Das Geheimnis der Gehörbildung

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von Gelöschtes Mitglied 13399, 23.August.2022.

  1. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Würd ich nicht so sagen. Man kann sich von beiden Seiten am Musikverständnis arbeiten: auf der einen Seite Intellekt/Wissen, auf der anderen Seite Hören/Fühlen/Intuition.

    Man kann sich großes theoretisches Wissen anlesen ohne die Fähigkeiten zu haben dieses Wissen einzusetzen oder sich mit dem inneren Ohr vorzustellen, auf der anderen Seite gibt es Dinge die einem vom Hören und vom Vorstellungsvermögen klar sind ohne die theoretischen Hintergründe zu verstehen.

    Ziel ist aber, was Giuseppe sehr schön mit der Synthese von Analytik und Intuition beschrieben hat, ich denke mir da meinen wir das selbe.
     
    Zuletzt bearbeitet: 29.August.2022
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  2. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @The Z
    Das leuchtet mir nicht ein.

    Beispiel:
    Ich kann den Klang und die Platzierung einer Blue-Note
    vom reinen Hören her super finden.

    Aber ohne einen Hauch von theorischem Hintergrund (in dem Fall von b5)
    könnte ich doch nicht mal benennen, was mir gefallen hat.
    Mir würde ja die Begrifflichkeit fehlen.

    Ich müsste beim "gefällt mir / gefällt mir nicht" verbleiben.

    Das ist für den puren Musikgenuss völlig irrelevant.

    Aber wenn ich's "nachmachen" möchte, gehts schon los.

    Da brauche ich theoretischen Hintergrund.
    Oder ich fummele solange rum, bis es musikalisch passt.

    OK .... geht auch.:D

    VG
     
  3. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ne, du machst das nach, was cool klang. Wie beim Spracherwerb.
    Früher hat man das nur für die Muttersprache akzeptiert und die Fremdsprachen wurden als Vokabular und Grammatik gepaukt, bevor es an die Konversation ging. Heute gilt es in der Branche als verpönt, bei der Konversation zu viel zu korrigieren. Die sind didaktisch schon weiter…
     
  4. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Ja, aber du kannst die b5 hören, möglicherweise singen und wiedererkennen wenn sie wieder auftaucht, ganz ohne einen Namen zu haben.

    Man kann auch "Alle meine Entchen" singen ohne zu wissen, dass die Melodie auf den ersten sechs Tönen einer Durtonleiter, einem Hexachord, aufgebaut ist.
     
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  5. ppue

    ppue Mod Experte

    Was soll denn das für ein Wissen sein? Das wäre wie Farbenlehre für Blinde. Macht wenig Sinn, weil es nicht anwendbar ist.

    Nochmal, Theorie und Praxis gehören eng zusammen. Das verbindende Glied ist die Gehörbildung, um die es in diesem Thread geht.

    Und apropo das aus dem Bauch heraus spielen oder singen, wie es Chat Baker oder Billie Holiday taten, wird bei etwas komplexeren Kompositionen nicht mehr allzu gut funktionieren. Immerhin haben sich die beiden in erster Linie mit den Gassenhauern des Jazz befasst, im Grunde simplen harmonischen Abläufen, die man (mit gutem Gehör) in schnellster Zeit verinnerlicht hat.

    Wir hören aber doch im TotM Jazz schnell, wo die Spieler an die Grenzen des harmonischen Verständnisses kommen. Siehe den aktuellen B-Teil. Wie wollt ihr denn den üben, ohne euch klarzumachen, was da passiert oder euch überhaupt mal herzuleitern, welche Tönchen da wo spannend und wo harmonisch klingen? Das wird von theoriefernen Amateuren in fünf Jahren genauso daneben gehen, wie heute.

