminderte Quinte mit ihren beiden Nachbartönen spielt, oder die kleine Septime mit dem Grundton.
    Dazu kommt eine eigene Art und Weise, wie die Töne gebogen bzw. gebendet werden. Das theoretisch aufzuzeichnen, kann nur in die Hose gehen.

    Da gilt dann nur das Hören und das Versuchen, sich in diese Tradition einzufühlen.
     
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  5. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Deshalb lenke ich lieber auf "Licks" - da lernt man genau das: die unterschiedliche Funktion/Stellung/Wichtigkeit der wenigen Töne. Blues-Licks gibt es zu hauf im Netz - für jedes Tierchen das passende Pläsierchen.

    Noch was, was mir angesichts diverser Moser- und Erklärposts wichtig scheint: Blues spielen wollen heißt auch unter Saxophonisten nicht unbedingt Jazzblues spielen wollen. Da ist dann auch eine selbstgewählte Reduktion des in Frage kommenden Materials auf ein paar Dutzend Licks oder eine Behelfsleiter durchaus legal. Millionen von Rockgitarristen , die nur eine 5-Tonleiter kennen, hängen dadurch noch keiner wie immer gearteten und z.Z. ganz doll verdammten "Skalentheorie" an.

    Letzten Endes wollen doch alle nur spielen.
     
  6. Woliko

    Woliko Strebt nach Höherem

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  7. Andreas Lechner

    Andreas Lechner Nicht zu schüchtern zum Reden

  8. mathias felbecker

    mathias felbecker Schaut nur mal vorbei

    Hallo Zusammen, (b=h)

    ich habe auch gerade begonnen mich mit dem Blues zu beschäftigen. Eigentlich habe ich eine einfache Art gesucht um etwas zu solieren und mich auszuprobieren. Ich finde es für den Anfang einfach, wenn ich nur eine einzige Scale für das ganze Stück brauche (bestimmt kein anspruchsvoller Blues, aber schonmal für mich ´ne Möglichkeit). Da ich auch immer die Theorie begreifen möchte, bastel ich mir gerade Hilfsblätter zusammen. (Siehe angehängte Datei).
    Nun habe ich auf ein Youtube-Playalong in A-Dur begonnen mit der Bluesscale darauf zu spielen. Bluescale in B auf B-Dur (Tenor-Sax). Irgendwie klingt das auch. Ich finde so langsam heraus, welcher Ton auch wo passt und es gibt Dinge die gefallen mir besser oder schlechter. Da ich aber gerne den Tonumfang peu a peu erweitern möchte, habe ich mir die Akkorde angeschaut.
    Hier kommt wohl also der Blues ins Spiel?, da hier auf allen Dur-Akkorden, Dominantseptakkorde stehen. Also ->B7,E7 und F#7.
    Wenn ich hier die Septimen von Tonika und Subdominante anschaue, erkenne ich, dass die Töne zwar nicht in die B-Dur-Scale passen, aber dafür die beiden Blue-Notes (Verminderte Septime und verminderte Terz der B-Dur Tonleiter) bedient werden.
    Auf der Dominante steht ja sowieso der Dominatseptakkord. Die verminderte Quinte (vermutlich der prägendste Teil des Blues) kommt weder in der Ton-Art vor, noch in den Akkorden.
    weiterhin habe ich schnell rausgefunden, bzw. gefallen mir die Terzen der Tonika und Subdominante nicht. In der Dominate klingt die Terz zwar schräg, löst sich aber mit dem Grundton der Tonika wunderbar auf. Ich finde das klingt entspannend für das Ohr.
    Gibt es sowas auch für die Terzen der anderen beiden Akkorde, Tonika und Subdominante?
    Gibt es Vorschläge wie ich die Akkordtöne, die nicht mit den Bluesscale-Tönen übereinstimmen stilvoll einsetze? Ich würde es dann gerne wieder ausprobieren und mein Ohr trainieren.
    Gibt es No-Goes?
    Mit weiteren Akkorden und Akkordfolgen möchte ich mich erst später beschäftigen.

    Danke fürs lesen und antworten.

    Viele Grüße Mathias
     

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  9. Rick

    Rick Experte

    Hm, dazu müsste man besser verstehen, was Du mit "gefallen mir nicht" meinst.

