Charly Parker Code geknackt!

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von nachbarschreck, 30.Oktober.2013.

  1. saxhornet

    saxhornet Experte

    Komisch das wurde Stitt immer am Alto vorgeworfen (vom Schwerpunkt war er ja eher Tenorist). Als Stittfan kann ich das aber so nicht bestätigen. Es ist die gleiche Stilistik in der beide spielten aber nicht der wirklich gleiche Spielstil und auch nicht identisch wie die Melodien aufgebaut werden (für mein Ohr). Stitt hatte schon seine eigene Art, die für ihn unverkennbar war. In meinen Augen war Stitt sogar besser als Parker (vielleicht weil weniger zugedröhnt).

    Lg Saxhornet
     
  2. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Dito, hier noch ein großer Stittfan, und würde ihn nie im Leben mit Parker verwechseln, auch nicht am Alt. Stitt ist unverkennbar Stitt :)))

    LG Juju
     
  3. Rick

    Rick Experte

    Hallo Saxhornet!

    Hm, da habe ich aber andere Informationen. Meines Wissens war er ursprünglich Altist, doch aufgrund der Vorwürfe, Parker zu "imitieren" (was er immer von sich wies, angeblich war er von selbst auf diesen Stil gekommen), wandte er sich schließlich dem Tenor zu.
    Da ähnelte sein Sound dann dem von Dexter Gordon. :-D

    Ja, es ging mir um die gleiche Stilistik. Dizzy Gillespie sagte mal, Parker habe vor allem die Phrasierung zum Bebop beigetragen, das sehe ich auch so.

    Viele junge Bopper haben Birds Linien nachzuspielen versucht, die besten sind dadurch auf ihren eigenen Stil gekommen.

    Stitt ist hierbei ein Sonderfall, gerade weil er immer darauf beharrte, diese Bop-Phrasierungsweise eigenständig entwickelt zu haben. Manche Musikwissenschaftler gehen davon aus, dass er eher unbewusst von Bird beeinflusst und geprägt wurde, also quasi diesen nachahmte, ohne es zu wollen und zu bemerken.

    Besser - mag sein, ist eben Geschmackssache. Aber weniger zugedröhnt? :-o

    Weniger auffällig und spektakulär als Süchtiger in der Außenwirkung, das mag er gewesen sein, doch er war wie Parker (und viel zu viele andere in dieser Epoche) ein harter Heroin-Junkie (und auf jeden Fall später extremer Alkoholiker, soff angeblich in seiner Freizeit Unmengen Wodka).

    Kennst Du die Story vom "Strode Hotel"?
    Das war eine unter Musikern beliebte Absteige, wo im April 1947 der beliebte Trompeter Freddie Webster tot aufgefunden wurde.
    Miles Davis schreibt in seiner Autobiografie, er sei an mit Gift (Strychnin oder Batteriesäure) versetztem Heroin gestorben, das ihm Sonny Stitt (unwissentlich) weitergegeben hatte.
    Dieser schuldete vielen Leuten Geld, das er aber nie zurückzahlte, weshalb man ihn aus Rache ermorden wollte.

    Auch Tenor-Kollege Wardell Gray soll indirekt durch Sonny Stitt gestorben sein - er wurde der Legende nach von Dealern erledigt, die ihn aufgrund ähnlicher Figur mit Stitt verwechselt hatten. :roll:

    Stitt war nie so populär wie Parker, wahrscheinlich deshalb sind weniger Anekdoten über ihn bekannt.
    Aber wenn man etwas tiefer gräbt, findet man etwa genau so viele erschreckende Storys über ihn wie über Bird, die beiden standen sich wahrscheinlich in kaum etwas nach...