    Zufällige Töne als kreatives Improvisationsmodell sind nicht meins, obwohl das früher eine beliebte Übung im Unterricht war: Stück in Eb-Dur und ich gebe Anfangstöne vor, z.B. F# oder C#. Damit mussten die Schüler dann möglichst schnell die Kurve kriegen.
    Zufällig passieren mir Fehler, die ich ausbügeln oder kultivieren muss, aber in erster Linie spiele ich intuitiv, wie ich auch die Sprache intuitiv benutze, deren Regeln ich, ob mit der Muttermilch oder angelernt, vollkommen automatisch abrufen kann.
     
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  6. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Kann vieles sein. Ich weiß von vielem das ich noch nicht unmittelbar anwenden kann oder beim hören sofort erkenne.

    Praxisbeispiel, weil es hier im Thread vorkam: die alterierte Skala. Auch wenn man sie theoretisch herleiten kann, sie konstruieren kann, heißt das noch lange nicht dass man sie wirklich hört oder vernünftige Linien damit zustande bringt.

    Oder: wenn du hier erklärst welche tonalen Zentren ein Stück hat, dann kann man sich das durchlesen, in weiterer Folge auch Wissen, aber noch immer nicht in der Lage sein dies auch zu hören und die Information anzuwenden.

    Wenn du alles verstehst und weisst was du hörst und vice versa, bei dir diese beiden Bereiche also deckungsgleich sind und möglicherweise immer schon waren, habe ich den allergrößten Respekt.

    Ja, das sag ich doch auch.
     
  7. Rick

    Rick Experte

    Nun, genau so entstehen schließlich neue Stile: Jemand probiert herum, bis ihm irgendwas gefällt, wobei er dann bleibt.
    Seien es afroamerikanische Musiker vor 120 Jahren, britische Musiker vor 60 Jahren, ein jugendlicher Rick vor 40 Jahren - man hört etwas Neues, verbindet es mit etwas Traditionellem, experimentiert, irgendjemand findet es cool, versucht es nachzuspielen...

    Und irgendwann kommt ein Theoretiker und verteilt Namen:
    Blue Note, flatted fifth, alterierte Tonleiter, Twostep, Backbeat, Blues Schema. :-D
     
  8. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Dafür brauchst du gar keinen Theoretiker. Es reicht, wenn dich jemand fragt, was fürn verrücktes Zeug du da gerade eben gespielt hast. Dann ringst du nach Worten, suchst nach Namen.:cool2:
     
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  9. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Und die Spreu vom Weizen seitens der Fragesteller trennt sich mit: "Rückwärts doppelt eingesprungene Tritonussubstitution mit angetäuschtem Tonikaopfer".

    Nach einem Konzert:
    Zuhörer: "Wie ist der Bass eigentlich gestimmt?"
    Bassist: "In Triolen."
    (kurze Pause)
    Zuhörer: "Aber, dassind doch vier Saiten!?"
    Bassist: "Ist in Vierteltriolen gestimmt."
    Zuhörer: "Äh, aha."
    Wirklich passiert. :)

    Für mich gibt es nicht wirklich "Theorie und Praxis". Den Teil, den ich von der Musiktheorie gerafft habe, ist für mich immer "aus der Praxis, für die Praxis". Mag sein, dass zuerst einem das eine oder andere begegnet, aber überwiegend war bei mir immer "aus der Praxis". Habe den Dingern eigene Namen gegeben, bis ich dann das erste Mal in ein Jazzharmonielehrebuch (das auf "Dreifacher Wortwert"!) schaute und die richtigen (= üblichen) Namen lernte.

    YMMV

    Grüße
    Roland
     
  10. ppue

    ppue Mod Experte

    Das habe ich ganz ähnlich gemacht. Auf dem Klavier klaviert, bis ich was fand, was mir gefiel, nachgespielt habe, was ich hörte, mir meinen Reim drauf gemacht und im Harmonielehrebuch nachgelesen habe, ob es stimmt, was ich herausgefunden habe. In aller Regel lag ich richtig.
     