    Zum Blues gehört immer gewisse Reibung, die Blue Notes gehören ja gerade NICHT zur klassischen europäischen Musiktradition.
    Wir verwenden ja üblicherweise eine recht "denaturierte" Stimmung, während andere Kulturen, auch afrikanische, in "natürlicheren" Tonleitern unterwegs sind, wo sie teilweise auch noch Viertel- und Achteltöne unterscheiden - in unserer klassischen Musik ist bei Halbtönen schon Schluss.
    Deshalb suchten Afro-Amerikaner die Töne, die sie zwar singen, aber nicht auf allen europäischen Instrumenten spielen konnten, so entstanden das "Schmieren", "Dirty", "Hot" auf den Instrumenten, wo das ging (beispielsweise sehr gut auf dem Sax) ;) , auf den anderen, wie Klavier, wurde ursprünglich die kleine und große Terz gleichzeitig angeschlagen, später, innerhalb kürzester Zeit nach den ersten Blues-Aufnahmen, ging man dazu über, die kleine Terz als "Blue Note" der Tonleiter hinzuzufügen, was auch euro-amerikanische Musiker und Komponisten (wie George Gershwin) dankbar aufgriffen.
    Da die kleine Terz für uns zu Moll gehört, missinterpretierte man Blues als "melancholisch", weil er für unsere Ohren zwischen Dur und Moll schwankt, doch Afro-Amerikaner nahmen das aus ihrer eigenen Tradition nicht so wahr.
    In den 1940ern wurde es immer beliebter, die kleine Terz als "Blue Note" über den Dur-Akkord zu spielen - das erzeugt die erwähnte Reibung (#9-Sound).

    In den 1950ern gab es immer öfter reine Moll-Akkorde als Begleitung im Rhythm`n Blues, ungefähr zu dieser Zeit wurde auch die "Blues-Tonleiter" erfunden als Moll-Pentatonik mit der "flatted fifth", also verminderten Quinte.

    Nun ist die Frage: wie viel Reibung magst/verträgst Du?
    Ich vergleiche solche leichten "Dissonanzen" gerne mit Chili: Der eine liebt sie, der andere bekommt schnell zu viel davon, allerdings gewöhnt man sich auch mit der Zeit an eine gewisse Schärfe.
    Mit 14 war mir Bebop viel zu schrill und schräg, mit 16 habe ihn geliebt, es konnte mir bald nicht mehr schräg genug sein. :-D
     
  10. mathias felbecker

    mathias felbecker Schaut nur mal vorbei

    Danke für die ausführliche sehr gute Antwort. Dann bin ich auf jeden Fall nicht auf dem Holzweg. D. H. für mich spielen, hören, spielen.
     
    Sax a`la carte und Rick gefällt das.
  11. mathias felbecker

    mathias felbecker Schaut nur mal vorbei

    Ich hätte noch eine weitere Frage.

    Bisher habe ich mir nur den Blues auf einer Dur-Tonleiter angeschaut. Wie sieht es auf einer Moll-Tonleiter aus?
    Hier würden sich ja im Gegensatz zur Dur-Tonleiter auf der klassichen Kadenz Mollseptakkorde auf den Stufen I und IV ergeben. Verliert hier der Blues nicht den Reiz der Terz auf der Tonika?
    Ist der Blues über der Molltonleiter etwas für Jazzer?

    Nunja, ich werde mir mal ein Blues-Minor als Playalong anhören und erstmal mit der Blues-Scale ausprobieren.
     
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  12. Rick

    Rick Experte

    Durchaus. Hier hat man nur noch die verminderte Quinte als zusätzliche Blue Note, alle anderen sind bereits in der Tonleiter enthalten.
    Hat eben einen anderen Reiz, klingt weniger "scharf".

    Klar, Jazzer nehmen alles Mögliche an Material und machen ihr Ding daraus, aber das alles stammt bereits aus der Blues-Szene, eben dem Rhythm and Blues, auch bekannt als RnB, der sich parallel zum Jazz weiter entwickelt hat.
    Aber beide Szenen haben schon personell große Schnitmengen.
     
    mathias felbecker gefällt das.
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