    Viele Grüße,
    Rick
     
  4. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Rick, du überraschst mich immer wieder mit deinen Infos. Du scheinst ja ein wandelndes Jazz-Lexikon zu sein. :)
     
  5. gefiko

    gefiko Strebt nach Höherem

    ja, die Wissenschaftler....
    im Buch "The World Of Duke Ellington" von Stanley Dance erzählt einer der Musiker (ich erinnere mich leider an keinen Name, und das Buch habe ich momentan nicht zur Hand),
    dass er in den 40ern irgendwo in den USA mal einen Saxophonisten gehört hat, der genau wie Charlie Parker klang, ohne von Bird gehört oder seine Heimatstadt irgendwann verlassen zu haben....
    Da kann keine Rede von "unbewusstem Einfluss" sein.
     
  6. Saxoryx

    Saxoryx Strebt nach Höherem

    Ja, dem würde ich zustimmen. Ich mag Charlie Parker ja gar nicht, aber Stilt mag ich. Wenn er genauso wäre wie Parker, könnte das ja fast nicht sein. Stilt klingt für mich wesentlich sanfter als Parker. Na gut, nicht immer. Aber ich nehme Stilt auch für manche Sachen, die ich übe, als Vorbild. Parker kommt für mich als Vorbild nicht in Frage. Der ist mir zu überdreht. Stilt strahlt etwas anderes aus. Auch wenn er anscheinend genauso ein Junkie war wie Parker. Aber die Auswirkungen von Rauschgift sind eben nicht auf jeden gleich.
     
  7. bluemike

    bluemike Ist fast schon zuhause hier

    Hi,

    Sti[color=FF0000]l[/color]t ist (fast) Käse: http://www.britishcheeseemporium.de/WebRoot/Store20/Shops/63510537/5039/3170/061E/F10F/0FBD/C0A8/29BB/B6C2/Stilton_800x600.jpg
     
  8. saxhornet

    saxhornet Experte

    Parker nicht mögen aber Stitt gut finden? Ok. Das leuchtet mir nicht ein. Sicherlich sind beide Spieler anders aber das Schnelle und komplexe in punkto Melodieaufbau findet man bei beiden. Bei Stitt etwas klarer strukturiert für mich. Aber es ist mir trotzdem ein Rätsel wie man den einen mögen kann und den anderen so ablehnt wie Du es immer tust.

    Lg Saxhornet
     
  9. saxhornet

    saxhornet Experte

    Gehört das wirklich hierher???? Wäre da ein Foodieblog nicht besser oder eine direkte PM an die richtige Adresse?

    Lg Saxhornet
     
  10. bluemike

    bluemike Ist fast schon zuhause hier

    Hi,

    ja, das verstehe ich auch nicht wirklich. Denn beide schöpfen aus derselben Quelle, bei allen Unterschieden. Und nein, Stitt ist nicht unbedingt immer der Ruhigere. Wirklich introvertiert war er sicher nicht:

     
  11. saxology

    saxology Ist fast schon zuhause hier

    Stilt ist ein Vogel.

    Womit bewiesen wäre, dass er Charlie Parker ähnlich sein MUSS.
    (Wenn man ihn denn so schreiben will)
    ;-)
     
  12. bluemike

    bluemike Ist fast schon zuhause hier

    Käsevogel? Also etwas Ähnliches wie das? http://www.die-igelei.de/wp-content/uploads/2012/11/K%C3%A4seigel-21-1024x724.jpg
     
  13. saxhornet

    saxhornet Experte

    Warum? Isst dieser Vogel auch Unmegen an Huhn?

    Lg Saxhornet
     
  14. bluemike

    bluemike Ist fast schon zuhause hier

    Ach ja richtig: Jetzt erinnere ich mich auch wieder an die Klassiker wie Yardstilt Suite oder Chasin' the Stilt oder Lullaby of Stiltland...
     