  11. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Gut erklärt. Ich bin immer erstaunt wie viele Leute immer glauben, wenn man sich mit Theorie beschäftigt würde man beim Improvisieren die ganze Zeit über Theorie, die Akkorde etc. nachdenken, was kompletter Unsinn ist. Das mache ich nur wenn ich den Song übe und verstehen will was da passiert und wie die Harmonien zusammenhängen. Ist das aber erfolgt, ist Theorie beim Improvisieren gar kein Thema mehr aber man versteht was wie harmonisch gedacht ist und das lässt einen einfach freier spielen.


    Ja genau darum geht es. Das Benennen von Dingen ermöglicht den schnelleren und einfacheren Austausch an Informationen. Mir ist es lieber wenn mir der Bassist sagt: "Als Ende machen wir einen Vamp mit einem Turnaround, rücken den nen Ganzton hoch nach 4 Durchläufen spielen bei der V hier dann den Tritonussub und nach 2 weiteren Durchgängen dann Basie Ende. "
    Wenn der sich jetzt erst ans Klavier setzen müsste um mir zu zeigen was er da gerne hätte, würden die Proben 10 mal so lange gehen.
     
  12. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Gute Einstellung. Geht mir auch so. Je länger man spielt, je mehr man aufsaugt, um so mehr bekommt man mit was man alles noch nicht weiss und woran man noch arbeiten könnte, das reicht für mehr als ein Leben und erschlägt einen Manchmal von der Menge. Man weiss dann gar nicht wo man anfangen soll, weil so vieles so spannend ist.

    Da bin ich mir nicht sicher. Ist zumindest bei mir auch so, im Lernprozess stellt man sich selbst oft ein Bein und dadurch kommt es da dann zu der mangelnden Balance, das dann wieder auszugleichen ist dann aufwendig. Da hätte ich mir von meinen früheren Lehrern eine andere Didaktik gewünscht.
     
  13. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Je mehr du verstanden hast was da passiert umso freier bist du auch ganz andere Dinge auszuprobieren und zu experimentieren, weil du die Sicherheit hast auch wieder in sicheres Gewässer zurück zu finden, wenn es daneben geht oder mehr Spannung ensteht als man wollte. Je mehr ich ein Stück verstanden und augecheckt habe desto mehr trau ich mich da was zu wagen und zu schauen was alles geht. Ich kann es dann aber kontrollieren und zurückführen. Das Gegenteil ist, daß man gar nicht nachvollziehen kann und nicht beeinflussen kann wie es klingt und es reines Glück ist, wie es klingt und was bei rauskommt.

    Improvisationstheater proben extrem viel. Ich hatte mal einen Bekannten der das gemacht hat, das war richtig knallhartes Training, damit sie auf alles reagieren können und das Stück nicht steckenbleibt und sich festfährt. Ich war echt beeindruckt was er alles so erzählt hat.



    Gut formuliert. Dem kann ich nur zustimmen. Ich versuche so schnell wie möglich mit den einfachsten Sachen Schüler schon zum Improvisieren und Ausprobieren und Kennenlernen zu animieren.



    Mit Gesang schaffen es viele viel einfacher, auch weil sie da nicht wissen müssen welche Note sie gerade im Kopf hören um sie am Instrument zu drücken.



    Das hängt vom Auftragsjob ab und vom Stück. Es gibt durchaus Konstellationen, wo du eher nicht mehr gefragt wirst wenn du öfters bestimmte Harmonien einfach ignorierst, auch weil man das manchmal sehr deutlich hören kann.
     
  14. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    In so einem Fall funktioneren dann aber oft die Improvisationen nicht. Ohne Inneres Ohr und die Schulung davon funktioniert es einfach nicht. Man merkt das bei Spielern und Amateuren auf einem bestimmten Level, die Theorie ist da aber sie können damit nichts anfangen. Theorie und Praxis gehören Hand in Hand und das Ohr muss dauernd dazu lernen. Gerade auch das Auswendiglernen von Akkorden, Melodien etc. wird gerne vernachlässigt. Was bringt es einem zu wissen wie ein Akkord theoretisch aufgebaut ist, wenn man dann aber die Töne konkret von einem bestimmten Akkkord nicht spielen kann oder man nicht gelernt hat mit den Tönen des Akkords kreativ rumzuspielen. Die Theorie nützt wenig ohne die Ohren und die innere Vorstellung.

    Manchmal kommt das Ohr aber auch nicht hinterher. Ich hatte vor kurzem einen Auftritt, Gesang, Klavier, Sax zum Halbplayback. Den Song hatte sich der Sänger arrangieren und als Playback basteln lassen. Harmonisch passierte da so viel und so viele Modulationen und Reharmonisationen (und das bei einem älteren Popsong), daß sowohl der Pianist als auch ich irgendwann vom Ohr nicht mehr hinterhergekommen sind. Wir kannten beide die Version nicht, hatten keine Noten und sahen uns zwischendurch ratlos an, weil man kaum wenn man dachte jetzt hat man es, die nächste Modulation oder Reharmonisation kam und das Arrangement ganz anders war als wie man den Song sonst kannte. Da hätten wir beide gerne ein Leadsheet gehabt, denn dann wäre es kein Problem gewesen den Song zu begleiten.
     
  15. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Das ist ein extrem relevanter Punkt. Danke.

    Ich habe das Problem meist wenn ich Schülern vermitteln muss warum sie über einen Big Band Titel nicht einfach nur eine Bluesskala oder die Tonleiter der Tonart des Stücks spielen können. Das hängt natürlich vom Stück ab, bei manchen geht das ja sogar aber bei vielen, egal ob die Stücke jetzt modulieren oder nicht, ist es halt relevant zu Wissen bei welchem Akkord welche Töne mehr oder weniger Spannung haben.
    Die Schüler wundern sich dann gerne, wenn sie z.B. über Autumn Leaves spielen und darüber nur eine Tonleiter benutzen daß es manchmal gut und manchmal übel klingt beim Solieren und sie verstehen nicht warum das so ist, obwohl sie doch immer die gleiche Skala nutzen. Und der Lehrer in der Schule hätte doch gesagt das geht.....
    Es bedarf dann immer viel Arbeit ihnen zu erklären warum es nicht geht und dann nur Zufall ist oder von der Qualität ihrer Ohren (aussen und Voraushören) abhängt was bei rauskommt. Und es ist immer erstaunlich was für ein Entwicklungsprozess einsetzt und wie gut die dann spielen wenn sie sich darauf einlassen zu lernen was wo eher Spannung generiert oder weniger (sprich man die Akkorde und ihre Optionen lernt).
     
  16. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Der große Harold Mabern sprach gerne davon, wie eine Menge Musiker gelernt haben, Changes zu bedienen. Da ist kein Ton falsch, aber gute Improvisation ist es trotzdem nicht (‚they are playing to the changes, not to the music‘).
    Ich habe vor einigen Wochen mit einer anderen Saxophonistin eine Session Zuhause organisiert, und zu meiner Überraschung spielt sie komplett nach Gehör, kann mit Changes überhaupt gar nichts anfangen, und die Geschwindigkeit, mit der sie Stücke, die sie nicht kannte (die ich vorgeschlagen hatte) begreifen und improvisatorisch umsetzen konnte war schon phänomenal. Ich habe ja wenigstens ein rudimentäres Verständnis von Changes und benutze die gewissermassen als Turbocharger wenn meine Ohren an die Grenze kommen oder das Stück nicht auf functional Harmony beruht. Und sie kann wirklich spielen: Wozu soll sie sich abmühen, sie kann zwar nicht benennen, was sie macht oder warum, aber sie begreift ja die Stücke komplett übers Ohr.
    Nur haben die wenigsten Normalsterblichen solche Ohren, von daher müssen die sich anderweitig helfen bzw. Das Ohr durch Gehörbildung optimieren. Für diejenigen, die das nicht mal eben aus dem Ärmel schütteln, ist das total sinnvoll und glücklicherweise trainierbar.
    LG Juju
     
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  17. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Das "Chet Baker-Phänomen". Dewey Redman, der Vater von Joshua soll auch so gespielt haben.
     