  15. Rick

    Rick Experte

    Ja, die Legenden... :-D

    Tatsächlich scheint es unter manchen Jazzern fast schon eine Art Sport gewesen zu sein, Parker als Einfluss zu verleugnen oder sich gar bewusst von ihm zu distanzieren.
    Er hatte viele Neider, gerade weil er teilweise radikal mit der Swing-Tradition brach und trotzdem in Musikerkreisen enormen Erfolg hatte. Bird war für viele ein Idol!
    Und kein Idol bleibt unumstritten... :roll:

    Andererseits hatten viele Zeitgenossen moralische Bedenken gegen diesen Junkie, der aus seiner Sucht kein Hehl machte und bekanntlich viele Bewunderer in den Heroin-Sumpf verführte (wenn auch unabsichtlich und unter großem eigenem Bedauern).
    Also wurde er aus diesem Grund von Kollegen schlecht geredet, wurde sein enormer musikalischer Einfluss möglichst bei jedem Interview heruntergespielt.
    So könnte ich es mir auch bei Deinem Zitat vorstellen. Herr Dance war außerdem meines Wissens eher kein Parker-Fan.

    Sonny Stitt strickte ja bekanntlich selbst an der Legende, er habe anfangs nichts von Parker gehört. Nun steht aber bei Wikipedia, eine Parker-Aufnahme aus den 1930ern habe Stitt als Teenager extrem beeindruckt und ihn dazu gebracht, mit dem Alto zu beginnen - also zu einer Zeit, als er wie später behauptet noch nichts von ihm gehört hatte.

    Tatsächlich liefen Aufnahmen von Jay McShann mit dem jungen Parker damals nicht selten im Radio, weshalb man eben zu dem Schluss kommt, dass Stitt ihn auf jeden Fall damals schon gehört haben müsste, was ihn zumindest unbewusst beeinflusst haben kann. ;-)


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  16. Gast_13

    Gast_13 Guest

  17. Gast

    Gast Guest

    danke number 13
     
  18. Rick

    Rick Experte

    Danke auch von mir, Nummer_13, aber hier hört man schon das Problem - Sonny Stitt hat sich im Lauf der nachfolgenden Jahre und Jahrzehnte weiter entwickelt, hat viele Einflüsse in seinem Spiel verarbeitet.
    Charlie Parker konnte das nicht mehr, denn er starb bereits 1955 mit gerade mal 35 Jahren.

    Deshalb bringt es meiner Ansicht nach recht wenig, den Parker der 1940er mit dem Stitt der 1960er zu vergleichen.

    Ich wollte übrigens keineswegs aussagen, dass Sonny Stitt zeitlebens wie Parker klang, das stimmt auch absolut nicht.
    Aber in seinen Anfängen, Mitte der 1940er Jahre, war das meines Erachtens der Fall, und das führte ich an, um darzustellen, dass schon damals viele Musiker den "Parker-Code" geknackt hatten. ;-)

    Von dem Punkt ab hat Sonny Stitt seinen eigenen, unverwechselbaren Stil entwickelt, in den auch alles einfloss, was es dann gab - Cool, Hard Bop, Modal Jazz, gelegentlich finde ich ihn sogar etwas rockig. :-D

    Wie gesagt:
    Viele junge Jazzer imitierten Charlie Parker, versuchten sein "Geheimnis" zu ergründen, die besten fanden dadurch ihren eigenen Stil.
    Quod erat demonstrandum. :cool:


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  19. Gast

    Gast Guest

    zur abendstunde, und nach vielen beiträgen, jetzt die frage:

    was ist denn der bird CODE?

    :roll: :-D
     
  20. Rick

    Rick Experte

    Wie heißt es doch so schön: Der Weg ist das Ziel.

    Du musst versuchen, den Code zu knacken, hinter Birds Geheimnis zu kommen, wie er phrasierte, rhythmisierte, wie er dachte, fühlte.
    Das, was Du dabei lernst, hilft Dir dabei, Deinen eigenen Stil zu finden.
    Es ist eine Art Reifungsprozess. :cool:

    Man kann es nicht erklären, in Worte fassen, man muss es erleben.
    :roll: :-D


    Schönen Gruß zur guten Nacht,
    Rick
     
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