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  18. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Lester Young hat vier- bis fünfstimmige Aufnahmen nach einmal Hören draufgehabt und dann seinen Freunden gesagt, was sie auf Posaune und Trompete spielen sollen, um die Aufnahme nachzustellen.
    Notenlesen lernte er erst etwas später und Musiktheorie oder Akkordnamen sogar erst als er schon einige Zeit bei Basie spielte.

    Ist unter den großen Jazzern vielleicht weniger ein Phänomen, als man denkt.
     
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  19. ppue

    ppue Mod Experte

    "Nach einmal Hören" einen fünfstimmigen Satz bestimmen zu können, dafür bedarf es großer Ohren und langer Erfahrung.

    Ich bin dennoch nicht damit einverstanden, dass die einen es einfach mit dem Ohr können und die anderen es über die gängigen Begriffe lernen. So ganz trennt sich das nicht.

    Die gängigen Bezeichnungen in der Musiktheorie sind Zeichen, die man einem bestimmten Ton oder einem Akkord zuordnet. Wenn man ein Musikstück hört und hat die trockene Theorie gelernt, dann hörst du nicht mehr als vorher, kannst nicht einen Akkord bestimmen. Es gibt also kein Lernen über den theoretischen Weg, wenn man nicht gleichzeitig das Hören schult.
    Und wenn man dann den G7 erkennen kann, dann kann man ihn G7 nennen oder sich anderweitig merken, genauso wie die Gesetzmäßigkeiten der Stufenharmonik.

    Wenn Lester Young die Töne gut bestimmen konnte, dann musste er sie, die Intervalle und somit Akkord und Voicing (den Satz) wiedererkennen. Wie er das machte, kann ich nicht sagen. Das Wiedererkennen macht sich an einer Erfahrung fest, die im Hirn gespeichert ist. Die war dort nicht mit dem "Dominantseptimakkord auf G" verbunden, sondern wahrscheinlich mit der besonderen Spannung, die der Akkord aufweist und seinem Verlangen, auf die Stufe, eine Quinte darunter, zu leiten.

    Eine Entität kann sich das Gehirn nicht merken. Es sind immer Synapsenverbindungen, sprich Assoziationen nötig, um wiederzuerkennen.

    Ich denke, Young hat die Akkorde in seinen Fingern gespeichert und die wussten mit der Zeit, wo die Töne lagen. Mache ich zum Teil genauso im Orchester, wenn ich, ohne vorhandene Partitur, die Stimmen überprüfe, um festzustellen, welcher Ton nicht passt. Völlig automatisch höre und weiß mein Ohr die einfacheren Sachen, z.B. wenn ein Kreuzchen nicht gespielt wird oder die Septime falsch gespielt wird.

    Wissen tue ich das aber nur durch jahrzehntelange Gehörbildung bzw. Spielerfahrung.
     
  20. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Lester Young wird auch eine Art Theorie gehabt haben, bevor er eine Theorie hatte, die allgemein akzeptiert ist.
    Theorie ist ja nur ein Modell bestehend aus Begriffen.

    Zu dem Gitarristen und Arrangeur, der ihm Akkordlehre beibrachte, soll er, glaube ich, so etwas gesagt haben, wie: Ich kannte das ganze Zeug schon all die Jahre, aber wusste nie, wie man es nennt.
    Der Gitarrist war, meine ich, Eddie Durham, wenn ich mich recht erinnere.

    Er soll jeden Akkord, der ihn vorgespielt wurde, sofort als Arpeggio wiederzugeben fähig gewesen sein.
    Also waren die einzelnen Akkorde/Akkordtypen für ihn durchhaus handfeste, von einander trennbare Konstrukte, keine Aneinanderreihung von Single Notes.
     
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